Okami HD

Okami HD



Ein Pinselstrich schmerzt mehr als tausend Schwerter.


Wir nehmen das Wort Meisterwerk nur sehr ungerne in den Mund. Immerhin wird damit gleich eine Erwartung aufgebaut. Eine Hoffnung, dass das im Mittelpunkt stehende Videospiel tatsächlich die Grenzen des bereits Bekannten einreißt und ein völlig neues, ungeahntes Niveau erreicht.


Nun halten wir aber viele Jahre nach der Erstveröffentlichung die mittlerweile zweite HD-Zellenkur von Okami, dem malerischen Videospielhit der Clover Studios, in unseren Händen und werden eindrucksvoll Zeuge davon, dass Ausnahmen dann eben doch die Regel bestätigen.


Eines steht nämlich fest: Okami ist ein Meisterwerk!


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Wenn Wölfe Japan retten


Im Lande Nippon herrscht Angst und Schrecken. Der dämonische Lindwurm Orochi ist nach hundert Jahren erwacht und scheint mit seiner schrecklichen Macht das Ende der Menschheit besiegelt zu haben.


Hoffnung gibt es jedoch in felliger Form der Wölfin Amaterasu, die sich dem Monster mit dem kleinen Koropokel Issun, göttlichen Waffen und einem magischen Pinsel mutig in den Weg stellt. Immerhin handelt es sich bei ihr um die Reinkarnation der Heldin Shiranui, die Orochi vor 100 Jahren erfolgreich schlagen und verbannen konnte.


Was folgt ist eine malerische Reise durch ein bezauberndes Japan der Vergangenheit, das im feinsten Cel-Shading-Look wie eine traumhafte Pinselzeichnung wirkt und mit vielen, liebevollen Details eine ebenso packende wie auch wunderschöne Spielwelt erschafft, in der man sich gerne verliert.


Gerne verlieren tut man sich auch in der Handlung, die zwar gemächlich beginnt, nach der ersten Spielstunde jedoch an Fahrt aufnimmt und anschließend direkt den Entdecker in uns weckt. Belebte Dörfer, düstere Höhlen, versteckte Räume – Okami entlässt uns in einen gigantischen Spielplatz, der insgesamt doch recht linear ausfällt, jedoch ausreichend Raum zum freien Erkunden und Entdecken bietet.


Hauptaugenmerk – und gleichzeitig auch eine der ganz großen Stärken – liegt aber bei den Menschen, denen wir bei unserer Reise über den Weg laufen. Jeder Charakter hat seine Geschichte, sein Leid, seine Entwicklung, der wir beiwohnen uns sie via Haupt- oder Nebenquests unterstützen dürfen. Neue Motivation, viel Abwechslungsreichtum und eine gezielte Mischung aus Humor und emotionaler Tiefe fesseln somit direkt an den Controller und wecken das Nur-noch-eine-Stunde-Feeling.




Wozu Schwerter, wenn es Pinsel gibt?


Die Parallele mit Zelda muss gezogen werden. Immerhin steuern wir Amaterasu in Okami durch eine offen gestaltete Spielwelt, besuchen Dörfer, Wälder, Höhlen und andere sehenswerte Orte und erkunden dabei auch eine Vielzahl an Dungeons, in denen wir fiese Bosse ins Nirvana befördern.


Der Clou: Anstatt Amaterasu mit etlichen Ausrüstungsgegenständen und Waffen zu bestücken, greift ihr geschickt auf den magischen Pinsel zurück. Per Knopfdruck haltet ihr kurzzeitig die Zeit an, zaubert rasant vorgegebene Zeichnungen auf den Bildschirm und freut euch anschließend über den (zumeist) vernichtenden Effekt.


Wer also beispielsweise einen Gegner mit einigen Bissen zunächst ordentlich schwäch und mit einem horizontalen Strich einen nachsetzt, der darf mit ansehen, wie die dämonische Bedrohung kurzerhand in zwei Hälften geteilt wird. Eine Spielerei, die im Laufe des knapp 30-stündigen Abenteuers immer weitergesponnen und um neue Pinselstriche erweitert und somit stets motivierend aufgebaut wird.


Neben dem Pinsel-Schwerthieb darf man somit später auch Bomben aus dem Nichts erscheinen lassen, per Donner Feine elektrisieren oder per Feuerball die Temperatur ordentlich aufdrehen. Strategische Tiefe wird durch die verschiedenen Fähigkeiten und zahlreichen Gegner mit individuellen Stärken und Schwächen regelrecht garantiert.


Und diese beschränkt sich dann tatsächlich nicht nur auf das Schlachtfeld. Wer den göttlichen Pinsel nämlich gekonnt einsetzt, der kann auch die Spielwelt zu seinen Gunsten manipulieren.




Forscherspielplatz Nippon


Oftmals lohnt es sich dann auch, alte Schauplätze ein weiteres Mal aufzusuchen. Neue Fähigkeiten eröffnen nämlich brandneue Pfade, die zuvor versperrt oder gar gänzlich verborgen waren. Die Belohnung: Mehr Gesundheit, mehr Tinte für den Pinsel oder andere kostbare Schätze, die man sich definitiv nicht entgehen lassen möchte.


Okami schafft es, ausreichend versteckte Geheimnisse und Wege in die Landschaft zu pflanzen, diese aber zu keinem Zeitpunkt zur Überfrachtung zu manövrieren. Kleine Risse an Höhlenwänden oder verdeckte Gruben werden somit eher zum angenehmen Zeitvertreib und nicht zur schweißtreibenden Daueraufgabe.


Dabei bleibt die Spielwelt nicht einfach nur ein farbenfroher Hintergrund, sondern spielt auch eine tragende Rolle bei eurem Abenteuer. Mitsamt eures Pinsels dürft ihr nämlich auch von Dämonen zerfressene und zu Verdorbenheit verdammte Pflanzen, Bäume und andere Natur-Hotspots zu alter Kraft und Blüte verhelfen.


Wenn man in einem neuen, düsteren, fast schon trostlosen Areal erscheint und es in einem farbigen, erblühten, lebensfrohen Zustand verlässt, fühlt man sich aufgrund der deutlich sichtbaren Auswirkungen seiner Taten auf die Welt direkt noch später ins Geschehen gezogen, ja regelrecht animiert, noch effektiver auf zerstörte Bäume zu achten. Grandios.




Malerische 4K-Schönheit


Doch was genau macht die zweite HD-Variante nun eigentlich anders oder gar besser? Die Antwort ebenso ernüchternd wie auch kurz aus: Fast gar nichts.


Einzig die höhere Auflösung und damit einige grafische Optimierungen fallen direkt ins Auge, ansonsten wurde Okami unberührt gelassen. Das langwierige Tutorial, teils nervende Dialoge (weiterhin im feinsten unverständlichen Kauderwelsch) sowie deutliche Pop-Ups sind Störpunkte der ersten Stunde, die auch in dieser Fassung weiterhin fest Bestandteil sind.


Okami gelingt aber das Kunststück, dass dieses überschaubare HD-Upgrade bereits ausreicht, um uns wieder vollends zu beeindrucken und eine klare Kaufempfehlung auszusprechen. Denn selbst viele Jahre nach der Erstveröffentlichung wird deutlich, dass man hiermit einen der besten Titel der Videospielgeschichte in seinen Händen hält.


Ob nun von japanischen Mythen angehauchte Handlung, die malerische Optik, der göttliche Soundtrack oder das hervorragende Gameplay, das in Verbindung mit einem stattlichen Umfang gut und gerne knappe 40-50 Stunden an die Konsole fesseln kann, Okami lässt die kleinen, marginalen Schwächen spielend leicht im Hintergrund verblassen.


Und da ist uns ein 4K-Update schon Grund genug, Nippon ein weiteres Mal zu retten. An die Pinsel, fertig, los!


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Fazit


Okami ist wie die Mona Lisa. Man kann sie sich immer und immer und immer wieder anschauen und entdeckt immer wieder etwas Neues, wodurch man gnadenlos in ihren Bann gezogen wird. So verhält es sich auch beim malerischen Abenteuer von Wolf Amaterasu und Koropokel Issun.


Somit hat sich unser Fazit selbst zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung nicht verändert: Okami ist ein wahrhafte Videospiellegende, die an fast jeder Front strahlende Perfektion abliefert und somit ohne Frage in jede Gaming-Sammlung gehört.


Und obwohl sich die HD-Variante für PS4, Xbox One und PC vollends auf die grafische 4K-Optimierung konzentriert und kleinere spielerische Schwächen der Vergangenheit außer Acht lässt, sprechen Optik, Sound, Gameplay und Atmosphäre weiterhin für sich: Okami ist die ultimative Symbiose aus Videospiel und Kunst, Gamen auf allerhöchstem Niveau.


Ein Meisterwerk.

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