The Quarry

The Quarry



Filmisches Videospiel-Camp des Grauens.


Das 2015 exklusiv für die PlayStation 4 veröffentlichte Until Dawn als Überraschungserfolg zu bezeichnen, wäre wohl eine Untertreibung. Mit einer meisterhaften Kombination aus cineastischen und spielerischen Elementen erschuf die verantwortliche Videospielschmiede Supermassive Games nämlich ein wahrhaft packendes interaktives Horrorerlebnis, das Journalisten und Gamer gleichermaßen begeisterte und trotz spärlicher Marketing-Bemühungen seitens Sony als kommerzieller Triumph in die Videospielgeschichte eingehen durfte.


Im Anschluss versuchte sich das britische Studio an verschiedenen VR-Titeln und der mehrteiligen Dark Pictures Anthology, erzeugte dabei jedoch vergleichsweise kleine Begeisterungswelle, konnte also nur schwerlich an die Until Dawn-Faszination anschließen. Ein Versäumnis, das mit The Quarry nun endlich behoben werden soll, möchte Supermassive Games das altbekannte Erfolgsrezept hier doch mit einigen durchdachten Neuerungen vermengen und damit nicht nur alte, sondern auch neue Fans zu einem nervenaufreibenden Abenteuer mit gigantischem Schockfaktor einladen.


Doch ob das Endprodukt den hochgesteckten Ambitionen tatsächlich gerecht wird oder der 2015er-Horrortrip weiterhin das unerreichbare Maß aller Supermassive-Dinge bleibt, wollte ich euch im Test unbedingt beantworten. Und habe mich dafür mehrmals durch eine blutige Nacht im verlassenen Sommercamp gekämpft, die mir die kommenden Wochen ohne Frage im Gaming-Gedächtnis bleiben wird.


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Wenn die Partynacht zum Albtraum wird


Der Sommer neigt sich dem Ende zu, der Ernst des Lebens klopft unliebsam an die Tür. Um dieser harschen Realität zumindest für einige Stunden zu entfliehen, wollen die Teen-Betreuer von Camp Hackett's Quarry ihre letzte Nacht zur unvergesslichen Party umfunktionieren, befinden sich doch die Kinder und auch die Erwachsenen bereits auf dem Heimweg. Als jedoch blutverschmierte Einheimische aus dem Nichts auftauchen und den Feiernden nach dem Leben trachten, verwandelt sich das feuchtfröhliche Vergnügen in einen erbitterten Überlebenskampf, bei dem jeder falsche Schritt als unterschriebenes Todesurteil fungieren könnte.


Mit Blick auf zahlreiche Horror-Klassiker der 80er-Jahre (darunter beispielsweise Freitag der 13. oder auch Sleepaway Camp, beziehungsweise Blutiger Sommer – Das Camp des Grauens) mag diese grobe Zusammenfassung fast wie eine lieblose Kopie klingen, der alibimäßig einige zusätzliche Nebenelemente hinzugefügt wurden. Allerdings macht Entwicklerstudio Supermassive Games keineswegs ein Geheimnis daraus, dass eben diese und noch viele weitere Genreperlen höchstens als narrative Grundlage für The Quarry dienten und die hauseigene Erzählung vielmehr eine Hommage an die bekannten Grusel-Vorbilder darstellt.


Eine wichtige Information, die unbedingt im Hinterkopf abgespeichert werden sollte. Immerhin wird während der unheimlichen Sommercamp-Sause ein kleines Klischee-Feuerwerk entzündet, das das übergreifende Handlungskonstrukt alleinstehend rasant in den Fremdschambereich abdriften und den spannungsgeladenen Horror binnen weniger Sekunden in eine unfreiwillige Komödie verwandeln könnte. Vor allem während der ersten Stunde wirkten die partywütigen Teens aufgrund eindimensionaler Persönlichkeiten, fragwürdiger Entscheidungen und abgeleierter Dialoge wie stumpfe Abziehbildchen, die in der Vergangenheit bereits oftmals hoch- und runterspielt wurden und deshalb ein gewisses Augenrollen auslösten.


Möchte man sich allerdings glaubhaft vor den 80er-Slasher verneigen, lässt sich ein Marsch durch den dunklen Klischee-Wald kaum vermeiden, wird sogar fast schon zur unausweichlichen Pflicht. Zudem ruht sich The Quarry nicht auf diesen vorgefertigten Prototypen aus, sondern nutzt diese geschickt als Sprungbrett für die eigene Geschichte. Diese kann sich einiger Leerlauf-Momente und vorhersehbarer Wendungen zwar nicht gänzlich erwehren, lässt die Spannungskurve dabei aber auch nicht abfallen, fesselt also bravourös an die Konsole – und weckt dabei vor allem bei Genre-Veteranen regelmäßig wohlig-nostalgische Erinnerungen an schonungslose Brutalo-Streifen.



Jeder Schritt kann der letzte sein


Primär ist diese Spannung allerdings nicht dem Drehbuch, sondern einem besonderen Geschichtskniff zu verdanken, der bereits beim spirituellen Vorgänger Until Dawn wirkungsvoll eingesetzt wurde. Anstatt nämlich einfach einer festgelegten Handlungsroute zu folgen, treibe ich die narrative Ebene durch meine eigenen Entscheidung voran, die ich während (teils unglaublich aufregender) Schlüsselmomente treffe. Das Schicksal aller Betreuer liegt also buchstäblich in meinen Händen.


Dabei weicht Supermassive Games drohender Simplizität gekonnt aus, damit dieses existenzielle Feature nicht direkt zum Rohrkrepierer wird. Nur selten lassen sich die Konsequenzen meines Handels frühzeitig ablesen, verschließen mir die narrativen Weggablungen doch nicht nur den Blick in die Zukunft, sondern nehmen mir aufgrund eines oftmals knapp bemessenen Countdowns zudem die benötigte Zeit, um meine nächsten Schritte ruhig zu durchdenken. Nicht selten traf ich unter höchstem Druck die für mich korrekt erscheinende Wahl, nur um im direkten Anschluss mit dem blutroten Anstrich meiner schmerzhaften Fehlentscheidungen konfrontiert zu werden. Und da es eben kein Game Over gibt, sondern die Handlung fröhlich weiterläuft, musste ich mich damit eben abfinden.


Ebenfalls lobenswert ist die Tatsache, dass nicht jede von The Quarry gestellte Frage direkt mit einer rettenden (oder eben tötenden) Antwort begleitet wird, sondern sich die Auswirkungen eines zunächst harmlos erscheinenden Urteils gelegentlich sogar erst viel später bemerkbar machen. Spoiler möchte ich an dieser Stelle natürlich tunlichst vermeiden, ziehe dementsprechend keine erklärenden Beispiele heran, wurde während des Tests aber immer wieder an belanglos anmutende Passagen früherer Kapitel erinnert, die urplötzlich nicht nur mehr Sinn ergaben, sondern zugleich zum bereits betätigten Steuerrad des Handlungsschiffes umfunktioniert wurden. Zwar konnte ich das Ruder in einigen Situationen gerade noch herumreißen, musste manchmal aber auch hilflos mitansehen, wie das Betreuer-Team von Hackett's Quarry meinetwegen bluten musste.


Der daraus resultierende Nervenkitzel transportiert ein außergewöhnliches Mittendrin-Gefühl, zerrt mich also erbarmungslos ins Geschehen und sorgt für ein ebenso unangenehmes wie auch faszinierendes Unbehagen. Ein rasanter Neustart oder Laden des letzten Checkpoints, wenn ich einmal die falsche Abzweigung gewählt habe und dadurch den Verlust eines Betreuers betrauern muss? Leider nicht möglich. Dadurch baut sich mit jedem neuen Kapitel eine unglaubliche Anspannung auf, die das typische Horror-Feeling mit feinster Videospielunterhaltung kombiniert – und sich bis zum Abspann nicht mehr legt.



Ein Messer in den Gameplay-Rippen


Dass der Fokus von The Quarry auf dem filmischen Erlebnis liegt, das Gameplay also bewusst in die zweite Reihe verbannt wird, dürfte also vor allem Kenner von Until Dawn oder der Dark Pictures Anthology überhaupt nicht schockieren. Und obwohl diese Entscheidung mit Blick auf das Gesamtkonzept definitiv Sinn macht und durch eine offene Marketing-Kommunikation auch keinerlei böse Gaming-Überraschungen hervorrufen dürfte, verpasst Supermassive Games leider die Chance, der spielerischen Ebene einen gewissen Anspruch oder auch nur ein Fünkchen Anspruch zu verpassen.


Sobald ich die Teens nämlich durch die Gegend steuern, stellenweise sogar mit einer Waffe zielen und potenzielle Bedrohungen ausschalten darf, zeigen sich aus dem gewählten Entwicklungsschwerpunkt entstandene Schwächen. Selbst langsame Bewegungen fühlen sich schwerfällig an und lassen jegliche Präzision vermissen, wodurch ich nicht selten unfreiwillig an unterschiedlichen Gegenständen hängenbleibe. Prinzipiell könnte ich dieses Versäumnis durch ein ruhiges, durchdachtes Vorgehen aushebeln, werde dieser Chance während besonders hektischer Spannungsspitzen allerdings beraubt. Möchte ich mir hier nämlich gemütlich Zeit lassen, könnte ich den Controller genauso gut in die Ecke feuern.


Glücklicherweise halten sich diese Momente in Grenzen, wodurch es sich bei der angesprochenen Problematik zwar um ein Ärgernis, jedoch keineswegs um einen Spielspaß zerstörenden Genickbruch handelt. Während ich beim Erkunden der verschiedenen Schauplätze nämlich die vollständige Kontrolle über die Teens erhalte, läuft beispielsweise eine überstürzte Flucht primär über Quick-Time-Events ab. Muss ich in ruhigen Passagen also definitiv hin und wieder tief durchatmen und beim Manövrieren Ruhe walten lassen, werden meine Nerven beim Aufeinandertreffen mit tödlichen Gefahren (zumindest in dieser Hinsicht) geschont, die auf simple Eingaben reduzierte Steuerung folglich zum zuverlässigen Helfer umfunktioniert.


Nichtsdestotrotz muss Supermassive Games dieses Manko dringendst im Hinterkopf abspeichern und spätestens bei der Produktion des nächsten ambitionierten Titels auf die Entwicklungsagenda setzen. Denn auch ein zweite Geige spielendes Gameplay sollte mindestens eine akzeptable Zweckmäßigkeit mitbringen und nicht etwa zum unliebsamen Krampf degradiert werden. Immerhin sind es nur einige wenige, sogar eindeutig erkennbare Stellschrauben, die eine gewisse Nachjustierung benötigen, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden.



Hollywood im Videospielgewand


Normalerweise würden solche spielerischen Verfehlungen schwerwiegende Punkteabzüge nach sich ziehen, The Quarry stellt allerdings die altbekannte Ausnahme zur festgelegten Regel dar. Supermassive Games unterstreicht nämlich deutlich, dass der Entwicklungsfokus auf dem erneuten Erschaffen eines atmosphärisch dichten Filmerlebnisses lag, das mit dem gezielten Hinzufügen kleinerer spielerischer Elemente über den schmalen Grat zur Videospielwelt geschubst wird. Und wie bereits bei Until Dawn ist dieses Vorhaben definitiv geglückt, wofür nicht zuletzt phänomenale Darstellerriege verantwortlich ist, die mich mit ihrer Leistung in den düsteren Bann zieht.


Hier wurden namhafte Schauspieler wie beispielsweise David Arquette (Scream), Ariel Winter (Modern Family), Ted Raimi (bekannt aus Evil Dead, der Spider-Man-Trilogie oder Twin Peaks und zugleich Bruder des legendären Regisseurs Sam Raimi) und Justice Smith (Jurassic World: Das vergessene Königreich sowie Meisterdetektiv Pikachu) versammelt und mittels grandiosem Motion Capture anschaulich digitalisiert. Dadurch dürfen die Stars ihre künstlerischen Talente auch in der Videospielwelt zum Besten geben und beeindrucken vor allem während der zahlreichen Nahaufnahmen, in denen sogar kleinste emotionale Nuancen sichtbar werden. Ein Umstand, der zugleich der optischen Qualität zu verdanken ist, könnten die ausdrucksstarken Gesichter in diesen Momenten doch kaum realistischer ausfallen.


Dementsprechend stark fällt logischerweise die Sprachausgabe aus, verleihen die geübten Darsteller ihren Rollen doch glaubwürdige Dialoge und liefern dabei eine wilde Achterbahnfahrt der Gefühle ab, die binnen weniger Sekunden von humorvoller Freude zu niederschmetternder Todesangst donnern kann. Trotz größtenteils passend besetzter Sprecher kann die deutsche Synchronisation da kaum mithalten, liefert trotz einiger tonaler Ausrutscher aber dennoch eine solide Alternative für alle Englisch- und Untertitel-Muffel.


Überhaupt macht es mir The Quarry erschreckend einfach, über technische Schnitzer hinwegzusehen, beziehungsweise diese mit einer gewissen Güte zu kritisieren. Versteht mich nicht falsch: Einige trist anmutende Schauplätze, ungewöhnlich aus der realistischen Reihe tanzende Gesichtszüge sowie die stellenweise unschön einbrechende 30fps-Framerate dürfen definitiv als kleiner Dorn im Auge bezeichnet werden. Doch sobald der wundervoll gruselige Soundtrack einsetzt und die cineastischen schwarzen Balken am oberen und unteren Bildschirmrand auftauchen, werde ich gnadenlos in einen atmosphärischen 80er-Jahre-Horrorfilm geschubst, der diese negativen Punkte temporär aus meiner Gedankenwelt verjagt. Dennoch bleibt zu hoffen, dass zumindest die Performance-Probleme alsbald via Patch glattgebügelt werden.



Lautstarke Koop-Freuden


Neben dem gruseligen Solo-Erlebnis bietet The Quarry noch einige Mehrspieler-Varianten, die ich natürlich auf Herz und Nieren überprüfen wollte. In erster Linie nahm ich dabei den Couch-Koop ins Visier und versammelte rasant fünf Freunde, damit wir dem tödlichen Sommerferienlager gemeinsam entkommen und dabei unser (hoffentlich) unschlagbares Teamwork zur Schau stellen konnten. Es folgte ein unvergesslicher Abend, der in puncto Unterhaltungswert kaum zu übertreffen ist.


Jeder Teilnehmer der Horrorrunde übernahm die Kontrolle über bestimmte Camp-Betreuer und damit gleichzeitig auch die ehrenhafte Aufgabe, diese möglichst unbeschadet und vor allem lebendig zum rettenden Abspann zu lotsen. Die (wenig überraschende) Folge: Bei jeder existenziell anmutenden Entscheidung ertönte ein lautstarkes und vollkommen asynchrones Schrei-Orchester, das den nächsten Schritt um jeden Preis beeinflussen wollte. Ein sicherlich chaotischer, in einer ansonsten harmonischen Gruppe aber wundervoller Spaß, entscheidet man doch schlussendlich gemeinsam über das virtuelle Über- oder Ableben. Und darf sogar optionale Hilfseinstellungen aktivieren, um Freunde mit fehlender Gaming-Erfahrung zu unterstützen.


Vielversprechend klingt auch die Online-Variante, die allerdings erst Anfang Juli via Patch hinzugefügt werden soll. Hier lade ich meine Camp-Gefährten nicht auf die heimische Couch ein, sondern verwandle sie kurzerhand zum Publikum meines eigenen The Quarry-Überlebenskampfes. Der Clou: Schlüsselmomente münden in eine freie Abstimmung, wodurch die finale Entscheidung nicht mehr nur in meinen, sondern in den Händen aller Beobachter liegt. Nervenkitzel scheint hier vorprogrammiert zu sein, muss ich mich mitunter doch spontan unerwarteten Situationen und blutigen Konsequenzen stellen, die ich in dieser Form eigentlich vermeiden wollte.


Solltet ihr mit der Videospielmacht über Leben und Tod nicht umgehen, euch der Faszination der spannenden Rahmenhandlung aber gleichzeitig auch nicht entziehen können, dürfte der Filmmodus an unausweichlicher Attraktivität dazugewinnen. Da spielerische Elemente hier nämlich gänzlich aus dem Gesamtkonzept gekürzt werden, darf ich den Controller beruhigt zur Seite legen, die Gaming-Nacht in einen Filmabend verwandeln und es mir mit kühlem Getränk und frischem Popcorn bequem machen. Und obwohl die Gesamtlaufzeit mit ungefähr zehn Stunden ziemlich lang ausfällt und ein pausenloses Kinovergnügen damit kaum möglich ist, freue ich mich nicht nur über ein tatsächlich enorm cineastisches Feeling, sondern auch über einige gute Gründe, meinen zweiten Durchgang in diesem Modus zu starten.


Während des Abenteuers darf ich meinen Controller nämlich wahrhaftig ruhen lassen, im Vorfeld allerdings eine Reihe unterschiedlicher Einstellungen vornehmen, um die Ereignisse und den ultimativen Ausgang dennoch in die gewünschte Richtung zu lenken. Hierbei bestimme ich nicht nur die grundlegendste Frage (Sollen die Camper überleben oder allesamt gewaltsam ins Jenseits befördert werden?), sondern darf mich sogar kurzerhand als Regisseur versuchen und den einzelnen Protagonisten Anweisungen an die Hand geben. Abigail soll in Konversationen möglichst sympathisch agieren, Jacob dafür eher den aggressiven Part übernehmen? Supermassive Games macht es möglich – und baut die größte Stärke der Medien-Kombination dadurch geschickt aus.



Wiederspielwert mit Hürden


Doch auch ohne Filmmodus oder Koop-Ambitionen lädt The Quarry zu vielen weiteren Durchgängen ein. Immerhin garantiert allein die verzweigte und oftmals auf meinen eigenen (Fehl-)Entscheidungen beruhende Handlungsentwicklung stets neue und ungeahnte Schockmomente, die nicht nur weitere Facetten des Abenteuers enthüllen, sondern dieses zugleich gnadenlos auf den Kopf stellen können. Erfreuten sich alle Camper zum Abschluss meiner ersten Runde noch... vielleicht nicht bester, aber zumindest irgendeiner Gesundheit, wurde ich beim zweiten Anlauf rasant Zeuge eines jähen Ablebens – und folgte damit einem mir unbekannten, somit also erneut unglaublich spannenden Pfad.


Erkundungsfreudige Überlebenskünstler gehen ebenfalls nicht leer aus. Nehmen diese die zahlreichen Schauplätze nämlich gemütlich unter die Lupe, werden sie mit versteckten Hinweisen, Tarotkarten und Beweisen belohnt, die nicht nur die spannende Geschichte um wissenswerte Nebeninformationen erweitern, sondern gleichzeitig einen düsteren Blick in die potenziell tödliche Zukunft gewähren. Um das Sammelsurium an verborgenen Kostbarkeiten zu komplettieren, muss ständige Aufmerksamkeit jedoch von einer strategischen Herangehensweise flankiert werden. Möchte ich nämlich beispielsweise alle Tarotkarten in meinen Besitz bringen, muss ich das in einem Durchlauf erledigen – und dabei auch unbedingt die korrekte Route wählen, um nichts zu verpassen. Zwar lässt sich eine Kapitelauswahl freischalten, diese setzt meinen Fortschritt aber auf den Nullpunkt, lässt die Jagd nach optionalen Schätzen also gezwungenermaßen von vorne beginnen.


Einerseits fügt Supermassive Games dem insgesamt linearen Erlebnis dadurch eine gewisse Herausforderung hinzu, driftet dabei gelegentlich aber auch in unnötige Ärgernisse ab. Dass ich durch die fehlende Möglichkeit eines gezielten Neustarts regelrecht auf die nervenschonende Hilfe eines Guides angewiesen bin, lässt sich sicherlich gerade noch so akzeptieren. Weshalb sich bereits erlebte Zwischensequenzen oder teils ausschweifende Konversationen aber nicht überspringen oder wenigstens beschleunigen lassen, bleibt wohl ein Geheimnis der Entwickler. Sollte euer Geduldsfaden also erschreckend dünn sein, werden einige (primär anfänglichen) Passagen unweigerlich zur Qual, die mit einem scharfen Messer auf die Motivation einsticht.


Trotz einiger kaum übersehbarer Schwächen unterstreicht The Quarry allerdings eine höchst erfreuliche Erkenntnis: Das Team hat aus Fehlern der eigenen Vergangenheit gelernt, die notwendigen Schlüsse daraus gezogen und wichtige Schritte in die richtige Richtung unternommen, um die geschickte Verknüpfung aus 80er-Jahre-Slasher und packendem Videospiel konsequent zur Perfektion zu führen. Ob diese eines Tages tatsächlich erreicht werden kann? Fragwürdig. Doch wenn man gemeinsam mit seinen Freunden in Richtung Fernseher brüllt, um möglichst effektiv beim virtuellen Überlebenskampf ängstlicher Teenies zu helfen, spielt das auch überhaupt keine Rolle.


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Fazit


Mit The Quarry präsentiert Supermassive Games eine wundervolle Fusion zwischen Film und Videospiel und verneigt sich dabei zugleich zutiefst vor ikonischen Slasher der 80er-Jahre. Und verpasst dem seit etlichen Jahren als hauseigenes Entwicklungsfundament dienenden Konzept sinnvolle Verbesserungen, die sogar Gaming-Muffeln den Weg an den Controller ebnen.


Unglaublich unterhaltsame Koop- und Online-Varianten, optionale Steuerungsvereinfachungen sowie die Möglichkeit, sich im Filmmodus einfach zurückzulehnen und die Wiedergabe zuvor ausgewählter Schicksale ohne jegliche Eingabepflicht zu genießen, erweitert die potenzielle Zielgruppe nämlich enorm und lädt theoretisch sogar ältere Jahrgänge ohne Konsolen-, dafür aber mit viel Horrorerfahrung zum gemeinsamen Gruseln ein. Technische und spielerische Ungereimtheiten lassen sich dabei zwar nicht gänzlich ignorieren, im positiven Kontext betrachtet jedoch zumindest akzeptieren. Und vielleicht werden sie beim nächsten blutigen Titel des Entwicklerteams dann ja ebenfalls ausgemerzt.


Doch auch in dieser Form kann The Quarry die gigantischen Erwartungsfußstapfen des spirituellen Vorgängers Until Dawn erstklassig füllen und nicht nur für herrlichen Nervenkitzel, sondern auch für schlaflose Nächte sorgen. Sobald ich nämlich das (zum Glück nur virtuelle) Leben der Teenie-Protagonisten in meinen Händen halte und diese um jeden Preis gen sicheren Abspann führen möchte, geht mir bereits beim kleinsten Hauch düsterer Atmosphäre, beim Einsetzen einer unheimlichen Melodie oder einem schnellen Kameraschnitt ordentlich die Pumpe. Und dass dieses Phänomen mit der passenden Horror-Freundesgruppe völlig neue Unterhaltungssphären erreicht, sollte keine wirkliche Überraschung sein.

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