NieR: Automata

NieR: Automata


Vom Geheimtipp zum Must-Have!


Wir erinnern uns sehr gerne an unsere ersten Spielminuten in NieR zurück. Mit dem Vermerk Ein Drakengard-Spin-off wurde es uns in die Hand gedrückt, ohne sonstigen Hinweise oder Erklärungen. Zum Glück: Denn so kamen wir unberührt in den Genuss eines nicht ganz ausgereiften, aber dennoch beeindruckenden Geheimtipps.


Nach Beenden empfangen wir Trauer. Immerhin war das Abenteuer so besonders, so einzigartig, dass wir uns sicher waren: eine Fortsetzung wird diese Perle wohl leider nicht bekommen. 2015 kam dann aber die lang erwartete Meldung, NieR: New Project wurde angekündigt.


Und nach so langer Wartezeit dürfen wir endlich wieder in das wirre Gehirn von Serien-Papi Yoko Taro eintauchen. Wie sich NieR: Automata dabei schlägt? Unfassbar gut!


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Die letzte Hoffnung der Menschheit


Die Erde ist verloren, die Menschheit ausgelöscht. Der Feind: Heimtückische Aliens, die aus dem Nichts auftauchten und mit mörderischen Robotern die menschliche Bevölkerung auf ein Minimum reduzierten.


Aufgeben wollten die letzten Überlebenden allerdings nicht. Mit letzten Kräften und Ressourcen verließen sie den Erde, um auf dem Mond eine Kolonie zu gründen und ihr Überleben mit eigenes gebauten Androiden zu sichern. Ein System, das sich seit vielen Jahren bewährt hat. Und die letzten Menschen somit Tag für Tag am Leben hält.


2B und 9S sind zwei dieser Androiden und verfolgen ein Ziel: Sich nach und nach den großen Roboter-Gefahren auf der Erde stellen, um diese aus dem Griff der Aliens zu befreien und den Menschen ihren natürlichen Lebensraum langsam aber sicher zurückzuerobern.


Und obwohl die emotionslosen Androiden dieser Mission stets ohne Hinterfragen folgen und einen Erfolg nach dem anderen verbuchen, stolpern sie plötzlich über merkwürdige Ereignisse und offene Fragen, die ihr gesamtes Sein auf den Kopf stellen könnten.


Sind wirklich alle Roboter Feinde?


Sind nur Menschen im Stande, Emotionen zu empfinden?


Kann ein Android eventuell mehr als einfach nur eine kalte Schale sein?



Maschinen mit Emotionen?


NieR: Automata wirft eine Reihe tiefgehender Fragen auf, die zwar schon in vielen Sci-Fi-Büchern oder auch -Verfilmungen thematisiert wurden, hier allerdings mit interessanten Blickwinkeln, Theorien und Schlussfolgerungen präsentiert werden. Und damit definitiv zum Denken anregen.


Immer wieder kommt es vor, dass wir uns bei Begegnungen mit Robotern selbst fragen, ob unser Vorgehen gerechtfertigt, fair, richtig ist. So müssen wir in einer der ersten Missionen beispielsweise flüchtige Maschinen erlegen, finden einige von ihnen aber plötzlich in einer freundlichen Gemeinschaft zusammenleben – und das sogar mit einem kleinen Robo-Baby in ihrer Mitte!


Wenn wir dieses Zusammenleben mit unserer Klinge stören müssen, fragen wir uns unweigerlich: Wieso eigentlich? Waren diese Maschinen eventuell friedlich? Ist das überhaupt möglich?


Fragestellungen, die auch 2B und 9S von eindimensionalen Androiden zu facettenreichen Helden verwandeln und eine steile Charakterentwicklung ermöglichen, die zu keinem Zeitpunkt lächerlich oder erzwungen wirkt, sondern stets Sinn macht und stellenweise sogar die eine oder andere Wendungen eröffnet.


NieR: Automata bleibt der steten Suche nach Antworten auf all die schweren Fragen dabei immer treu, donnert uns dann aber auch nicht zwangsweise eine Lösung ins Gesicht, sondern animiert uns zum eigenen Nachdenken. Und beschäftigt uns dabei noch lange nach Ausschalten der Konsole.




Musik für die Ewigkeit


Die Handlung lässt es schon erahnen: NieR: Automata präsentiert sich insgesamt sehr ruhig und düster, lässt sich viel Zeit, geht vermehrt auf die kaputten Seelenwelten der einzelnen Helden ein. Ein Eindruck, der sich in den ersten Spielminuten verstärkt: wenn man mit 2B und 9S durch die offen gestaltete Spielwelt läuft, fühlt man sich in einem ruhigen Tunnel verloren, dessen Ende man aber auf jeden Fall erreichen möchte, egal, wie lange es dauert. Ein besonderer Effekt, den bereits der Erstling erzeugen konnte.


Dabei ist die futuristische Fortsetzung gerade grafisch ein zweischneidiges Schwert. So machen die zahlreichen Charakter- und Robotermodelle und vor allem die rasant in Szene gesetzten Kämpfe eine verboten gute Figur und erschaffen in Kombination mit einer düster angehauchten blau-grauen Farbpalette eine kalte, besondere Atmosphäre, die euch direkt in ihren Bann zieht und bis zum Ende nicht loslässt – und mit fast durchweg stabilen 60fps auch gut Tempo anziehen kann.


Andererseits lassen die (teilweise etwas innovationsarmen) Umgebungen oftmals nennenswerte Details vermissen und wirken dadurch insgesamt viel zu trist. Auch viele Texturen sind einfach nur schwach ausgefallen und machen unschön erkennbar, dass hier und da doch ein wenig Feinschliff fehlte.


Allerdings handelt es sich hierbei wirklich um Meckern auf hohem Niveau. Apropos: selbst das können wir bei der musikalischen Untermalung nicht machen. Immerhin kehren die Komponisten Keiichi Okabe und Keigo Hoashi zurück und liefert eine fantastische Mischung aus wirren Klängen, Orchester und Chor, die unter die Haut geht und durchweg begeistert.


Gleiches lässt sich zur japanischen und englischen Sprachausgabe schreiben, die beide mit passenden Sprechern und stark vorgetragenen Dialogen punkten. Tatsächlich möchten wir euch an dieser Stelle das Original ans Herz liegen. Vor allem in emotionalen Sequenzen brüllen sich die Sprecher stellenweise die Seele aus dem Laib und markieren hier ein unerreichbares Niveau. Fantastisch!



Mit den Meistern zur Perfektion


Damals musste sich NieR wegen des Kampfsystems ein wenig Kritik einstecken – immerhin verlor man aufgrund vieler Probleme schnell die Kontrolle, wirklich packende Duelle wollten irgendwie nicht entstehen. Problemlösung bei Automata: Man holt sich die Action-Meister von Platinum Games an Bord und legt ordentlich los!


So dürfen wir zwei Waffen gleichzeitig (beispielsweise ein Schwert, eine Lanze oder einfach unsere Fäuste) bei uns tragen und Angriffe gezielt kombinieren, um schmerzhafte Moves aufs Parkett zu bringen und angriffslustigen Roboter rasant ins Cyber-Jenseits zu befördern.


Zusätzlich befindet sich an eurer Seite ein kleiner Pod, der euch nicht nur mit Informationen versorgt, sondern mit Laser, Raketen und anderen Spezialattacken für Fernkampf eingesetzt werden kann. Donnernden Schüsse könnt ihr dabei jederzeit abgeben, einen wirklich heftigen Super-Angriff dürft ihr nach einer Auflade-Phase loslassen.


Das Kampfsystem geht erstklassig von der Hand und eröffnet euch durch viele verschiedene Ausrüstungs- und Upgrademöglichkeiten – auch des kleinen Pods – eine amüsante Spielwiese, mit der ihr euch ausgiebig austoben dürft. Wer also ein gut gefülltes Waffen-Repertoire haben möchte, sollte stets nach seltenen Materialien zum Aufbessern der Bewaffnung Ausschau halten!


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Mit Chips zu neuer Macht


Mit käuflichen Upgrades ist es bei NieR: Automata allerdings noch lange nicht getan. Immerhin steuern wir zwei Androiden und dürfen dabei auf eine besonders komplexe und amüsante Spielerei zurückgreifen: Computerchips!


Im Laufe des Abenteuers versorgen euch besiegte Gegner, Schatztruhen und Händler nämlich mit etlichen Chips, die eure Helden mit brandneuen Fähigkeiten ausstatten. Mehr Gesundheit? Chip einsetzen. Regenerative Fähigkeiten? Chip! Erhöhte Angriffskraft? Einmal dürft ihr raten!


Der Clou: Euch steht nur ein vorgegebener Platz zur Verfügung, der recht schnell gefüllt ist. Somit solltet ihr euch ganz genau überlegen, welche Fähigkeiten ihr priorisiert und auf welche ihr verzichten könnt. Ebenfalls gerissen: Selbst altbekannte HUD-Elemente wie die Lebensleiste oder angezeigte Erfahrungspunkte werden erst durch die Chips aktiviert, können also sogar vollends entfernt werden.


NieR: Automata konnte uns allein mit der Fülle an Kombinationsmöglichkeiten und anschließenden Probeläufen bestens unterhalten. Zusätzlich macht das Ganze auch enorm viel Sinn und wirkt sich spürbar auf euren Spielstil aus – so scheiterten wir auf dem harten Schwierigkeitsgrad an einem der fantastisch inszenierten Bosskämpfe, verließen das Schlachtfeld nach einem ordentlichen Chip-Update aber als strahlender Sieger.


Selten haben wir so eine Fülle an RPG-Elementen so gekonnt in die Handlung und Spielwelt etabliert gesehen – wer hier nach dem Optimum strebt, der wird definitiv einiges zu tun haben.



Ritt der Roboter-Walküren


Eine offene Spielwelt, ein taktisches Kampfsystem und etliche Upgrade-Möglichkeiten – alleine mit diesen Elementen bietet NieR: Automata bereits eine Fülle motivierender Spielereien. Für das verrückte Mastermind aber noch lange kein Grund, hier die kreative Reißleine zu ziehen.


Hin und wieder dürft ihr nämlich auch in einen fetten Mech-Suit steigen und mit Laser, Raketen und Gatling-Gun in der Gegend herumfliegen und teils gigantische Gegner nach und nach in die Knie zwingen.


Dabei erinnert NieR: Automata an Space-Shooter der alten Schule. Anstatt uns nämlich vollkommenen frei durch die Welt zu bewegen, düsen wir (gelegentlich sogar automatisch) feste Schienen entlang und verlassen uns auf das gute, alte Twin-Stick-Prinzip, um gehörig aufzuhören.


Simpel, bombastisch, effektiv – ähnlich wie das Kampfsystem machen auch die Luftschlachten ordentlich Laune, funktionieren hervorragend und ebnen den Weg zu einem der ganz großen Highlights des Abenteuers. Schade nur, dass man die Mechs nicht aufwerten oder auf Wunsch in die Schlacht rufen darf.



Das (erste) Ende ist erst der Anfang


Um NieR: Automata erfolgreich zu beenden, kann man gut und gerne knapp 10-12 Stunden einplanen. Mag nicht nach viel klingen – selbst in Anbetracht des fantastischen Kampfsystems und der packenden Handlung – allerdings bietet die Mega-Fortsetzung noch zwei unerwartete Überraschungen, die die Spielzeit enorm nach oben drehen.


Zum einen liefert euch das Action-RPG eine lange Reihe unglaublich fesselnder Nebenaufgaben, die zwar gelegentlich zum altbekannten Bringe Gegenstand A zu Ort Babdriften, oftmals aber eine spannende Nebengeschichte erzählen und euch herzerwärmende Schicksale näher bringen. Und nebenbei noch mit fetter Beute (Kohle, Waffen, etc.) winken.


Die weitaus größere Überraschung sind aber die 26 Enden, mit denen NieR: Automata die Handlung rund um 2B und 9S abschließt. Der Clou: Hierbei handelt es sich nicht einfach nur um verschiedene Abschlusssequenzen, sondern teilweise auch um eine vollständige Neuauflage der eigentlichen Handlung.


Logischerweise möchten wir hier keinerlei Spoiler abfeuern, allerdings klar unterstreichen: NieR: Automata nimmt erst nach dem ersten Durchgang richtig Fahrt auf und eröffnet euch in Runde zwei völlig neue Möglichkeiten, mit denen ihr abermals zum Erkunden der Umgebungen animiert werdet.


Erst nach knapp 50 Stunden hatten wir alle Enden erlebt, entdeckten aber immer wieder neue Geheimnisse in verlassenen Höhlen oder unscheinbar wirkenden Abflussrohren. Und so fühlten wir uns auch hier wieder an den direkten Vorgänger erinnert.


Denn auch NieR: Automata fesselte uns sehr lange an die Konsole. Und bleibt uns mit all den Charakteren, Stories, moralischen Fragen und Enden selbst mehrere Tage noch im Kopf hängen. Eine Meisterleistung.


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Fazit


Düster, abgedreht, einzigartig! NieR: Automata knüpft an alle Stärken des Vorgängers an und merzt damalige Schwächen gezielt aus, wodurch (vor allem durch die Zusammenarbeit mit Platinum Games) ein unfassbar packendes Handlung-Action-Gesamtpaket geschnürt wird, das weit über 50 Spielstunden bestens unterhält und somit auch die Fortsetzung zu einem regelrechten Must-Have avancieren lässt.


Wer sich der Welt von NieR also bisher ferngehalten hat, der sollte spätestens jetzt mit dem rundum gelungenen Automata einen brachialen Kopfsprung wagen – und dabei auch den famosen Erstling nicht außer Acht lassen!

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