Klonoa Phantasy Reverie Series

Nostalgischer Videospielsprung in die Jump'n'Run-Vergangenheit.


Meine Gaming-Jugend war von ikonischen Publisher-Maskottchen mit einzigartigen Hüpffähigkeiten geprägt. Ob nun Nintendos Mario oder (zur damaligen Zeit noch) Sonys Crash Bandicoot, gefühlt täglich übernahm ich die Kontrolle über meine virtuellen Helden und versuchte, diese möglichst unbeschadet über klaffende Abgründe und an angriffslustigen Gegner vorbei zu lotsen.


Und obwohl ich Namcos Katze-Hase-Hybrid Klonoa ebenfalls auf meinem Radar hatte, kreuzten sich unsere Wege weder beim PS1-Erstling Door to Phantomile (1997) noch beim PS2-Sequel Lunatea's Veil (2001). Ein Versäumnis, das ich definitiv bereute, aufgrund knapper zeitlicher Ressourcen allerdings hinnehmen und sogar das 2008 veröffentlichte Remake des Debüt-Titels überspringen musste. Ein schwerer Fehler, den ich nach etlichen Jahren allerdings endlich aus der Welt schaffen konnte!


Im Zuge der unaufhörlichen Revival-Welle entschloss sich Bandai Namco nämlich, auch Klonoa aus der unfreiwilligen Rente zu holen und beide Jump'n'Run-Sausen rundum aufgefrischt und mit Remaster-Umhang ausgestattet in die aktuelle Konsolengeneration zu tragen. Doch ob das auf den Namen Klonoa Phantasy Reverie Series getaufte Erlebnispaket den Charme und Unterhaltungswert der Klassiker tatsächlich einfangen kann oder inmitten eines regelrechten Nostalgie-Strudels chancenlos untergeht, möchte ich für euch in meinem Test herausfinden.


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Traumrettung mit einem emotionalen Twist


Obwohl ich mit den farbenfrohen Abenteuern von Klonoa bisher kaum in Berührung gekommen war, waren meine Erwartungen zu Beginn des Tests relativ hoch. Kein Wunder, erfreuten sich doch beide Titel nicht nur einer Vielzahl enorm positiver Bewertungen, sondern konnten zugleich eine loyale Fangemeinde aufbauen, die sich noch bis zum heutigen Tag lautstark nach einem weiteren und somit die Trilogie abschließenden Sequel sehnen.


Und tatsächlich konnten mich sowohl Door to Phantomile als auch Lunatea's Veil dank ihrer unerwarteten Rolle des Handlungswolfs im Unschuldspelz bereits frühzeitig überraschen. Schien sich die narrative Ebene anfangs nämlich noch auf die altbekannte, in den 90er aber oftmals verwendete „Bösewicht taucht auf und will den Frieden stören. Halte ihn auf!“-Formel zu beschränken, gesellen sich vor allem im späteren Verlauf weitere emotionale Facetten hinzu, die ich in dieser Form nicht erwartet hätte.


Natürlich verwandelt sich das Ganze zu keinem Zeitpunkt zum dramatischen Overkill, bewegt sich also brav im Rahmen der kinderfreundlichen Präsentation, reizt dessen Grenzen allerdings angenehm aus, um sich erzählerisch von der Masse abzuheben und den handelsüblichen Weltrettungs-Plot vom Alibi-Dasein zu befreien. Besonders erfreulich: Im Zuge dessen bekommt auch der namensgebende Held bei seiner Rettung der Traumwelt einige charakterlichen Ecken und Kanten sowie eine spannende Hintergrundgeschichte verpasst, wirkt dementsprechend ebenfalls nicht wie ein seelenloses Maskottchen.


Einzig die grundlegende Präsentation wurde vom Zahn der Zeit spür- und sichtbar angeknabbert. Während die Vielzahl an Zwischensequenzen und liebenswerten Dialogen sicherlich liebenswert sind, lassen diese oftmals die notwendige Dynamik vermissen, um mich vollends mitzureißen, die Tragweite der aktuellen Ereignisse auf meine Gedankenwelt zu übertragen. Sicherlich mag es sich hierbei um Meckern auf hohem Niveau handeln, liegt die Erstveröffentlichung beider Titel immerhin über 20 Jahre zurück und macht eine gewisse inszenatorische Staubschicht also unvermeidlich. Dennoch hätte die verantwortliche Videospielschmiede Monkey Craft den Staubwedel zumindest ausgewählt schwingen dürfen, um ein wenig erfrischenden Pepp Klonoas Eskapaden zu bringen.



Kleine Risse im bunten Remaster-Teppich


Zumindest sind diese Bemühungen augenscheinlich in das Aufpolieren des visuellen Gesamteindrucks geflossen. Anstatt sich nämlich gemütlich auf den PS2- und Wii-Fassungen auszuruhen und diesen höchstens minimalen Feinschliff zu verpassen, investierte Monkey Craft ausreichend Zeit und Leidenschaft, wodurch dem aufgeweckten Helden ein mehr als zufriedenstellender Sprung in die HD-Welt gelingt.


Während die bereits monierte Dynamik auch dem grafischen Aspekt einige Hindernisse in den Weg wird, werden diese durch schicke Charaktermodelle und kunterbunte Welten voller liebevoller Details problemlos übersprungen. Das hohe Alter mag man Door to Phantomileund Lunatea's Veil dabei zwar strenggenommen weiterhin ansehen, verliert diesen marginalen Mangel nach dem erfolgreichen Eintauchen in die fantasievolle Atmosphäre allerdings schnell aus den Augen und erfreut sich lieber an den kleinen Besonderheiten, die jedem Schauplatz ein fantastisches i-Tüpfelchen verpassen.


Vor dem Passieren der positiven Technik-Ziellinie gerät die Klonoa Phantasy Reverie Series leider dennoch ins Straucheln. Primär ist der Umstand der Framerate zu verdanken, die das Ziel von 60fps auf der Nintendo Switch meistens halten kann, sich gleichzeitig jedoch auch einige herbe Einbrüche leistet. Sicherlich mag die Grenze zur Unspielbarkeit dadurch niemals überschritten werden, nichtsdestotrotz gerät dadurch der für das Genre enorm wichtige Flow temporär ins Stocken und riss mich während des Testens stellenweise sogar aus dem Geschehen.


Glücklicherweise hat Monkey Craft es trotz solcher Ausrutscher geschafft, eine wundervoll wohlige Atmosphäre auf die Beine zu stellen, die nicht nur den 90er-Jahre-Videospielcharme perfekt einfängt, sondern zugleich eine prächtige Jump'n'Run-Kulisse bildet. Dadurch lassen sich die eben erwähnten Schnitzer gerade noch so verschmerzen, weshalb man die deutlich dominanteren Stärken in vollen Zügen genießen und zugleich hoffen kann, dass in einem zukünftigen Patch nochmal das Framerate-Bügeleisen ausgepackt wird.



Jeder Wurf ein Doppelsprungtreffer


Wurden beim technischen Part der Klonoa Phantasy Reverie Series noch einige Stellschrauben nachgezogen, verlässt man sich beim Gameplay vollends auf den Status quo der beiden Klassiker – und trifft damit vor allem für Fans der ersten Stunde die einzig richtige Entscheidung.


Infolgedessen ist es wenig überraschend, dass man sich an dieser Stelle mit einer gewissen Simplizität anfreunden muss, folgten waschechte Jump'n'Run-Titel der Vergangenheit doch allesamt dem gleichen, schlichten Muster. In Door to Phantomile und Lunatea's Veil steuere ich Klonoa durch zahlreiche zweidimensionale Level, denen durch grafische Kniffe ein netter 3D-Look verpasst wird. Meine Aufgabe: Den Helden lebendig von A nach B zu bringen und dabei nicht nur einige Sprungeinlagen überstehen, sondern zugleich lauernde Feinde in die Knie zu zwingen.


Diesen unliebsamen Schergen springe ich nicht etwa auf den Kopf oder vermöble sie mit einer märchenhaften Traumwaffe, sondern greife sie mir per Knopfdruck und missbrauche sie anschließend als tödliches Wurfgeschoss. Alternativ darf ich diese zudem als Doppelsprunghilfe nutzen und damit zuvor unerreichbare Ebenen erklimmen. Kein revolutionäres, durch eine gekonnte Integration und einen hervorragenden Einsatz aber dennoch unverzichtbares Element, das die Differenzierung von den zahlreichen Genre-Kollegen nochmals vereinfacht.


Daraus resultiert dann tatsächlich auch ein enorm hoher Wiederspielwert, der die Gesamtspieldauer des Klonoa-Duos problemlos verdoppelt. Versteife ich mich nämlich nicht stur auf das Ablaufen der linearen Strecke, sondern nutze meine einzigartigen Sprungfähigkeiten zur ausführlichen Erkundung des aktuellen Schauplatzes, entdecke ich nicht nur zahlreiche Geheimnisse, sondern auch eine Reihe kostbarer Sammelgegenstände, die sogar völlig neue Level freischalten. Und da einige Verstecke nur mit ein wenig Fingerspitzengefühl und Kreativität enthüllt werden können, dürft ihr euch auf eine angenehme Prise Herausforderung freuen.


Unfreiwillig wird diese kleine Nebenmission dann auch zum kleinen Lebensretter der Klonoa Phantasy Reverie Series. Abseits einen geringfügigen Anstiegs des Schwierigkeitsgrades in Richtung Finale kann sich das ohne Frage amüsante, insgesamt aber eben doch enorm simple Gameplay einer gewissen Monotonie kaum erwehren, kann dadurch vor allem Neulinge schnell ein wenig langweilen. Ein Problem, das durch die anspruchsvolle Jagd nach glänzenden Boni nicht gänzlich, aber ausreichend aus der Welt geschafft wird, um den Abspann beider Abenteuer höchst motiviert zu erreichen.



Fragwürdige DLC-Auskopplung


Leider birgt die Reise in die Videospielvergangenheit auch einige Gefahren, waren ausschweifende Abenteuer doch eher eine Seltenheit, wodurch die Gesamtspielzeit nur selten in den zweistelligen Bereich rutschte. Die Klonoa Phantasy Reverie Series stellt hierbei keine Ausnahme dar: Konzentriert ihr euch ausschließlich auf das möglichst rasante Erreichen des Levelendes, lassen sich Door to Phantomile und Lunatea's Veil in unter zehn Stunden beenden, wobei das Abschließen aller optionaler Aufgaben das Ganze auf insgesamt 15-20 Stunden hochschrauben kann. Sicherlich kein Umfang-Monster, jedoch genau die richtige Menge, um den Monotonie-Bogen nicht zu überspannen. Ein unliebsames Abrutschen in die Langeweile wird also nicht riskiert.


Umso enttäuschender gestaltet sich nun aber die Tatsache, dass abseits der aufgewerteten Technik kaum nennenswerte Remaster-Bemühungen unternommen wurden, Monkey Craft im Anschluss an diesen Kraftakt also lieber die Beine hochlegte und sich höchstens auf Kleinigkeiten konzentrierte. Ein Koop-Modus? Super! Die Möglichkeit, Zwischensequenzen zu beschleunigen? Ebenfalls sehr willkommen. Eine neue, leichte Schwierigkeitsstufe? Für junge Neueinsteiger ein Segen! Ohne Frage also nette Dreingaben, deren Wert ich an dieser Stelle keineswegs kleinreden möchte.


Klonoa Phantasy Reverie Series soll jedoch die ultimative Sammlung sein, ein gebührendes Geschenk für Fans des glorreichen Helden der Videospielvergangenheit, der nach langer Zeit endlich wieder aus dem Schatten treten und im alten Glanz erstrahlen darf. Und dass beispielsweise freischaltbare Songs oder Konzeptzeichnungen nicht etwa Teil des Hauptspiels sind, sondern für 20€ (!) separat als DLC erworben werden dürfen, hinterlässt einfach nur einen bitteren Nachgeschmack im Mund. Immerhin konnte ich mich dadurch während des gesamten Tests nicht des Gefühls befreien, dass dieser Remaster unvollständig ist, nicht das volle Potenzial entfalten kann.


Da jedoch bereits das Grundpaket ausreichend Inhalt, Qualität und modernen Neuanstrich an Bord hat, darf diese Kritik weder als Verriss noch als Abstempelung zum enttäuschenden Totalausfall, sondern vielmehr als Randnotiz für den Hinterkopf verstanden werden. Streicht man diese Punkte nämlich temporär aus der Gedankenliste, lässt sich Klonoas unverhoffte Rückkehr als ein eleganter und künstlerisch hochwertiger Sprung in die aktuelle Videospielwelt bezeichnen, der allenfalls bei der Landung einige wertungstechnische Punkte lassen muss.


Es bleibt zu hoffen, dass Namco Bandai den hauseigenen Katze-Hase-Helden nun endlich wieder auf dem Radar hat und diesen nicht nach einem kurzen Revival wieder gnadenlos in einen Käfig sperrt. Denn heutzutage braucht das Genre einfach wieder einige ikonische Figuren – und da würde sich ein Klonoa 3 doch perfekt anbieten, oder?


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Fazit


Mit der Klonoa Phantasy Reverie Series präsentieren uns Entwicklerstudio Monkey Craft und Publisher Bandai Namco Entertainment die gelungene, wenn auch nicht perfekte Revitalisierung zweier Jump'n'Run-Klassiker, die trotz kleinerer Schwächen primär Fans der ersten Stunde freudestrahlend an die Konsolen fesseln und in einen farbenfrohen Nostalgie-Trip allererster Güte entführen können.


Bei der aus überraschend ansprechender Handlung, amüsantem Gameplay, angenehmem Umfang und anschaulicher Optik bestehenden Maschinerie wurden immerhin nahezu alle relevanten Zahnräder ausreichend aufpoliert und geölt, um den ungemein unterhaltsamen Abenteuern einen geglückten Sprung in die Videospielmoderne zu garantieren. Gelegentliche Performance-Einbrüche sowie nach einigen Stunden kaum mehr zu ignorierende Monotonie-Anflüge verpassen dem positiven Gesamteindruck sicherlich einige Kratzer, verwandeln sich letztlich aber dennoch zu akzeptablen, da nur selten wirklich störenden Schwachstellen.


Ob dadurch auch die Herzen von Klonoa-Neulingen gewonnen werden können, bleibt zumindest fraglich. Immerhin hat sich das Genre seit der Erstveröffentlichung von Door to Phantomile und Lunatea's Veil stetig weiterentwickelt, dabei viele legendäre Werke hervorgebracht und den Blick zurück dadurch eher zur Alternative, nicht zum Zwang gemacht hat. Vielleicht reicht es aber schon, wenn die Klonoa Phantasy Reverie Series den titelgebenden Helden wieder auf den Gamer-Radar zurückholt und uns die Brillanz seines frühen Treibens wieder in Erinnerung ruft, um die eingeschlafene Beliebtheit wieder anzukurbeln und vielleicht sogar ein Sequel zu ermöglichen. Trotz der zwischenzeitig erstarkten Konkurrenz hätte es die ikonische Reihe nämlich definitiv verdient.

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