NBA 2K23 [New-Gen]

Eine hingebungsvolle Basketball-Zeitreise voller unvergesslicher Helden und Momente.


Anfang 2022 schaute ich auf die Liste bereits angekündigter Videospiele des laufenden Jahres und wurde beim September kurzzeitig stutzig. Denn obwohl ich normalerweise zumindest eine gewisse Vorfreude auf das 2K-Jahresupdate verspürte, hatte ich NBA 2K23 tatsächlich vollkommen vergessen und konnte auch nach dieser Entdeckung kaum in den Hype-Modus schalten. War meine lodernde Leidenschaft für die Reihe etwa erloschen? Hatte mich die Franchisemüdigkeit erwischt? Fragen, die ich im Juli mit einem lautstarken Nein! beantworten konnte.


Mit der offiziellen Ankündigung des Nachfolgers präsentierten Publisher 2K und Entwicklerstudio Visual Concepts nämlich nicht nur die sagenhafte Legende Michael Jordan als Coverstar, sondern vermeldeten gleichzeitig die Rückkehr der fantastischen Jordan-Challenge, in der zeitlose ikonische Momente der Sportikone nacherlebt werden dürfen. Schlagartig schoss meine Hype-Kurve in die Höhe, nun konnte ich den Release urplötzlich gar nicht mehr erwarten, konnte sich hinter diesem nostalgischen Modus doch DAS Serienhighlight der letzten Jahre verbergen.


Doch ob NBA 2K23 ohne große Zusatzbemühungen einfach nur Michael Jordan als perfekten Grund für den Kauf der diesjährigen Basketballsause in den Vordergrund schiebt oder noch an anderen Fronten mit ordentlichen Nachbesserungen und sinnvollen Erweiterungen punkten kann, möchte ich euch in diesem Test verraten – und habe mich dafür auf den virtuellen Court gewagt!


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Und die Menge jubelt...


Jedes Jahr nehme ich mir mit Blick auf die nahende NBA 2K-Veröffentlichung felsenfest vor, meinen üblichen Review-Ablauf komplett aufzubrechen und dadurch eine alternative Herangehensweise an die neue Basketballsimulation aus dem Hause 2K zu finden, um dem Niederschreiben meiner Gedanken eine gewisse Leichtigkeit, vielleicht sogar einen abwechslungsreichen Touch zu verpassen – ein Vorhaben, das nach dem mittlerweile sechsten Test eines Serienablegers zur regelrechten Pflicht wird. Trotz aller Bemühungen endete die Suche nach einer neuen Perspektive allerdings dennoch in der mir nur allzu gut bekannten, aber eben auch ungeheuer verführerischen Sackgasse: Dem direkten Sprung in ein im Vergleich zum Vorjahr hoffentlich bedeutend packenderes Match.


Eine Entscheidung, die mir beim Verfassen dieser Zeilen ohne Frage einige zusätzliche Komplikationen brachte, die ich im Nachhinein jedoch keineswegs bereue. Denn dieses Gefühl, die heimische Soundanlage voll aufzudrehen, die authentische Stadionatmosphäre zu verinnerlichen, jedes noch so kleine Detail in den Zeitlupen zu begutachten und die fotorealistische Pracht anzuhimmeln, ist einfach nur unbeschreiblich. Es ist ein Gefühl, das Entwicklerstudio Visual Concepts in den letzten Jahres zuverlässig in mir wecken und mit technischen Fortschritten stetig ausschmücken, die begeisternde Wirkung somit maximieren konnte. Und diese Wirkung auch bei NBA 2K23 nicht verfehlt.


Die Menge jubelt, die Werbetafeln spiegeln sich auf dem glänzenden Parkett, die Kommentatoren bieten ein informatives Sprüche-Feuerwerk und die Spieler auf dem Feld machen sich unter körperlicher Anstrengung auf die Jagd nach den begehrten Punkten. Beschreibe ich hier nun eine Live-Übertragung oder ein virtuelles Duell? Schwer zu sagen, verschwimmt die Grenze zwischen den beiden nun doch noch etwas mehr und eröffnet erneut die Frage, wann die Grenzen des grafisch Möglichen endlich erreicht sind. Geschmeidige Bewegungen, schmerzverzerrte Gesichter, fein ausgearbeitete Bärte und Schweißausbrüche garantieren derweil vor allem während Nahaufnahmen den wichtigen WOW-Moment, von der die Reihe (in optischer Hinsicht) lebt.


Luft nach oben ist zwar weiterhin vorhanden – einige Animationsübergänge wirken immer noch merkwürdig holprig, rasante Framerate-Halbierungen in Wiederholung und Schlüsselmomenten wirken irritierend und nicht alle Charaktermodelle durften vom Fotorealismus-Kuchen naschen –, dennoch hat Visual Concepts die aktuelle Konsolengeneration im Laufe des letzten Jahres sichtbar besser kennen- und einige neue Tricks dazugelernt, um die Hardwarestärken überlegt einsetzen zu können. Es bleibt also spannend, welche grafischen Sprünge uns in Zukunft erwarten werden oder wir das Limit eventuell bereits erreicht haben.



Neue Features, neue Strategien


Kaum war ich aus dem Staunen herausgekommen (ja, das dauerte tatsächlich eine Weile), konnte ich mich dem nächsten Punkt auf meiner NBA-Checkliste zuwenden: dem Gameplay! Immerhin justiert Visual Concepts erfahrungsgemäß nicht nur ausgewählte Technik-Stellschrauben nach, sondern macht sich auch im spielerischen Bereich auf die Suche nach sinnvollen Verbesserungsmöglichkeiten – und landet bei NBA 2K23 dabei den einen oder anderen Dreipunktewurf.


Das perfekte Stichwort, liegt in den Würfen doch die erste gewichtige Neuerung begraben. Durch das Hinzufügen von Attributen, neuen Animationen und einer Anzeige werden diese nun noch authentischer, fällt das erfolgreiche Treffen mit einem geübten Spieler und dem richtige Timing nun doch bedeutend einfacher aus. In der Hitze des sportlichen Gefechts kann das korrekte Auffüllen des bei Würfen eingeblendeten Bogen dennoch zur kleinen Herausforderung werden, wodurch ich zum Anpassen und Optimieren meines eigenen Stils animiert werde.


Da ich bisher bewusst auf pfeilschnelle Sprints und ein blindes Ausdribbeln der Verteidigung gesetzt hatte, stand dieser Schritt prinzipiell auf der obersten Stelle meiner Agenda. Hauptverantwortlich dafür sind die Adrenalin-Boosts, die in NBA 2K23 ihren Einstand feiern und unter der Ausdaueranzeige angezeigt werden. Pro Spieler und Ballbesitz stehen mir drei solcher Boosts zur Verfügung, die durch explosive Manöver aufgebraucht werden und mich anschließend mit stark reduzierter Geschwindigkeit und Beschleunigung zurücklassen. Ein weiterer Grund, meine Strategie nicht nur zu verfeinern, sondern punktuell komplett zu überdenken.


Dank der überarbeiteten Computer-KI darf ich dann auch direkt in der Praxis ausprobieren, ob meine taktischen Umstellungen von Erfolg gekrönt sind oder weitere Anpassungen benötigt werden. Im direkten Vergleich zum Vorjahr reagieren meine Gegenspieler beim Angreifen und Verteidigen nun nämlich spürbar dynamischer, lassen sich also nur sehr selten simpel austricksen. Kleinere Aussetzer sind zwar weiterhin vorhanden, stellen nun allerdings die Ausnahme der funktionierenden Regel dar und unterstreichen damit, dass auch ich meine Deckung zu keinem Zeitpunkt fallen lassen darf.


NBA 2K23 scheint sich bewusst nicht als wegweisende Revolution, sondern höchstens als auffrischender Neuanstrich des bereits bestehenden Konstrukt zu verstehen. Denn erneut sind es nicht die einzelnen, sondern vielmehr die Summe aller spielerischen Verbesserungen, die das Gameplay auf ein neues Niveau heben und frühere Kritikpunkte elegant glattbügeln. Natürlich eröffnen sich vor allem durch die brandneuen Features weitere Schwachstellen, insgesamt dribbelt Visual Concepts mit dieser Runde aber in die richtige Richtung und kann etwaige Schwächen bereits im nächsten Jahr effektiv ausmerzen.



Wenn Rivalität zum Motivationstreibstoff wird


Nach den ersten Runden war ich direkt wieder im Basketball-Kosmos angekommen, konnte mich kaum vom Controller lösen und wanderte folglich direkt zum Karrieremodus weiter, um neben den Gameplay- auch die Storytelling-Fähigkeiten des diesjährigen Simulationsausflugs zu analysieren. Und auch hier begrüßte mich NBA 2K23 mit einer Überraschung: Dieses Mal stehen nämlich nicht nur meine sportlichen Fähigkeiten im Fokus, auch der Image-Aufbau spielt eine wichtige Rolle.


Zunächst erstelle ich via Mein PLAYER mein talentiertes Alter Ego mitsamt optischer sowie spielerischer Besonderheiten und tauche anschließend in eine insgesamt relativ oberflächliche, dank einer filmreifen Inszenierung aber dennoch spannende Handlung. Diese verzichtet auf das übliche Ich habe große Träume und will hoch hinaus-Vorgeplänkel, sondern setzt direkt beim Draft ein, wobei ich mein favorisiertes Team selbst auswählen darf. Anschließend beginnt jedoch die eigentliche Herausforderung: Denn in der gnadenlosen Basketballwelt muss ich nicht nur regelmäßig mein Können unter Beweis stellen, sondern gleichzeitig auch Interviews, Social Media und meinen grundlegenden Style rocken, um meinen Ruf aufzupolieren und mich vom vielversprechenden Talent zur unsterblichen Symbolfigur des Sports zu verwandeln. Leichter gesagt als getan, muss ich mich dabei doch gegen meinen Erzrivalen Shep Owens behaupten, der das Rampenlicht förmlich auf sich zieht – und dieses auf gar keinen Fall mit irgendjemandem teilen möchte.


NBA 2K23 erzählt die Geschichte eines Underdogs, der aus dem Schatten seines direkten Konkurrenten entkommen und dabei die eng anliegenden Fesseln niedriger Erwartungen sprengen möchte. Zugegeben, das narrative Rad wird dabei nicht neu erfunden, werden doch vor allem Film- und Serien-Fans solch ein Handlungskonstrukt bereits unzählige Male verfolgen dürfen. Visual Concepts schafft es allerdings, mich in das Mindset eines solch unterschätzten Spielers zu stecken und weckt dadurch den Wunsch, mich um jeden Preis an die Spitze kämpfen und es allen Neidern zeigen zu wollen. Zwar tanzen einige Dialoge und Zwischensequenzen dabei qualitativ ein wenig aus der Reihe, beschädigen die Wirkungskraft des eigentlichen Karrierewegs aber nur marginal.


Brauche ich dennoch Ablenkung vom stressigen Erfolgsdrang, darf ich auch dieses Jahr wieder einen Abstecher in die Stadt unternehmen, um mir neue Klamotten, einen feschen Haarschnitt oder ein schickes Tattoo zu gönnen. Zusätzlich bewältige ich etliche Quests, nehme an Events teil oder erkunde einfach nur die unterschiedlichen Bezirke, wodurch ich nicht nur die Fähigkeiten meines eigenen Spielers verbessere, sondern auch den Karriere-Modus vorantreibe. Sicherlich gerät Basketball an dieser Stelle leicht aus dem Fokus – vor allem, wenn ich urplötzlich auf der musikalischen Laufbahn durchstarten muss –, bleibt dabei aber durchgängig das Gameplay-Fundament, auf dem das Gesamterlebnis aufgebaut ist.


Daneben fungiert die Stadt in NBA 2K23 als Paradebeispiel dafür, dass 2K und Visual Concepts manchmal eben doch bereit sind, auf die lautstarke Kritik der Fans zu hören – und dabei sogar bewusst gegen den aktuellen Gaming-Trend schwimmen. Anstatt die offene Spielwelt nämlich auf Teufel komm raus zu vergrößern, fällt diese nun insgesamt 30% kleiner aus und bekommt obendrein eine angenehme Schnellreisefunktion spendiert, um die nervtötenden Laufwege des Vorjahres vergessen zu machen. Eine simple, aber ungeheuer komfortable Neuerung, die die Nebenbeschäftigung definitiv aufwertet. Schade, dass damit nicht alle Schwachstellen behoben wurden nun die instabile Framerate für gewissen Unmut sorgt.



Nostalgischer Dunk in Richtung Vergangenheit


Serienkenner wissen, dass wir damit noch lange nicht am Ende der Umfangsliste angekommen sind. Dementsprechend lassen sich neben der Karriere auch in NBA 2K23 noch etliche weitere Modi ausfindig machen, in denen ich nicht nur meine spielerischen, sondern auch meine taktischen Fähigkeiten zur Schau stellen und durch das durchdachte Zusammenbauen eines mächtigen Teams und einer unschlagbaren Strategie zur (zumindest gedanklichen) Basketball-Legende avancieren darf.


Weltbewegende Innovationen spart sich Visual Concepts dabei allerdings und vertraut lieber auf die altbekannte Modi-Zusammenstellung der Vergangenheit. In Mein TEAM stelle ich mit gesammelten Spielkarten meine mächtige Mannschaft zusammen und stelle ihre Durchschlagskraft gegen menschliche Mitspieler unter Beweis, dringe in Meine NBA (der neue Name für Mein GM und Meine LIGA, solltet ihr die Änderung verpasst haben) noch tiefer in die strategische Materie des Sports ein, um mit ausgiebig durchkalkulierten Entscheidungen über Sieg und Niederlage zu bestimmen oder schicke in The W die WNBA-Stars aufs Feld. An unterhaltsamen Nebenbeschäftigungen mangelt es der Simulation also abermals nicht.


Erfreulicherweise braucht ihr keine Copy-Paste-Anfälle zu befürchten, ruhte sich das Entwicklerteam doch nicht einfach nur auf der faulen Haut aus, sondern polierte die bereits bekannten Inhalte gezielt auf, um frühere Kritikpunkte auszumerzen und gewünschte Verbesserungen einzubauen. Neben neuen Koop-Varianten, weiteren Belohnungen und willkommenen Mein-TEAM-Updates, zauberte mir primär der wundervoll erweiterte Franchise-Modus (aka Meine NBA) ein breites Lächeln auf die Lippen. Während ich auf Wunsch nämlich einfach in den gegenwärtigen Liga-Stand einsteigen darf, um meine individuellen Anpassungen und Veränderungen vorzunehmen, stehen mir optional zudem die Magic vs. Bird-, die Jordan- und die Kobe-Ära als spielerischer Startpunkt zur Verfügung.


Es ist ein geschickter Schachzug, der sich in der Praxis als genial erweist. Durch den Sprung in die Vergangenheit wird nämlich nicht nur mein Repertoire an Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten erweitert, sondern gleichzeitig auch meine Leidenschaft für den Sport, seine namhaften Spieler und feine Eigenheit geweckt. In der Zeit zurückreisen und mit den Basketball-Ikonen taktieren zu dürfen macht enorm viel Freude und gestaltet den Neustart nach einer beendeten Saison bedeutend attraktiver. Habe ich nämlich eine Ära abgeschlossen, springe ich einfach zum nächsten Punkt des Zeitstrahls – und beginne mit meiner Strategie vom Nullpunkt.



Wiederholtes Echtgeld-Ärgernis


Könnte ich den Test an dieser Stelle beenden, dürfte sich Entwicklerstudio Visual Concepts stolz auf die Schultern klopfen und einen unanfechtbaren Erfolg feiern. Verbesserte Optik, verfeinertes Gameplay und stattlicher Umfang? Verpflichtende Qualitätsmerkmale eines jährlichen Simulationsupdates, auf die auch NBA 2K23 nicht verzichten muss – dabei aber leider einen unliebsamen Bekannten mitschleppt, auf den ich gerne hätte verzichten können.


Denn auch die oft kritisierten Mikrotransaktionen sind wieder an Bord und haben in puncto Aufdringlichkeit gefühlt eine völlig neue Ebene erreicht. Regelmäßig werde ich darüber informiert, dass mir neue Animationen, Outfits oder sogar ein Upgrade all meiner grundlegenden Statusattribute jederzeit zur Verfügung stehen. Einzige Bedingung: Auf langwieriges Grinden verzichten und direkt die reale Geldbörse öffnen, um Echtgeld in die virtuelle Währung (VC, Virtual Currency) umtauschen und die Karriereleiter damit schneller erklimmen zu können. Eine weiterhin perfide Taktik, die bei vielen NBA-Veteranen sicherlich Kopfschütteln auslösen dürfte, aufgrund der erneuten Integrierung in das Gesamterlebnis aber scheinbar ausreichend zahlungswillige Abnehmer findet.


Prinzipiell könnte ich mit dieser Strategie leben, diese sogar mit einem leichten Schulterzucken akzeptieren. Denn obwohl die Mikrotransaktionsdebatte niemals ein Ende finden und nach ausgiebiger Diskussion einige Vor-, gleichzeitig aber auch viele Nachteile hervorbringt, werden in diesem Fall zumindest keine Gegenstände mit astronomischen Preisen versehen, können also auch auf die „natürliche“ Gaming-Art verdient werden. Bewältige ich Matches nämlich auf einer höheren Schwierigkeitsstufe, beende die Karriere oder stelle mich den täglichen Herausforderungen, fülle ich mein Virtual-Currency-Konto auch ohne den Einsatz von hart verdienten Euros.


Allerdings gestaltet sich dieses Vorgehen auch in NBA 2K23 wieder ungemein langsam, verwandelt das Abarbeiten einer langen Einkaufsliste also zu einer regelrechten Spar-Tortur, die mit fortschreitendem Spielverlauf spürbar an der Motivation, stellenweise gar am eigentlichen Unterhaltungswert knabbert. Die logische Konsequenz: Die Versuchung, vielleicht doch dein einen oder anderen Zusatzkauf zu tätigen, wird beständig größer. Und genau in diesem Moment schwingt meine anfängliche Akzeptanz in eine gewisse Enttäuschung um. Mittlerweile sollte 2K solche Methoden nämlich langsam zurückfahren, die Geldgier zumindest ansatzweise drosseln, um den guten Franchise-Namen nicht nachhaltig in den Dreck zu ziehen und die loyale Community zu vergraulen.



Liebesbrief an den Basketball (und an eine Legende)


Mit dieser Negativität im Hinterkopf war ich bereit, keinerlei Gnade walten und NBA 2K23 trotz zahlreicher Verbesserungen und nennenswerter Stärken wertungstechnisch derbe abzustrafen. Doch dann stolperte ich über eines der ganz großen Highlights des diesjährigen Basketball-Ablegers und erlebte einen Stimmungswechsel, den ich in dieser Form nur selten erlebt hatte. Und wer war dafür verantwortlich? Die Legende Michael Jordan höchstpersönlich!


Denn mit der Jordan-Challenge feiert ein grandioser Nostalgie-Trip durch die Sportgeschichte nach seinem Debüt in NBA 2K11 sein fulminantes Comeback und eröffnet mir die Gelegenheit, insgesamt 15 unvergessliche Matches des sechsfachen NBA-Champions erneut zu erleben. Ob nun die ersten beeindruckenden Schritte während des National Championships 1982, das NBA All-Star Game 1988 mit einer atemberaubenden Trefferquote oder das sagenhafte i-Tüpfelchen einer unerreichbaren Karriere bei den NBA Finals 1998, wirklich alle Momente werden mit einer unglaublichen Detailverliebtheit präsentiert, die mich ebenso wie der grafische Gesamteindruck stetig ins Staunen versetzte.


Ja, das eigentliche Hauptaugenmerk sollte natürlich auf dem Erfüllen unterschiedlicher Ziele liegen, schalte ich mit den dadurch erhaltenen Sternen doch coole Belohnungen frei. Aufgrund der grandiosen Präsentation verlor ich diese Aufgabe allerdings direkt aus den Augen und erfreute mich lieber an den liebevoll eingeflochtenen Einzelheiten, die gemeinsam einen authentischen Basketballteppich ergaben. Eingesetzte Videofiltersysteme erinnern an die Fernsehübertragungen der 90er, der ehemalige Chicago-Bulls-Sprecher Ray Clay darf seine ikonischen Sprüche herausdonnern („Frommm North Carolina... at guard ...6’6" ...Michael Jordannnn!“) und Teamkollegen und Trainer teilen im Pre-Game-Interview einige spannende Anekdoten über die Legende. Und die Liste könnte ich noch lange weiterführen – denn in diesem Modus steckt verdammt viel Liebe.


Versteht mich nicht falsch: Die Kritik an den unliebsamen Mikrotransaktionen wird dadurch nicht gänzlich weggespült, sollte also unbedingt weiterhin ein wichtiges Thema bleiben, damit das Vorgehen bei der Jagd auf das Echtgeld nicht noch aggressiver wird. Dennoch unterstreicht Visual Concepts allein mit der Jordan-Challenge eindrucksvoll, dass NBA 2K23 eben kein lieblos dahingeklatschtes Cashgrab-Update, sondern ein Liebesbrief an den weltweit gefeierten Sport ist, dessen zeitlose Geschichten viele Jahrzehnte später in Erinnerung gerufen werden dürfen.


Dass einige Zeilen dieses Briefs den emotionalen Pfad verlassen und heimtückisch mein Portemonnaie attackieren, ist und bleibt ein kaum zu ignorierender Problempunkt, der auch in Zukunft viel Missmut generieren und die momentan noch vorherrschende Balance ohne Frage zerstören könnte. In dieser Form bietet die Basketballsimulation allerdings ausreichend Optimierungen, Umfang und (vor allem für jahrelange Fans) Nostalgie, um zahlreiche Runden auf dem virtuellen Court rechtfertigen zu können. Nur das Echtgeld sollte man dabei zuvor in unerreichbare Ferne bringen.


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Fazit


In NBA 2K23 verneigt sich Entwicklerstudio Visual Concepts mit einer nostalgischen Zeitreise zu unvergesslichen Momenten der Basketball-Geschichte vor dem atemberaubenden Sport und verfasst dabei gleichzeitig einen mitreißenden Liebesbrief an eine bis zum heutigen Tage (und wohl auch bis in alle Ewigkeit) gefeierte Legende. Kombiniert mit allerlei spielerischen und optischen Verbesserungen und einem abermals beachtlichen Umfang entsteht ein hervorragendes Jahresupdate, das sich die Daseinsberechtigung als Vollpreistitel zwar nicht gänzlich verdienen kann, loyalen NBA-Fans allerdings ausreichend Gründe geliefert, sich mit bestem Gewissen für einen Kauf zu entscheiden.


Primär sind es zum wiederholten Male die mehr als fragwürdigen Mikrotransaktionen, die einem eigentlich köstlichen Simulationsgericht einen ungeheuer bitteren Nachgeschmack verpassen. Können diese in der Gaming-Landschaft nämlich oftmals problemlos als optionales und dadurch eher unwichtiges Beiwerk abgestempelt werden, drängten sie sich mir auch beim diesjährigen NBA 2K-Ableger regelrecht auf, machten gefühlt pausenlos auf sich aufmerksam und versuchten jeden Moment der Schwäche ausnutzen zu wollen, um doch noch weitere Scheine aus meinen Taschen zu schütteln. Und wenn zuvor je nach Edition 80, 100 oder gar 150€ auf den Tisch gelegt wurden, muss solch eine Strategie einfach als unerhörte Dreistigkeit bezeichnet werden.


Könnt ihr euch mit dieser dubiosen Strategie allerdings weiterhin anfreunden und euch dem abgeschwächten, aber weiterhin vorhandenen Grind nach der begehrten virtuellen Währung hingeben, solltet ihr NBA 2K23 ohne Umschweife wuchtig in eure heimische Sammlung dunken. Hinter der düsteren Mikrotransaktionsmaske verbirgt sich nämlich weiterhin eine in vielerlei Hinsicht ebenso grandiose wie auch realitätsnahe Basketballsimulation, die allein dank der phänomenalen Jordan-Challenge erlebt werden muss. Und wer weiß? Wenn alle Fans zugreifen, dabei aber brav auf den Echtgeldeinsatz verzichten, tritt 2K an dieser Stelle vielleicht bereits beim Vorgänger auf die Bremse... Man wird ja wohl noch träumen dürfen...

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