Tales of Xillia 2

Tales of Xillia 2


Die Gefahr wurde gebannt, die Welt gerettet, das Abenteuer beendet. Dachten wir zumindest! Denn in Tales of Xillia 2 stellen wir uns abermals tödlichen Herausforderungen und werden dabei Zeuge eines wundervollen JRPGs, das wir so schon seit langer Zeit nicht mehr erleben durften.


Die Folgen der Weltrettung


Zum Ende von Tales of Xillia konnten wir mit den Helden Jyde und Milla zwei verfeindete Länder erfolgreich miteinander vereinen und somit Chaos und Verderben vom Erdball tilgen. Allerdings macht uns Tales of Xillia 2 schnell klar, dass trotz der vereinten Reiche weiterhin Hass, Vorurteil und Benachteiligung vorherrscht, die allesamt in tosende Gewaltausbrüche münden.


Als die junge Elle Mel Marta nämlich einen Zug betritt, wird dieser kurzerhand von einer terroristischen Organisation entführt. Der tapfere Koch Ludger Will Kresnik will der unschuldigen Dame zwar zur Hilfe eilen, kann das tragische Ende jedoch nicht vermeiden: der Zug verunglückt und Ludger bleibt schwer verletzt zurück.


Was folgt ist eine typische Glück im Unglück-Situation: denn obwohl Ludger von der Spirius AG gerettet und mitsamt komplizierten Operationen wieder auf die Beine gebracht wird, muss er direkt im Anschluss für die Unkosten aufkommen. Und da er das nötige Kleingeld nicht besitzt, nimmt er einen Kredit auf und arbeitet diesen nun nach und nach ab, um sich von der Fessel der Spirius AG lösen zu können.


Und obwohl dem sympathischen Koch hierfür eigentlich alle Zeit der Welt zur Verfügung stehen würde, bringt ihn ein gravierendes Problem nahezu um den Verstand – der momentane Verbleib seines geliebten Bruders Julius. Dieser soll nämlich in terroristischen Machenschaften involviert und somit für das tragische Zugunglück verantwortlich sein. Doch ist das wirklich die ganze Wahrheit?



Düster und tiefgründig


Die Handlung von Tales of Xillia 2 geht insgesamt einen deutlich düsteren Weg als der Vorgänger. Hass, Verbrechen, Anschläge und auch verbale Attacken machen die starken Probleme der Gesellschaft jederzeit deutlich, die die eigentlich positiv zu sehende Reichsvereinigung in ein völlig anderes, ja geradezu negatives Licht, rückt. Und da eben diese Situationen hervorragend in die Gesamthandlung eingeflochten und fast immer mit einer gelungenen Entwicklung und einer befriedigenden Auflösung versehen sind, darf man sich auf eine durchgehend packende Unterhaltung freuen, die bis zum Finale nichts von ihrer Brillanz verliert.


Allerdings sollten Fans jetzt kein dunkelschwarzes, depressives Machwerk erwarten. Lustige Situationen gibt es weiterhin zuhauf, auch die verschiedenen Charaktere erfreuen sich abermals eines emotionalen Facettenreichtums sowie einer Reihe humorvoller Momente. Vor allem die optionalen Gespräche, die wir auf Knopfdruck starten dürfen, versprühen viel Witz und schweißen uns enger an die einzelnen Figuren. Auch alte Bekannte, mit denen Fans den Erstling bestreiten durften, gesellen sich hier und da zur Truppe und schließen mit Nebengeschichten die Lücken zwischen beiden Teilen. Zwar hätten wir mit einigen Alt-Protagonisten etwas mehr Zeit verbracht, dennoch haben sich die Entwickler gerade bei diesen Sequenzen sichtlich viel Mühe gegeben.


Nun stellt sich natürlich die Frage: Muss man den ersten Teil gespielt haben?


Die Antwort lautet Jein. Denn obwohl man die Handlung auch ohne Kenntnis des ersten Teils verstehen und sich mit Neuzugang Ludger problemlos identifizieren kann, bleiben Nicht-Kenner etliche Andeutungen, Anspielungen und zusätzliche Hinweise verwehrt, wodurch vor allem die Tragkraft des Treffens mit den alten Teammitgliedern fast vollständig verloren geht. Dementsprechend können wir an dieser Stelle nur zwei Empfehlungen aussprechen: entweder setzt ihr euch zunächst an den ebenfalls sehr gelungenen Erstling oder arbeitet euch per Google und Youtube zumindest durch einige Zusammenfassungen.



Sammeln für den Kreditabbau


An der bekannten Gameplay-Formel des Vorgängers hat sich kaum etwas verändert. Abermals steuern wir unsere langsam anwachsende Gruppe durch eine offene Spielwelt, deren gigantischer Umfang sich euch jedoch erst mit zunehmender Spieldauer offenbart. Denn erst wenn ihr einen gewissen Teil eurer immensen Schulden abarbeitet, werden eure Fesseln zumindest ein wenig gelockert.


Zumindest wird Fans bei Tales of Xillia 2 eine schwierige Entscheidung, die es im ersten Teil direkt zum Anfang zu treffen galt, direkt abgenommen. Denn anstatt euch für einen von zwei Haupthelden entscheiden zu können, beginnt ihr eure Odysee direkt in der virtuellen Rolle von Ludger und macht euch eigentlich direkt auf die Suche nach Arbeitgebern, für die ihr bestimmte Aufgaben erfüllen müsst. Die Belohnung? Logisch – Kohle zum Abbezahlen eures Kredits!


Und obwohl diese Nebenmissionen aufgrund teils schwerer Ziele und eines langsam ansteigenden Schwierigkeitsgrads definitiv bei Laune halten und für etliche Spielstunden unterhalten können, fehlt auf Dauer dennoch eine gewisse Varianz. Objekte einsammeln und Gegner besiegen macht zwar viel Spaß, wenn man das aber immer wieder machen muss, lässt die Motivation stellenweise dennoch ein wenig nach.


Ein wenig Entscheidungsvielfalt wird euch aber dennoch geboten: an bestimmten Stellen der Handlung werden wir nämlich vor eine Wahl gestellt, die allerdings nicht wirklich drastisch ausfällt. Obwohl nachfolgende Szenen ein wenig anders ausfallen, sichere Kämpfe abgewendet oder neue Gespräche freigeschaltet werden, braucht ihr keine schwerwiegenden Änderungen zu erwarten oder zusätzliche Spieldurchgänge einzuplanen. Eine nette Dreingabe ist dieses Element aber dennoch.


Klarer Favorit ist jedoch das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Charakteren, das auch an den Einsatz eines Partner im Kampf gekoppelt ist und hier und da sogar gezielt beeinflusst werden kann. So nähern wir uns unseren Kollegen nämlich immer mehr an, führen interessante Nebengespräche und tauschen sogar Geschenke untereinander aus. Das führt nicht nur zu einem neuen Gameplayelement, das viel Spaß bringt, sondern auch zum Aufbau einer stärkeren Charakterbindung, durch die auch unser Lauf durch die Handlung an Nachdruck gewinnt.



Mehr als nur Buttonsmashing


So, nun haben wir lange genug um den heißen Brei herumgeredet. Denn wahre Tales of-Fans wissen, dass neben facettenreichen Charakteren und einer unterhaltsamen Städteerkundung nur eine Sache wirklich im Vordergrund stecht: das Kampfsystem! Und das fällt bei Tales of Xillia 2 gewohnt zugänglich und dynamisch aus.


Sobald wir nämlich einem Gegner gegenüber stehen, dürfen wir uns frei über das Kampffeld begeben und per Knopfdruck direkt angreifen. Klingt simpel, ist es dank einiger Einschränkungen aber nicht. Mit jedem Angriff verlieren wir nämlich Aktionspunkte. Sind diese aufgebraucht, können wir nicht mehr agieren und sind zur Verteidigung gezwungen. Und da wir die Punkte auch für Spezialattacken benötigen, muss man diese jederzeit im Auge behalten und den Einsatz ruhig und logisch durchdenken.


Neben Ludger stehen uns im Kampf noch drei weitere Schergen zur Verfügung, deren Aktionen wir im Optionenmenü bestimmen, auf Wunsch jedoch auch zur direkten Steuerung wechseln können. Sogar drei Freunde können sich einklinken und uns beim Bewältigen eines schweren Monsterproblems behilflich sein. Fakt ist jedoch: all diese Möglichkeiten verlieren in Anbetracht einiger Anpassungen und unseres starken Haupthelden an Wichtigkeit. Mit Ludger können wir nämlich jederzeit unsere Waffe wechseln, vollkommen andere Angriffstypen ausprobieren oder zu einem anderen Element greifen. Eine ebenso umfangreiche wie auch komfortable Steuerungsmöglichkeit, wodurch unsere Partner leider ein wenig in den Hintergrund gedrängt werden.


Allerdings helfen zwei wichtige Aspekte dabei, das runde Kampfsystem durchgehend aufrecht zu erhalten. Zum einen ist das die reiche Gegnervielfalt, die nur mit der richtigen Bewaffnung sowie dem passenden Element zu besiegen sind. Wer sich also strikt auf seine Schusswaffen verlässt, der wird nicht immer erfolgreich sein. Und dank den Artes – starke Spezialattacken, die ihr gemeinsam mit einem Partner ausführen könnt – geraten eure Kameraden auch nicht vollständig ins Abseits und spielen ebenfalls eine unverzichtbare Rolle beim Niederschlagen eurer Rivalen.


Leider haben die Entwickler bei der Schwierigkeitskurve vor allem im Anfangsstadium nicht ganz unter Kontrolle bekommen. Zu Beginn sind eure monströsen Widersacher nämlich viel zu einfach aus dem Weg zu räumen, stellenweise scheint die Herausforderung sogar zu stagnieren. Zum Ende hin kriegt Tales of Xillia 2 jedoch wieder die Kurve, Gegner reagieren verbissener auf eure Taktiken und ändern ihr Kampfverhalten sogar binnen weniger Sekunden. Wer sich also zum Anfang unterfordert fühlt, sollte nicht vorzeitig die Flinte ins Korn werfen, sondern auf die harten Monsterboliden warten.



Nicht perfekt, aber dennoch charmant


Bereits Tales of Xillia präsentierte RPG-Fans ein schickes Technikpaket, das die vollständige Perfektion aufgrund einiger Schwächen allerdings nicht ganz erreichen konnte. Leider haben sich die Entwickler nicht auf das Ausmerzen dieser Schwachpunkte konzentriert, sondern liefern im Endeffekt erneut das bereits bekannte Gesamtbild ab.


So werden wir beispielsweise von abwechslungsreich, aber insgesamt viel zu tristen Umgebungen begrüßt, die stellenweise nicht nur sehenswerte Eigenheiten vermissen lässt, sondern mit matschigen Texturen zusätzlich für unschöne Stellen sorgt. Auch auf dem Nichts aufploppende Figuren machen deutlich, dass man den nötigen Feinschliff beiseite gelassen und sich lieber auf andere Aspekte konzentriert hat.


Allerdings sind natürlich auch wieder die alten Stärken an Bord. Vor allem beim Charakterdesign hat man sich sichtlich viel Mühe gegeben, wodurch sich die Charaktere bei Dialogen zahlreicher Animationen sowie unterschiedlichen Outfits, die wir wahlweise wechseln, erfreuen. Die im Anime-Stil präsentierten Zwischensequenzen sich derweil weiterhin qualitativ unglaublich hochwertig und brauchen sich kaum hinter aktuellen, japanischen Animes zu verstecken. Bei solch einer farbenfrohen Präsentation hätten wir uns eine zusätzliche Blu-ray gewünscht, auf der wir beide Teile nochmal im Anime-Format genießen dürfen.


Der Sound gestaltet sich derweil als ähnlich zweischneidige Klinge. Während sich der Soundtrack nämlich einer beachtlichen Varianz erfreut und somit die düsteren sowie die humorvollen Szenen gekonnt begleiten kann, wollen einige Lieder stellenweise nicht wirklich zum derzeitigen Schauplatz passen. Die englische Sprachausgabe leistet sich zwar ähnliche Mini-Ausrutscher, punktet insgesamt aber dennoch mit passenden Sprecher sowie glaubwürdig transportierten Emotionen. Leider ist das vollständige Fehlen einer japanischen Sprachfassung weiterhin ein ganz großes Sakrileg, das vor allem beinharten JRPG-Fans sauer aufstoßen dürfte. Wir hoffen weiterhin, dass eventuell noch ein Patch kommt, der die optionale Zuschaltung ermöglicht.



Fazit


Düster, umfangreich, packend! Obwohl viele Orte bereits aus dem Erstling bekannt sind, präsentiert sich Tales of Xillia 2 als JRPG der alten Schule, das mit einer spannenden Handlung, sympathischen Charakteren sowie eines dynamischen Kampfsystems elegant über die kleineren Schwächen hinwegtäuschen kann. Wer den ersten Teil mochte, der sollte auch dieses Mal unbedingt zugreifen!

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