Nioh

Nioh

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Dark Souls + Bloodborne + Japan x Geschwindigkeit = Nioh


Wir lieben Dark Souls. Ja, wir wissen, dass wir mit dieser Meinung nicht alleine sind. Allerdings ist es halt einfach ein Fakt, dass die fordernde Reihe als Meilenstein der Videospielgeschichte bezeichnet werden darf und somit immer wieder gelobt werden sollte.


Dementsprechend skeptisch sind wir gegenüber Dark Souls-Klonen, die sich das bekannte Gameplay einfach unter den Nagel reißen und selber etwas Unvergessliches schaffen wollen – nach dem feinsten Wenig Arbeit, viel Erfolg-Prinzip. So auch bei Nioh, das wir immer mit einer skeptisch gehobenen Augenbraue betrachtet haben.


Nach 25 Stunden Spielzeit müssen wir uns vor dem neusten Abenteuer aus dem Hause Team Ninja hinknien und lautstark entschuldigen. Denn Nioh ist mehr als ein einfacher, liebloser Klon.


Doch reicht es wirklich an das Vorbild heran? Das sagen wir euch in unserem Test!


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Viel Historie mit einer gehörigen Prise Dämonen


Inmitten der kriegerischen Sengoku-Zeit, einem der historisch bedeutsamsten Kapiteln der japanischen Geschichte, muss sich Protagonist William Adams auf die weit entfernte und zu diesem Zeitpunkt fast noch gänzlich geheimnisvollen Insel wagen, um einen von ihm geraubten Gegenstand wiederzuerlangen.


Der Clou: Nioh ist nicht einfach nur ein Action-Titel im historischen Gewand, sondern konfrontiert euch mit dämonischen Yokai, die das Land terrorisieren und inmitten der kriegerischen Konflikte für zusätzliches Chaos sorgen. Für Adams, dem Samurai aus dem Westen, allerdings kein Grund, um den Schwanz einzukneifen und zu fliehen.


Team Ninja schafft es, historische Persönlichkeiten und Ereignisse elegant mit dämonischen Elementen zu verbinden und der Fremder Europäer im Samurai-Gewand-Formel somit einen ansprechenden Neuanstrich zu verpassen, der mit teils abgefahrenen Akteuren bis zum Abspann bestens unterhält.


Teils schnelle Sprünge von Handlungsstrang A zu B sorgen zwar für ein wenig Konfusion, werden durch anschließende Erklärungen allerdings schnell wieder zusammengefügt, machen das Zusammenwerkeln eines filmreifen Erlebnisses durch diese Verstückelung jedoch unmöglich. Aber das dürfte gerade für Dark Souls-Fans kein großes, da bekanntes Problem sein.



Japan, ein ferner Traum


Nioh ist ein Traum für Japan-Liebhaber. Beginnend bei der Handlung erstreckt sich das wundervolle, fernöstliche Feeling auch über die Grafik, die zwar keinerlei Bäume ausreißt, sich mit teils atemraubenden Besonderheiten, anschaulichen Landschaften und allerlei schick gestalteten Ausrüstungsgegenständen aber dennoch als kleiner Augenschmaus bezeichnet werden darf.


Wenn man mit elegantem Kabuto, scharfem Katana und detaillierter Ausrüstung durch alte Tempel wandert, bei hektischen Kämpfen die Umgebung in Mitleidenschaft zieht und gegen allerlei herrlich skurrile Monster antritt, kann man sich ein Lächeln einfach nicht verkneifen. Zudem eröffnen verschiedene Einstellungsmöglichkeiten (auf der Pro) das Aufstocken optischer Details oder der Framerate – 60fps mit weniger, 30fps mit mehr Details, ganz wie ihr wollt. Funktioniert in der Praxis dann auch hervorragend!


Hier und da fallen einige unschöne Texturen oder karge Landstriche auf, allerdings werden diese durch fast schon romantische Sonnenuntergänge oder vom Wind verwehte Kirschblütenblätter wettgemacht. Dieser Umstand ist dann auch dem jederzeit passenden Soundtrack zu verdanken, der dank starkem Orchester und düsterem Chor stets im Ohr bleibt. Japan-Fans fühlen sich hier direkt heimisch!



KI ist alles!


Das Kampfsystem von Nioh klingt zunächst simpel. Mit einer Schultertaste visiert man den Gegner an. Mit einer anderen blockt man. Mit den Buttons schlägt man wahlweise mit Schwert, Hammer, Axt oder Lanze zu und darf bei größeren Distanzen sogar zu Flinte oder Bogen greifen.


Natürlich liegt der Teufel wieder im Detail. Denn jeder Gegner hat sein eigenes Angriffsmuster, muss mit einer anderen Strategie geschlagen werden. Was alle gemeinsam haben: mit wenigen Hieben können sie euch über den Jordan schicken. Geschicktes Ausweichen ist also definitiv Pflicht!


Was das Kampfsystem von Nioh aber so fantastisch macht, sind die zusätzlichen Elemente, die noch mehr Aufmerksamkeit und Vorsicht erfordern. So besitzt ihr ebenso wie eure Gegner eine KI-Liste, die gleichzeitig eure Ausdauer anzeigt. Habt ihr diese nicht im Auge, droht euch bei vollständiger Entleerung ein kurzzeitiger Abwehreinbruch. Positiv daran: für euren Gegner gilt das ebenso!


Mit der Zeit können wir dann auch noch neue Fähigkeiten freischalten und Kämpfe somit noch akrobatischer bestreiten, was das Ganze immer wieder aufs Neue aufpeppt und dauerhaft motiviert. Man bekommt einfach nicht genug davon, einem gegnerischen Samurai mit einem schnellen Schwerthieb zuvorzukommen.


Lebensretter ist derweil unser Schutzgeist, den wir nach Aufladen einer zusätzlichen Leiste an unsere Seite rufen und mit seiner Stärke kurzzeitig verstärkt zuhauen können. Diese Geister lassen sich zudem auf Wunsch wechseln, womit man neuen Raum zum Experimentieren geboten bekommt – und diesen auch definitiv nutzen wird!



Gegen Bosse helfen nur Seelen


Durch kleinere Standardgegner können wir uns nach einiger Zeit recht gut schnetzeln. Klar, es wird jede Zeit völlige Konzentration von uns erfordert – jeder kleine Fehler kann uns direkt ins Grab bringen –, aber mit ausreichend Vorsicht klappt es schon bald recht gut.


Allerdings kommt ganz im Stile der Dark Souls-Games der Moment, in dem wir uns hilf-, macht- und chancenlos fühlen. Und zwar das Auftauchen eines Bosses.


Zugegeben: Tatsächlich lässt sich bei Nioh die perfekte Taktik für jeden Boss schnell ausmachen. Dennoch ist das Besiegen aufgrund hektischer Duelle und teils schier unmöglich auszuweichender Attacken mit unschönen Nebenwirkungen (Lähmung!) zunächst eine kaum zu schaffende Aufgabe. Doch wenn man sich nach, zwei, drei oder 20 Versuchen dann doch den Sieger nennen darf, ist die Freude groß!


Natürlich müssen wir uns beim Bewältigen solcher Mammut-Aufgaben nicht nur auf unsere Skills verlassen, sondern passen mit gefundenen Ausrüstungsteilen immer wieder unser Equipment an. Dabei freuen wir uns nicht nur über schicke Schwerter, Äxte, Flinten oder Bögen, sondern auch über Zubehör mit verstärkenden Statuswirkungen. Und ständig nach einem neuen, exzellenten Part zu suchen bringt ungeheuer viel Laune!


Zu guter Letzt fehlt auch das Upgrade-System nicht. Besiegte Gegner bringen uns Seelen, die wir wiederrum an überall verteilten Schreinen zum Verstärken unserer wichtigsten Attribute (Stärke, Ausdauer, Leben) eintauschen dürfen – Dark Souls, ick hör dir trapsen. Allerdings verführt dieser Gameplay-Aspekt auch bei Nioh zum stetigen Leveln und erzeugt ein lustig-frustiges Suchtpotenzial (nachdem uns ein Boss etliche Male chancenlos niedergeschlagen hat).



Auf der Suche nach den Abkürzungen


Auch in puncto Leveldesign geht Nioh einen etwas anderen Weg als sein klares Vorbild. Anstatt euch nämlich eine große, ineinander verwobene Spielwelt zu präsentieren, suchen wir uns unsere Missionen und somit auch den Schauplatz per Landkarte aus.


Wer der dadurch verloren gegangenen Komplexität hinterher trauert, der kann sich die Tränen trocknen. Jedes Gebiet (Waldgebiete, Höhlen, ein kleines Hafendorf) ist in sich verwinkelt, bietet ausreichend versteckte Geheimnisse und Abkürzungen, die zum Erkunden einladen.


Dabei verläuft das Ganze fast im gesamten Spiel nach einem klaren Muster: Neue Mission auswählen, Gebiet erkunden, Ziel erreichen und Endboss bezwingen. Läuft. Optionale Nebenaufgaben und Twilight-Missionen – bockschwere Aufträge – verfrachten euch aber leider ebenfalls in diese Gebiete, bieten euch also keine neuen, sondern höchstens leicht angepasste, recycelte Bereiche.


Klar, neue Ausrüstungsgegenstände, ein erneuter Kampf gegen bereits bezwungene Bosse und Schätze animieren zum Anspielen, dennoch hätten wir uns über weitere Areale der anschaulichen Spielwelt gefreut. Schade.



Koop mit (guten) Hindernissen


Nioh unterhält für etliche Stunden. Nicht nur aufgrund der unzähligen Bildschirmtode, die uns zu mehreren Duellen gegen einen Endboss zwingen, sondern auch wegen unzähliger Haupt- und Nebenmissionen sowie versteckter Geheimnisse. Und da man die Level auf Wunsch immer wieder aufs Neue erleben kann, sind vor allem Perfektionisten direkt in ihrem Element.


Auf dem Weg zur Zielgraden finden Dark Souls-Fans dann noch die letzte große Gemeinsamkeit: verstorbene Seelen, die rastlos auf Erden verweilen und von euch auf Wunsch zum Duell herausgefordert werden können. Hierbei handelt es sich um die Seelen verstorbener Spieler, die gerne schnell und aggressiv angreifen, nach Besiegen aber immerhin nette Ausrüstungsgegenstände hinterlassen.


Zusätzlich dürft ihr euch auch einen Mitspieler ins Spiel holen (per Code sogar einen Freund), der euch bei besonders schwierigen Aufgaben oder Bossen unterstützt. Knackpunkt (und damit anders als beim Vorbild): das Level muss von euch beiden zuvor erfolgreich beendet worden sein, ansonsten scheitert die Hilfsaktion.


Mag zwar recht unfair und sinnbefreit wirken, mach mit Blick auf Nioh im Ganzen allerdings sehr viel Sinn. Immerhin steht hier die Herausforderung, das Scheitern und das glanzvolle Gewinnen im Vordergrund. Wenn man sich da einfach auf Wunsch Hilfe an die Seite beschwören und alles und jeden gnadenlos ins Jenseits befördern kann – wo wäre da der Spaß?


Und somit geht die in der Überschrift präsentierte Formel letztendlich perfekt auf. Und vermischt Wut, Aggression, eine kurzzeitige Bedrohung für jegliche PS4-Controller sowie unfassbaren Spielspaß in ein hervorragendes Spielerlebnis, mit dem man sich sehr lange Zeit befassen kann, wird und möchte.


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Fazit


Ein liebloser Klon? Mitnichten! Obwohl Nioh sich oftmals wie eine direkte Kopie eines Dark Souls-Titels anfühlt, hat Team Ninja ausreichend neue Aspekte in das japanische Abenteuer gehaucht, um ein eigenständiges, packendendes und zudem verboten schweres Erlebnis zu erschaffen.


Und obwohl Nioh das große Vorbild nur gelegentlich überschattet, braucht es sich definitiv nicht dahinter zu verstecken. Wer nach Beenden der beinharten Dark Souls-Trilogie also endlich wieder forderndes Futter sucht und zudem nicht genug vom alten Japan bekommen kann, der sollte direkt zugreifen. Und alle anderen auch!

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