Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp

Panzerstarkes Remake-Duo mit leichten Abzügen in der Multiplayer-Note.


2002 war der Gameboy Advance mein ständiger Begleiter. Kein Wunder, gerieten im zarten Alter von zwölf Jahren Bücher doch temporär in den Hintergrund, um modernen Medien ausreichend Platz einzuräumen, wobei Videospiele problemlos meinen persönlichen Spitzenplatz für sich beanspruchen konnten. Dementsprechend musste gefühlt jede Neuveröffentlichung dringend den Weg in meinen Handheld finden, um meinen Durst nach neuen virtuellen Abenteuern zu stillen und konsequent motivierende Begeisterungsstürme loszutreten. Und tatsächlich gab es nur einen Titel, der diese Erwartungen nicht erfüllen konnte, mich eher ratlos, sogar nahezu enttäuscht zurückließ: Das im Januar 2002 veröffentlichte Advance Wars.


Anschließend erinnerte ich mich oft an dieses durchwachsene Erlebnis zurück und versuchte, die Problemquelle auszumachen. War ich kein Freund anspruchsvoller Taktikschlachten? Nahm mich das Tutorial nicht ausreichend an die Hand, wodurch ich unliebsam in den Überforderungsabgrund geschubst wurde? Vielleicht litt ich damals auch einfach an einem unterentwickelten Gehirn, das beim geringsten Anflug strategischer Aufgaben in den Ruhemodus schaltete? Mehr als zwei Jahrzehnte später sollte ich diese Fragen dank der Veröffentlichung der von Fans lange herbeigesehnten Remakes der ersten beiden Ableger der Advance-Reihe (ja, denn es gab im Wars-Universum auch die Game Boy-, Super Famicon- und Battalion-Varianten) endlich mit einer klärenden Antwort versehen können.


Nach einem anfänglichen Release-Termin im Dezember 2021 und einer zunächst kurzen, aufgrund weltpolitischer Ereignisse dann aber doch erschreckend langen Verschiebung hat Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp nun seinen Weg in die deutschen Händlerregale gefunden und möchte vollständig aufgefrischt nicht nur die alten Fans reaktivieren, sondern auch neue Gamer an Bord holen. Die perfekte Gelegenheit, mich den Geistern meiner Vergangenheit zu stellen und mit ausreichend trainierten Gehirnzellen zur Nintendo Switch zu greifen. Doch ob der erneute Sprung auf das digitale Schlachtfeld von Erfolg gekrönt war oder meine damalige Enttäuschung um ein Kapitel erweitert wurde, möchte ich euch in meinem Test verraten.


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Leicht zu lernen, schwer zu meistern


Erfreulicherweise waren jegliche Sorgen und Bedenken etwaiger Überforderung bereits nach wenigen Sekunden vollständig verpufft. Anstatt mich nämlich ohne Vorbereitungszeit in den ersten Einsatz zu befördern, wurde ich zu Beginn von Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp von Nell, ihres Zeichens Kommandantin der Orange-Star-Armee, in Empfang genommen und bei den ersten Schritten in die mir noch fremde Welt begleitet. Diese fielen zunächst recht überschaubar aus, waren zahlreiche Modi anfangs doch noch verschlossen, weshalb meine Aufmerksamkeit auf den umfangreichen Kampagnenmodus gelenkt wurde.


Hier standen mir die Haupthandlungen von Advance Wars sowie Advance Wars 2: Black Hole Rising zur Verfügung, wobei Neueinsteiger ausdrücklich darauf hingewiesen werden, die Reihenfolge einzuhalten, um Spoiler zu vermeiden und die Magie einiger erzählerischer Überraschungen aufrechtzuerhalten. Selbstverständlich nahm ich diesen Hinweis zu Herzen und entschied mich für den Erstling, woraufhin mir die Möglichkeit eröffnet wurde, meine ersten Missionen auf einer einfacheren Schwierigkeitsstufe anzugehen und zu einem späteren Zeitpunkt wagemutig auf das klassische Level zu wechseln. Schlagartig schlug man eingangs marginal eingeschüchtertes Anfängerherz höher. Ein positiver Ersteindruck, den das Tutorial dank einer angenehmen Zugänglichkeit gekonnt bestärkte.


Da das grundlegende Gameplay das Genre-Rad allerdings kaum neu erfindet, reichen bereits ein wenig Gaming-Erfahrung und zumindest ein Hauch logischen Denkvermögens, um die wichtigsten Stützpfeiler rasant einzuverleiben. Ich übernehme die Kontrolle eines befehlshabenden Offiziers, der die ihm zur Verfügung stehenden Truppen auf einem Schlachtfeld in Spielbrettaufmachung zum Sieg führen muss. Hierfür muss ich entweder alle feindlichen Einheiten ausschalten oder mir das gegnerische Hauptquartier unter den Nagel reißen.


Klingt in der Theorie simpel, wird in der Praxis durch teils unliebsame Gegenwehr jedoch enorm erschwert. Presche ich nämlich unachtsam in Richtung Ziel vor, verwandle ich meine Soldaten urplötzlich in marschierende Zielscheiben, lasse einen sicheren Erfolg mitunter also gerne zur niederschmetternden Niederlage mutieren. Stete Wachsamkeit, ein durchdachtes Vorgehen sowie eventuelle Nachjustierungen eines zunächst vollends perfekt erscheinenden Plans sind folgerichtig das unverzichtbare A und O, um das elegante Taktieren mit freudigen Jubelrufen beenden zu dürfen.



Vielschichtige Strategie-Denkaufgaben


Allerdings ist es nicht primär der delikate Balanceakt zwischen Angriff und Verteidigung, der Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp stellenweise zu einer schweißtreibenden, zugleich aber auch höchst amüsanten Denkaufgabe avancieren lässt. Vielmehr ist hierfür eine Vielzahl erstklassig in das Gesamtkonzept integrierter Gameplay-Elemente verantwortlich, die die bereits erwähnte Oberflächlichkeit frühzeitig aufbrechen und den rundenbasierten Gefechten einen beeindruckenden Tiefgang verpassen.


Den Anfang machen die Soldaten selbst, reicht es doch noch lange nicht aus, diese in Richtung Feind zu lotsen, per Knopfdruck lautstark die Offensive einzuleiten und die gegnerischen Lebenspunkte zu pulverisieren. Denn sogar bei solch einem Standardmanöver müssen vorher etliche Randfaktoren unter die Lupe genommen werden: Lässt sich der Gegner innerhalb eines Zuges überhaupt erreichen oder fällt der Aktionsradius meiner Truppen dafür zu gering aus? Verschafft mir das Terrain einen Vorteil oder wird es beim eventuellen Konter vielleicht sogar zu meinem Verhängnis? Und wie gravierend wären die Auswirkungen eines potenziellen Gegenangriffs, falls mein grandioser Schachzug doch nach hinten losgeht?


Auf rauchende Köpfe wird an dieser Stelle keinerlei Rücksicht genommen. Neben den handelsüblichen Soldaten gesellen sich nämlich auch verschiedenste Panzer, Artilleriegeschütze, Hubschrauber oder Schiffe zu eurem Arsenal und formen ein unscheinbares Spielbrett in einen taktischen Spielplatz um. Doch auch diese wollen allesamt korrekt eingesetzt werden, damit eure Erfolgsaussichten nicht unverhofft in die Luft fliegen. Denn alle Einheiten sind mit individuellen Stärken und Schwächen behaftet, die je nach aktueller Situation ausgelotet werden müssen. Wer also blind zehn schwer bewaffnete Panzer ins Rennen schickt und sich frühzeitig das Siegerkrönchen aufsetzt, erlebt höchstwahrscheinlich alsbald sein blaues Wunder.


Zugegeben: Zu Beginn meines Tests hielt ich es für ausgeschlossen, dass ich all die relevanten Elemente im Blick behalten, diese rechtzeitig einsetzen und dadurch möglichst unbeschadet zum Missionsende gelangen würde. Gebündelte Truppentransporte zur Überbrückung weiter Strecken oder unliebsamer Terraingegebenheiten, stetige Munitions- und Spritversorgung, die Kontrollübernahme wichtiger Basen, die zeitlich optimal abgestimmte Produktion neuer Einheiten... eine To-Do-Liste, bei der stolze Genre-Muffel direkt Schnappatmung bekommen.


Da mich Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp mit all diesen Möglichkeiten aber nicht überrollte, sondern mir diese nach und nach verständlich näherbrachte, entwickelte ich mich rasant zum kleinen (Anfänger-)Profi, der neuen Herausforderungen mutig entgegenblickte und bereits kleinste Errungenschaften ausgelassen zelebrierte. Gleichzeitig musste ich allerdings auch schmerzhaft lernen, dass Hochmut manchmal eben doch vor dem Fall kommt. Zum Beispiel, wenn man übereifrig alle Einheiten zum feindlichen Hauptquartier beordert, dabei aber seinen eigenen Stützpunkt gänzlich aus den Augen verliert. Ein bitterer Fehlschlag, der meinem mühevoll aufgebauten Stolz zweifelsfrei einige tiefe Kerben verpasst.



Unverändert wilder Herausforderungssturm mit angenehmen Komfortneuerungen


Immerhin schlug sich mein eigenes Versagen keineswegs auf den Spielspaß nieder, trieb diesen ganz im Gegenteil sogar in ungeahnte Höhen. Schlichen sich kleinere Unfeinheiten in meinen ausgeklügelten Plan, fühlte ich mich nämlich direkt dazu animiert, diese konsequent auszubügeln, um die aktuelle Mission doch noch mit einer ausgezeichneten Bestwertung abzuschließen. Ein hehres Unterfangen, das mich vor allem im späteren Verlauf beider Abenteuer gerne in die Verzweiflung trieb.


Dass ich eben diese Verzweiflung als Motivationssprungbrett nutzen konnte, liegt hauptsächlich an der Tatsache, dass Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp nur selten vehement auf einen festgelegten Lösungsweg besteht, sondern höchstens kleinere Hinweise platziert, um mich auf meiner kreativen Route mithilfe optionaler Hilfestellungen kurzzeitig zu beflügeln. Ob ich nun verdientes Geld einsetze, um massenweise Einheiten zu produzieren, ohne Rücksicht auf Verluste das feindliche Hauptquartier erstürme oder durch das Aktivieren der einzigartigen Gabe meines gewählten Kommandanten wertvolle Vorteile verschaffe – darunter beispielsweise die Reparatur beschädigter Fahrzeuge, die Erhöhung der eigenen Verteidigungswerte oder der erneute Einsatz bereits bewegter Truppen innerhalb der aktuellen Runde –, selten wurde mir das Gefühl vermittelt, einen völlig falschen Weg eingeschlagen zu haben.


Verbesserungspotenzial ist natürlich dennoch oftmals vorhanden. Glücklicherweise hat das Remake die brandneue Rückspulfunktion an Bord, mit der ich alle getroffenen Entscheidungen revidieren und zum Beginn des Zuges zurückkehren kann. Ein wahrer Segen, schleicht sich manchmal dann eben doch diese eine kleine Ungereimtheit ein, die das minutiös durchdachte Strategie-Kartenhaus kurz vor der Ziellinie zum Einsturz bringen könnte. Und wem die wiederholten Dialoge und Scharmützel dann doch zu sehr am knappen Zeitkonto knabbern (oder wie im Fall meines Testmarathons die Endhaltestelle in Kürze erreicht wird), beschleunigt per ZR-Taste das Tempo und sprintet somit zu den wirklich entscheidenden Momenten.


Mit solchen dezenten Neuerungen und einem gütigen Schwierigkeitsgrad stellt sich das Remake mit offenen Armen vor Neueinsteigern auf und garantiert ihnen eine fast durchweg frustfreie Taktik-Erfahrung, die spielerisch keinerlei Raum für Kritik eröffnet. Gleichzeitig stellt sich nun aber die Frage, ob Veteranen dadurch nicht auf der Strecke bleiben und zum Ausgraben der antiken Advance-Fassungen gezwungen werden. Doch auch diese Bedenken verpuffen rasant im Nichts, stellt die klassische Variante doch das spielerische und strategische Können geübter Profis auf die Probe und erfordert den optimalen Einsatz aller verfügbaren Gameplay-Möglichkeiten. Jeder unüberlegte Zug, jede ungenutzte Chance, jeder noch so unbedeutend erscheinende Fehler kann zwischen Sieg und Niederlage entscheiden. Denkt ihr also nur um eine und nicht gleich um mehrere Ecken, habt ihr euer virtuelles Todesurteil bereits unterschrieben.


Während die entschärfte Schwierigkeitsstufe solche Missgeschicke nur selten so vehement abstraft, sollten Anfänger keineswegs beruhigt ausatmen, sondern das Verinnerlichen aller existenziellen Kernelemente ebenfalls an die oberste Stelle der Agenda setzen. Zu einem anspruchslosen Spaziergang verkommt Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp nämlich zu keinem Zeitpunkt, zwang mich stattdessen sogar verstärkt dazu, meine eigene Strategie mit jeder neuen Mission zu überdenken, diese mitsamt minimaler Anpassungen nachhaltig zu verbessern und im Anschluss einige Glanzleistungen vom Stapel zu lassen. Ein dank der eingangs bereits ausgiebig erwähnten Zugänglichkeit ohne Frage angenehmer Zwang, der andauernde Taktierfreude garantierte und mich zugleich stundenlang an die Switch fesselte.



Gefangen im eigenen Taktik-Freundeskreis


Dass Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp solch eine Faszination, solch einen gigantischen Suchtfaktor auslösen konnte, grenzte meiner Meinung nach eigentlich an ein kleines Wunder, erkannte ich während der ersten Stunden meines Tests doch eine gewisse Problematik, die mich zunächst an der Langzeitmotivation zweifeln ließ. Während die Handlungsstränge beider Abenteuer höchstens zweckmäßig ausfallen und allein dank sympathischer Charaktere und kleineren Wendungen vor der Belanglosigkeit bewahrt werden, fokussieren sich fast alle zusätzlichen Spielmodi hauptsächlich auf das Kern-Gameplay. Dadurch fungiert eben dieses als tragende Unterhaltungssäule, muss das gesamte Doppel-Remake also auf den eigenen Schultern stabilisieren.


Normalerweise würden nun solche Faktoren wie vorherrschende Abwechslungsarmut oder vorschnell eintretende Langeweile eine Rolle spielen und die Pforte zu einer erhofften Topwertung unliebsam versperren. Da aber wirklich jede Mission das Spielgeschehen gekonnt aufpeppt und mich mit neuen Herausforderungen bei Laune hält, während das enorm vielschichtige Taktik-Kampfsystem jegliche Anflüge drohender Eintönigkeit spielend leicht abwehrt, durfte ich auch diese Zweifel rasch von meiner Themenliste streichen und mich beruhigt der eindrucksvollen Anziehungskraft der Strategie-Sause hingeben.


Nach ungefähr 40 Stunden (inklusive einiger vernichtender Niederlagen und verbissener Neuversuche) hatte ich Advance Wars und Advance Wars 2: Black Hole Rising beendet, verspürte jedoch keineswegs den Drang, diese Welt direkt wieder zu verlassen. Aus diesem Grund stand nun ein Besuch im Kriegsraum an, der mich mit weiteren Szenarien versorgte, in denen der gewählte Anfangspunkt einer für mich schier ausweglosen Situation glich. Die Flinte ins Korn werfen? Nicht mit mir! Tapfer stellte ich mich meinem Schicksal und konnte mit der mir angeeigneten Geschicklichkeit, ausreichend Übungen und vielleicht auf einem Quäntchen Glück nicht nur das Blatt wenden, sondern zugleich eine lohnende Endwertung kassieren.


Mittlerweile könnte Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp besten Gewissens auf die Bremse treten, entscheidet sich jedoch bewusst für das Gaspedal. Denn in Hachis Shop darf ich mich mit zuvor eingesammelten Münzen sogar einem Kaufrausch hingeben und die funkelnden Schätze in neue Karten, spielbare Kommandanten, Songs und auch farbenfrohe Artworks investieren. Erfinderische Köpfe mit einer dauersprudelnden Schaffungsquelle erfreuen sich derweil am umfangreichen Editor, der die Kreation eigener Herausforderungen ermöglicht und der Fantasie dank eines reichlich gefüllten Baukastens kaum Grenzen setzt. Einziger Wermutstropfen: Anstatt meine Kunstwerke anschließend in ein für die weltweite Fangemeinde zugängliches Sammelsurium hochladen zu dürfen, limitiert sich der Austausch nur auf die eigene Freundesliste. Schade, wäre es doch eine unglaublich unterhaltsame (und die Gesamtspielzeit zweifelsfrei in ungeahnte Höhen hebende) Nebenbeschäftigung, die Missionen der Community anzugehen.


Überhaupt kristallisieren sich die Online- und Mehrspielerfunktionen als Achillesferse des Remake-Duos heraus. Möchte ich nämlich gegen menschliche Mitspieler behaupten, bleibt mir aufgrund eines fehlenden Matchmakings nur der eigene Freundeskreis. Zwar darf ich die Partien hier dann immerhin entweder auf einer oder gleich auf mehreren Konsolen austragen, die im Falle von fehlenden Taktik-Verbündeten omnipräsente Alternativlosigkeit bei der Rivalen-Suche fällt dann aber doch ein wenig ernüchternd aus. Bleibt zu hoffen, dass zusätzliche Modi alsbald via Patch oder (kostenfreier) DLC nachgereicht werden.



Zweischneidiges Redesign


Sobald ihr euch jedoch in den spannenden Schlacht verloren, taktische Raffinessen erlernt und euren kreativen Einfällen im Editor freien Lauf gelassen habt, geraten solche Kritikpunkte rasant in den Hintergrund und machen sich höchstens in Anwesenheit einer spiel- und strategiewütigen Freundesgruppe bemerkbar. Dieser Umstand ist allerdings nicht nur dem bereits ausführlich gelobten Gameplay-Aspekt, sondern auch der rundum erneuerten und auf den modernen Stand gebrachten Technik zu verdanken.


Und obwohl Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp weder 2002 noch heute ein atemberaubendes Grafikfeuerwerk entzündet, kann sich die kunterbunte Mischung aus schickem Anime-Look, deutlich detaillierteren 3D-Karten sowie aufpolierten Kampfanimationen definitiv sehen lassen. Zwar ziehen einige Performance-Probleme diesen positiven Gesamteindruck spürbar nach unten, halten aber ausreichend Abstand zur nervtötenden Unspielbarkeit, fallen dementsprechend also in den akzeptablen Bereich.


Fans des Originals werden sich derweil sicher an einigen überarbeiteten Kommandantendesigns und der Spielbrett-Umwandlung des Schlachtfelds stören. Und obwohl Optik und Gameplay auch in meinen Augen zunächst kollidierten, das explosive Ausmerzen gegnerischer Einheiten gerne auf das farbenfrohe Gewand hätte verzichten können, griffen diese beiden Teile spätestens nach den ersten Spielstunden sinnig ineinander. Und sorgten für eine wohlige Brettspielabend-Atmosphäre, die die aufgrund der aktuellen Weltlage omnipräsenten Kernthemen (aka Krieg) gedanklich effektiv entschärfte.


Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp schafft es, augenscheinliche Gegensätze miteinander zu verknüpfen und etwaige Widrigkeiten elegant zu kaschieren, diese sogar in Stärken zu verwandeln. Dadurch werden nicht nur langjährige Anhänger zu einem erneuten Ausflug in die taktische Welt eingeladen, auch Anfänger werden behutsam in eine zunächst überkompliziert anmutende Herausforderung hineingeschubst, deren Feinheiten mit ein wenig Konzentration und Begeisterung jedoch schnell erkenn- und beherrschbar werden. Beeindruckend, dass die Magie des Strategie-Duos viele Jahre nach der Erstveröffentlichung weiterhin intakt bleibt, mit kleineren technischen Handgriffen sogar noch verstärkt wurde. Spätestens jetzt sollte Nintendo einsehen, dass dieser virtuelle Panzer noch ausreichend Benzin im Tank hat.


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Fazit


Mittlerweile bin ich mir sicher, dass mein Gaming-Hirn 2002 erschreckend unterentwickelt war und um jegliche Anflüge potenziellen Anspruchs bewusst einen weiten Bogen machte. Ließ mich das namhafte Taktik-Abenteuer damals nämlich noch kalt, konnte ich mich zwei Jahrzehnte später kaum von Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp lösen und verwandelte mich während meiner ausgedehnten Testeinheiten hochmotiviert vom tölpelhaften Anfänger zum... sagen wir mal gelegentlich tölpelhaft agierenden Halb-Profi.


Wirkten die rundenbasierten Taktik-Schlachten spielerisch anfangs noch eher altbacken und genre-typisch, präsentierte sich mir bereits im Laufe des Tutorials ein vielschichtiger Strategie-Spielplatz, der meinen Kopf mit zu beachtenden Aspekten und Gameplay-Möglichkeiten regelrecht zum Rauchen brachte – mich zugleich aber auch animierte, über mich selbst hinauszuwachsen, fordernde Missionen zu bestehen und das Schlachtfeld schlussendlich als glorreicher Sieger zu verlassen. Ein Ziel, das durch einen aufgelockerten Schwierigkeitsgrad sowie eine komfortable Zurückspul- und Beschleunigungsfunktion deutlich angenehmer gestaltet wurde als noch beim Original.


Und hatte ich mich nach fast 50 Stunden mit viel Mühe, aber auch zahlreichen Erfolgsmomenten durch beide Hauptkampagnen sowie die teils bockschweren Szenarien des Kriegsraums gekämpft, trieben der unglaublich unterhaltsame, da umfangreiche Karteneditor und der fantastische Mehrspieler-Modus meine Gesamtspielzeit nochmals in die Höhe. Nur schade, dass die Online-Funktionen enorm minimalistisch ausfallen und der Pool an menschlichen Mitspielern durch ein fehlendes Matchmaking auf den engsten Freundes- und Familienkreis beschränkt wird.


Genre-Fans, loyale Anhänger des Originals sowie Switch-Besitzer mit leichtem Strategie-Interesse kommen an Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp dementsprechend kaum vorbei und sollten die vollends gelungene Remake-Kombination ohne weitere Umschweife in die hauseigene Sammlung integrieren. Bleibt zu hoffen, dass die feurige Revitalisierung der Reihe anschließend nicht direkt wieder im Keim erstickt, sondern Nintendo zur Auffrischung weiterer Franchise-Klassiker bewegt. Oder – und das schreibe ich mit einer gewissen Grundskepsis sowie einem Hauch Unsicherheit, allerdings auch mit einer ordentlichen Portion Hoffnung – vielleicht auch zur Produktion eines völlig neuen Ablegers.

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