Die generalüberholte Geschichte eines Schafes, das zum kämpfenden Farmer wurde.
Obwohl Bauernhofsimulationen zweifelsfrei einen besonderen Platz in meinem Gaming-Herzen besetzen und meiner Meinung nach ein optimales Abwechslungsprogramm zwischen handlungsgetriebenen AAA-Superblockbustern darstellen, wurde ich mit der Rune Factory-Reihe nie richtig warm. Vielleicht lag es ja am in der Vergangenheit recht stark ausgeprägten 3DS-Fokus, der mich als innigen Konsolenliebhaber kaum ansprach? Oder doch eher am regelmäßigen Story of Seasons (ehemals Harvest Moon)-Nachschub, der diese Genre-Lücke zuverlässig schloss? Den wahren Gründen werde ich wohl auch nach Verfassen dieser Zeilen kaum auf die Schliche kommen.
Allerdings möchte ich mich mit früheren Fehlern überhaupt nicht auseinandersetzen, sondern lieber mein Videospielrepertoire und damit gegebenenfalls sogar meine wohltuende Landwirtschaftssammlung um ein weiteres Franchise erweitern. Ein Glück liegt Publisher Marvelous Europe mit Blick auf die recht namhafte Reihe nicht auf der faulen Haut, sondern versorgt den Markt neben brandneuen Ablegern zusätzlich mit generalüberholten Remastern älterer Veröffentlichungen, die loyale Anhänger reaktivieren und völlige Neulinge generieren sollen. Dementsprechend darf das bereits 2011 in Europa (aber nie offiziell in Deutschland) erschienene Rune Factory 3 mitsamt dem Namensanhängsel Special über ein Jahrzehnt später eine kleine Renaissance feiern und unter Beweis stellen, weshalb die Fans diese außergewöhnliche Kombination aus Simulation und Action-RPG lautstark feiern.
Doch brachte diese Mischung den erhofften Farm-Funken dann auch bei mir zum Überspringen? Oder stellten sich die zahlreichen Alternativen eher als unüberwindbares Überzeugungshindernis heraus? Fragen, die mich zu Beginn meines kleinen Test-Marathons stetig begleiteten – und nach unzähligen Abenteuern, amüsanten Momenten und Spielstunden dann auch endlich mit einer aussagekräftigen Antwort beschenkt wurden.
Kuscheliger Protagonist mit altbekannter RPG-Krankheit
Hasst ihr es nicht auch, wenn es blitzt, donnert und neben nervigem Dauerregen sogar noch monströse Schafe vom Himmel fallen? Für die junge Shara scheint solch ein verwunderliches Phänomen kein nennenswertes Problem darzustellen. Kaum entdeckt sie vor ihrem Haus nämlich das merkwürdige und in Ohnmacht gefallene Wesen, zieht sie es kurzerhand in ihre sicheren vier Wände, um eine schnelle Heilung zu garantieren. Doch die wohl größte Überraschung bleibt ihr am nächsten Morgen gänzlich verborgen: Denn urplötzlich verwandelt sich das wundersame Schaf in den jungen Micah, der nicht nur als das zentrale Mysterium, sondern auch als Protagonist von Rune Factory 3 Special fungiert.
Natürlich leidet Micah an akuter Amnesie – immerhin handelt es sich dabei auch heutzutage um eine in der RPG-Landschaft weitverbreitete neurologische Krankheit – und kann weder sein wolliges Alter Ego noch seinen Sturz ansatzweise erklären. Umso erfreulicher, dass sich Shara nicht nur um durchnässte Schafe, sondern auch um verwirrte Fremde kümmert und ihm das holzige Domizil inmitten des imposanten Scharanzbaumes als temporäre Bleibe anbietet. Im Gegenzug soll Micah die verwilderten Felder pflegen und allerlei Nutzpflanzen säen, um den Bewohner der kleinen Stadt Scharanz damit unter die ernährungstechnischen Arme zu greifen. Gerade beim aktuellen Wohnungsmarkt hört sich das Ganze doch nach einem enorm fairen Deal an.
Schnell muss der Neuankömmling jedoch erkennen, dass bei seinem neuen Leben nicht nur die Pflege, sondern auch die Verteidigung seines Feldes eine entscheidende Rolle spielt. Hauptverantwortlich dafür sind garstige Monster, die gerne in den Angriffsmodus schalten und mit allerlei Waffen direkt in den Wald der Anfänge zurückgeschickt werden müssen. Weshalb deren Konflikt mit den Menschen vor Urzeiten entflammt ist und Frieden in unerreichbarer Ferne liegt? Ein weiteres Rätsel, dem sich Micah unbedingt annehmen möchte, damit nicht nur die unmöglich erscheinende Wiedervereinigung beider Völker erreicht, sondern auch seine eigenen Gedächtnislücken geflickt werden können.
Doch obwohl Rune Factory 3 Special bereits in den ersten Minuten zahlreiche Handlungsbaustellen öffnet, werden diese rasant in den Hintergrund geschoben und dienen somit höchstens als ein gewisser Rahmen, der sich gelegentlich an ausgewählten Stellen geringfügig bemerkbar macht. Wer also epische Zwischensequenzen, komplexe Konversationen und schockierende Wendungen erwartet, stürzt sicherlich bereits während des Prologs in einen wahren Ernüchterungsabgrund und wird sich bis zum Abspann nicht aus eben diesem befreien können. Gleichzeitig muss dann aber auch die Frage gestellt werden, wer in diesem Genre überhaupt ausufernde Geschichte erwartet.
Zwischen Bauern- und Liebesleben
Rune Factory 3 Special macht nämlich kein Geheimnis daraus, dass der enthaltende RPG-Anteil definitiv ernst zu nehmen ist, der übergeordnete Gameplay-Loop diesen aber problemlos in den Schatten stellt. Kein Wunder! Wer hat auch schon Zeit für epische Abenteuer, wenn der Alltag mit freundlichen Gesprächen, tüchtiger Landwirtschaftsarbeit, spannenden Angelausflügen und anderen unterhaltsamen Aktivitäten gefüllt ist?
Solltet ihr in eurem Videospielleben bereits ein Harvest Moon oder ein Story of Seasons nur ansatzweise erlebt haben, könnt ihr euch das Durchlesen der nachfolgenden Zeilen dieses Absatzes eigentlich sparen. Wenig überraschend lassen sich im direkten Vergleich mit Micahs handelsüblichem Arbeitstag nämlich etliche Parallelen erkennen, die kaum zu vermeiden sind. So muss ich im ersten Schritt meine Felder aufräumen, darf anschließend Samen säen und das liebevoll gepflegte Endprodukt schlussendlich verkaufen, um mir mit dem Ertrag noch mehr Saatgut, hilfreiche Werkzeuge und auch Tiere zu gönnen und meinen Gewinnen stetig zu steigern. Denn eine Amnesie kann uns auf der Karriereleiter zum reichen Superfarmer kaum aufhalten!
Und obwohl der Tag nur 24 Stunden (oder auf meinem Bauernhof nur einige Minuten) hat, darf auch die soziale Komponente nicht vergessen werden. So nutze ich kurze Abstecher in die Stadt für ein kurzes Pläuschchen mit meinen Freunden, kümmere mich gerne auch mal um das erfolgreiche Absolvieren einiger Nebenaufgaben und – wie sollte es anders sein – pflege den Kontakt mit den Stadtbewohnern sowie den insgesamt 11 Junggesellinnen, um meiner persönlichen Favoritin den Hof zusammen und mit ihr den Bund der Ehe einzugehen. Keine leichte Aufgabe, bestechen die Kandidatinnen doch mit einer Reihe ebenso sympathischer wie auch ansprechender Persönlichkeiten, die mir bei meiner inbrünstigen Suche nach der wahren Liebe gerne einige Zweifel in den Weg warfen.
Überhaupt machte es mir Rune Factory 3 Special im Laufe meines Tests mehrmals enorm schwer, mich auf eine vordefinierte Aufgabe zu konzentrieren. Immer wieder stolperte ich während meiner Erkundungszüge über neue Bekanntschaften, kam ungeklärten Geheimnissen auf die Spur, feierte einen besonderen Feiertag oder versuchte mich an einem Minispiel. Obwohl das allgemeine Tempo dabei zuweilen etwas lahm war, einige Passage dadurch unnötig träge wirkten, wehrte diese Aufgabenvielfalt gepaart mit einer gewissen Spontanität potenzielle Langeweile gekonnt ab und sorgte dafür, dass sich meine anfängliche Motivation weit über die 30-Stunden-Marke hinausstrecken ließ.
Vorsicht! Dieser Farmer kann auch austeilen!
Darüber hinaus gelingt es Rune Factory 3 Special erstklassig, eine der wohl größten Genre-Schwächen mit einem simplen Kniff auszuhebeln. Nach einer längeren Gaming-Session verlor die ausgeklügelte Bannmagie des Gameplay-Loops (Farm pflegen, Tiere versorgen, die Stadt besuchen und meine große Liebe anhimmeln, alles direkt wiederholen) dann nämlich doch an Wirkungskraft, konnte den zuvor festen Unterhaltungsgriff im Angesichts einsetzender Monotonie kaum mehr mit voller Kraft durchhalten. Höchste Zeit für eine Zwangspause? Mitnichten! Stattdessen durfte ich die Werkzeuge kurzzeitig an den Nagel hängen (oder sie mitnehmen und zweckentfremden) und mit schnittigen Waffen für Recht und Ordnung sorgen.
Beim Sprung in Richtung Action-RPG blieb mir eine Auseinandersetzung mit überkomplexen Kampfsystemen erspart, konzentriert sich Micah doch auf die altbekannten Grundlagen. Mit Speer, Axt, Lang- und Kurzschwert oder Doppelklingen füge ich widerspenstigen Angreifer aus nächster Nähe unliebsamen Schaden hinzu, während allerlei Zaubersprüche aus der Distanz für eine langsam dahinschmelzende Gesundheitsleiste sorgen. Behalte ich dabei noch mein eigenes Leben im Auge und weiche etwaigen Kontern rasant aus, kann mir der Sieg beim Marsch durch die insgesamt fünf Dungeons kaum genommen werden.
Kämpferischer Erfolg liegt vor allem für geübte virtuelle Kämpfer aber nicht ausschließlich im artistischen Wechsel zwischen Offensive und Defensive vergraben. Auch der zumeist faire Schwierigkeitsgrad spielt eine entscheidende Rolle, streicht dieser nervtötende Frustmomente doch vollständig aus dem Gesamterlebnis, hinterlässt dabei aber zumindest eine angenehme Herausforderung. Ein fieser Endboss möchte einfach nicht klein beigeben und mäht euch trotz allergrößter Bemühungen nieder? Investiert einfach einige Stunden in das Hochleveln eurer wichtigsten Attribute und peppt eure Ausrüstung mit dem korrekten Material und den notwendigen Fähigkeiten auf – et voilà! Schon habt ihr die Oberhand übernommen und dürft dank der ältesten Trick im RPG-Buch einen weiteren Triumph feiern.
Schade nur, dass einige Altlasten des 3DS-Originals auch in der Neuauflage vorhanden sind und vor allem während besonders chaotischer Momente für vereinzelte Spielspaßdämpfer sorgen. Hauptkritikpunkt ist hierbei die hakelige Steuerung, die größtenteils locker von der Hand geht, einige Eingaben auf dem Schlachtfeld jedoch in ein Glücksspiel verwandelt. Die unliebsame Folge: Ein sicherer Angriff geht unverhofft in die Leere, wodurch meine Verteidigung im Nichts verpufft und ein peinigender Gegentreffer kaum mehr abzuwenden ist. Mit visuellen Markern oder gar der Möglichkeit, Feinde per Knopfdruck direkt anzuvisieren, hätte Marvelous Europe eine spielerische Staubschicht entfernen und in den nächsten Modernisierungsgang schalten können. In dieser Form muss man sich dann wohl mit einer eher zweifelhaften Zuverlässigkeit beim Schwertschwung begnügen.
Ernüchternde Schwächen, rettende Stärken
Tatsächlich sind es eben solche Remaster-Versäumnisse, die Rune Factory 3 Special an vielerlei Fronten einige Wertungsblessuren verpassen und das eben doch recht hohe Alter der Landwirtschaftssimulation mit Action-Injektion zur Schau stellen. Weshalb fällt das Item-Management so ermüdend kleinteilig aus? Wieso muss ich den Kochprozess eines einzelnen Gerichts immer wieder aufs Neue wiederholen, wenn ich mehrere Portionen in meine Tasche packen möchte? Und warum darf ich immer nur eine einzelne Nebenmission angehen, anstatt direkt fünf Stück in eine aktive Liste zu packen und mir damit langwierige Laufwege zu ersparen? Sicherlich hätte das Entwicklerteam für diese Optimierungen mehr Zeit als gewünscht investieren müssen – doch sie hätte sich auf jeden Fall gelohnt!
Seit der Erstveröffentlichung haben sich zudem das gesellschaftliche sowie auch das Genre-Rad weitergedreht, weshalb einige Fans das Fehlen eines Charaktereditors schmerzlich vermissen dürften. Solltet ihr das Abenteuer also unbedingt mit einer tapferen Farmerin angehen und euch auf die Jagd nach muskelbepackten Junggesellen machen wollen, wird euch die niederschmetternde Enttäuschung wie der Tritt eines wildgewordenen Pferdes treffen. Von entwicklungstechnischer Nachlässigkeit würde ich hier allerdings nicht sprechen wollen, agiert Micah innerhalb der Haupthandlung doch deutlich aktiver als manch anderer Protagonist, während das nachträgliche Hinzufügen wahrlich ansprechender Beziehungspartner wohl das wirtschaftliche Arbeitspensum gesprengt hätte. Um eine Schwäche mag es sich also nicht handeln. Höchstens um einen weiteren Vergangenheitshauch, der das hohe Alter wiederholt unterstreicht.
Nun mag es fast schon so klingen, als würde ich mit den letzten beiden Passagen eine mittelschwere Vollkatastrophe umschreiben. Und obwohl die angeführten Schwächen weiterhin ernstzunehmend sind und vor allem von Kennern moderner Farming-Mechaniken eine grundsätzliche Offenheit und Akzeptanz erfordern, reitet das hervorragende Freiheitsgefühl aus dem Nichts herbei und raubt der wertungstechnischen Negativität den Großteil ihrer ominösen Strahlkraft. Rune Factory 3 Special nimmt mich nämlich – abseits eines ausführlichen Tutorials – kaum an die Hand, animiert mich sogar vielmehr dazu, einfach mal in die Spielwelt hineinzulaufen, meine eigene Geschichte zu schreiben, meinen eigenen Weg zu gehen. Ein Wagnis, das nicht etwa in einer unliebsamen Gasse endet, sondern mich direkt zu spannenden Ereignissen, herzlichen Charaktermomenten und nicht selten humorvollen Überraschungen lotst.
An dieser Stelle wird dann auch deutlich, wie elegant die beiden Gameplay-Aspekte ineinandergreifen und sich dabei gegenseitig befeuern. Ob ich mich nun um mein Feld kümmere, die Stadt unsicher mache oder mich die ersten Stunden lieber meinem Dasein als wagemutiger Hobbykrieger widme, fast alle Haupt- und Nebenbeschäftigungen werden früher oder später mit einem Stufenanstieg belohnt, der die Micahs Fähigkeiten weiterentwickelt und mir neue Routen freischaltet. Dadurch stellte sich bei mir auch nie das Gefühl ein, die falschen Entscheidungen getroffen zu haben oder bei der Einteilung meiner kostbaren Videospielzeit einer Fehlkalkulation zum Opfer gefallen zu sein. Hier lautet die Devise: Mach einfach, das wird alles am Ende irgendwie schon zum Erfolg führen.
Ganz ohne Restriktionen kommt dann aber auch der Trip nach Scharanz nicht aus. Denn obwohl Micah als Schaf vom Himmel gefallen ist und somit höchstwahrscheinlich übernatürliche Kräfte in sich verbirgt, handelt es sich auch bei ihm nicht etwa um einen unverwüstlichen Supermenschen. Folglich knabbert jede Aktion an seiner Ausdauerleiste. Ist diese geleert, sinkt die Gesundheit langsam, aber sicher gen Nullpunkt, der wiederrum den frühzeitigen Tagesabschluss einläutet. Zudem läuft der Tagescountdown unerbittlich herunter und zwingt euch irgendwann zur kurzzeitigen Durchschnaufpause. Ein wohl überlegtes Zeitmanagement und heilende Gegenstände wirken da wahre Wunder. Und wer die Haupthandlung vorantreiben möchte, der darf auch die Suche nach der Herzensdame nicht vernachlässigen – immerhin darf der Weg in Richtung Abspann erst nach einer emotionalen Hochzeit fortgesetzt werden.
Überschaubare Remaster-Bemühungen
Oberflächlich betrachtet mag Rune Factory 3 Special zunächst wie ein motivationslos dahingeklatschtes Remaster anmuten, dessen gravierendste Errungenschaft die Erweiterung des Titels ist. Gänzlich faul auf der Haut lag das Entwicklerteam dann aber doch nicht rum und frischte beispielsweise das optische Gesamtbild auf, um das Abenteuer auf der Nintendo Switch zu neuem Glanz zu verhelfen. Aufgrund weiterhin undynamischer Animationen sowie einigen detailarmen Landschaften kann das 3DS-Feeling zwar nicht vollständig abgeschüttelt werden, hübsch anzuschauende Charaktermodelle, eine annehmbare HD-Politur und das fantastische Intro sorgen dann aber immerhin doch noch für einige Mini-Highlights. Kombiniert mit zauberhaften Melodien und nur wenigen, dafür aber stimmlich passenden Sprachsamples ergibt sich eine harmonische Atmosphäre, von der ich mich gerne begleiten lasse.
Das grundlegende Gameplay muss derweil ohne nennenswerte Verbesserungen oder Neuerungen auskommen, wird aber zumindest an zwei externen Fronten sinnvoll erweitert. So erhalten Kenner des Originals sowie Hardcore-Farmer Zugriff auf eine neue höllische Schwierigkeitsstufe, die bereits kleinste Fehler gnadenlos bestraft und somit eine intensive Auseinandersetzung mit der ungenauen Steuerung erfordert. Wollt ihr es stattdessen lieber ruhiger angehen lassen, erwartet euch im Hauptmenü der Frischvermählten-Modus, hinter dem sich kleine Zusatzepisoden rund um die elf Heiratskandidatinnen verbergen. Strenggenommen handelt es sich hierbei eher um eine nette Dreingabe, die dank einer süßen Präsentation und liebenswerten Interaktionen aber definitiv willkommen ist.
Doch reicht das aus, um Rune Factory 3 Special Genre-Fans wärmstens zu empfehlen? Aus der Sicht eines Hobby-Videospielfarmers ohne Serienkenntnisse auf jeden Fall! Für mich präsentierte sich mein virtueller Alltag an Micahs Seite als angenehmer Einstiegspunkt, der zwar ohne Frage mit einigen unnötigen Komplikationen behaftet war, dem Spielspaß (und vor allem mir) ausreichend Raum zur freien Entfaltung ließ. Rasant zwischen Bauernhof und Schlachtfeld herumhüpfen, zahlreiche Fähigkeiten gezielt verbessern und die Frau fürs Leben finden? Der perfekte Spielplatz, um wochenlang intensiv in die harmonische Welt einzutauchen oder einfach nur abends auf der Couch eine gemütliche Runde einzulegen.
Nach einer ausführlichen Recherche versetzte ich mich jedoch auch in die Perspektive eines Franchise-Freundes und spürte aus dem Nichts einen bitteren Beigeschmack, den dieses Remaster unweigerlich auslöste. Anstatt auf Learnings und spielerische Optimierungen aus Rune Factory 5 oder gar Rune Factory 4 Special zurückzugreifen und das Gameplay hiermit zumindest ansatzweise in die Moderne zu tragen, gibt sich Rune Factory 3 Special dem eigenen Alter scheinbar hilflos hin und antwortet auf eine direkte Konfrontation mit längst überholten Mechaniken emotionslos mit Schulterzucken – ruft dann aber einen höheren Preis als die vergleichsweise gelungenere Remaster-Auffrischung des Nachfolgers auf. Eine fragwürdige Entscheidung, die mit einer längeren Upgrade-Liste sicherlich keinerlei Rückfragen ausgelöst hätte.
Glücklicherweise lässt sich selbst der bitterste Beigeschmack herunterspülen, wobei diese Funktion bei Rune Factory 3 Special neben der umfangreichen Aufgabenvielfalt auch dem erstklassigen Spielspaß zufällt. Ein Dreamteam, das in mir eine wahre Sucht, vielleicht sogar eher einen unerbittlichen Drang auslöste, mein Feldmanagement stetig zu hinterfragen, wirklich jeden Stadtbewohner noch besser kennenzulernen und wirklich alle Winkel der farbenfrohen Welt unter die Lupe zu nehmen, um mit entdeckten Geheimnissen meine Fähigkeiten auf ein neues Level zu heben. Und mehr können sich Freunde digitaler Bauernhöfe doch kaum wünschen. Einzig Kenner und Besitzer des 3DS-Originals warten eventuell auf ein passendes Angebot oder die erste Preisreduzierung.
Fazit
Rune Factory 3 Special präsentiert sich als gelungenes, wenn auch etwas minimalistisches Remaster des putzigen 3DS-Abenteuers, das primär durch eine grandiose Mischung aus vielfältiger Landwirtschafts- und romantischer Dating-Simulation sowie unterhaltsamem Action-RPG besticht und sich dadurch im weiten Genre-Meer ein gewisses Alleinstellungsmerkmal kreieren und durchweg bewahren kann.
Gefühlt konnte ich für etliche Spielstunden blind in die Stadt laufen und mir stets dessen sicher sein, dass mich irgendein Ereignis bei Laune halten wird. Ob nun die Weiterentwicklung meiner Farm, das Verbessern meiner kämpferischen Fertigkeiten, das Abarbeiten der zahlreichen Nebenaufgaben oder einfach nur ein nettes Gespräch mit den Bewohnern (und meiner auserwählten Herzensdame): Langeweile kam zu keinem Zeitpunkt auf, durfte ich durch einen angenehm lockeren Ablauf frei jeglicher Restriktionen doch meinen eigenen Schlachtplan zusammenstellen und meine Beschäftigungstouren folglich mit ausreichend Variation füllen, um einbrechende Monotonie zu vermeiden.
Schade, dass sich das Entwicklerteam beim Switch-Update nur auf ausgewählte Aspekte fokussiert und dem eigentlich positiven Gesamteindruck damit ein Bein gestellt hat. Während die aufgehübschte Optik, ein höllischer Schwierigkeitsgrad sowie der Frischvermählten-Modus inklusive elf Zusatzepisoden Fans nämlich einen netten Bonus darstellen, hätten sich auch die in vielerlei Hinsicht altbackenen und in der Vergangenheit gefangenen Gameplay-Mechaniken über eine spielerische Zellenkur gefreut. Dennoch schafft es Rune Factory 3 Special bravourös, die negativen Elemente mit individuellen Stärken in den Hintergrund zu drücken – und wird dadurch zu guter Letzt zu einem virtuellen Bauernerlebnis, das sich vor allem Genre-Fans und Serien-Neulinge näher anschauen sollten.
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