Process of Elimination

Blutige Visual-Novel-Ermittlungen auf der Insel der Angst.


Eigentlich muss ich meine Beziehung zur 1991 gegründeten Videospielschmiede Nippon Ichi Software als Hassliebe bezeichnen. Hass, weil das Studio im Laufe der letzten drei Jahrzehnte zahlreiche Perlen exklusiv in japanischen Gefilden veröffentlichte und mich regelrecht dazu zwang, für einen Import tief ins Portemonnaie zu greifen. Und Liebe, weil mir dieser Prozess mit der Gründung der auf den Namen NIS America getauften Zweigstelle zumindest bei einigen ausgewählten Werken erspart blieb.


Neben der aufgrund einer hohen Beliebtheit und generellen Kompatibilität mit der hiesigen Gaming-Community wenig überraschenden Lokalisierung der Disgaea- oder Yomawari-Reihe für die westlichen Märkten gibt es nämlich immer mal wieder den einen oder anderen Titel, der mich eigentlich eine kleine Unsumme gekostet hätte, von NIS America dann aber doch unverhofft von den einschränkenden Release-Ketten befreit wird. Der neuste Glückkandidat: Das bereits im Mai 2021 veröffentlichte Visual Novel Process of Elimination, das zweifelsfrei auf der aktuell weiterhin angesagten Killer-Game-Welle schwimmen soll.


Doch ob diese Jagd nach einem durchgedrehten Serienmörder mit der starken Genre-Konkurrenz mithalten kann oder die Ermittlungen auf einer mörderischen Insel eher zum Gähnen verleiten, das möchte ich euch im Test verraten.


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Der Schrecken des viertelnden Herzogs


Manchmal reicht ein kranker, zugleich jedoch auch höchst intelligenter Verstand, um ein ganzes Land in Angst und Schrecken zu versetzen. In Process of Elimination hört diese geheimnisvolle Persönlichkeit auf den Namen Quartering Duke und sorgt durch die regelmäßige Veröffentlichung seines mörderischen Treibens für die nachhaltige Einpflanzung eines unheilvollen Grundgedankens unter der gesamten Bevölkerung: Könnte ich vielleicht das nächste Opfer werden?


Ein sadistischer Horror, dessen natürliches Ende in weiter Ferne zu stehen scheint. Kein Wunder also, dass die Regierung mit dem Durchbrechen der blutigen 100-Tote-Marke nicht mehr untätig herumsitzen, sondern den wohl einzig erfolgsversprechenden Hoffnungsschimmer auf den Plan rufen möchte. Denn mit der Detective Alliance sagt der Zusammenschluss der besten Detektive des ganzen Landes dem finsteren Herzog mutig den Kampf an und gedenkt die Identität des Serienkillers mit vereinten Ermittlungskünsten ans Licht zu bringen.


Welche Rolle der junge Student und angehende Detektiv Wato Hojo inmitten dieses nervenaufreibenden Falls spielt? Zunächst keine. Vielmehr träumt er davon, eines Tages in dieser angesehenen Liga mitmischen und das wenig anspruchsvolle Verfolgen verdächtiger Personen durch die spannende Jagd auf einen blutrünstigen Mörder austauschen zu dürfen. Das Treffen mit einem ranghohen Mitglied der namhaften Vereinigung macht diese Traum dann aber urplötzlich zur Realität – denn Wato wurde tatsächlich auserkoren, Teil der Truppe zu werden! Allerdings hat er sich seinen Eintritt deutlich feierlicher vorgestellt.


Nicht nur, dass er bewusstlos geschlagen wird, zu allem Überfluss erwacht er auch noch umzingelt von den wichtigsten Leuten der Detective Alliance auf einer einsamen Insel. Urlaubsfeeling ist hier allerdings nicht angesagt, macht die Entdeckung einer unliebsam zerstückelten Leiche jegliche Erholungsversuche doch schlagartig zunichte und lässt die unfreiwilligen Touristen zugleich zu einer erschreckenden Erkenntnis kommen: Scheinbar hat der Quartering Duke die Reihen der Gruppierung infiltriert und lädt nun zum finalen Showdown ein.


Einfach die Flinte ins Korn werfen und sich seinem Schicksal ergeben? Nicht mit Wato Hojo! Obwohl sein Allianzbeitritt nur wenige Minuten zurückliegt und er inmitten der geübten Profis eher einen Jünglingsstatus besitzt, kämpft er gegen etwaige Widrigkeiten an, um der Gefahr, der Insel und dem Herzog zu entkommen und zugleich dem Albtraum, in dem sich das Land seit Wochen befinden, ein Ende zu setzen. Leichter gesagt als getan: Denn mit Gegenwehr hat der Duke natürlich gerechnet und setzt alles daran, dass er dieses blutige Duell als glorreicher Sieger verlässt.



Eine Allianz, viele Wendungen...


Nippon Ichi Software macht wahrlich kein Geheimnis daraus, dass mit der Rahmenhandlung von Process of Elimination keinerlei Innovationswunder ins Visier genommen wurden. Ein ebenso unscheinbarer wie auch tollpatschiger Protagonist, der gemeinsam mit einer Reihe herrlich abgedrehter Nebenakteure einem wahnwitzigen Mörder auf die Spur kommen muss? Ein ähnliches Grundgerüst wurde in den letzten Jahren nicht nur in der Videospiel-, sondern auch explizit in der Visual-Novel-Welt aufgebaut und mit einzigartigen Dekorationen bestückt. Doch eben diesen Dekorationen ist es zu verdanken, dass der Auftritt von Wato Hojo nicht im Genre-Meer versinkt und sich zumindest ein wenig vom allgemeinen Allerlei abheben kann.


Im Mittelpunkt steht dabei die bereits kurz angeschnittene Charakterriege, in deren Konzeptionierung sichtbar viel Mühe geflossen ist. Obwohl das Fundament aller agierender Detektive strenggenommen aus einem altbackenen Persönlichkeitsklischee besteht, wird darauf ein individuelles Haus voller sympathischer Eigenheiten und mitreißender Geheimnisse erbaut, das neben spannenden Dialogen auch gelungene Interaktionen garantiert. Zusätzlich wurde erfreulicherweise darauf geachtet, dass diese alleinstehend vortrefflich ausgearbeiteten Darsteller des interaktiven Krimis auch untereinander funktionieren, weshalb ihr euch auf eine hervorragende Gruppendynamik freuen dürft – inklusive hitziger Streitgespräche und überraschend passender Humorausbrüche.


Ungeachtet einiger unterhaltsamer und mitunter überaus witziger Anime-Momente vergisst Process of Elimination natürlich nicht, dass der erzählerische Kern weiterhin aus einem tödlichen Katz-und-Maus-Spiel zwischen mehreren Detektiven und einem ruchlosen Killer besteht. Die logische Konsequenz: Ein regelrechtes Feuerwerk an Anschuldigungen, Theorien, Diskussionen und Wendungen, das schlussendlich in einer finalen Enthüllung und der Beantwortung (fast) aller offenen Fragen mündet. Ein Heidenspaß, der mich beim Test zum freudigen Mitraten animierte, mich zeitgleich aber auch meisterhaft auf die falsche Fährte lockte.


Neben der Suche nach Hinweisen, Kundmachung lautstarker Schuldzuweisungen und Aufdeckung wohlbehüteter Geheimnisse erlebte ich allerdings auch den voranschreitenden Aufbau einer durchdachten Spielwelt, in der eine Detective Alliance als ernstzunehmende Institution wahrgenommen wird. Folglich erfahre ich via Lexikoneinträgen nach und nach über vergangene Fälle, gesellschaftliche Probleme und sogar Einzelheiten über die verschiedenen Verbündeten, mit denen ich dem Quartering Duke hinterherjage. Hieraus entsteht ein ausgefeiltes Detektiv-Universum, das (Stand Mitte April 2023) leider noch nicht mit einem Sequel weitergesponnen wurde.



...und gravierende Pacing-Schwächen


Sicherlich mag Wato Hojos Jagd nach dem viertelnden Herzog unglaublich vielversprechend klingen, mit einer Reihe einzigartiger Detektive und offenen Fragen gar das Potenzial besitzen, sich auf Augenhöhe mit namhaften Genre-Kollegen zu begeben. Umso enttäuschender ist es dann natürlich, dass Process of Elimination dieses hehre Ziel nicht einmal ansatzweise erreicht und sich beispielsweise Danganronpa oder Ace Attorney chancenlos geschlagen geben muss. Und die Gründe hierfür sind vielzählig.


Allein die ersten Spielstunden weisen narrative Schwächen auf, die in der Vergangenheit deutlich besser gelöst wurden. Zugegeben: Die Bedrohung des Dukes, die Detective Alliance sowie Wato und all seine neuen unfreiwilligen Verbündeten vorzustellen und dem Spieler glaubhaft näherzubringen braucht eben seine Zeit. In Kombination mit einer prinzipiell recht undynamischen und verstärkt auf Standbildern setzenden Inszenierung erweist sich dieser Prozess hier allerdings als unfassbar ermüdend und zwingt euch dazu, dem inneren Langeweile-Schweinehund den einen oder anderen Motivationstritt zu verpassen.


Wurde diese mühselige Anfangsphase jedoch überwunden, nimmt die Handlung urplötzlich an Fahrt auf und wirft mir allerlei Highlights entgegen, die die langwierigen Startschwierigkeiten tatsächlich vergessen machen. Dadurch wird ein angenehmes Tempo erreicht, das bis zum Abspann gehalten und zum gekonnten Ausmerzen potenziell langatmiger Passagen eingesetzt werden kann. Fraglos eine willkommene Stärke, die in Kombination mit einer für das Visual-Novel-Genre recht kompakten Spielzeit von ungefähr 20 Stunden allerdings leicht in negative Gefilde abdriftet.


Dass Process of Elimination unnötiges Handlungsfett abschneidet, möchte ich an dieser Stelle überhaupt nicht bemängeln. Gleichzeitig wirkt das Finale fast schon überhetzt, lässt es doch zahlreiche Chancen aus, das zuvor ausgiebig vorgestellte Universum mit weiteren wissenswerten Inhalten zu füllen, wodurch die emotionale Tragweite der stundenlang herbeigesehnten Enthüllungen unliebsam in Mitleidenschaft gezogen wird. Darunter leiden auch einige Charaktere, deren Vergangenheiten und Beweggründe einige zusätzliche Minuten verdient hätten, um sich noch besser in die allumfassende Geschichte einzugliedern.


Trotz einer doch erschreckend langen Mängelliste sei an dieser Stelle jedoch unterstrichen, dass Nippon Ichi Software hier keinen Totalausfall abliefert, vor allem im direkten Vergleich mit der Konkurrenz aber zusätzlichen Feinschliff und mitreißende Tiefe vermissen lässt. Oftmals beschlich mich das Gefühl, dass den ambitionierten Drehbuchautoren des Studios die Möglichkeit eröffnet wurde, ihren ersten eigenen Krimis zu verfassen, wobei der Durchbruch der Plot-Oberfläche auf weite Strecken vermieden und auch die eine oder andere Story-Stolperfalle mitgenommen wurde.



Beweissuche mit strategischem Touch


Nichtsdestotrotz werden Visual-Novel-Freunde (mit einer gesenkten Erwartungshaltung und einem zugedrückten Qualitätsauge) zweifelsfrei auf ihre Kosten kommen und sich freudig durch die Textlawinen klicken. Gemütliches Zurücklehnen und Lesen ist bei Process of Elimination allerdings nicht durchgehend angesagt, verlässt der Titel die Sphären eines Romans ins Videospielform stellenweise doch komplett und stellt die Spielerrolle bei den Ermittlungen von Passiv auf Aktiv um.


Überraschenderweise erfolgt dabei ein Genrebruch, mit dem ich definitiv nicht gerechnet hätte. Im Laufe des Abenteuer darf ich die verschiedenen Schauplätze der Insel nämlich in feinster Strategie-RPG-Manier erkunden, steuere die Detektivschar also über ein schachbrettähnliches Feld von A nach B, um an markierten Stellen hilfreiche Beweise ausfindig zu machen. Klingt ungeheuer simpel, wird mit einigen zusätzlichen Elementen dann aber doch mit einer netten Vielschichtigkeit beschenkt, die nicht überfordert.


Denn meine klugen Köpfe blind in der Gegend herumzuschicken, wird nur selten automatisch von Erfolg gekrönt. Hier kommen die eingangs erwähnten individuellen Fähigkeiten der Detective-Alliance-Mitglieder zu tragen, die ich jederzeit im Auge behalten muss, um möglichst effektiv und effizient ans Werk zu gehen. Der Ablauf ist dabei durchweg recht ähnlich: Ich sehe mich mit einer Herausforderung konfrontiert, scoute geschwind die Attribute meiner Truppe und schicke anschließend den passenden Kandidaten zum Zielort. Manchmal lohnt es sich sogar, ein Team zusammenzustellen, damit die Beweissammlung nicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt.


Ein enorm wichtiger und nicht zu vernachlässigender Faktor, ist meine Recherche doch an ein Zeitlimit geknüpft, das zum Vermeiden eines vorzeitigen Bildschirmtodes dringend eingehalten werden sollte. Dementsprechend gehe ich jeden Zug vor der ultimativen Ausführung detailliert durch, berechne potenzielle Eventualitäten mit ein und versuche, jeglichen Fallen und Gefahren auf dem Weg in Richtung Ziel aus dem Weg zu gehen. Mit solch einer Prise Taktik hatte ich bei Process of Elimination wirklich nicht gerechnet.


In der anschließenden Diskussionsrunde wird dann aber doch noch altbekannte Genre-Kost serviert. Hier werfe ich alle Beweisstücke und Schlagworte in den Ring und beantworte eine Reihe aufkommender Fragen, um falsche Theorien zu entkräften, die Wahrheit ans Licht zu zerren und den aktuellen Mordfall mit vereinten Gehirnkapazitäten zu lösen. Wer sich bereits durch virtuelle Gerichtsfälle oder von einem Bären anmoderierte Todesspiele gerätselt hat, wird sich direkt heimisch fühlen.



Horrorermittlungen dank spielerischer Unzulänglichkeiten


Grundsätzlich muss Nippon Ichi Software für die durchaus passende Integrierung strategischer RPG-Elemente gelobt werden, wurde damit doch ein kaum beschrittener Visual-Novel-Pfad gewählt, der in Zukunft sicherlich noch weiter ausgebaut und optimiert werden kann. Ein Risiko, das sich einerseits zwar bezahlt macht, andererseits aber auch einen weiteren Problemherd entfacht, der an den zwiespältigen Gesamteindruck der Haupthandlung erinnert.


Primär ist es der deutlich zu niedrig angesetzte Schwierigkeitsgrad, der mir beim Tests negativ auffiel. Process of Elimination möchte mit den abwechslungsreichen Schauplätzen, dem konstanten Zeitdruck und versteckten Fallen bedrückende Spannung aufbauen, mich zur Geisel der packenden Ermittlungsatmosphäre machen, lässt mich allerdings ohne nennenswerte Hürden zum gewünschten Ergebnis kommen, wodurch diese Wirkung kaum eintreten kann. Weder die limitierte Anzahl an Zügen noch die zu lösenden Fragestellungen brachten mich zum Schwitzen, ließen sich gelegentlich sogar ohne einen Blick in meine Beweisdokumentation beantworten.


Erwartet ihr nun einen lockeren Spaziergang durch einen interaktiven Krimi, machen euch die spielerischen Unzulänglichkeiten vehement einen Strich durch die Rechnung. Allein die teuflische Mischung aus merkwürdiger Kameraperspektive und unzuverlässiger Steuerung trieb mich regelrecht in den Wahnsinn und sorgte dafür, dass ich meine Detektive nicht etwa an die gewünschte Position, sondern ins irrelevante Nichts steuerte. Und da solch ein Fehler nicht rückgängig gemacht werden und gerne mal zu einer ausweglosen Situation führen kann, verpufft jeglicher Anflug eines ausgefeilten Plans im Nichts und zwingt im gleichen Zug meine Motivationskurve in die Knie.


In solchen Momenten stellte ich mir vor, wie die kreativen Köpfe von Nippon Ichi Software beim anfänglichen Brainstorming für ihr Visual-Novel-Abenteuer viele verschiedene Ideen ans Whiteboard warfen, diese im Anschluss irgendwie miteinander verknüpfen wollten, dabei allerdings höchstens mangelhafte, großzügig betrachtet vielleicht noch ausreichende Ergebnisse erzielten. Die übliche Vorgehensweise? Erneut an den Ideentisch sitzen und die Verbindungsstücke mit Nachjustierungen oder alternativen Einfällen ausbessern. Die hier scheinbar eingesetzte Vorgehensweise? Den schwächelnden Zwischenstand als perfekt deklarieren und hoffen, dass die Gaming-Community über die Probleme hinwegsehen wird.


Ob dieser Prozess wirklich so abgelaufen ist? Keine Ahnung, liegen mir doch keine Hinweise, Leaks oder Aussagen des japanischen Teams vor. Wirklich wundern würde es mich nach dem Absolvieren zahlreicher Ermittlungen allerdings nicht, wirken die Schachbrettuntersuchungen doch wie ein genialer Geistesblitz, der leider nicht ganz bis zum Ende gedacht und mit Blick auf die stetig tickende Studio-Uhr (wer weiß schon, wann der Publisher an die Tür klopfen wird) schnell umgesetzt werden musste. Wirklich schade, immerhin liegt ein fraglos ansprechendes, wenn auch nicht makelloses Gameplay-Konstrukt zum Greifen nahe, bleibt durch die aufgeführten Widrigkeiten dann aber leider unerreichbar.



Wundersame Switch-Rettung


Wüsste ich es nicht besser, würde ich eh vermuten, dass Process of Elimination die OK mit einer kräftigen Portion Enttäuschung als Beilage-Konstellation bewusst ausreizen und in keiner Kategorie in die Nähe beeindruckender Perfektion kommen möchte. Neben der Handlung und dem Gameplay wollte auch der technische Aspekt Teil dieser fragwürdigen Polonaise werden und hinterließ dementsprechend ebenfalls einen geteilten Eindruck.


Dabei habe ich für die Charakterzeichnungen nur lobende Worte übrig. Sicherlich mögen diese unter einer kaum existenten Dynamik leiden und vor allem bei emotionalen Ausbrüchen etwas zu starr wirken, fallen mit ihren Farbkombinationen und visuellen Besonderheiten aber dennoch ins Auge und verpassen den logischerweise eintönig ablaufenden Textbox-Dialogen ein wenig Pepp. Pepp, der bei den teils äußerst tristen, optisch langweiligen Schauplätzen gerne fehlt und einem zunächst positiven Eindruck kleinere Schnitzer verpasst. Ausschläge, die sich der Sound-Bereich nicht erlaubt und mit passenden japanischen Sprecher sowie einer angenehm-mysteriösen, wenn auch nicht sonderlich eindringlichen Musikuntermalung zumindest eine solide Punktlandung einfährt.


Die Hobby-Ermittler unter euch dürften gedanklich nun mit einigen Fragen herumjonglieren. Ist das Leben nicht zu kurz für solch eine Tortur? Musste er sich für den Tests jetzt wirklich durch das gesamte Visual Novel quälen? Und gibt es wirklich keine Faktoren, die Process of Elimination zumindest ansatzweise aus der Genre-Mittelmäßigkeit befreien? Die gibt es auf jeden Fall – und eben diese halfen mir, dass die Ermittlungen zu keinem Zeitpunkt ein nervtötendes Niveau einnahmen, sondern sich recht konstant auf einem gerade noch so ausreichenden Unterhaltungslevel festsetzen konnten. Der entscheidende Faktor? Die Nintendo Switch.


Dass die Handheld-Konsole für Visual Novels prädestiniert ist, dürfte kein Geheimnis sein. Und jederzeit per Knopfdruck ein- und aussteigen, bei mühseligen Momenten zwecks Schonung des Nervenkostüms ohne Umwege eine Pause einlegen zu können dient auch Wato Hojos Abenteuer als Lebensretter, der den Sturz in vernichtende Wertungstiefen konsequent verhindert. Diese simple Option schwächt die Strahlkraft der negativen Aspekte nämlich spürbar ab und rückt die Stärken dadurch in den Vordergrund.


Es ist wie beim Lesen eines durchwachsenen Buches, das euch trotz einiger Defizite dennoch in seinen Bann ziehen konnte. Gänzlich weglegen ist keine Option, möchte man doch alle offenen Fragen mit einer Antwort versehen und die Identität des Killers um jeden Preis aufdecken. Um die letzte Seite aber tatsächlich zu erreichen ohne vollkommen entnervt auf halber Strecke resigniert zu haben, sollte ein ausgedehnter Lesemarathon eher in den Hinter- und ein häppchenweise angelegter Durchleseprozess in den Vordergrund gestellt werden. Ein Vorgehen, das Nippon Ichi Software mit Blick auf ihr mörderisches Werk wohl nicht als Kompliment ansehen dürfte. Process of Elimination aber immerhin dabei hilft, nicht etwa als Visual-Novel-Gurke abgestempelt, sondern gerade noch so als kleine Genre-Empfehlung mit einigen starken Abstrichen bezeichnet zu werden.


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Fazit


Gefühlt wollte Nippon Ichi Software mit Process of Elimination nach den Genre-Sternen greifen und an die Brillanz namhafter Kollegen wie Danganronpa oder Zero Escape anschließen, geriet bei diesem Versuch allerdings gehörig ins Stolpern und konnte die blutige Jagd nach dem Quartering Duke mit Mühe und Not ins akzeptable Mittelmaß tragen.


Während Handlung, Präsentation und auch das spannende Gameplay inklusive gekonnt integrierter Strategie-RPG-Elemente allesamt solide ausfallen und somit vor allem das Interesse von Freunden interaktiver Videospielromane wecken, lassen sie zugleich dringend notwendigen Feinschliff, stellenweise sogar eine konsequentere und zu Ende gedachte Umsetzung vermissen. Die bittere Konsequenz: Gefühlt bei jedem Schritt meines mysteriösen Rätselabenteuers machen sich nervige Schwächen bemerkbar, die der Unterhaltungs- und Motivationskurve unschöne Dellen verpassen.


Gleichzeitig lässt sich nicht leugnen, dass sich Nippon Ichi Software viel Mühe gegeben hat, eine mitreißende Welt der Detektive aufzubauen, in dessen Zentrum ein eiskalter Serienmörder für ordentlich Trubel sorgt. Solltet ihr also ein Herz für packende Visual-Novel-Krimis mit facettenreichen Charakteren sowie schockierenden Wendungen haben und in puncto Gameplay- und Handlungsschwächen eine hohe Toleranzschwelle aufweisen können, ist Process of Elimination definitiv einen virtuellen Abstecher wert. Alle anderen buchen lieber um und suchen sich einen alternativen Schauplatz zum mörderischen Miträtseln.

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