Triangle Strategy

Triangle Strategy


Epischer Handlungsgigant mit taktischer Gameplay-Zugabe


Im Februar 2021 erlebte ich ein rasantes Wechselbad der Gefühle, dass mich gedanklich bis zum Verfassen dieser Zeilen verfolgte. Während der brandneuen Nintendo-Direct-Präsentation wandelte ich nämlich binnen weniger Sekunden von Überraschung zu Begeisterung, nahm im Anschluss jedoch einen deprimierenden Umweg über die Enttäuschung, erwischte aber gerade noch so die Neugier-Kurve, um schlussendlich bei der bis heute andauernden Vorfreude anzukommen. Die Verantwortlichen dieser emotionalen Achterbahnfahrt: Square Enix, Entwicklerstudio Artdink und der japanische Videospielproduzent Tomoya Asano.


Kaum erblickte ich nämlich das unter dem Arbeitstitel Project Triangle Strategy angekündigte Taktik-RPG, hielt ich es direkt für eine regelrecht herbeigesehnte Fortsetzung von Octopath Traveler, den drei Jahre zuvor erstveröffentlichten Geheimtipp für die Nintendo Switch. Zwar war ich mit dieser Annahme auf dem Holzweg, meine anfängliche Vermutung kam nicht von ungefähr, handelte es sich hierbei doch um einen spirituellen Nachfolger, der ausgewählte Kernelemente übernehmen, sich mit einer epischen Handlung jedoch ein gewichtiges Alleinstellungsmerkmal erschaffen wollte. Auf die Erstankündigung folgte eine spielbare Demo, die mich vollends überzeugen konnte und das lange Warten auf die Vollversion tatsächlich ein wenig erschwerte.


Nach gut einem Jahr hielt ich Triangle Strategy (das Project ging im Laufe der Entwicklungsmonate scheinbar flöten) endlich in meinen Händen, durfte mit Schwert, Schild und zu kommandieren Einheiten selbst ins Abenteuer eintauchen, um eine wichtige Frage beantworten zu können: Konnte die Faszination des Vorbilds eingefangen werden? Diese und viele weitere Fragen beantworte ich euch natürlich im Test!


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Erbitterter Ressourcenkampf


Die Beziehungen zwischen den drei mächtigen Nationen des Kontinents Norzelia als angespannt zu bezeichnen, wäre wohl die Untertreibung des Jahrhunderts. Denn seit einer gefühlten Ewigkeit kämpfen das Herzogtum Aesfrost, das heilige Reich Heissand und das Königreich Glenbrock erbittert um die überlebenswichtigen Ressourcen Salz und Eisen. Kompromiss- und Verhandlungsbereitschaft? Fehlanzeige! Stattdessen eskalierte die Lage nach einer schier endlosen Aneinanderreihung blutiger Konflikte und artete in den Salzeisenkrieg aus, der nicht nur die Bevölkerung in Angst und Schrecken stürzte, sondern zudem auf allen Seite für schwere Verluste sorgte. Der anschließende Waffenstillstand war also unumgänglich.


30 Jahre später wollen alle drei Nationen nun aber einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Frieden gehen und scheinbar alles daransetzen, dass dieser nicht nur von temporärer, sondern von ewiger Dauer ist. Neben einem gemeinsamen Ressourcenabbau soll auch die Vermählung zwischen Serenoa Wolffort, dem jungen Erben des mächtigsten der Glenbrockschen Häuser, und Frederica Aesfrost die neuen Bündnisse stärken und ein völlig neues Zeitalter des Miteinander einläuten.


Ohne jegliche Vorwarnung greift das Herzogtum Aesfrost jedoch erneut zu den Waffen und bläst zum Angriff, sorgt damit nicht nur für schwere Verluste, sondern auch für einen jähen Abbruch jeglicher Friedensbemühungen. Urplötzlich werden jegliche Fortschritte ausradiert, die Uhr zurückgedreht und ein Krieg begonnen, an dessen Ende es aller Wahrscheinlichkeit nach keinerlei Sieger, sondern nur zahlreiche Verlierer geben wird.


In dieser hoffnungslosen Situation liegt es an Serenoa, seiner Verlobten Frederica, seinem engsten Freund Prinz Roland von Glenbrock und dem Getreuen Ratgeber Benedict Pascal, auf der Suche nach einer (möglichst friedlichen) Lösung durch den Kontinent zu wandern und nicht nur mit der Sprache der Waffen, sondern auch der Verhandlungen, Kompromisse und Friedensangebote eine Einigung zu erzielen, die der Bevölkerung ein gewaltfreies Miteinander garantiert.



Des Abenteuers wahre Gestalt


Triangle Strategy erzählt eine ambitionierte Geschichte über Krieg und Frieden, zwischenmenschliche Auseinandersetzungen, aus neuer Verantwortung erwachsende Selbstzweifel, politische Intrigen und eine aufgrund zahlreicher Widrigkeiten schwache, aber dennoch weiterhin vorhandene Hoffnung auf die Einigung des Kontinents. Und tatsächlich schafft es Videospielschmiede Artdink, all diese Puzzleteile schlussendlich zu einem schlüssigen Handlungsmotiv zusammenzulegen und der enormen Vielfalt an Themen und Charakteren gerecht zu werden.


Primär ist dieser Umstand der Zeit zu verdanken, die in die Konstruktion dieses narrativen Mammutwerks investiert wird. In teils endlos anmutenden Dialogen werden mir nämlich nicht nur die wichtigsten Haupt- und Nebenfiguren, sondern auch die drei Reiche, deren Kulturen und Beziehungen zueinander nähergebracht, mir stellenweise sogar die Gedankenwelten der Pro- und Antagonisten zugänglich gemacht, um mir das vollständige Handlungsbild offenzulegen. Bisweilen schleicht sich hier eine gewisse Langeweile ein, scheinen einige Unterhaltungen doch arg in die Länge gezogen worden zu sein, um mir möglichst viele Informationen möglichst verständlich aufzutischen.


Solche Momente kommen allerdings nur selten vor und werden prinzipiell von der enormen Komplexität überschattet, die bereits während der ersten Spielstunden aus dem erzählerischen Boden gestampft wird. In diesen wirft Triangle Strategy wild mit roten Fäden, unbekannten Namen und politischen Irrungen und Wirrungen um sich, stellt aber gleichzeitig sicher, dass ich zu keinem Zeitpunkt den Überblick verliere. Bei solch einem Facettenreichtum wahrlich eine respektable Leistung.


Auch die (Haupt-)Charakterriege wächst mir dank individueller Persönlichkeiten und gelegentlichen Humoreinlagen schnell ans Herz – vor allem, da sie inmitten einer recht düsteren Grundthematik dann eben doch diesen schwachen Hoffnungsschimmer, einen gewissen Seelenbalsam darstellt. Zwar landen dabei nicht alle Kämpfer eine Punktelandung, verfallen durch einen gelegentlich deutlich spürbaren entwicklungstechnischen Stillstand sowie nicht gänzlich nachvollziehbarer Gesinnungswandel einer zeitweiligen Eindimensionalität, fast schon einer gewissen Zweckmäßigkeit, dennoch bietet mir der Kontinent Norzelia permanent ausreichend Handlungsfortschritt, um über solche Mängel hinwegzusehen und bei motivierender Laune zu bleiben.


Natürlich muss man sich auf eine solche Geschichte einlassen, gänzlich in die verflochtene Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aller drei Reiche eintauchen und sich in ihnen verlieren wollen. Vor allem muss man jedoch bereit sein, das behäbige Tempo zu akzeptieren, um bei der wiederholten Aneinanderreihung längerer Palaver nicht die Geduld zu verlieren. Diese Dinge vorher zu wissen ist Gold wert, präsentiert sich Triangle Strategy doch als Taktik-RPG, überquert jedoch überraschend oft die Grenze zu einem typischen Visual Novel – doch darauf möchte ich erst später näher eingehen.



Die Waage entscheidet


Serenoa Wolffort und seine Verbündeten durch das Abenteuer zu begleiten, dem hehren Ziel eines ewig währenden Friedens Schritt für Schritt (beziehungsweise Kampf für Kampf) näherzukommen und dabei mit freudigen, traurigen, schockierenden und mitunter auch wendungsreichen Momenten konfrontiert zu werden, dürfte Fans komplexer Stories also bereits ausreichen, um den Weg gen Abspann hochmotiviert fortzusetzen. Triangle Strategy geht allerdings noch einen Schritt weiter: Anstatt mich nämlich durchweg in der Rolle des passiven Zuschauer verweilen zu lassen, werde ich regelmäßig zum aktiven Entscheider verwandelt, dessen Taten gravierende Konsequenzen für den weiteren Handlungsverlauf auslösen können.


Jede Entscheidung stärkt eine von insgesamt drei Gesinnungen – Nutzdenken, Moral und Freiheit –, wodurch die Weichen für meinen, beziehungsweise Serenoas moralischen Entwicklungspfad gestellt werden. Opfere ich mich für das Wohlergehen des Volkes auf und bleibe meinen edlen Prinzipien treu oder bin ich bereit, für meinen eigenen Vorteil und einen glorreichen Sieg jegliche ehrbare Züge über Bord zu werfen, vielleicht sogar über Leichen zu gehen? Leichtwertig sollte diese Wahl nicht getroffen werden, führt mein ultimativer Entschluss doch zu unterschiedlichen Konflikten, Rekruten und sogar Enden. Eine ausführliche Evaluation aller Alternativen wird also wärmstens empfohlen!


Doch nicht immer liegt die Zukunftsbestimmung einzig in meinen Händen. In Schlüsselmomenten darf die gesamte Gruppe abstimmen und ihr Votum in die Waage des Urteils legen, die nach dem Einsammeln aller relevanter Stimmen das Endergebnis finalisiert. Unentschlossene Entscheidungsträger können im Rahmen kurzer Diskussionen allerdings davon überzeugt werden, sich einer bestimmten Seite anzuschließen, eurem gedanklich bereits beschlossenen Weg also direkt zu folgen – sofern ihnen die passenden Argumente vorgelegt werden.


An dieser Stelle sorgt Triangle Strategy dafür, dass dieses Feature nicht zum lieblos raufgeklatschten Beiwerk verkommt, sondern zu einer der wichtigsten Säulen der komplexen Erzählstruktur avanciert. Lasse ich mir vor diesen Abstimmungen (und auch während handelsüblicher Standardkonversationen auftauchender Fragestellungen) nämlich ausreichend Zeit, um die Welt nach Informationen zu durchforsten und in den Dialog mit den Bewohnern Norzelias zu kommen, entdecke ich nicht nur diese dringend benötigten Argumente, sondern erhalte zugleich die Chance, auch meine eigene Wunschausrichtung guten Gewissens zu festigen.


Einziger Wermutstropfen: Erst beim zweiten Durchgang werden die aktuellen Gesinnungswerte sichtbar gemacht, wodurch ich in der ersten Runde darauf angewiesen bin, ins Dunkle hineinzuraten, ob mich meine bisherigen Taten und Antworten bereits in die korrekte Richtung gelenkt haben. Zwar lassen sich Nutzdenken, Moral oder Freiheit fördernde Optionen oftmals relativ einfach voneinander unterscheiden, wer jedoch frühzeitig eine bestimmte Route als Favoriten festgelegt hat, läuft mitunter Gefahr, zum späteren Zeitpunkt eine leicht enttäuschende Überraschung zu erleben.



HD-2D-Magie


Entwicklerstudio Artdink scheint sich bewusst gegen eine (inhaltlich) kunterbunte Spielwelt entschieden, streicht Friede, Freue und heiteren Eierkuchen bereits nach kurzer Zeit vom Tagesprogramm und konfrontiert mit stattdessen mit der harschen Realität eines zerstrittenen Kontinents, der einer riesiges Lagerhalle voll dürftig gesicherter Pulverfässer gleicht – und ein falsches Wort, eine falsche Geste könnte dem verhängnisvollen Streichholz gleichkommen.


Dass diesem düsteren Szenario dennoch ausreichend Farbe und Frohsinn verliehen wird, ist Produzent Tomoya Asano zu verdanken, der sich seit 2001 für eine Vielzahl namhafter RPGs, darunter auch das gefeierte Octopath Traveler, verantwortlich zeichnet. Kein Wunder also, dass der Japaner auch für Triangle Strategy auf den ebenso minimalistischen wie auch hübsch anzuschauenden HD-2D-Look (den Begriff ließ sich Square Enix sogar rechtlich schützen) zurückgriff, um den bereits erprobten Stil gezielt weiterzuentwickeln und mit zusätzlichem Feinschliff im neuen nostalgische Glanz erstrahlen zu lassen.


Ein optischer Trip in die Videospielvergangenheit, den ich (als loyaler Octopath Traveler-Fan) in dieser Form bereits vermutet hatte, vom finalen Gesamtbild aber dennoch angetan war. Erneut präsentieren sich die Charaktermodelle im schlichten Pixel-Look, besitzen dank eines anschaulichen Detailreichtums und starker Animationen aber dennoch einen modernen Touch, wandeln bei der grafischen Darstellung also zwischen zwei Welten. In Kombination mit hübschen und nicht minder detaillierten Schauplätzen ergibt sich dadurch eine malerische Kulisse, die sich der erzählerischen Atmosphäre hervorragend anzupassen weiß.


Einzig wahrlich einschneidende Handlungsmomente und Actionsequenzen, die regelrecht nach einer geringfügig überzeichneten Dramatik lechzen, können aufgrund einer kaum vorhandenen Dynamik nur selten ihr volles Potenzial entfesseln. Einige gewichtige Ereignisse lassen dadurch die emotionale Wucht vermissen, wirken sie durch oftmals viel zu langsame und eindimensionale Kamerafahrten und visuell limitierte Bewegungsabläufe eben doch ein wenig steif. Und obwohl sich solche Momente in Grenzen halten und mich aufgrund einer jederzeit vorhandenen Grundqualität nicht aus dem Geschehen reißen, konnte ich diesen Schönheitsfehler kaum übersehen.


Sobald jedoch die anmutigen Klänge des Komponisten Akira Senju (viele Anime-Fans werden ihn für seine musikalische Arbeit an Fullmetal Alchemist: Brotherhood insgeheim vergöttern) erklingen, stelle ich fest, dass es sich hierbei tatsächlich nur um Meckern auf höchstem Niveau handelt und Triangle Strategy nicht nur bei der Handlung, sondern eben auch bei der audiovisuellen Präsentation zahlreiche Einzelteile zu einem beeindruckenden Ganzen zusammengefügt hat. Die englische Sprachausgabe kann mit diesem hohen Niveau nicht gänzlich mithalten, wirken einige Sprecher mit ihrer markanten Aussprache in diesem mittelalterlichen Szenario doch ein wenig deplatziert, immerhin steht das japanische Original als rundum gelungene Alternative zur Verfügung, um auch diesen Makel zu begradigen.



Quadratische Konfliktbewältigung


Nun habe ich den narrativen Aspekt von Triangle Strategy in aller Ausführlichkeit vorgestellt, diesem sogar ungefähr die Hälfte meines Tests gewidmet. In erster Linie ist dieser Umstand der simplen Tatsache geschuldet, dass die Haupthandlung tatsächlich den eigentlichen Kern und somit auch Großteil des Abenteuers ausmacht, eine Positionierung als Visual Novel also wahrlich Sinn gemacht hätte – denn die spielerische Komponente spielt eher eine sekundäre Rolle. Sobald diese dann aber ins Rampenlicht treten darf, eröffnet sich mir ein angenehm zugängliches Kampfsystem, dass sich durch taktischen Tiefgang und strategische Möglichkeiten dann aber doch herrlich vielschichtig präsentiert und somit automatisch zur willkommenen Abwechslung zwischen den gelegentlich ausschweifenden Konversationen avanciert.


In den rundenbasierten Kämpfen muss ich meine Helden durch Schachbrett-Schlachtfelder lotsen, hüpfe also nicht völlig frei und unbeschwert durch die Gegend herum, sondern bewege mich innerhalb einer vorgegebenen Schrittanzahl von Feld zu Feld. Ziel ist es dabei, mich den gegnerischen Einheiten zu nähern und diese mit Schwert, Bogen, Magie oder anderen Haudrauf-Instrumenten möglichst rasant in die Knie zu zwingen – ob nun mit schmerhaften Standardhieben oder mit wuchtigeren Spezialattacken. Zusätzlich darf ich verwundeten Recken mit einem Heilspruch wieder auf die Beine helfen und ihnen sogar temporäre Boosts der wichtigsten Statusattribute verpassen. Klassiker des RPG-Genres.


Allerdings sollte man nicht blind die Offensive suchen und unüberlegt den kürzesten Weg in Richtung einschlagen. Eine Lektion, die ich zu Beginn des Tests auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad schonungslos lernen musste. In Triangle Strategy ist die korrekte Truppenplatzierung nämlich überlebenswichtig, kann diese doch ein anfangs positiv verlaufendes Duell doch binnen kürzester Zeit gnadenlos auf den Kopf stellen. Eröffne ich meinen Widersachern durch einen misslungenen Zug nämlich die Möglichkeit, in der anschließenden Runde meinen Rücken ins Visier zu nehmen, folgt gerne kritische Kloppe, die mich dem unfreiwilligen Bildschirmtod zudem gefährlich nahebringen kann.


Erfreulicherweise steht dieses Ausnutzen einer abwehrlosen Schwäche nicht nur dem Feind, sondern auch mir zur Verfügung. Dementsprechend behalte ich neben meinen Truppen auch die Umgebung im Auge und versuche, mich möglichst geschickt am gegnerischen Verteidigungsriegel vorbeizubewegen, um mein Wunschfeld zu erreichen und das Gefecht möglichst schnell und effektiv für mich zu entscheiden. Und da auch das Terrain einen wichtigen Faktor darstellt, immerhin können mir die elementaren Ausrichtungen Vor-, aber auch Nachteile einbringen, wird dem Zusammenstellen meines Schlachtplans eine weitere, unverzichtbare Variable hinzugefügt.


Anfänger kann Triangle Strategy dadurch sicherlich zunächst überfordern, führt der direkte Weg doch nur selten zum Ziel, weshalb bereits kleinste Fehler schonungslos bestraft werden. Hier zahlt sich jedoch die dominierende Rolle des erzählerischen Parts aus: Denn neben den handelsüblichen Schwierigkeitsstufen steht zudem der Story-Modus zur Verfügung, mit dem Entwicklerstudio Artdink unerfahrenen Taktik-Muffeln die Option bietet, die Herausforderung direkt auf ein zu bewältigendes Minimum zu senken, damit diese sich ohne strapaziöse Konflikte gänzlich auf die Geschichte konzentrieren können. Und nach einigen Spielstunden dann vielleicht doch den Mut fassen, die sicheren Gefilden temporär zu verlassen und das angeeignete Können ohne Hilfestellung auf die Probe zu stellen.



Strategische Teamzusammenstellung


Logischerweise dürfen dann auch die weiteren unverzichtbaren Punkte des kleinen RPG-Einmaleins nicht fehlen, wobei auf dem Schlachtfeld verdiente Erfahrungspunkte und Goldmünzen eine wichtige Rolle spielen. Denn im Laufe des Abenteuers darf ich neue Rekruten in meinen Reihen begrüßen und diese im Anschluss trainieren, ihnen neue Spezialfähigkeiten beibringen oder sie mit neuen Waffen und Ausrüstungsgegenständen versehen. Wer in seiner Gaming-Historie bereits einmal dem nächsten Stufenanstieg hinterherjagen durfte, benötigt keine weiteren Erklärungen.


Da die Plätze in meiner aktiven Einheit jedoch streng limitiert sind, animiert mich Triangle Strategy abermals zum wohlüberlegten Taktieren. Wie viele Nah- und Fernkämpfer sowie Magier und Heiler brauche ich in meiner Gruppe? Gibt es eine beim örtlichen Händler käuflich erwerbbare Fähigkeiten, die meine Erfolgschancen um ein Vielfaches erhöhen? Und welche Waffen sollte ich beim Schmied unbedingt in Auftrag geben? Gefühlt nach jedem Gefecht stellte ich mir diese Fragen, analysierte brenzlige Situationen, um diese direkt an der Wurzel packen und vollständig ausmerzen zu können. Beim Vereinen eines Kontinents darf man sich immerhin keinerlei Fehler erlauben.


Die Vorbereitung auf die kommenden Schlachten stellt den zentralen Knotenpunkt aller spielerischen und auch erzählerischen Elemente dar. Habe ich nämlich durchschaut, in welche Richtung mit meine zuvor getroffenen Entscheidungen führen, welche tapferen Kämpfer mir diese an die Seite stellen, kann ich mir Gedanken über das zu erwartende Terrain und die Schwächen der gegnerischen Einheiten machen und meine eigene Truppenkonstellation dahingehend modifizieren. Und da sogar kleinste Feinjustierungen manchmal über Sieg und Niederlage entscheiden können, sollte man Zeit, Ruhe und vor allem viel Geduld mitbringen, um dem zusammengestellten Team das finale i-Tüpfelchen zu verpassen.


Leider verliert Triangle Strategy im bereits erwähnten Story-Modus diese Notwendigkeit, reichte es beim Test doch schon aus, einfach die Erfahrungspunkte zu kassieren und zumindest die Grundpfeiler des Kampfsystems, vor allem den schmalen Grat zwischen Off- und Defensive, zu verinnerlichen. Allein deshalb sollten Neueinsteiger die Hilfsräder nach den ersten Auseinandersetzungen vorsichtig entfernen und mit dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad zumindest eine gewisse Herausforderungen hinzufügen – allein das Erfolgserlebnis beim erfolgreichen Umsetzen einer eigens zusammengestellten Strategie ist es wert.



Ein weiter Weg für Komplettionisten


Nach knapp 50 Stunden endete mein erster Marsch durch Triangle Strategy beim Abspann, wobei ich mir für das Erkunden der zahlreichen Schauplätze, Gespräche mit der Bevölkerung, und das Verbessern meiner Einheiten ausreichend Zeit gelassen hatte und auch auf das Überspringen handlungsrelevanter Zwischensequenzen und Dialoge verzichtete. Welches Ende ich schlussendlich erreicht hatte? Aus Spoilergründen spare ich mir lieber die Antwort.


Doch mir wurde schnell bewusst, dass ein weiterer Durchgang förmlich vorprogrammiert war, fielen mir doch spontan etliche Situationen, in denen eine alternative Entscheidung den weiteren Verlauf in eine völlig andere Richtung geführt, das Schicksal ausgewählter Charakter regelrecht auf den Kopf gestellt hätte. Zudem schien ich die goldene Route, den Pfad zum wahren Ende (ein weiterer Kandidat des RPG-Einmaleins) verpasst zu haben, wollte diesen bei der zweiten Runde nun also beschreiten, um der Geschichte von Serenoa, Frederica, Ronald und Co. einen fulminanten, da von den Entwickler höchstpersönlich scheinbar als ideal gewerteten Abschluss zu verpassen.


Möchte ich also wirklich jeden erzählerischen Stein umdrehen, alle Dialoge ausreizen, Rekruten kennenlernen und Rivalen bekämpfen, darf ich gut und gerne über 100 Stunden einplanen. Triangle Strategy schafft es allerdings, ein solches Vorhaben nicht etwa zu einem ermüdenden Pflichtprogramm, sondern zu einer ebenso unterhaltsamen wie auch motivierenden Jagd nach dem bestmöglichen Ausgang einer heiklen Situation, nach einer ausgefeilten Strategie für alle kämpferischen Fälle.


Dass die spielerische Komponente im direkten Vergleich mit dem Handlungspart den Kürzeren zieht, sich vielmehr als Appendix einer epischen Saga bezeichnen darf, erfordert von Interessenten gewiss die richtige Erwartungshaltung, stellt schlussendlich jedoch keine wirkliche Problematik dar. Square Enix und Artdink haben ihre Prioritäten bewusst gesetzt und damit ein packendes Abenteuer erschaffen, das nicht nur mit seiner zugänglichen Komplexität, sondern auch mit vielschichtigen Charakteren, packenden Ereignissen, schockierenden Wendungen und erwachsenen Themen zu fesseln weiß. Bleibt also nur zu hoffen, dass aus dieser Kooperation noch weitere Genre-Perlen entspringen, die neben meinem taktischen Können auch meine Gesinnung auf die Probe stellen.


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Fazit


Bereits beim ersten Anspielen eroberte Triangle Strategy mein Gamerherz im Sturm. Dabei waren es nicht nur die taktisch vielschichtigen Kämpfe oder zahlreichen Verbesserungsmöglichkeiten, sondern vor allem die unglaublich ambitionierte Haupthandlung, die mich erbarmungslos in ihren Bann zog. Gekonnt erzählen Square Enix und Artdink eine faszinierende Geschichte über einen im Kern gespaltenen Kontinent, dessen letzte Hoffnung auf den Schultern eines jungen Herrschers und seinen treuen Gefolgsleuten liegen. Und entfachen dabei ein narratives Feuerwerk, das trotz aller Charaktere, Begrifflichkeiten und Wendungen durchweg verständlich bleibt – sofern man sich vollends darauf einlässt.


Dabei ist die korrekte Erwartungshaltung existenziell. Anstatt eines waschechten Strategie-Rollenspiels bekommt man hier nämlich ein Visual Novel mit spielerischer Dreingabe präsentiert, verbringt einen Großteil der Gesamtspielzeit also mit dem Verfolgen etlicher Konversationen und trifft zudem teils folgenschwere Entscheidungen, die nicht nur den weiteren Pfad, sondern sogar das eigentliche Ende bestimmen können. Mehrere Durchgänge bieten sich also definitiv an.


Lese- und Taktikmuffel sollten vor einem potenziellen Kauf dementsprechend vorsichtig sein, bekommen mit einer weiterhin im Nintendo eShop verfügbaren Demo aber immerhin die Chance, vorher in das Abenteuer hineinzuschnuppern. Solch einen Schritt kann ich allen skeptischen Switch-Besitzer nur wärmstens empfehlen, muss man die fantastische Kombination aus epischer Story, anschaulicher Präsentation und taktischem Gameplay und vor allem die daraus resultierende dichte Atmosphäre doch am eigenen Leib spüren, um die Reise nach Norzelia bereitwillig anzutreten. Genre-Freunde kommen derweil prinzipiell nicht an Triangle Strategy vorbei und sollten direkt nach Beenden dieser Zeilen einen wichtigen strategischen Zug umsetzen: Dieses Erlebnis in die heimische Videospielsammlung holen!

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