Prey 2

Prey 2

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Erst System Shock. Dann Bioshock, Jetzt Prey.


Wenn man in einer Reihe mit solchen legendären Titeln genannt wird, sind die Erwartungen logischerweise ziemlich hoch. Kein Wunder also, dass viele Fans Prey seit der Erstankündigung herbeigesehnt haben. Umso größer die Freude, dass wir es endlich in unseren Händen halten dürfen.


Doch kann Prey tatsächlich die Fußstapfen der großen Vorbilder ausfüllen? Leider nur zum Teil.


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Die Suche nach dem Ich

Was ist hier los? Was passiert hier gerade? Und was wird von mir erwartet? Prey weckte in unserem Kopf bereits während der ersten Spielminuten extrem viele Fragen, die uns gnadenlos zum Weiterspielen animierten. Eine Frage brannte uns dabei besonders stark unter den Nägel: Wer und was sind wir eigentlich?


Als Morgan Yu (je nach unserer anfänglichen Wahl männlich oder weiblich) kämpften wir uns deshalb mit nur sehr kurzen Pausen durch die futuristische Raumstation Talos 1, die nach einem Alien-Angriff der Hölle gleicht und anstatt freudigen Lebens nur grausig entstellte Leichen zu bieten hat.


Stetig verfolgte uns die Hoffnung, dass die letztendliche Auflösung logisch ausfällt, alle Fragen beantwortet werden und unser Weltall-Abenteuer mit einem ebenso krönenden wie auch sinnvollen Abschluss gesegnet wird.


Tatsächlich waren wir vom Ende begeistert und konnten erst durchatmen, als der Abspann vor uns auftauchte. Anspannung, Todesangst und hohe Konzentration fesselten uns regelrecht an die Konsole und ließen uns spielend leicht in die dichte Welt von Preyeintauchen.



Im All ist Angst vorprogrammiert

Allerdings ist dieser Umstand nicht primär der spannenden Story, sondern der unglaublich dichten Atmosphäre zu verdanken. Wenn man sich nämlich durch die leisen, verlassenen Gänge einer Raumstation kämpft, sind aufgestellte Nackenhaare vorprogrammiert.


Hierbei überzeugt vor allem das Design, das Talos 1 wie einen wahrhaftigen Lebensraum wirken lässt. Wir laufen nämlich nicht nur durch Forschungsstationen, sondern besichtigen auch Wohnräume, Krankenstationen und andere Lokalitäten des täglichen Lebens.


Die detaillierte Zerstörung und wuchtigen Effekte können sich ebenfalls sehen lassen, täuschen allerdings nur marginal darüber hinweg, dass das grafische Gesamtbild insgesamt eher angestaubt und trist wirkt und auch die Animationen deutlichen Feinschliff gebraucht hätten.


Sobald aber der starke Bass, leise Geräusche aus dem Nichts und die gekonnt eingesetzten Soundtrack-Schnipsel eingespielt werden, sieht man über optische Mankos hinweg. Denn legt Prey in puncto Atmosphäre nämlich richtig los und sticht einem das ultimative Horrormesser zwischen die Rippen. Schwache Gemüter sollten zur Sicherheit doch lieber ein kleines Licht einschalten.



Kratzen an der Charakteroberfläche

Zu Beginn erschlägt Prey einen mit vielen Fragen und einer unfassbar dichten Atmosphäre. Kein Wunder also, dass man auf recht eindeutige Schwächen nicht wirklich achtet.


Nach einigen Stunden legt sich die anfängliche (Super-)Euphorie aber, weshalb uns zwischen all den atmosphärischen Stärken plötzlich die recht oberflächlich vorgestellten und behandelten Charaktere auffielen.


Ja, überall verstreute Dokumente und Mails machen die Raumstation menschlich, erschaffen eine glaubwürdige, futuristische Welt und bringen uns wichtigen Akteuren näher. Tiefgehende Charaktere werden dabei aber nicht erschaffen, wirkliche Bindungen entstehen nur schwer und wenn, dann nicht vollständig.


Zwar will man erfahren, was in Wahrheit hinter den geheimnisvollen Geschehnissen steckt, wirklich mit Morgan mitfühlen tut man allerdings kaum - höchstens beim wirklich gelungenen Ende, das trotz leichter Vorhersehbarkeit dennoch schocken kann.


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Mit Gel geht alles besser

Der Gameplay-Part von Prey klingt simpel: Um der Wahrheit auf den Grund zu kommen, müssen wir uns aus der Ich-Perspektive als Morgan durch die Raumstation Talos 1 kämpfen und dabei die eine oder andere Hürde nehmen.


Simpel? Auf dem Papier ja. In der Praxis dank angriffslustiger Aliens aber dann doch eine tödliche Herausforderung mit Horror-Garantie.


Die Gefahr lauert dabei an jeder Ecke. Ja, die typischen „Oh, da hinten ist ein Alien, wie gehe ich jetzt vor?“-Momente gibt es natürlich auch. Aber die als Mimik gefürchtete Spezies kann sich auch problemlos als Kaffeebecher, Stuhl oder Tisch tarnen und dann aus dem Nichts angreifen. Vorsicht ist immer geboten, Ruhe ist bei Prey ein Fremdwort.


Zum Glück haben wir neben einer wuchtigen Zange auch die epische Gloo-Gun, mit der wir Gelklumpen in der Gegend herumschießen und damit nahende Feinde kurzzeitig aufhalten können. Ein herrlicher Spaß, der die düstere Atmosphäre mit einigen kleinen Lachern auflockert.


Besonders cool: Die Gloo-Gun kann man auch zum Erschaffen optionaler Wege benutzen. So erreichen wir beispielsweise zu hoch gelegene Ebenen und überlisten Prey somit gezielt. Auf der Raumstation Talos 1 gilt nämlich das altbekannte Alle Wege führen nach Rom-Prinzip, bei dem man mit viel Experimentierfreudigkeit viele alternative Wege finden kann. Eine wahre Freude.



Mehr Gehirn durch Neuromods

Irgendwann kriegt man das Gefühl, dass man sich kaum gegen die Aliens wehren kann. Das liegt nicht nur am bereits angemahnten Kampfsystem, sondern auch daran, dass die Herausforderungen immer größer werden. Und einfache Schläge mit der Schraubschlüssel irgendwann nicht mehr reichen.


Pistole, Schrotflinte und Laserwaffen sind natürlich ein hilfreicher Wegbegleiter und sorgen bei unerwarteten Alien-Angriffen schnell für Ruhe. Allerdings sollte man immer die Munition im Blick behalten, um nicht plötzlich ohne Abwehrmöglichkeiten am Rande des Todes zu stehen.


Es gibt aber einen noch effektiveren Weg. Wachsame Spieler können nämlich überall auf der Raumstation verteilte Neuromods finden, mit denen völlig neue Fähigkeiten freigeschaltet und grundlegende Attribute verbessert werden. So verbessern wir unsere Gesundheit, hacken Geschütztürme, verstärken unsere Angriffe und so weiter.


Besonders attraktiv sind Alien-Fähigkeiten, mit denen wir Untote kurzzeitig als Verbündete an unsere Seite holen oder uns in Gegenstände verwandeln. Nicht zu unterschätzende Kräfte, die sich auf viele Arten einsetzen lassen, um möglichst geschickt und schadenfrei in Richtung Ziel zu gelangen.



Neuer Durchgang, neue Erlebnisse

All diese Elemente ergeben kombiniert die größte Stärke von Prey. Die Vielzahl an Gameplay-Möglichkeiten, die uns immer wieder zum Experimentieren animieren und somit immer wieder neue Elemente eröffnen.


So konzentrierten wir uns bei unserem ersten Abenteuer auf eine wichtige Alien-Power + Schusswaffen-Kombination. In Runde 2 konzentrierten wir uns mehr auf Nahkampf und setzten unsere Neuromods gezielt dazu ein, um unsere menschlichen Kräfte zu maximieren.


In Kombination mit den unterschiedlichen Handlungsentscheidungen bietet Prey genug Raum für mehrere Durchgänge, die sich allesamt anders anfühlen und somit zu keinem Zeitpunkt langweilen.


Letztendlich sind es also recht blasse Charaktere sowie einige unfair gestaltete Passagen, die Prey den Weg zur ultimativen Perfektion versperren. Allerdings ist es die große Welle ansprechenden Stärken, die das All-Abenteuer in einen kleinen Must-Have-Titel verwandeln.


Eine kleine Warnung sei aber ausgesprochen: Wer die Actionschraube pausenlos in Richtung Maximum feuern möchte, der ist hier definitiv falsch.


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Fazit

Als hätte uns die düstere Atmosphäre mit einem Messer gepackt und bis zum Abspann nicht mehr losgelassen: Prey ist spannend, packend, vielschichtig. Und darum jetzt schon ein besonderes Highlight des Jahres 2017.


Dank eines enormen Umfangs darf man sich auf ein abwechslungsreiches Abenteuer freuen, in dessen Verlauf wir mit verschiedenen Fähigkeiten, auffindbaren Materialien und verwinkelten Umgebungen unserem Experimentierdrang vollends nachgehen können. Und unsere Taktik mit erneuten Durchgängen vollständig auf den Kopf stellen dürfen.


Fehlender Feinschliff bei der Charakterzeichnung, ein mäßiges Kampfsystem sowie einige unfair gestaltete Passagen versetzen dem starken Gesamtkonstrukt einige unschöne Kratzer, können das schlussendliche Fazit dadurch aber nur marginal verändern.


Wer nämlich Wert auf ein ruhiges, atmosphärisches Abenteuer im All legt und sich in einem Meer an Möglichkeiten voll ausleben möchte, der sollte sich dem Schrecken von Talos 1 auf jeden Fall stellen. Und Prey definitiv nicht verpassen.

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