One Piece: World Seeker

One Piece: World Seeker



Gum-Gum-Langeweile.


Wenn Ruffy und Co. gen neues Abenteuer segeln, sind abgedrehte Stories und actionreiche Kämpfe eigentlich vorprogrammiert. Wer erinnert sich nicht gerne an die Abstecher ins Baratie oder nach Enies Lobby zurück oder sinniert gerne mal über die epischen Duelle gegen Rob Lucci, Don Quichotte De Flamingo oder Crocodile?


Umso schöner ist es, wenn uns Entwickler wie Ganbarion ein brandneues Abenteuer im Videospielformat spendieren, das wir dank brandneuer Charaktere und spannenden Ereignissen direkt in unsere Halle der Erinnerungen stellen dürfen.


Doch ob One Piece: World Seeker sich diesen Platz redlich verdient hat oder vorher aufgrund etlicher Schäden am Bug gen Meeresboden sinkt, das erfahrt ihr in unserem Test!


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Abenteuer auf Jail Island


Neue Insel, neues Abenteuer. Eine einfache Formel, die Fans von One Piece mittlerweile gewohnt sein dürften. Allerdings hat Serienschöpfer Eiichirô Oda bereits mehrfach bewiesen, dass eben diese simple Formel in den richtigen Händen perfekt eingesetzt werden kann.


One Piece: World Seeker folgt den zahlreichen Manga- und Anime-Beispielen und bringt die Strohhutbande nach Jail Island, wo das friedliche Zusammenleben durch die Vorherrschaft der Marine gestört wird. Kein Wunder also, dass sich hier ein Konflikt entwickelt hat, der in gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Pro- und Anti-Marine-Gruppen mündet.


An der Spitze dieser Gruppierungen stehen die junge Jeanne und ihr Bruder Isaac – beides brandneue und von Oda höchstpersönlich erschaffene Charaktere – im Mittelpunkt. Während Isaac als Marine-Offizier die Unterdrückung des Volkes für seine eigenen Zwecke befürwortet und vehement antreibt, stellt sich Jeanne als Widerstandkämpferin tapfer gegen ihn und setzt sich für die Freiheit der Dorfbewohner ein.


Und wenn die Marine für Chaos sorgt, kann die Strohhutbande nicht weit sein. So wird Kapitän Monkey D. Ruffy zum verlängerten Gummi-Arm und Helfer von Jeanne und löscht auf Jail Island einen Brandherd nach dem anderen, um Isaac aus der Reserve zu locken, dessen geheimen Plänen einen Strich durch die Rechnung zu machen und den Frieden zurückzubringen.


Leichter gesagt als getan. Denn auf Jail Island haben sich nicht nur Piraten, Marine-Soldaten und CP9-Agenten breit gemacht, auch einige schlagkräftige Rivalen aus Ruffys Vergangenheit stellen sich dem Strohhut in den Weg.



Seelenloser Filler


Böse Buben aufhalten und unterdrückte Unschuldige retten. Letztlich ein gradliniges Fundament, auf dem Eichiirô Oda bereits seit vielen Jahren ein abgedrehtes, abwechslungsreiches und höllisch spannendes Handlungsgebäude aufbauen konnte. One Piece: World Seeker scheint hierbei zunächst ein ansprechender Baustein im Gesamtgebilde zu sein.


Primär ist dieser Umstand Jeanne und Isaac zu verdanken, die schnell zum Herz und der Seele der Story werden. Ob nun die persönlichen Motivationen für den erbitterten Kampf, die tragische Vergangenheit oder das emotionale Finale, man merkt deutlich, dass sich Oda bei der Kreation der neuen Figuren viele Gedanken gemacht hat und somit Fans mitten ins Herz treffen wollte.


Leider präsentieren sich die restlichen Aspekte der Handlung im direkten Vergleich dann als schmerzende Enttäuschung. Viele Charaktere wirken lieblos in das Gesamtgeschehen hineingeworfen, um mit kurzzeitiger Anwesenheit zu glänzen. Fans freuen sich dann zwar zunächst über ein Wiedersehen mit Smoker, Rob Lucci und der Germa 66, erkennen allerdings schnell, dass deren Rollen im übergeordneten Plot marginal, oftmals sogar vollkommen vernachlässigbar ausfallen. Gravierend hierbei: Selbst die Strohhüte selbst müssen das Rampenlicht an Ruffy abgeben und spielen somit allesamt die zweite Geige. Sehr schade!


Auch in Puncto Inszenierung kann One Piece: World Seeker kaum beeindrucken. Viel zu oft wird die Handlung durch ausschweifende Dialoge erzählt, die nicht nur erschreckend innovationsarm präsentiert werden, sondern zudem eine vollständige Sprachausgabe vermissen lassen. Wenn sich Ruffy mit feindlich gesinnten Piratenbanden anlegt, dabei immer nur eine Bewegung ausführt und alle paar Sekunden einen kurzen Catchphrase ablässt, kann man selbst als Fan nur noch die Augen verdrehen.


Sehr enttäuschend, zumal Optik und Sound insgesamt sehr solide ausfallen und sich erstklassig am Anime-Vorbild orientieren, womit man sich über schicke Charakterdesigns, ikonische Superangriffe mit Effektgewitter und die altbekannten Sprecher freuen darf. Wenn letztere dann aber nur selten ans Mikrofon dürfen und eine Vielzahl der wichtigsten Hauptakteure in den Hintergrund verfrachtet werden, versetzt das der allumfassenden Atmosphäre derbe Schnitzer.



Monotonie auf Jail Island


Beim Test stellte sich hier bereits die erste Ernüchterung ein, dennoch gab es ja weiterhin einen Lichtstreif am Horizont: Die offene Spielwelt, mit der One Piece: World Seeker das perfekte Piraten-Feeling und somit hervorragenden Spielspaß verspricht. Unsere Begeisterung jedoch gnadenlos ausnutzt, um uns einen heftigen Kinnhaken zu verpassen.


In den ersten Spielstunden machte das freie Erkunden von Jail Island mit Strohhut Ruffy sehr viel Spaß. Nach und nach erforschten wir neue Bereiche und besuchten Wälder, kleine Dörfer oder Großstädte, sammelten überall verstreute Materialien zum Craften neuer Items und machten sogar teils gut versteckte Schätze ausfindig. Und wenn man via Gum-Gum-Rakete dann noch durch die Gegend düsen und sich in luftige Höhen schwingen darf, macht das Fan-Herz einen kurzen Freudensprung.


Leider hat Jail Island unterm Strich viel zu wenig zu bieten, um uns dauerhaft bei Laune zu halten. Viel zu schnell hatten wir jeden Winkel der Insel erkundet, konnten uns nur schwerlich zum Fortsetzen unserer Schatzsuche durchringen und vermissten wirklich motivierende Alleinstellungsmerkmale der Open World. Versteckte Bereiche oder nennenswerte Geheimnisse sucht man vergeblich, wird stattdessen mit dem immer gleichen Allerlei befeuert. Kein Wunder, dass die Luft damit rasant raus war.


Schuld daran hat aber nicht nur Jail Island an sich, sondern auch das teils schreckliche Missionsdesign. One Piece: World Seeker unternimmt keinerlei Ambitionen, das Rad auch nur ansatzweise neu zu erfinden oder gar unterhaltsam zu gestalten und konzentriert sich letztlich auf die alten Verdächtigen wie Laufe von A nach B, Besiege Gegner C oder Sammle Gegenstand D und bringe ihn zu Auftraggeber E. Langeweile in Open-World-Urform.


Gelegentliche Abwechslungsversuche donnern leider ebenfalls gnadenlos an die Wand. Schleichmissionen? Aufgrund der hakeligen Steuerung ein Graus. Knopfdruckaufgaben mit Zeitdruck? Dank eines viel zu großzügigen Countdowns lächerlich simpel. One Piece: World Seeker zehrt mit fortlaufender Spielzeit an unserem Nervenkostüm und verwandelt anfängliche Freude schnell in ein enttäuschendes Trauerspiel.



Lahme Gummispiele


One Piece funktioniert nicht ohne actionreiche Schlagabtausche. Ansonsten hätte Ruffy seine Teufelsfrucht ja vollkommen umsonst gefressen. Leider präsentiert World Seeker auch diesen Aspekt eher halbgar und spendiert Fans somit nur schwerlich genießbare Kost.


Der erste Anime-Schlag in die Magengrube folgt früh, immer bewahrheiten sich die düsteren Vorzeichen der Handlung beim Kampfsystem schnell: Eine Auswahl an spielbaren Kämpfern gibt es nicht, das komplette Abenteuer hindurch sind wir völlig auf Strohhutanführer Ruffy angewiesen. Wer also mit Sanji flinke Tritte, als Zorro schmerzhafte Schwerthiebe oder als Franky Robo-Punches austeilen wollte, wird hier leider nicht glücklich.


Ruffy spielt sich derweil so, wie Fans der zahlreichen anderen One-Piece-Titel es gewohnt sind. Mit seinen zahlreichen Gum-Gum-Fähigkeiten teilen wir ordentlich aus, wobei uns Nah- und Fernangriffe, zwei per Digikreuz auswählbare Angriffsmodi sowie einige Spezialattacken zur Verfügung stehen, die allerdings erst durch Aufladen der Energieleiste eingesetzt werden können. Im weiteren Spielverlauf dürfen wir im Gear-4-Modus dann vollends in den Zerstörungsmodus wechseln.


Leider stellen Standard- und Endgegner selbst auf höheren Schwierigkeitsgraden kaum eine Herausforderung dar. Sofern man auf eine stete Offensiv-Defensiv-Balance achtet und fleißig Spezialangriffe raushaut, kommt man selbst zum Finale kaum in Bedrängnis. Dadurch mündet das Ganze viel zu schnell in einem monotonen Knöpfchendrücken, das auch von eher mäßig umgesetzten Stealth-Mechaniken nicht abwechslungsreicher gestaltet und von der nervigen Kamera eher über Bord geschubst wird.


Freischaltbare Fähigkeiten und Upgrades können das Ganze zwar minimal aufpeppen, helfen über die schnell einsetzende Monotonie jedoch kaum hinweg. Zwar kann man sich damit dann schneller über die Insel bewegen, neue Spezialangriffe zum Repertoire hinzufügen oder die eigene Gesundheitsleiste erweitern, wenn man dann letztlich aber nur zwischen zwei Buttons wechselt, dann fallen selbst Bosskämpfe gegen bekannte Serienfieslinge enttäuschend fad aus.



Da hätte eine Teufelsfrucht gut getan


Nach so vielen Tiefschlägen haben wir verzweifelt nach einem durch und durch positiven Aspekt von One Piece: World Seeker gesucht, der den schwachen Gesamteindruck zumindest ein wenig korrigieren kann. Leider haben sich die Entwickler nicht die Mühe gemacht, diesen ins fertige Spiel zu packen.


Sahen wir zunächst die zahlreichen Nebenaufgaben als eine Chance, die Motivationskurve gezielt in die Höhe zu treiben, wurden wir auch hier von der monotonen Missionsformel begrüßt, die uns bereits während das Hauptabenteuers begegnete. Letztlich gibt es also auch an dieser Stelle nur Sammel-Quests zu vermelden, die gelegentlich mal durch einen Kampf aufgelockert wird. Als Belohnung winken zwar Materialien und Pläne, mit denen wir auf der Thousand Sunny neues Equipment und Outfits herstellen können, einen wirklichen Motivationsfaktor stellt das aber nicht dar.


Nächste Hoffnungsquelle: Das Karma-System. Erledigen für ausgewählte Haupt- und Nebencharaktere nämlich Aufgaben oder erfüllen vorgegebene Ziele, schalten wir neue Aufgaben und Zwischensequenzen frei. Klingt spannend, wir aber durch eine erneute Welle innovationsarmer Missionen vollkommen zunichte gemacht. Wichtige Entscheidungen oder Herausforderungen muss man kaum erfüllen, hier wird wieder nur Besiege X Soldaten oder Setze Spezialangriff Y gegen Gegner Z eingesetzt. Und die daraus resultierende Beziehungsverbesserung ist den Aufwand eigentlich kaum wert.


Letztlich mussten wir uns gen Zielgrade fast schon durch One Piece: World Seeker quälen, die langweiligen Missionziele immer und immer wieder erfüllen und uns beim Kampf gegen die nervige Kamera und dem monotonen Kampfsystem immer wieder geschlagen geben. Es glänzen immer wieder Momente durch, in denen der typische One-Piece-Charme und -Humor dann doch wieder gut unterhält, uns zu einer weiteren Spielstunde animiert und die Schwächen kurzzeitig vergessen lässt. Bis diese wieder schmerzhaft in den Vordergrund und uns damit direkt in den Hintern treten.


Versteht uns nicht falsch: One Piece: World Seeker sollte man definitiv nicht als Totalausfall, sondern eher als stark fehlerbehaftete Enttäuschung voll ungenutztem Potential bezeichnen. Denn Spielspaß konnten wir bei der Inselerkundung mit Monkey D. Ruffy definitiv vorfinden, kamen durch die Vielzahl an Schwächen, innovationslosen Missionen und unausgereiften Elementen immer wieder zur schmerzhaften Erkenntnis, dass mit deutlich mehr Arbeit und Feinschliff ein kleiner Piraten-Edelstein daraus hätte werden können.


In dieser Form allerdings bleibt One Piece: World Seeker maximal für Hardcore-Fans einige Blick wert, bevor man das Game getrost den Haien zum Fraß vorwerfen kann. Und dabei hofft, dass eine eventuelle Fortsetzung die Mängelliste in Brand setzt und durch Stärken ersetzt.


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Fazit


Die Strohhutbande, neue Charaktere, eine neue Insel und viele Abenteuer in einer offenen Spielwelt, die zum Entdecken einlädt. Auf dem Papier ein wahrliches Match made in Heaven, das mit gigantischem Potential behaftet ist.


Doch gerade dieses Potential kann One Piece: World Seeker zu keinem Zeitpunkt des (inklusive aller Nebenaufgaben) knapp 20-stündigen Abenteuers spürbar entfalten. Die handlungstechnische Inszenierung sowie das Kampfsystem laufen durchweg auf Sparflamme, während sich das Missionsdesign auf einem ständigen Balance-Akt zwischen innovationsarm, langweilig und nervig befindet. Lahme Nebenaufgaben und ein amüsantes, aber vernachlässigbares Karma-System tun ihr Übriges.


Jahrelange Begleiter der Strohhutbande dürfen aufgrund des trotz aller Schwächen funktionierenden One-Piece-Feelings dennoch einen vorsichtigen Blick riskieren. Alle anderen hoffen jedoch, dass eine eventuelle Fortsetzung auf dem vielversprechenden Open-World-Konzept aufbaut und Ruffy und Co. das Videospiel-Erlebnis spendiert, das sie verdienen.

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