Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin

Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin



Chaos geht es an den Kragen!


Ninja Gaiden, Dead or Alive, Nioh – die Liste an erfolgreichen und von Journalisten sowie Fans gleichermaßen gefeierten Videospielserien des japanischen Entwicklerstudios Team Ninja ist nicht nur lang, sondern zudem mit einigen Hochkarätern gefüllt. Dass sich darunter auch die namhafte Final Fantasy-Reihe befindet, wird oftmals gerne übersehen.


Kein Wunder, wurden die Verkaufszahlen des eher durchwachsenen Kampfspiels Dissidia Final Fantasy NT von Square Enix doch als enttäuschend bezeichnet, während das 2017 veröffentlichte Mobile Game Dissidia Final Fantasy: Opera Omnia bis zum heutigen Tag ein Dasein außerhalb des breiten Konsolen-Mainstreams fristet. Da aller guten Dinge aber drei sind, folgt mit Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin ein weiterer Versuch, der Serie einen starken Ableger und nebenbei der eigenen Firmenhistorie einen neuen Erfolg zu spendieren.


Im Test verrate ich euch, weshalb sich das Action-RPG aber eher als zweischneidige Klinge herausstellt, die Erfüllung dieses noblen Plans also leider zur Unmöglichkeit macht. Final Fantasy- und vor allem Nioh-Fans aber dennoch einen Blick riskieren sollten.


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Ohne Sinn und Verstand


Team Ninja hätte vollkommen motivationslos in den Remake-Strom springen und Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin als optisch und spielerisch gehörig aufgewertete, narrativ allerdings höchstens minimal aufgewertete Neuauflage des ersten Ablegers der legendären RPG-Reihe konzipieren können. Stattdessen werden zahlreiche Handlungselemente des 1987 erstveröffentlichten Final Fantasy mit neu erdachten Vorgeschichten und Zusatzinformationen vermischt und in einem alternativen Universum positioniert, der daraus entstandene Story-Cocktail also weder als Remake noch als Sequel, sondern vielmehr als einfallsreiche Neuinterpretation zu verstehen.


Leider steht Hauptheld Jack dem Eintauchen in eine bezaubernde Fantasiewelt konsequent im Weg. Gemeinsam mit seinen beiden Verbündeten Jed und Ash verfolgt er nämlich nur ein Ziel: Chaos um jeden Preis niederzustrecken. Und auf der Suche nach dem ultimativen Bösen braucht der Krieger auch keine langwierigen Vorstellungen, Erklärungen oder gar freundschaftliche Konversationen. Wer keinerlei Chaos-relevante Themen zu teilen hat, ist für Jack also automatisch Luft.


Infolgedessen wirken die ersten Stunden von Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin nicht nur vollkommen überstürzt, sondern bisweilen sogar unfreiwillig komisch. Anstatt mich dem Heldentrio mit spannenden Zwischensequenzen näherzubringen und damit ein emotionales Fundament für das kommende Abenteuer zu errichten, treffen sich Jack, Jed und Ash einfach auf einer Straße, erfahren mit Blick auf ihre vibrierenden schwarzen Kristalle von ihrer gemeinsamen Chaos-Suche und besiegeln ihre Freundschaft urplötzlich mit einem Fistbump. Klingt wie ein schlechter Scherz, ist aber tatsächlich der Beginn einer inhaltlich schonungslos zusammengestauchten Erzählung, die jegliche Substanz dringend vermissen lässt.


Dadurch bleiben nicht nur die Haupt- und Nebencharaktere erschreckend eindimensional, auch die Welt an sich fühlt sich seltsam leer und für meine maßgebliche Mission nahezu irrelevant an. Kaum habe ich das Gefühl, dass mir Team Ninja endlich einige spannenden Fakten zum Königreich Cornelia, dem König der dunklen Elfen oder Piratenanführer Bekke mitteilen möchte, macht Jack dem Ganzen einen unliebsamen Strich durch die Rechnung und verlangt lautstark, dass einzig das Thema Chaos auf die Tagesordnung gesetzt wird. Da sind unliebsame Fremdschäm-Momente regelrecht vorprogrammiert.



Unverhoffte Handlungskehrtwende


Jegliche Hoffnungen auf eine erzählerische Wunderheilung hatte ich eigentlich frühzeitig begraben, hielt es gar für ausgeschlossen, dass sich Stranger of Paradise irgendwie aus diesem Dilemma würde befreien können. Doch spätestens zur Halbzeit wurde ich eines Besseren belehrt und durfte erfreut feststellen, dass vor allem die Heldenriege charakterliches Leben eingehaucht bekommt.


Unvergessliche oder gar wegweisende Handlungsmomente sucht man zwar weiterhin vergebens, bekommt aber endlich einige Erklärungen und teils schockierende Wendungen spendiert, die der zunächst grenzenlos stupide anmutenden Jagd nach dem fiesen Chaos eine gewisse Grundlage, einen nachvollziehbaren Grund spendiert. Dadurch nimmt das gesamte Abenteuer unverhofft an Fahrt auf, wird meiner Aufgabe doch endlich ein Sinn verliehen, der mir zuvor höchstens durch kurze Ausführungen alibimäßig vorgesetzt wurde.


Gefühlt kommt diese positive Kehrtwende zwar zu spät, kann die häufig viel zu kurzen und damit recht sinnlos erscheinenden Zwischensequenzen zudem nicht komplett abschütteln und den Plot trotz aller Bemühungen nicht vollständig aus dem akzeptablen Mittelmaß befreien. Da es sich hierbei jedoch nicht nur um eine Momentaufnahme handelt, sondern auch die finalen Stunden und vor allem der epische Abschluss hervorragend gelungen sind, entlässt mich Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin mit einem positiven Gefühl – obwohl die schwachen Abschnitte hierdurch nicht in Vergessenheit geraten.


Smarte Final Fantasy-Fans der ersten Stunde werden die zahlreichen Enthüllungen zweifelsfrei nicht vom Hocker hauen, reicht ein wenig Franchise-Wissen in Kombination mit den zuvor von Square Enix veröffentlichten Trailern doch bereits aus, um jegliche Geheimnisse zu entschlüsseln. Dennoch hat sich Team Ninja viel Mühe gegeben, auch Kennern eine kleine Freude zu machen und mit bekannten Feinden, Elementen und Anspielungen aus der RPG-Serie ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Ein Vorhaben, dass zwar geglückt ist, die Kritikpunkt allerdings ebenfalls nicht aushebeln kann.



Nioh x Final Fantasy


Nun macht Team Ninja allerdings auch kein Geheimnis daraus, dass bei Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin nicht die Handlung, sondern die actionreichen Kämpfe im Vordergrund stehen. Eine weise Entscheidung, denn hier liefert die japanische Videospielschmiede ordentlich ab!


Für das grundlegende Kampfsystem wurde dabei kurzerhand in die hauseigene Trickkiste, namentlich Nioh, gegriffen. Blitzschnell nehme ich anvisierte Gegner mit Standard- und Spezialangriffen unter Beschuss und schütze mich mit Verteidigungs- und Ausweichmanövern vor garantierten Kontern. Bringe ich die feindliche Willensleiste (ein zweiter Balken neben der handelsüblichen Gesundheitsanzeige) dabei auf den Nullpunkt, darf ich meine brachiale Choreographie dann noch mit einem fulminanten und auf den Namen Seelenbrecher getauften Finisher vollenden.


Wer gerne gefährlich lebt und für ein riskantes Vorgehen gerne gebührend belohnt werden möchte, greift derweil zum Seelenschild. Hierbei handelt es sich um eine weitere Blockhaltung, die Gegner mit dem richtigen Timing ins Wanken bringt und mir dadurch die Chance zur maximalen Schadensverteilung eröffnet. Erwische ich beim Einsatz jedoch den falschen Zeitpunkt, leert sich meine eigene Willensleiste rasant, wodurch ich urplötzlich zur wehrlosen Zielscheibe werde und mit ein wenig Pech dem Bildschirmtod verboten nahekomme. Prinzipiell ist das Reaktionsfenster recht groß, ein Fehlschlag also eigentlich problemlos vermeidbar. Da sich im Eifer des Gefechts aber vor allem wegen des schnellen Tempos gerne Fehler einschleichen, sollte die Konzentration selbst nach ein wenig Übung niemals nachlassen.


Doch die Mühe lohnt sich, peppt das Seelenschild das eh schon enorm unterhaltsame Kampfsystem doch gehörig auf und sorgt für einige spannende, da strategisch wertvolle Facetten. So lassen sich bestimmte Attacken nämlich nicht einfach nur abwehren, sondern zudem noch einverleiben. Bestimmte Attacken lassen sich somit nämlich nicht nur abwehren, sondern zudem noch einverleiben. Wirft mir also beispielsweise ein Bomber einen Feuerzauber entgegen, gesellt sich dieser mit kurzem Knopfdruck und richtigem Timing direkt kurzzeitig in mein Repertoire. Ein herrliches Erfolgserlebnis, das in verzwickten Situationen gerne als wichtiger Motivationsboost dient.



Facettenreicher Jobjongleur


Sicherlich eine nette und in der Praxis auch recht amüsante Idee, die allerdings kaum über die augenscheinliche Simplizität des Kampfsystems hinwegtäuschen kann. Ein Gedanke, der scheinbar auch Team Ninja während des Entwicklungsprozesses gekommen war, weshalb das Team voller Elan einen Perfektionsgang höherschaltet und jegliche Oberflächlichkeit mit dem Hinzufügen der Jobklassen gnadenlos aufbricht.


Keine Sorge, dabei müsst ihr nicht etwa das Abenteuer kurzzeitig pausieren und bei redundanten Nebenbeschäftigungen kostbare Gil verdienen. Stattdessen eröffnet euch jeder Job ein individuelles Ausrüstungsset, das nicht nur an besondere Fähigkeiten, sondern auch an einen einzigartigen Kampfstil gekoppelt ist. Insgesamt gibt es 27 Klassen, darunter Schwert- und Faustkämpfer, Schwarz-, Weiß und Rotmagier, Dieb, Mönch oder Pikenier. Der Clou: Ich darf zwei Varianten gleichzeitig ausrüsten und zwischen beiden per Knopfdruck in Windeseile wechseln.


Logischerweise ergeben sich dadurch etliche Kombinationsmöglichkeiten, die auf dem Schlachtfeld ausgiebig ausprobiert und mit einigen Nachjustierungen gezielt modifiziert werden können. Verknüpfe ich mein treues Großschwert mit elementaren Zaubersprüchen? Vielleicht wäre ich mit einem Katana doch besser aufgehoben? Äxte und Streitkolben könnten doch aber sicherlich mehr Schaden anrichten. Dafür hat eine Lanze natürlich mehr klasse. Da alle Jobs mit Vor- und Nachteilen behaftet sind, fällt die Entscheidung mitunter verboten schwer, möchte man doch am liebsten ausgewählte Fähigkeiten extrahieren und miteinander fusionieren, um eine unschlagbare Superklasse zu erschaffen.


Bedauerlicherweise darf man sich nicht sofort auf die kämpferische Auswahl stürzen, sondern muss eine Vielzahl der angepriesenen Klassen zunächst freischalten. Diese darf ich dann nicht einfach nur ausrüsten, sondern sie mit den hinterlassenen Erfahrungspunkten besiegter Gegner stetig aufleveln und weitere Fertigkeiten und Spezialangriffe aktivieren. Vor allem experimentierfreudige Action-RPG-Kämpfer kommen also auf ihre Kosten, dürfen sie doch enorm viel Zeit in das Optimieren des eigenen Stils investieren, dabei immer wieder neue Zusammenstellungen entdecken und kleine, aber spürbare Schritte in Richtung kämpferischer Perfektion tätigen.



Chaotischer Kleiderschrank


Spätestens an dieser Stelle hätte sich Team Ninja stolz zurücklehnen und sich anderen Aspekten von Stranger of Paradise zuwenden können. In puncto Kampfsystem schien den Entwicklern die Puste allerdings immer noch nicht ausgegangen zu sein. Denn neben den Jobklassen entpuppt sich auch das Ausrüstungsmanagement als weiteres elementares Gameplay-Element, das den Weg für diverse Optimierungsmöglichkeiten öffnet.


Ob ich nun eine Mission beende, Standard- und Boss-Gegner besiege oder einfach nur eine Truhe öffne, gefühlt jeder Schritt wird mit neuen Waffen, Rüstungen, Handschuhen oder anderen Ausrüstungsgegenständen belohnt. Selbstverständlich darf ich diese nach Belieben anlegen und damit nicht nur meine grundlegenden Attribute steigern, sondern auch für eine Stärkung meiner derzeitig angelegten Jobklassen sorgen. Netter Nebeneffekt für Fashionfreunde: Gleichzeitig wird das Erscheinungsbild meiner Helden verändert, wodurch auch stylische Kreativgrenzen eingerissen werden und ich mich ordentlich austoben darf.


Zugegeben, um eine revolutionäre Innovation handelt es sich dabei natürlich nicht, geben mir Genre-Konkurrenten doch schon seit Jahrzehnten (gefühlt seit Anbeginn der Videospielzeit) die Chance, das Equipment meiner aktiven Gruppe vor wichtigen Kämpfen strategisch anzupassen, um die jeweiligen Rollen gezielt zu verstärken. In Stranger of Paradise ist der Klamottenwechsel allerdings mit einem magischen Suchtfaktor verknüpft, den ich in dieser Form schon lange nicht mehr erleben durfte. Wie werden meine Helden mit dem neuen Outfit aussehen? Und welche Kräfte werde ich damit entfesseln? Zwei Fragen, die mir nach jeder Erweiterung meiner Besitztümerliste unweigerlich unter den Fingernägel brannte – und so schnell wie nur möglich beantwortet werden mussten!


Einzig das organisatorische Wirrwarr hätte sich gerne aus meinem Kleiderschrank heraushalten können. Da ich regelmäßig von wahren Loot-Lawinen überrollt werde, ist mein Inventar bereits nach kurzer Zeit überfüllt, jegliche Übersicht geht dadurch zwangsweise flöten. Verschiedene Filter helfen mir zwar beim Aussortieren und Verkaufen minderwertiger Gegenstände, die schiere Menge an eingesammelten Schätzen macht diesen Vorgang dennoch stets zur ungemein ermüdenden Angelegenheit. Bleibt zu hoffen, dass kommende Patches hier ein wenig Abhilfe schaffen.



Open-World-Verzicht


Dass sich loyale Nioh-Fans bei Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin direkt heimisch fühlen, ist allerdings nicht nur dem Kampfsystem, sondern auch der generellen Missionsstruktur zu verdanken. Anstatt mich nämlich in eine offene Spielwelt zu entlassen, fungiert eine Weltkarte als zentrale Anlaufstelle für Haupt- und Nebenaufgaben, die ich hier direkt ansteuern und sogar beliebig oft wiederholen darf.


Anreiz dafür liefern unterschiedliche Schwierigkeitsgrade sowie die Möglichkeit, mächtigere Ausrüstungsgegenstände, wichtige Erfahrungspunkte und weitere, oftmals gut versteckte Schätze in meinen Besitz zu bringen. Überhaupt macht sich das erneute Absolvieren bereits abgeschlossener Aufgaben bezahlt, stellen einige Feinde auf höheren Schwierigkeitsstufen doch mitunter eine knackige Herausforderung dar, können mir sogar mit einigen wenigen Angriffen die Lebenslichter ausknipsen. Das Kampfsystem frühzeitig zu verinnerlichen, auf regelmäßige Equipment-Upgrades zu achten und auch die gewünschte Job-Kombination zu pflegen ist dementsprechend unverzichtbar.


Beiße ich mir an monströsen Schergen dann aber dennoch die kämpferischen Zähne aus, steht mir optional auch der Mehrspielermodus zur Verfügung, der mir zwei menschliche und taktisch somit deutlich flexiblere Mitspieler zur Seite stellt. Dafür erstelle ich schnell einen persönlichen Raum, der mir die Suche nach Verbündeten ermöglicht. Möchte ich nur Freunde einladen, teile ich einfach meine ID und ein zusätzliches Passwort mit ihnen und schon darf ich als formidables Trio auf die Feinde einprügeln. Und da die Matches beim Test durchweg stabil liefen und dank eines großzügigen Alle Teilnehmer kriegen das gleiche Loot-Systems keinerlei Streitigkeiten aufkommen, kann ich allen Koop-Freunden die Online-Variante nur ans Herz legen.


Dass die erneuten Durchgänge nach einer einiger Zeit allerdings dennoch einer gewissen Ermüdung zum Opfer fallen, liegt primär am enttäuschenden Leveldesign. Während der relativ lineare Aufbau noch durch alternative Routen und versteckte Geheimnisse angenehm aufgelockert wird, lassen die Schauplätze derweil fantasievolle Kreativität vermissen und verkommen dadurch zur eher vernachlässigbaren Kulisse, die kaum in Erinnerung bleibt. Zwar brechen visuell ansprechende Highlights gelegentlich aus der gestalterischen Monotonie heraus, diese Momente bleiben aber leider eine Seltenheit.



Unter dem Serienniveau


Dafür gibt es überraschend viele Momente, in denen mich der wundervolle Soundtrack von Stranger of Paradise die narrativen und designtechnischen Schwächen vergessen lässt. Sobald nämlich nostalgische Melodien im modernisierten Orchestergewand ertönen und die passend gewählten Sprecher der englischen und im direkten Vergleich marginal stärkeren japanischen Sprachausgabe kurze humorvolle Pläuschchen halten, fühlt sich das Abenteuer kurzzeitig nach einem wahren Final Fantasy an.


Doch auch der technische Aspekt lässt Feinschliff vermissen, verpasst der durch die Rahmenhandlung bereits lädierten Inszenierungsmaske weitere unschöne Risse und sorgt dafür, dass sich Jacks Chaos-Suche oftmals wie ein im qualitativen Mittelfeld gefangener Ableger der legendären RPG-Reihe anfühlt. Und sich trotz aller Bemühungen (in Form des phänomenalen Kampfsystems) nicht von den schweren Ketten befreien kann.


Unangenehmes Kantenflimmern, eine unerklärliche Bildunschärfe, eine selbst im Performance-Modus sprunghafte Framerate und eine vorherrschende Detailarmut, die bereits durch die zuvor erwähnten, zumeist tristen Umgebungen aufgedeckt wurde, plagen die PS5-Version und werfen die Frage auf, ob Team Ninja die neue Hardware-Power eventuell noch nicht kontrollieren kann. Katastrophale Ausmaße mag das Gesamtbild nicht annehmen, wird doch trotz aller Mängel eine akzeptable Spielbarkeit garantiert, dennoch wird das hohe Serienniveau spür- und sichtbar verfehlt, was die Rolle als Spin-off und Neuinterpretation nochmals unterstreicht.


Eine Kritik, die sich Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin in vielerlei Hinsicht gefallen lassen muss und ein direktes Vergleichsduell mit der Hauptreihe folglich wohl sang- und klanglos verlieren würde. Betrachtet man das Action-RPG jedoch alleinstehend, kann man nicht nur das grandiose Kampfsystem als rundum gelungen bezeichnen, sondern darf auch der eigenwilligen Erzählstruktur mit ihren konfusen Dialogen, überstürzten Charakterentwicklungen und pseudocoolen Momenten einen gewissen Charme nicht absprechen. Ob sich Team Ninja bewusst für solch einen wackeligen Handlungspfad entschieden hat, wird wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben.


Wer allerdings auch nur ein Fünkchen Final Fantasy-Liebe empfindet und gegen einen unfreiwillig unterhaltsamen Trashfaktor nichts einzuwenden hat, der sollte bei Jacks Kampf gegen die Dunkelheit ohne große Überlegungen zum Schwert (oder zur Lanze, zum Zauberstab oder der Axt) greifen. Dabei aber tunlichst auf Trinkspiele verzichten – müsste man sich pro Chaos-Nennung nämlich einen Schnaps hinter die Binde kippen, wäre eine Noteinweisung ins nächste Krankenhaus binnen der ersten Spielstunde förmlich garantiert.


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Fazit


Bei der Entwicklung von Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin schien die japanische Videospielschmiede Team Ninja einer simplen Erfolgsformel zu folgen: Man kombiniere die zahlreichen Stärken der legendäre JRPG-Reihe mit dem vielschichtigen Gameplay der hauseigenen Nioh-Reihe et voilà – fertig ist das grandiose Action-RPG! Leider schien das Mindesthaltbarkeitsdatum einiger Zutaten während des Vermischens bereits abgelaufen gewesen zu sein.


Primär ist es die Handlung, die mit eindimensionalen Charakteren, überhetzten Zwischensequenzen und oftmals verwirrenden (und unfreiwillig komischen) Dialogen fast brachial gegen die wertungstechnische Wand kracht, zur erzählerischen Halbzeit aber gerade nochmal die Handbremse ziehen und die Kurve kriegen kann. Und überhaupt hätte sich das in jeder Hinsicht herausragende Kampfsystem als zuverlässiger Lebensretter präsentiert, garantierten das rasante Tempo, variantenreiche Jobklassen und umfangreiche Optimierungsmöglichkeiten doch die gesamte Spielzeit lang unvergleichliche Unterhaltung, die mich förmlich an den Controller fesselte.


Team Ninja hat sich bewusst gegen ein typisches Final Fantasy-Abenteuer entschieden, sondern die eigene Vision höchstens um einige nette Seriendetails erweitert, um auch Fans zu verzaubert. Wer seine Erwartungshaltung also frühzeitig nach unten schraubt und bereit ist, den Franchise-Horizont um ein etwas anderes Spin-Off zu erweitern, der wird auch Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin ohne Frage in sein Herz schließen können. Sogar ohne handlungstechnische oder gar technische Perfektion.

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