Maneater

Maneater



Ein bissiger HAI-denspaß!


Zwar bot die E3 2018 für uns zahlreiche AAA-Perlen, uns blieb jedoch ein ganz besonderes Hailight in Erinnerung: das Action-shaRkPG Maneater, das Entwickler Tripwire Interactive mit einem idyllisch-blutigen Trailer angekündigte.


Als rachedurstiger Hai durch eine Open-World schwimmen und sich die Nahrungskette hochknabbern, um stetig zu wachsen und noch mehr Chaos anzurichten? Shut up and take our money!


Knapp zwei Jahre mussten wir warten, um ins virtuelle Gewässer zu hüpfen und der Welt mit unserem mächtigen Gebiss einen blutroten Neuanstrich zu verpassen. Doch hat sich das Warten überhaupt gelohnt? Schwimmt mit uns und erfahrt die Antwort im Maneater-Test!


Externer Inhalt youtu.be
Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


Der blutige Pfad der Haifisch-Rache


Friedliche Tier-Doku mit anmutigen Bildern? Ganz im Gegenteil! In Maneater fungiert eine Reality-TV-Show mitsamt anmutigem Kommentator (im Original erstklassig von Chris Parnell, dem Jerry-Sprecher aus Rick & Morty gesprochen) als Rahmen für die Haupthandlung – und geizt dabei nicht mit schonungslosen Aufnahmen!


Primär ist dieser Umstand dem gnadenlosen Haifischjäger Scaly Pete zu verdanken, der gegenüber seiner Beute keinerlei Mitleid empfindet. Ein Beispiel gefällig? Kaum hat er bei seinem aktuellsten Fang eine Schwangerschaft festgestellt, schneidet er das Jungtier kurzerhand aus dessen Bauch und hält es stolz in die Kamera.


Allerdings handelt es sich für Pete hierbei nicht um eine Mini-Trophäe, sondern um das nächste Ziel. Immerhin markiert er den kleinen Bullenhai mit einem Messerschnitt und lässt ihn für eine spätere Jagd anschließend frei – und verliert im Eifer des ersten Gefechts als Dankeschön kurzerhand seinen Arm.


Doch wir alle kennen die goldene Rache-Regel aus TV, Film und Videospielen: Eine Gliedmaße für das Leben der eigenen Mutter ist definitiv nicht genug! Und so beginnt für den jungen Bullenhai ein langer Weg in Richtung Vergeltung – immerhin hat man als kleiner Zwerg keinerlei Chance gegen einen trainierten Super-Jäger.



Mit einem Happs sind die im Mund


Letztlich fällt das Hauptziel erschreckend simpel aus: In der offenen Spielwelt herumschwimmen, sich möglichst viele Meeres- und Landbewohner einverleiben und dank der aufgenommenen Nährstoffe stetig wachsen und neue Kräfte freischalten. Die Natur kann so wundervoll sein.


Dabei zwingt uns Maneater jedoch zu Babyhai-Schritten. Logisch, als kleiner Stöpsel segnen wir gegen ausgewachsene Alligatoren, Wale und bewaffnete Jäger schnell das Zeitliche, können anfangs aber problemlos auf unschuldige Schildkröten und Fische zurückgreifen. Bei Sturm tut es halt jeder Hafen.


Hier machen sich dann auch die RPG-Elemente bemerkbar. Haben wir ausreichend Beute gerissen und uns genüsslich den Bauch vollgeschlagen, erreichen wir nicht nur ein neues Level, sondern lassen unseren Bullenhai zudem wachsen. Zusätzlicher Vorteil: Damit können wir uns dann mit dem nächstgrößeren Glied der Nahrungskette anlegen.


Maneater darf man somit problemlos als Splatter-Tamagochi bezeichnen, der richtig Laune macht. Den eigenen Bullenhai langsam, aber sicher zur unaufhaltbaren Killermaschine heranzuzüchten und immer größer werdende Rivalen ins nasse Jenseits zu befördern fungiert als erstklassiger Motivationsfaktor, der sich bis zur finalen Entwicklungsstufe nicht abnutzt.



Natürliche Unterwasser-Monotonie


Mit fortschreitendem Spielverlauf schalten wir neue Gebiete frei, werden allerdings stets mit dem gleichen Ablauf konfrontiert: Schließe verschiedene Haupt- und Nebenaufgaben ab, fresse dich stetig die Leveltreppe hinauf und bezwinge mit neugewonnenen Kräften das übermächtige Raubtier des Tages.


Es dürfte also niemanden überraschen, dass Maneater bissige Unterwasserkämpfe zur Gameplay-Hauptsäule erklärt. Immerhin kann unser Bullenhai nicht zum Sturmgewehr greifen, über klaffende Abgründe springen oder wilde Verfolgungsjagten in kostbaren Sportflitzern bewältigen. Also muss sich vollends auf sein scharfes Gebiss verlassen.


Simplizität herrscht auch an dieser Stelle vor: Wir visieren unsere Beute an, weichen eventuellen Angriffen aus und nutzen die Chance für einen schmerzhaften Konter. Kleinere Meeresrivalen kriegt man damit rasant in den Magentrakt, bei den Bossen solltet ihr jedoch geschickt zwischen Off- und Defensive wechseln, um die eigene Gesundheitsleiste zu schonen.


Leider verpasst Maneater die Chance, diese Duelle dauerhaft fordernd und spielerisch abwechslungsreich zu gestalten, wodurch die Spielspaßflamme schnell an Wucht verliert. Zum einen fällt der Schwierigkeitsgrad insgesamt gnädig aus, zum anderen fehlt es unseren Feinden an variantenreichen Taktikmustern. Vorgehen A funktioniert eigentlich immer, mit wirklichen Herausforderungen wird man kaum konfrontiert.


Das unvergleichliche Machtgefühl dient dem Kampfsystem jedoch als wahrer Rettungsanker: Als anmutiger Bullenhai in die Schlacht zu schwimmen, kleine und große Feinde zu verspeisen und die Gewässer blutrot zu färben, das erlebt man immerhin nicht alle Tage. Da übersieht man sogar die vor allem bei hektisch ablaufenden Kämpfen etwas hakelig ausfallende Steuerung gerne.


Vollkommen ermüdend oder gar nervig werden die animalischen Auseinandersetzungen somit nie, dennoch mussten wir beim Test regelmäßig kurze Pausen einlegen, um die Grenze zur erschütternden Monotonie nicht zu überschreiten. Irgendwann schmerzt halt auch der mächtigste Kiefer.



Fressen oder erschossen werden


Jetzt zaubert Maneater aber noch einen kleinen Trumpf auf dem Ärmel, der diese Monotonie zwar nicht komplett aufbrechen kann, dem Action-shaRkPG jedoch eine gewisse Zusatzwürze verpasst: die Erweiterung unseres Ernährungsplans!


Haben wir unseren Bullenhai nämlich ordentlich trainiert und großgezogen, verwandeln sich auch anfangs bedrohlich anmutende Menschen urplötzlich in schmackhafte Snacks, deren harmlose Schwimmeinheiten oder idyllische Bootstouren wir mit einem saftigen Biss zum finalen Horrortrip verwandeln. Hüpfend zu bewältigende Landausflüge sind ebenfalls gestattet, sollten zwecks akuter Atemnot jedoch möglichst kurzzeitig ausfallen.


Meeresoberflächliche Übergriffe bleiben jedoch nicht ungesühnt. Habt ihr ausreihend Angst und Schrecken verbreitet, sticht einer von insgesamt zehn professionellen Haijägern in See, um eurem Dasein mit allen Regeln der Tötungskunst ein jähes Ende zu bereiten.


Da Jäger-Oberguru Scaly Pete aber das Hauptziel von Maneater darstellt, ist an Flucht vor den kleinen Fischen natürlich nicht zu denken. Taktische Varianz ist leider auch hier Mangelware, wodurch das altbewährte Ausweichen-Angreifen-Prinzip vollkommen ausreichend ist und höchstens die finalen Duelle geringfügige Alleinstellungsmerkmale an Bord haben.


Schade, erhofften wir uns bei diesen Mensch-gegen-Hai-Kämpfen immerhin die perfekte Chance für neue Gameplay-Facetten.



Mit allen Mutationswassern gewaschen


Diese lässt Maneater zum Glück nicht gänzlich vermissen, setzt jedoch an einer völlig anderen Stelle an: nämlich der zusätzlichen Verstärkung eures virtuellen Bullenhai-Ichs.


Zunächst wird diese durch verschiedene Sammelobjekte in Form überall verteilter Kennzeichen, versunkener Kisten und einzigartiger Sehenswürdigkeiten unterstützt. Steuert ihr diese nämlich an, freut ihr euch über einen kräftigen Nährstoff-Boost und steigert eure Fähigkeiten noch rasanter.


Die Sehenswürdigkeiten spielen derweil eine besondere Rolle. Habt ihr in einem Gebiet alle markierten Schauplätze entdeckt, schaltet ihr besondere Hai-Upgrades frei, die eurem Unterwassermonster zu völlig ungeahnten Kräften – beispielsweise einer schützenden Knochenrüstung, einer per Ausweichmanöver aktivierbaren Giftwolke oder ein Elektro-Biss – verhelfen.


Diese Upgrades sind zahlreich, lassen sich auf unterschiedliche Körperteile anwenden und auch durch das Besiegen von Spitzenprädatoren und Haijägern freischalten und mit gesammelten Nährstoffen zusätzlich aufpeppen. Und obwohl diese Zusatzfähigkeiten das Genre-Rad definitiv nicht neu erfinden, eröffnet Maneater hiermit neues Spielspaß-Potenzial, das von einer gewissen Grundmonotonie temporär ablenkt.



Abwechslungsarmes Hai-Büffet


Apropos Grundmonotonie: Hier umkreisen wir nämlich den gravierendsten Schwachpunkt von Maneater. Neben Herumschwimmen und anderen Lebewesen auffressen passiert hier nämlich nicht viel.


Hierbei kommen verschiedene Faktoren zusammen, die euch das repetitive Spielgeschehen möglichst schmerzhaft spüren lassen. Das grundlegende Fehlen taktischer Varianz beim Bekämpfen mächtiger Prädatoren, die durchweg identischen Haupt- und Nebenaufgaben, der nahezu identische Ablauf in den einzelnen Gebieten.


Anfangs erwähnten wir bereits, dass man mit einem Bullenhai als Protagonist spielerisch limitiert ist, der klare Fokus auf feucht-fröhliche Zahnspielchen keine wirkliche Überraschung ist. Tripwire Interactive scheint jedoch keinen wirklichen Versuch unternommen zu haben, die Eintönigkeit aufzubrechen und zumindest ansatzweise willkommene Abwechslung einzubauen.


Hat man also das erste Gebiet vollständig abgeschlossen und anschließend noch den ersten Jäger versenkt, wurde man bereits Zeuge des gesamten Gameplay-Repetoires, das Maneater abzufeuern hat. Wir sind uns sicher: Hier wäre selbst für einen Bullenhai mehr möglich gewesen!



In der Kürze liegt die fischige Würze


Obwohl wir uns beim Test von Maneater ausreichend Zeit gelassen haben und ständig von optionalen Nebenaufgaben oder Sammelobjekten abgelenkt wurden, kamen wir am Ende auf knapp 12 Stunden, wobei wir bereits kurz vor der magischen 100%-Abschlussmarke standen.


Vielen Titeln mag diese kurze Gesamtspielzeit das Genick brechen, Maneater verwandelt dieses Manko aber zum hilfreichen Unterstützer und hebelt den stärksten Kritikpunkt, die eben erwähnte Abwechslungsarmut, damit gekonnt aus. Kurz bevor die gähnende Langeweile nämlich vollends einschlagen kann, hat man das Ende bereits erreicht – und wurde bis dahin bestens unterhalten.


Die Frage ist jedoch, was man von einem Videospiel erwartet. Verlange ich 60+ Spielstunden mit hohem Wiederspielwert, glänzenden Feinschliff und komplexe Gameplay-Systeme? Oder bin ich auch zufrieden, wenn ich für gut 10 Stunden mein Hirn ausschalten, amüsante Aufgaben in Dauerschleife erledigen und dem Ganzen einige lautstarke Lacher abgewinnen kann?


Durch die Notwendigkeit, diese Frage beantworten zu müssen, liegt der Vergleich mit einem Sharknado nicht nur inhaltlich nahe. Der abgedrehte Action-Sci-Fi-Streifen lebte von der Erwartungshaltung seiner Zuschauer, Maneater ergeht es mit Blick auf die potenziellen Gamer ähnlich.


Es gibt viele Faktoren, an denen man sich komplett stören und auf einen Tauchgang verzichten könnte. Blendet man diese aber aus, eröffnet sich ein ebenso kurzweiliges sowie unterhaltsames Erlebnis, das man nach Abschluss nicht so schnell vergisst.



Große Ambitionen, halbgare Umsetzung


Man merkt dem Action-RPG deutlich die Leidenschaft an, mit der Entwickler Tripwire Interactive ans Werk ging. Gleichzeitig merkt man dem Gesamtwerk allerdings auch an, dass das Studio nicht alle Aspekte der ansonsten grandiosen Grundidee zur Perfektion entwickeln konnte, sondern gelegentlich auf Sparflamme schalten musste.


Der technische Aspekt dient hier als weiteres, visuell ansprechenderes Beispiel. Maneater kann sich mit abwechslungsreich gestalteten Schauplätzen, schicken Unterwasserwelten und herrlich-schaurigen Bullenhai- und Prädatoren-Modellen auf den ersten Blick nämlich definitiv sehen lassen, erschafft bei blutigen Angriffen auf belebte Strände sogar ein gewisses Horrorfilm-Feeling.


Heftige Ruckler, nervige Ladezeiten, gelegentliche Kameraprobleme und seltene Abstürze bringen das anfänglich hübsche Konstrukt jedoch gnadenlos zum Einsturz, machen den positiven Ersteindruck somit schnell zunichte. Das von den Entwicklern gewünschte Endresultat bleibt derweil klar erkennbar, jedoch scheinen beim Zusammenbau die notwendigen Ressourcen gefehlt zu haben.


Ein Fazit, das sich wie eine blutrote Spur durch die unterschiedlichen Aspekte von Maneater zieht. Verübeln kann man es Tripwire Interactive nicht, immerhin wurde eine simple Idee konsequent umgesetzt und gekonnt aus dem Totalausfall-Minenfall herausgehalten.


Dennoch bleibt zu hoffen, dass eventuelle DLCs oder gar eine Fortsetzung dem monotonen Leben eines Bullenhais einige fiktive Nebenbeschäftigungen hinzudichten. Wie wäre es beispielsweise mit ausrüstbaren Lasern oder heraufzubeschwörenden Tornados?


Externer Inhalt youtu.be
Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


Fazit


Mit Maneater serviert uns Entwickler Tripwire Interactive einen schmackhaften Leckerbissen, der zwar mit enormem Unterhaltungsfaktor punkten kann, dafür aber mit einigen Technikmacken, kurzer Spielzeit und rasant einsetzender Abwechslungsarmut enttäuscht.


Letztlich stellen sich diese Mankos jedoch als leicht angebrochene Zähne in einem ansonsten hervorragend funktionierenden Gebiss heraus: Beim Kauen verspürt man gelegentlich einen leichten Schmerz, die Mahlzeit kann man aber dennoch genießen. Vor allem, wenn diese mit abgedrehten Einfällen und zahlreichen Upgrades so köstlich ausfällt.


Und somit wird Maneater nicht zum gnadenlosen Totalausfall, sondern kann sich als durchweg motivierendes und liebevoll-trashig umgesetztes Action-RPG spielend leicht über blutigem Wertungswasser halten. Wer also schon immer in die virtuelle Haut eines bissigen Bullenhais schlüpfen wollte, der ist mit diesem Hailight bestens bedient!

Teilen