Mittelerde: Schatten des Krieges

Mittelerde: Schatten des Krieges



Wenn die Fans nur über das Negative sprechen.


Eigentlich kann man Mittelerde: Mordor Schatten schon als kleinen Überraschungshit bezeichnen. Immerhin hätte trotz der starken Lizenz kaum einer gedacht, dass das Abenteuer aus dem Hause Monolith der Gaming-Gemeinde so positiv im Gedächtnis bleiben würde.


Ein Vorgänger war also eigentlich noch eine Frage der Zeit. Vorfreude kam schnell auf, erste Szenen verursachten bei Fans Jubelrufe. Und dann wurden Lootboxen angekündigt, deren Einsatz fast schon wie eine direkte Aufforderung wirkte, seine Geldbörse weit zu öffnen.


Doch darf man Mittelerde: Schatten des Krieges wirklich nur darauf dezimieren? Oder wartet hinter diesem Kritikpunkt ein weiterer Mega-Hit, dessen Stärken tiefe Schatten über Mikrotransaktionen werfen? Wir liefern euch in unserem Test die Antwort!


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Neuer Ring, neue Probleme


Mittelerde: Schatten des Krieges verfrachtet uns abermals in die Rolle von Krieger Talion, in dessen Körper der Geist des Elbenlords Celebrimbor haust. Nach den Erlebnissen des Vorgängers haben die beiden einen Entschluss gefasst und schmieden einen völlig neuen Ring der Macht, der frei von jeglicher Korruption Saurons für das Gute eingesetzt werden soll.


Kurz nach Fertigstellung wird ihnen der Ring jedoch gewaltsam entrissen, wodurch die beiden abermals das Schwert ziehen und sich dem übermächtigen Sauron und seinen Truppen in den Weg stellen müssen. Denn Mittelerde muss abermals gerettet werden und braucht somit zwei starke Helden, die ganz genau wissen, wie das geht!


Obwohl Mittelerde: Schatten des Krieges abermals recht kreativ mit der Herr der Ringe-Lore umgeht und hier und da einige etablierte Geschehnisse einfach ignoriert, fällt die Handlung rund um Talion und Celebrimbor sowie die Rettung Mittelerdes erneut äußerst unterhaltsam aus und hat dabei auch den Charme der eigentlichen Hauptreihe an Bord.


Keine Sorge, Spoiler werden wir hier nicht abfeuern: Allerdings dürfen sich vor allem Fans über eine Reihe bekannter Figuren freuen, die elegant in die Rahmenhandlung eingeflochten werden. Ein wahrer Traum, der niemals erzwungen wird, sondern für den ausgewählte Teile der Herr der Ringe-Saga passend aufbereitet und eingebaut wurden.




Langer Grind zum wahren Ende


Diese Haupthandlung durchläuft aber nur drei Akte, wird aber dennoch von einem vierten Akt begleitet. Wie das funktioniert? Ganz einfach: durch die Schattenkriege.


Hierbei handelt es sich im Endeffekt um eine Einladung, die weite Spielwelt weiter zu erkunden, Festungen einzunehmen, Ork-Krieger zu rekrutieren und seine eigene Festung vor Angreifern zu beschützen. Sozusagen eine ausgeweitete Open-World-Erkundung mit kleinem Storygerüst.


Allerdings fällt dieses Gerüst so spärlich aus, dass es fast schon ein wenig schmerzt. Immerhin wird man knapp 15-20 Stunden durch die Welt geschickt, um Kämpfe zu bestehen, Truppen zu stärken und Angreifer zurückzuschlagen, bekommt allerdings kaum einen richtigen Handlungsfetzen geboten, sondern wird einzig durch die Siege und werde stärker-Mentalität bei Laune gehalten.


An sich mag das kein Problem sein, immerhin war mangelnder Endgame-Content ein großer Kritikpunkt des Erstlings, hier wirkt das Ganze dann aber schon fast ausufernd. Denn mit einem plötzlichen Balancing-Umschwung wird man zu teils elendig nervendem Grinding gezwungen. Wer nun meint, dass man das Spiel dann einfach ad acta legen kann, der irrt. Denn nach Beenden der Schattenkriege wartet noch eine geheime Endsequenz, die Talions Handlung ein wirklich wichtiges Kapitel hinzufügt.


Somit wird das Ganze zu einer merkwürdigen Mischung aus Zwang, Unterhaltung, Umfang und Grind. Wirklich katastrophal ist das nicht, fällt aber in Angesicht eines anderen Aspekts dann doch ein wenig negativ auf. Dazu aber später mehr.



Viel zu tun im Lande Gondor


Augenscheinlich hat sich im Vergleich mit dem Vorgänger nicht viel getan. Abermals steuern wir Talion durch offen gestaltete Areale, wobei wir dieses Mal insgesamt fünf Gebiete unsicher machen dürfen.


Dabei gibt es natürlich etliche Haupt- und Nebenmissionen zu erledigen. Immerhin muss man ja Mittelerde retten und mit Hilfe seines treuen und scharfen Schwerts ein wenig Frieden in das von Hass und Krieg zerfressene Land reinbringen.


Allerdings gerät der Weltrettungsaspekt in Angesicht einer gelungenen Präsentation zunächst in den Hintergrund. Die Gebiete wurden gelungen in Szene gesetzt und versprühen in Kombination mit einem orchestralischen Soundtrack das perfekte Herr der Ringe-Feeling, in dem man sich schnell verliert. Pop-Ups und teils matschige Texturen übersieht man da gerne.


Zusätzlich wird man durch viele, versteckte Geheimnisse zum Erkunden eingeladen und darf damit noch tiefer in die Fantasiewelt eintauchen. Versteckte Artefakte, verschwommene Erinnerungen aus der Vergangenheit eures Seelen-Mitbewohners und elbische Schriftzeichen halten auch neben der eigentlichen Haupthandlung bei Laune und belohnen mit wissenswerten Zusatzinfos zu Helden, Bösewichtern und der Welt sowie Ausrüstungsgegenständen.



Mit Free-Flow zum Sieg


Problem erkannt, Problem gebannt. Der Vorgänger war zu einfach, dann wird beim Nachfolger einfach der Schwierigkeitsgrad erhöht. Kein Wunder also, dass wir bei Mittelerde: Schatten des Krieges vor allem bei riesigen Gegnergruppen ordentlich ins Schwitzen kommen.


Zum Glück steht uns wieder das aus dem Erstling sowie der Batman: Arkham-Saga bekannte Free-Flow-Kampfsystem zur Verfügung, mit dem wir rasant von einem Feind zum nächsten donnern und per Knopfdruck zum richtigen Zeitpunkt schmerzhafte Konter austeilen. Funktionierte damals gut und erfüllt auch seine Aufgabe auch heute noch erstklassig.


Logischerweise werden die Schergen mit der Zeit immer stärker. Dafür gibt es dann freischaltbare Skills, mit denen man im Kampf noch agiler agieren und sich mit allerlei Verstärkungen einen klaren Vorteil im schier unendlichen Krieg gegen die Ork-Armeen sichern kann. Auch die Fortbewegung über die Karte kann dadurch vereinfacht werden, beispielsweise durch wahrlich hilfreiche Doppelsprünge.


Dabei sind die Upgrade-Möglichkeiten aber noch nicht erschöpft. Die Spielwelt beherbergt nämlich zahlreiche Waffen, mit denen ihr eure Angriffsstärke erhöhen und euch unliebsamer Schergen noch einfacher entledigen könnt. Besonders cool: An Waffen gekoppelte Nebenziele müssen erfüllt werden, um das wahre Potenzial zu entfalten. Auf dem Weg zum perfekt gestählten Talion gibt es also definitiv eine Menge zu tun.



Erneutes Highlight: das Nemesis-System


Auch der Zweikampf gegen teils schwer bewaffnete Orks spielt wieder eine große Rolle. Klar, immerhin stellte diese Mechanik eine der größten Pluspunkte des Vorgängers darf und findet damit problemlos seinen Weg in den Nachfolger.


Dabei verlässt sich Mittelerde: Schatten des Krieges auf einen fantastischen Zufallsgenerator, der vollkommen kreativ abgedrehte Orks zusammenstellt und damit nicht selten lautstarke Lacher erntet. So stechen einige Kandidaten nicht etwa mit Größe, Muskeln oder Rüstung, sondern mit einer skurrilen Charaktereigenschaft hervor, die gerne mal ungebremst auf ein abgedrehtes Level maximiert wird.


Das Nemesis-System wirkt dadurch noch vielschichtiger als im Vorgänger. Gelegentlich treffen wir sogar auf Widersacher, die den Tod eines Gefährten rächen wollen, den wir vor einigen Spielstunden über den Jordan geschickt haben. Konsequenzen fühlen sich dadurch gewichtig an, wir uns damit wie ein wichtiger Baustein in der lebendigen Spielwelt.


Ob die kreativ gestalteten Orks nun durch einen Sieg stärker werden, euch in einem unpassenden Moment auflauern oder Rache für einen gefallenen Freund nehmen, alles wirkt organisch und wird somit zum festen Teil der Atmosphäre, die somit endgültig zum stärksten Element von Mittelerde: Schatten des Krieges wird.



Pokemon im Ork-Gewand


Das Nemesis-System ist gleichzeitig ein Garant für taktische Tiefe. Immerhin müssen wir uns gut überlegen, welchen Ork wir mit unseren einzigartigen Fähigkeiten in unsere eigenen Reihen holen und welchen wir gnadenlos ins Nirvana befördern, um kostbaren Loot in unseren Besitz zu bringen.


Wirklich wichtig wird diese Entscheidung aber erst in Angesicht eines weiteren Aspekts: dem Einnehmen von Festungen. Immerhin bietet Mittelerde: Schatten des Krieges eine Vielzahl bewachter Burgen, die es mit einer eigens zusammengestellten Armee einzunehmen gilt.


Da kommt es auf die Auswahl der richtigen Generäle und Kommandanten an. Jeder besitzt verschiedene Stärken und Schwächen sowie besondere Fähigkeiten, die es genauestens zu studieren und geschickt einzusetzen gilt. Gelegentlich sahen wir uns am Rande der Niederlage, weil einer unser Kämpfer uns regelrecht im Stich ließ und mit seiner Kampfkraft nicht wirklich einen entscheidenden Faktor spielen konnte.


Im Online-Modus zieht sich dieses Element weiter. Hier dürft ihr nämlich Festungen eines Mitspielers angreifen und versuchen, seine Verteidigung einzustampfen. Aber Vorsicht! Auch eure Festung kann Ziel eines Angriffes werden und sollte somit mit den richtigen Orks ausgestattet werden, um jedweden Attacken standhalten zu können.


Wer allerdings lieber gemeinsam und nicht gegeneinander antreten möchte, der nutzt den Online-Modus, um die Spielwelt eines Gefährten zu betreten und an einem Ork Rache zu üben, der dessen Tod zu verantworten hat. Als Belohnung winken kostbarer Loot und hilfreiche Erfahrungspunkte – da sagt man gemeinsam mit dem wirklich hohen Spielspaß doch gleich doppelt ja!



Unbrauchbar durch Mikrotransaktionen?


Schon im Vorfeld wurde viel über Mittelerde: Schatten des Krieges diskutiert. Allerdings nicht wegen beeindruckender Optik oder anderen Verbesserungen, sondern wegen auf dem ersten Blick recht geldgierig anmutenden Mikrotransaktionen, die den Weg ins Spiel gefunden haben.


Tatsächlich müssen wir festhalten, dass wir diese während des Tests ebenfalls als recht hinterhältig ist das Gesamterlebnis eingebaute Geldklauerei gesehen haben. Immerhin können wir hier im Austausch mit Echtgeld nicht nur Ausrüstung erwerben, sondern gleichzeitig Erfahrungspunkte-Multiplikatoren sowie Orks, die wir per Zufallsprinzip erhalten.


Nun man zu Recht das Naja, man muss sie ja nicht kaufen-Argument auspacken, wird nach den ersten drei Akten nun aber mit den Schattenkriegen konfrontiert, mit denen man merkt: ein Kauf der Lootboxen würde das Ganze erleichtern. Immerhin braucht man die hiermit verdienten Orks nicht aufzupäppeln, sondern kann sie direkt zum Bewältigen der fordernden Missionen einsetzen. Langes Grinden wird somit nicht mehr verlangt.


ABER: Auch wenn das Ganze hilfreich und fast wie ein Must-buy erscheint, fällt das Ganze in der Praxis dann doch nicht ganz so tragisch aus. Da wir uns nämlich zuvor ausreichend mit den Nebenmissionen beschäftigt und die Spielwelt erkundet haben, hatten wir bereits einen stattlichen Level erreicht und konnten das geheime Ende auch ohne Käufe abschließen.


Dennoch ist die Entwicklung in der Videospiel-Industrie mit ein wenig Sorge zu betrachten. Zwar ist ein Kauf auch hier letztendlich nur optional, vor einigen Jahren gab es allerdings noch gar keine Lootboxen. Und so geht der Fortschritt zur vervielfachten Geldeinnahme eben immer weiter. Und wird bei einem eventuellen dritten Mittelerde-Part eventuell schon eine ganz neue, erschreckende Dimension erreicht haben.


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Fazit


Dieser Nachfolger braucht sich nicht im Schatten zu verstecken! Mittelerde: Schatten des Krieges baut gekonnt auf dem starken Fundament des Erstlings auf und präsentiert eine herrlich unterhaltsames Abenteuer, das mit dynamischen Kämpfen, dem Nemesis-System und jede Menge Umfang auf ganzer Linie überzeugt.


Handlungstechnische und optische Schwächen sowie die leicht säuerlich aufstoßenden, mit etwas Mühe aber zum Glück fast gänzlich ignorierbaren Mikrotransaktionen präsentieren sich zwar als kleine Wermutstropfen, werden durch eine fantastische Atmosphäre und etliche Nebenaufgaben aber dezent in den Hintergrund vertrieben.


Wer den Vorgänger also liebte, für den führt an Mittelerde: Schatten des Krieges gar kein Weg vorbei. Doch auch völlige Neulinge sollten mitsamt der hohen Anzahl an optimierten Gameplay-Elementen definitiv einen Blick riskieren und sich in die von Ork überrannte Spielwelt stürzen. Und sich vorher eventuell ein bis zwei Wochen Urlaub sichern.

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