Knockout Home Fitness

Knockout Home Fitness



Schlag, Tritt, Fitness!


Dass die Corona-Pandemie meine regelmäßigen Besuche im Fitnessstudio und somit auch meinen ambitionierten Trainingsplan für unbestimmte Zeit auf Eis legte, dürfte nun wirklich niemanden überraschen. Neben einer hygienisch prinzipiell fragwürdigen Location (einige Leute verweigern nun mal konsequent den Einsatz eines Handtuchs), wäre vor allem das unbedachte Einfangen einer potenziell tödlichen Viruserkrankung während meiner körperlichen Ertüchtigung ein ironisches Ärgernis gewesen, das mir etliche mahnende Nackenschläge eingebracht hätte.


Erfreulicherweise legte sich die Sportbranche nicht etwa auf die faule Haut, sondern nutzte diese Phase für eine kreative Weiterentwicklung. Die Folge: Bereits wenige Tage nach Beginn meines unfreiwilligen Trainingsruhestandes, wurde ich von einer regelrechten Welle an virtuellen Plänen, Apps und auch Videospielen überrollt, konnte nun also virenfrei von daheim die Kalorien verbrennen und anschließend bevorzugte Muskelpartien aufbauen. Dabei wurde die Fülle an Alternativen gelegentlich zwar ein wenig überwältigend, gab mir aber zumindest die Möglichkeit, den Einbruch meiner persönlichen Motivationskurve durch abwechslungsreiche Programme gekonnt zu vermeiden.


Der neuste Kandidat im sich gefühlt ewig drehenden Auswahlrad: Knockout Home Fitness, das mich auf der Nintendo Switch gehörig zum Schwitzen bringen und dabei mit auf verschiedenen Kampfsportarten basierenden Übungen gleichzeitig für anspornende Action-Workouts sorgen möchte. Ob dieses Vorhaben in der Praxis tatsächlich aufgeht und Hobbysportler dauerhaft an die Konsole gefesselt werden können? Seit knapp einen Monat vor Release durfte ich mich für euch tagtäglich abmühen und möchte euch diese beiden Fragen in diesem Test nun beantworten.


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Rhythmischer Kampfsport


Knockout Home Fitness machte mir den Einstieg in die Switch-Trainingswelt denkbar einfach. Ausreichend Platz im Gaming-Bereich freigeräumt? Check. Mit Joy-Cons in beiden Händen und einem Handtuch um die Schulter (vergesst niemals euer Handtuch, dass muss ich hier einfach nochmal unterstreichen!) vor dem Fernseher aufgestellt? Check. Game gestartet? Check! Langes Vorgeplänkel brauchte ich dann auch nicht zu befürchten, sondern wurde direkt zur ersten Einheit geladen, die man jedoch getrost in die Tutorial-Schublade stecken konnte.


Mit einem spannenden Ansatz war meine Neugier dennoch direkt geweckt. Anstatt nämlich stumpf den Anweisungen meiner virtuellen Trainerin zu folgen, musste ich aufmerksam dem Beat des aktuell laufenden Songs sowie der eingeblendeten Anzeige folgen und die gewünschten Bewegungen mit dem richtigen Timing korrekt ausführen, um die Bestwertung zu kassieren. Diese Integration in ein simples, aber dennoch amüsantes Rhythmusspiel verdient sicherlich keinen Innovationspreis, entpuppte sich allerdings als ansprechender Motivator, der dem Workout eine angenehme Lebendigkeit verlieh.


In Kombination mit den eigentlichen Übungen wird gähnende Langeweile anfangs zunächst meisterhaft aus dem Gesamtkonzept ferngehalten. Setzen viele Videospiel- und App-Programme nämlich auf die Klassiker wie Liegestütze, Sit-ups oder Hantelübungen, orientiert man sich hier an unterschiedlichen Kampfsportarten. Wer sich also bereits näher mit Kung-Fu, Karate, Muay Thai oder Boxen auseinandersetzen durfte, könnte einige Bewegungsabläufe eventuell erkennen.


Aus den konditionellen Latschen konnte mich die erste Runde jedoch nicht kippen. Mit recht unkomplizierten Hieben wurden mir immerhin nur die Grundlagen des Programms nähergebracht, die wahren Herausforderungen sollten noch auf mich warten. Und obwohl mir auch wenige Tage später definitiv nicht die Puste ausging, wurde das Repertoire an auszuführenden Moves immer länger, der Schwierigkeitsgrad ebenso wie der Konzentrationsdrang also spürbar höher.



Trainingsschwächen


Doch bereits zu diesem Zeitpunkt machten sich die ersten Schwachstellen von Knockout Home Fitness bemerkbar, die auch mit der stetig erweiterten Übungsliste in Zusammenhang standen.


Hier spart man sich nämlich ebenfalls ausschweifende Erklärungen und wirft die Bewegungsneuzugänge rasant in den Trainingsring, hofft also regelrecht, dass ich diese direkt verinnerliche und problemlos ausführe. Leider konnte ich diese Hoffnung nur selten erfüllen, wurde stattdessen gnadenlos aus der Spur geworfen und brauchte einige Sekunden, um den Beat-Faden wieder aufnehmen zu können. Zwar konnte ich mir die gewünschte Ausführung im Menü anschließend näher anschauen und erklären lassen, dennoch hätte ich mir gewünscht, dass mein Trainer diese Aufgabe direkt erledigt.


Dass solche Fehler und temporären Schwierigkeiten meinerseits allerdings nicht direkt in einer teuflischen Abstrafung und völligen Zerstörung meiner Wertung mündeten, ist der teils fragwürdigen Bewegungssteuerung zu verdanken. Als zuverlässig präzise kann man diese nämlich nicht bezeichnen: Korrekt ausgeführte Manöver werden beispielsweise als fehlerhaft moniert, während lieblos hingerotzte Moves (auch ich darf mir mal einen lustlosen Moment erlauben) jubelnd zelebriert wird. Eine konsequent durchgezogene Bewertungs- und Erkennungslinie sieht anders aus.


Ein Glück hält sich diese Problematik insgesamt betrachtet in Grenzen, wäre sie doch ein gnadenloser Genickbruch für Knockout Home Fitness gewesen. Streng genommen kann man das System durch die lapidare Bewegungssteuerung aber spielend leicht austricksen, Einheiten erfolgreich absolvieren, während man gemütlich auf dem Sofa verweilt und lustlos die Arme schwingt. Doch seien wir ehrlich: Wer auch nur ansatzweise Interesse am heimischen Videospiel-Training hat, wird solch ein Vorgehen prinzipiell kategorisch ausschließen.



Der motivierende Drang zum täglichen Workout


Trotz dieser relativ schnell in den vernachlässigbaren Hintergrund abwandernden Problemchen, entwickelte sich beim täglichen Austoben an angenehmer Flow, der für mich einen unverzichtbaren Motivationsfaktor darstellte. Anstatt mir nämlich mit ausschweifenden Ladezeiten oder Vorbereitungsphasen bereits frühzeitig den letzten Nerv zu rauben, konnte ich meine Knockout Home Fitness-Trainingsroutine schnell und effektiv absolvieren, die Switch bereits nach knapp einer Stunde guten Gewissens in den Ruhemodus versetzen.


Im Mittelpunkt steht dabei das persönliche Training, das auf meine individuellen Bedürfnisse eingeht und mir dadurch hilft, meine eigens festgesetzten Ziele zu erreichen. Muskelaufbau, Gewichtsreduzierung oder einfach nur ein wenig körperliche Ertüchtigung? Null Probleme: Einfach auswählen und schon wird mir ein passendes Programm zusammengestellt, bei dem Dehn-, Aufwärm- und passende Fitnessübungen angenehm ineinander übergreifen. Nach 15 bis 30 Minuten ist das Workout dann auch schon beendet, mein Soll für den Tag eigentlich erfüllt.


Sportliche Freunde werden das Gefühl nun aber sicherlich kennen: Es gibt manchmal einfach Phasen, in denen der Körper nach mehr Bewegung schreit, der Wechsel in den Ruhemodus gar zur Unmöglichkeit wird. Eine direkte Wiederholung des soeben absolvierten oder ein Auswählen eines völlig neuen Workouts fällt als logische Option leider weg, steht mir das persönliche Training täglich doch nur für eine Runde zur Verfügung. Zum Glück wird Knockout Home Fitness dadurch nicht zur kurzzeitig unnützen Datenmenge degradiert, sondern hält mich mit dem 3-Minuten-Fitness-Modus auf Wunsch weiterhin bei Laune.


Dahinter verbergen sich kurze, dadurch aber herrlich intensive Übungseinheiten, die verschiedene Körperzonen direkt ansprechen und meinen eventuellen Sportdurst erstklassig stillen. Die perfekte Chance, zwischen zwei stressigen Meetings (oder Calls) schnell eine Austobrunde einzulegen und angestauten Stress gnadenlos aus dem Gehirn zu feuern – und dabei sogar noch einige Kalorien zu verlieren.


Dass ich eben diese jederzeit im Blick behalte und mir durch den bereits erreichten Fortschritt eine ordentliche Motivationsspritze abholen kann, ist derweil meinem Protokoll zu verdanken. Hier werden nämlich all meine Errungenschaften übersichtlich festgehalten, wodurch sich vorherige Bestleistungen problemlos wiederholen oder gar steigern, etwaige Versäumnisse sich währenddessen rasant aufholen lassen. Hilfreich für alle, die das Switch-Workout nicht nur als simple Spielerei abtun, sondern schlussendlich spür- und sichtbare Ergebnisse vorweisen wollen.



Überschaubarer Umfang


Zunächst schaffte es Knockout Home Fitness dann sogar, mich nicht nur auf der sportlichen, sondern auch auf der spielerischen Ebene zur stetigen Rückkehr an den Handheld (oder den TV-Bildschirm, je nach gewähltem Trainingsterrain) zu bewegen. Immerhin werden gute Leistungen nicht nur mit freundlichen Worten und einem mentalen Daumen hoch belohnt, zusätzlich darf ich neue Einheiten, Musikstücke und sogar Trainer freischalten. Keine weltbewegenden Auszeichnungen, aber dennoch eine nette Idee.


Leider sollte diese Freude nur von kurzer Dauer sein, denn bereits nach wenigen Tagen war die Quelle der freischaltbaren Extras gänzlich erschöpft, Am Brunnen der bereits bekannten Trainer, Locations, Songs und Übungen erwartete mich zwar durchweg köstliches Fitnesswasser, dennoch fehlte mir der Pepp des Unbekannten, die Möglichkeit, bisher verschlossene Pfade durch meine Erfolge zu öffnen.


Knockout Home Fitness setzt dementsprechend auf eine besondere Art des Wiederspielwerts, der vollständig auf der Disziplin des trainierenden Spielers aufgebaut ist. Wer also eine Vielzahl an schicken Belohnungen freischalten, auch nach mehreren Wochen noch mit neuem Content überschüttet werden und sich via Online-Modus mit Freunden oder Mitsportlern um den gesamten Globus messen möchte, ist hier definitiv an der falschen Adresse. Angesprochen werden eindeutig Fitness-Freunde, die sich auch daheim regelmäßig auspowern möchten und neben einer gehörigen Portion Kampfsport auch ausreichend Varianz geboten bekommen möchten, um ein abwechslungsreiches, aber eben nicht vollkommen überforderndes Programm zusammenzustellen.



Ein akzeptabler Ersatz?


Nun steht noch eine finale, wenn nicht sogar DIE ultimative Frage im Raum: Kann sich Knockout Home Fitness als empfehlenswertes Fitnessprogramm für die heimische Videospielkonsole behaupten, den Gang zum örtlichen Studio eventuell sogar vollständig ersetzen? Eine komplexe Frage, die selbstverständlich auch eine komplexe Antwort mitsamt einem wichtigen Disclaimer verdient – denn hier spreche ich aus eigener Erfahrung und decke definitiv nicht das Meinungsbild aller Sportler der Welt ab.


Keine App, kein Zeitungsartikel und kein Game mit lustigen Gimmicks kann ein ernsthaftes, schweißtreibendes Workout im Fitnessstudio ersetzen. Dabei sind es nicht nur die Fülle an zur Verfügung stehenden Maschinen, Hanteln oder Übungen, auch ein realer, auf teils schwerwiegende Bewegungsfehler hinweisender Trainer fehlt einfach schmerzlich und sorgt dafür, dass weder die maximale Intensität noch euer volles Kräftepotenzial entfaltet werden kann.


Gerade während der Hochphase der Corona-Pandemie wurden die lautstarken Rufe nach einer heimischen Sportalternative jedoch lauter, weshalb der weiterhin kaum wegzudenkende mobile Trend eine Daseinsberechtigung hat – und sicherlich nicht als sinnlos abgestempelt werden darf. Denn mit ausreichend Selbstbeherrschung und einem angenehmen Gefühl beim Absolvieren des Fitness-Programms können auch kleine Erfolge erzielt werden, das gewünschte Body-Endresultat also exorbitant langsamer, schlussendlich aber dennoch erfolgreich erreicht werden. Zum Bodybuilder werdet ihr nicht, merkt aber ohne jede Frage, dass die Bewegung eure schlaffen Muskeln revitalisiert.


Und an dieser muss ich vor Knockout Home Fitness den Hut ziehen. Nach knapp einem Monat fühlte ich mich tatsächlich fitter, konnte die verschiedenen Kampfsporteinlagen treffsicher ausführen und meine zuvor ausgewählten Ziele (leichte Gewichtsabnahme stand im Fokus) erreichen. Eine ansprechende Präsentation, stimmige Musikuntermalung sowie charakterlich akzeptable, da nicht zu aufdringliche Trainer konnten die Genre-Messlatte zwar nicht einmal ansatzweise erreichen, garantierten unterm Strich aber ein solides Gesamtkonzept, das die Abarbeitung meines ambitionierten Plans zu einem wahren Vergnügen machten.


Solltet ihr nun aber bereits seit geraumer Zeit wieder das Studio unsicher machen oder eure favorisierte App konkurrenzlos ins Herz geschlossen haben, wird euch diese amüsante, aber dennoch recht eintönige Workout-Sause wohl nicht umstimmen. Wer das Wohnzimmer jedoch weiterhin als Epizentrum der Macht sieht, Schläge, Tritte und anderweitige Kampfsport-Moves ausprobieren oder seine Routine einfach mal wieder ein wenig auffrischen und die Switch integrieren möchte, darf vor allem dank eines attraktiven Startpreises von knapp 40 Euro einen Blick auf Knockout Home Fitness riskieren. Dabei aber bitte weder Dehnübungen noch das Handtuch (!) vergessen.



Fazit


Alternative Fitnessmöglichkeit gibt es spätestens seit der Corona-Pandemie wie Sand am Meer – und aus dieser unüberschaubaren Menge an virtuellen Alternativen kann Knockout Home Fitness für die Nintendo Switch nur schwerlich hervorstechen. Immerhin schafft es die motivierende Sammlung an unterschiedlichen Kampfsport-Workouts dank einer netten Präsentation und erstklassiger Zugänglichkeit bravourös, nicht gänzlich unterzugehen, sondern sich erfolgreich im soliden Mittelfeld zu integrieren.


Sofern ihr euch brav an den Trainingsplan haltet, täglich zumindest eine kurze Runde einschiebt und beim schlagfertigen Austeilen mit den Joy-Cons all eure Kräfte entfesselt, verliert ihr euch rasant in einem recht eindimensionalen, aber dennoch effektiven Fitnessprogramm, das ein Studio zwar nicht ersetzt, euren Körper aber gehörig auflockert. Aufgrund einer oftmals recht gnädigen Bewegungssteuerung und überschaubarem Umfang viel Selbstdisziplin von euch verlangt.


Als Must-Have für Sport-Freunde darf sich Knockout Home Fitness dadurch zwar nicht bezeichnen, aber Switch-Besitzer mit Trainingsambitionen sollten sich die Kampfsport-Sause allerdings definitiv anschauen. Denn auch am Fitness-Meer möchte man auf frischen Workout-Wind nicht verzichten. Und da kommen Boxen, Kung-Fu, Karate und Muay Thai wie gerufen.

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