Pikmin 1+2

Bezaubernde Strategie-Blumen mit angeschlagenen Remaster-Wurzeln.


Manchmal beschleicht mich wirklich das Gefühl, dass Nintendo in meiner Switch ein geheimes Mikrofon verbaut hat, dass die Gaming-Talks mit meinen Freunden aufzeichnet und für Marketingzwecke und zukünftige Veröffentlichungsstrategien direkt nach Japan schickt. Kaum hatte ich nämlich den Abspann von Pikmin 3 Deluxe erreicht und mich mit Blick auf das in den Startlöchern stehende Pikmin 4 darüber geärgert, die beiden ersten Ableger nur umständlich auf meiner verstaubten Wii erleben zu dürfen, folgte eine schicksalshafte Nintendo Direct – und bereits wenige Stunden später der urplötzliche eShop-Release von Pikmin 1+2!


Ein genialer Schachzug, zeigte das Nintendo-Rampenlicht nach dem grandiosen Triumph von The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom doch nun auf die Reihe rund um die putzigen Mini-Aliens, die in Kürze endlich um einen herbeigesehnten vierten Teil erweitert werden sollte. Und da niemand die Zukunft wert ist, sofern er nicht zuvor ausreichend die Vergangenheit geehrt hat, ergab sich mit einem Switch-Remaster die Chance, Franchise-Bekannt- und Beliebtheit erneut zu unterstreichen und zugleich neues Öl in die lodernden Vorfreudeflammen zu gießen.


Doch kann Pikmin 1+2 diesen flammenden Ambitionen überhaupt gerecht werden oder entpuppt sich der doppelte Ausflug auf den Planeten PNF-404 dann doch als ernüchternde Klassiker-Erkundung? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, habe ich mich an der Seite von Captain Olimar auf die Reise begeben, ein Wiedersehen mit den Mini-Helfern gefeiert und kehre nun endlich mit einer Antwort zurück, die ich euch in diesem Test präsentieren möchte.



Der erste Pikmin-Kontakt


Normalerweise könnte angenommen werden, dass der Absturz auf einem fremden Planeten das vorzeitige Expeditionsende eines jeden tüchtigen Weltraumreisenden bedeutet. Für Captain Olimar fängt das eigentliche Abenteuer hier aber erst an! Auf dem unbekannten, überwucherten Terrain trifft er nämlich die kleinen, pflanzenartigen Pikmins, die ihm bei seiner wohl wichtigsten Mission unter die Arme greifen möchten: Innerhalb von 30 Tagen die überall verstreuten Einzelteile des zerstörten Raumschiffs aufzusammeln, dabei allerlei Gefahren mutig die Stirn zu bieten und schlussendlich freudig gen Heimat zu fliehen.


Damals sowie heute ein Heidenspaß, der vor allem versierte sowie angehende Echtzeitstrategen ordentlich zu beflügeln weiß. Diese übernehmen nämlich die Kontrolle von Captain Olimar, der wiederrum eine bis zu 100-köpfige Pikmin-Truppe umherdelegiert, um sich einen Weg durch die Irrungen und Wirrungen der fremden Welt zu bahnen. Die Grundstruktur bleibt dabei vom Intro bis hin zum Abspann gefühlt unverändert: Ich wähle ein Level aus und durchforste dieses gemeinsam mit meiner Mannschaft nach den verlorenen Bauteilen, wobei sich die mir zuverlässig folgenden Helfer als lebendiges Allzweckwerkzeug herausstellen. Ein Hindernis versperrt euch den Weg? Einfach eure Pikmins hinschicken, schon wird das Störobjekt weggeschoben. Ein sperriger Gegenstand soll zu eurem Hauptquartier manövriert werden? Spedition Pikmin ist startklar! Widerspenstige Gegner wollen euch an den flauschigen Raumanzug? Ihr kennt das Spiel – PIKMIN-POWER AKTIVIEREN!


Nun mag die unterhaltsame Planetenerkundungen zunächst nach einem simplen Spaziergang klingen, der dank zahlreicher Aspekte jedoch durchaus fordernde Taktik-Facetten verpasst bekommt und eure grauen Planungszellen frühzeitig beansprucht. Jede Aufgabe benötigt nämlich eine Mindestanzahl an Pikmins, die ich zunächst via technologisch hochwertiger Super-Zwiebel im Austausch mit Blüten oder besiegten Gegnern zum Leben erwecken, einpflanzen und anschließend aus dem Boden herausziehen muss. Verfügt ihr über eine unzureichende Truppenstärke, bleibt euch ein Weiterkommen versperrt. Keine seltene Situation, bringen unzählige Gefahrenquellen – darunter beispielsweise angreifende Frösche oder heimtückische Pfützen – eure eigenen Reihen doch gerne unliebsam zum Schmelzen.


Zusätzlich spielt dann auch noch die Zusammenstellung eurer Gruppe eine unverzichtbare Rolle. Denn während rote Pikmins ordentlich austeilen sowie Feuerschaden unberührt weglachen und die gelben Abkömmlinge Bomben aufheben und umherwerfen können, scheint die blaue Variante amphibischer Natur zu sein und darf somit freudig-unversehrt durchs Wasser marschieren. Folgerichtig muss ich vor jedem Marsch genauestens überlegen, wie die Aufteilung meiner 100-Alien-Truppe aussehen soll, um die anstehenden Ziele möglichst effektiv und effizient zu bewältigen. Undurchdacht irgendwelche Pikmins an Bord zu holen und blind ins Ungewisse zu rasen wird nur selten von Erfolg gekrönt und sorgte beim Test mitunter sogar dafür, dass ich nicht nur schwerwiegende Verluste hinnehmen, sondern zum Nullpunkt meiner ausgeklügelte Planung zurückkehren musste.


Prinzipiell kein Beinbruch, wäre da nicht das schonungslose Zeitlimit, das wirklich jeden Schachzug eine spürbare Dringlichkeit verpasst. Wurden nach 30 Tagen nämlich nicht ausreichend Raumschiffteile gesammelt, geht Olimars Lebenserhaltungssystem und somit jegliche Hoffnung auf die Rückkehr flöten. Gemütlich durch die Wälder flanieren, die Umgebung auf sich wirken lassen und kleinere Abstecher zu potenziellen Geheimnissen unternehmen ist also nicht drinnen, denn der Countdown läuft stetig ab, das Level beginnt am Vormittag und erreicht nach ungefähr 15 Minuten den abschließenden Abend. Pikmin 1 verbindet also unterhaltsames Taktieren mit stetigem Druck. Eine Mischung, die dank eines dennoch recht gnädigen Schwierigkeitsgrads – wie schon bei der Wii-Fassung darf ich nämlich auf Wunsch zu einem früheren Tag zurückspringen, um gravierende Fehler auszumerzene – heute noch hervorragend funktioniert und freudig an die Konsole fesselt.



Pikmins, führt mich zum Schotter!


Mit Pikmin 2 hätte sich Nintendo dann einfach nur faul zurücklehnen, den Absturz auf einem anderen fremden Planeten in den Fokus rücken und das altbekannte Gameplaykonstrukt einfach nur um einige zusätzliche Elemente erweitern können. Doch anstatt gelassen den üblichen Sequel-Blues zu spielen, verwandelt die Fortsetzung Captain Olimar und seinen neuen Partner Louie kurzerhand zu unfreiwilligen Schatzjäger. Immerhin steht ihr Arbeitgeber, das Frachtunternehmen Hocotate Freight, kurz vor dem finanziellen Ruin. Die Lösung: Olimar und Louie sollen gemeinsam zum auf den Namen PNF-404 getauften Pikmin-Planeten zurückkehren und kostbare Schätze ausfindig machen, um das wirtschaftliche Loch zu stopfen.


An dieser Stelle greift Nintendo dann aber doch zur Mundharmonika und stimmt vertraute Vorgängertöne an. Denn auch dieses Mal muss Olimar (oder alternativ Louie) eine Pikmin-Schar durch neue Schauplätze lotsen und mit vereinten Kräften Blockaden niederschmettern oder Feinde in die Knie zwingen. Ziel dieses heroischen Unterfangens ist bei der zweiten Runde dann aber eben nicht der Überlebenskampf, sondern vielmehr eine spannende Schatzsuche. Was Batterien, Donuts, Quietscheentchen und ein Globus am Ende in die Kasse spülen? Das müsst ihr als tapfere Glücksritter herausfinden!


Abgesehen davon orientiert sich das Geschehen am bereits ausgiebig vorgestellten Ablauf. Ich baue mir meine kunterbunte Pikmin-Horde zusammen und erforsche unterschiedliche Gebiete, wobei die Unterteilung in verschiedene Tage erhalten bleibt, während der Zeitdruck ersatzlos gestrichen wird. Gänzlich durchlüften dürft ihr Denkzentrum allerdings nicht, bleibt die korrekte Zusammenstellung eurer Helfer doch weiterhin ein zentraler Knotenpunkt, der um die Farben Lila (enorm stark, dafür aber auch schwerfällig) sowie Weiß (verboten giftig und mit einzigartigen Schatzsucherfähigkeiten ausgestattet) erweitert wird. Keine leichte Aufgabe, hier alle Varianten unter einen Hute zu bekommen. Ohne tickenden Countdown dürfen dieses Mal aber immerhin einige zusätzliche Gedankenrunden gedreht werden.


Die wohl wichtigste Neuerung sind die Höhlen, die sich über mehrere Ebenen erstrecken und für Erkundungsfreunde eine wahre Goldgrube darstellen – vor allem, da der (Tages-)Countdown hier gestoppt wird, ihr euch dem Ausgraben und Abtransportieren also in aller Ruhe widmen könnt. Leider folgt in Pikmin 2 auf eine gute auch eine schlechte Nachricht. Denn neben zahlreichen Kostbarkeiten lassen sich im Untergrund auch angriffslustige Gegner und Bosse antreffen, mit denen weder gut Kirschen noch Pikmins essen ist. Zu allem Überfluss lassen sich hier keine neuen Helfer aus dem Boden ziehen, gefallene Gefolgswinzlinge können folglich nicht direkt ersetzt werden. Folglich sollte euch der Glanz wertvoller Schätze nicht ablenken, sondern jeder Schritt, jeder Angriff ausreichend durchdacht werden. Sobald eure Truppenanzahl nämlich nur noch einstellig ausfällt, kann der kleine Abstecher jäh beendet werden.



Highscore-Jagden und Koop-Kämpfe als Motivationsgaranten


Was würde ich nicht dafür geben, einige Tage in den Reihen eines Entwicklerteams aus dem Hause Nintendo verweilen, dem kreativen Schaffensprozess beiwohnen und ihn vielleicht sogar ausgiebig studieren zu dürfen. Immerhin würde ich dann endlich verstehen, wie genau ein Spielprinzip konzeptioniert, programmiert und perfektioniert werden muss, damit es sich wie im Falle von Pikmin 1+2 sogar nach zwei Jahrzehnten stolz mit einer anschaulichen Zugänglichkeit und einem phänomenalen Unterhaltungswert brüsten kann. Während der zweite Part nämlich mittlerweile fast schon 20 Jahre, der Erstling gar 22 Jahre auf dem virtuellen Buckel hat, merkt man ihnen zumindest das spielerische Alter nur selten an.


Trotz aller bereits erwähnten Ähnlichkeiten an der Gameplay-Front liegt die wahre Stärke des Abenteuerdoppelpacks darin, dass sich die beiden darin enthaltenen Serienableger erstklassig ergänzen. Zwingt euch Pikmin 1 noch dazu, eindeutige Tagesziele zu definieren und diese ohne ausschweifende Ablenkungen zu erreichen, dürft ihr das erlernte Know-How in Pikmin 2 vollkommen frei und ohne (mit tödlichen Konsequenzen behafteten) Countdown im Nacken meine Fühler ausstrecken, um die Spielwelt gehörig auf den Kopf zu stellen. Ein elegant integrierter Kniff, der erstklassig motiviert und eventuelle Anflüge drohender Monotonie zudem meisterhaft abwehrt.


Eigentlich wäre eine kombinierte Spielzeit von ungefähr 30 Stunden (exklusive verborgener Geheimnisse und zusätzlicher Modi) damit bereits problemlos abgedeckt. Dennoch werdet ihr nach Erreichen des Abspanns dazu animiert, einen weiteren Durchgang zu starten, eure eigene Strategie dabei nachhaltig zu optimieren und durch das schnellere Abarbeiten verpflichtender Ziele neue Bestleistungen abzuliefern. Würde ich alle Raumschiffteile binnen 20 Tagen einsammeln und dabei den Verlust meiner freundlichen Pikmin-Meute im unteren zweistelligen Bereich halten können? Wären eventuell sogar 18 Tage möglich? Oder – und da lehnte ich mich während meines Tests vielleicht etwas zu übermütig aus dem Fenster – 15 Tage? Zusätzliche Belohnungen mag es für das Erreichen dieser Meilensteine nicht geben, die ebenso zugängliche wie auch unterhaltsame Planetenerkundung bewegte mich aber dennoch zu jeweils einem weiteren Anlauf.


Anschließend stand aber weiterhin nicht der Abschied von meinen neuen Mini-Freunden an, wartete doch noch der Herausforderungsmodus darauf, von mir auf Herz und Nieren geprüft zu werden. In Pikmin 1 muss ich hier in insgesamt fünf Leveln möglichst viele Pikmin innerhalb eines einzelnen Tages pflücken. Ein simples Konzept, das Pikmin 2 jedoch nicht einfach kopiert, sondern mich lieber mit einer vorgegebenen Truppe und festem Zeitlimit durch zahlreiche Höhlensysteme schickt, in denen ich mich etlichen Gefahren stellen und Schlüssel einsammeln muss, um das Ziel zu erreichen. Wer zusätzliche Stunden in dieser Welt verbringen und zugleich sein Können unter Beweis stellen möchte, kommt hier definitiv auf seine Kosten und erhält zudem die Chance, den eigenen Highscore kontinuierlich zu verbessern.


Am Ende der Modi-Vielfalt sind wir damit aber immer noch nicht angekommen, zaubert der zweite Part doch noch ein finales Ass aus dem Ärmel: Neuzugang Louie! Dieser ermöglicht es euch nämlich, den Herausforderungsmodus zu zweit anzugehen und garstigen Widersachern somit kooperativ den Garaus zu machen. Schaltet ihr derweil lieber in den (freundschaftlichen) Angriffsmodus, wartet zusätzlich eine kompetitive Variante auf euch, in der ihr vor eurem gegnerischen Mitspieler-Team gelbe Murmeln in euren Besitz bringen oder dessen Pikmin-Armee vollständig auslöschen müsst. Ein Heidenspaß, bei dem aberwitzige Momente und lautstarke Lacher regelrecht vorprogrammiert sind.



Überschaubare Remaster-Bemühungen


Dass Pikmin 1+2 ohne jegliche Vorankündigung während einer Nintendo Direct vorgestellt und direkt im Anschluss im digitalen eShop veröffentlicht wurde (eine physische Fassung folgt am 22. September), ließ bereits frühzeitig darauf schließen, dass es sich hierbei nicht um ein aufwändiges Remake, sondern um einen simplen Port mit HD-Neuanstrich handeln würde, der sich die Bezeichnung als Remaster mit zwei zugedrückten Augen gerade noch so verdient. Prinzipiell kein Problem, wurde zuvor doch auch keine grundlegende Überarbeitung beider Klassiker versprochen. Nichtsdestotrotz machte sich zumindest während der ersten Stunden meines Testmarathons eine gewisse Enttäuschung breit.


Dabei stellt der technische Gesamteindruck das geringste Problem dar. Zwar wurde hier Widescreen inkludiert, die Auflösung erhöht und die Helligkeit ein wenig hochgedreht, allein dadurch wirken die Charakter- und Gegnermodelle sowie die vielen Schauplätze aber allesamt ein wenig aufgefrischter, können sich dank eines modernen Touchs also erfolgreich vom Original abheben und vor allem im Handheldmodus eine wirklich anschauliche Figur machen.


Und obwohl das Ganze in Kombination mit harmonischen Melodien und einer atmosphärischen Soundkulisse ein durchaus charmantes Switch-Erlebnis ergibt, kann das stattliche Alter kaum verborgen werden und macht sich mit einigen klobigen Objekten, verwaschenen Texturen und einer auf 30fps festgelegten Framerate immer wieder aufs Neue unliebsam bemerkbar. Und obwohl das Bildratenproblem Meckern auf höchstem Niveau darstellt, ist es ein Paradebeispiel dafür, dass problemlos umsetzbare Verbesserungen hier scheinbar gänzlich ignoriert wurden.


Ebenfalls ignoriert wurden scheinbar einige nervige Bugs, die primär den ersten Teil plagen. Dabei nehmen nicht nur marginale Kameramacken, sondern auch die gelegentlich katastrophale Pikmin-KI mein Nervenkostüm ordentlich in die Mangel. Eben diese sorgt nämlich gerne dafür, dass meine kleinen Verbündeten in der Umgebung hängenbleiben, die Gruppe ohne jegliche Vorwarnung verlassen und spätestens beim Anbruch der Nacht unauffindbar das Zeitliche segnen. Sicherlich werden auch moderne Releases von solchen Fehlern heimgesucht, Pikmin 1 trägt diesen allerdings bereits seit der Erst- und auch der Wii-Wiederveröffentlichung mit sich herum. Dass er dieses Mal nicht ausgemerzt wurde, ist schon ein wenig ärgerlich.


Es ist eine gefühlt halbherzige Herangehensweise, die sich scheinbar durch den gesamten Entwicklungsprozess des Remasters zog und somit auch bei der Steuerung eine wichtige Rolle spielt. Diese orientiert sich nämlich an den 2009 für die Wii veröffentlichten New Play Control!-Varianten beider Klassiker und gibt Switch-Besitzern somit die Möglichkeit, bei der Planetenerkundung auf eine optionale Bewegungssteuerung über die Joy-Con-Controller zurückzugreifen. Neueinsteiger werden sich über diesen Komfort freuen, während langjährige Fans aufgrund kleinerer Restriktionen und Veränderungen im direkten Vergleich mit der Wii-Fernbedienung zunächst eine kurze Umgewöhnungsphase einplanen sollten. Und obwohl ihr anschließend auch bei Pikmin 1+2 jederzeit die Kontrolle behaltet, ging das Herumkommandieren und Umherschmeißen eurer Kompagnons in der Vergangenheit deutlich besser von der Hand. Weshalb sich Nintendo nicht einfach direkt an der geglückten Implementierung bei Pikmin 3 Deluxe orientiert, beziehungsweise diese unverändert übernommen hat, wird wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben.



Die vollendete Switch-Sammlung


Pikmin 3 Deluxe war auch der Hauptgrund, weshalb mich dieser Test zunächst vor ein wertungstechnisches Dilemma stellte. Immerhin hatte Nintendo hier bereits anschaulich aufgezeigt, wie die Neuveröffentlichung eines Klassiker aussehen kann, mit zahlreichen visuellen und spielerischen Updates sowie brandneuen Handlungskapiteln ein umfangreiches Abenteuerpaket geschnürt, das dem veranschlagten Preis von 60€ tatsächlich gerecht wurde. Allerdings wurde Pikmin 1+2 auch nicht mit dem zusätzlichen Vermerk Deluxe ausgestattet, schien dieses stattliche Updateniveau also niemals erreichen zu wollen und unterstreicht diesen Unterschied dann auch noch mit einem günstigeren Kombipreis von 50€ (jeweils 30€, wenn ihr die Titel einzeln erwerbt).


Mit Blick auf all diese Beobachtungen entschied ich mich, den Deluxe-Vergleich bewusst auszuklammern und das Remaster-Duo als alleinstehenden Release zu betrachten. Eine weise Entscheidung, fiel es mir doch anschließend bedeutend einfacher, die wilde Pikmin-Sause vollends genießen und ein fundiertes, durchweg faires Fazit ziehen zu können. Dass das Entwicklerteam etwas mehr Zeit und Mühe hätte investieren, zumindest störende Altlasten der Vergangenheit hätte glattbügeln können, blieb für mich dabei ein unwiderruflicher Fakt, der den positiven Gesamteindruck zumindest geringfügig schmälerte. Gleichzeitig erkannte ich jedoch den lobenswerten Dienst, den Nintendo jahrelangen Fans mit der überraschenden Veröffentlichung erwiesen hatte.


Mit Pikmin 1+2 sowie Pikmin 3 Deluxe ist nun nämlich die gesamte Hauptreihe auf der Switch verfügbar, wodurch vermieden wird, dass alte Konsolen aus dem Schrank geholt und aufgebaut werden müssen, um auf den Planeten PNF-404 zurückzukehren und vergangene Abenteuer das erste, beziehungsweise ein weiteres Mal zu erleben. Ein Luxus, der vor allem mit Blick auf das bald erscheinende und sehnlichst erwartete Pikmin 4 äußerst willkommen ist – immerhin ist genau jetzt der optimale Zeitpunkt, das eigene Franchise-Wissen ordentlich aufzufrischen und das Handling der wuseligen Helferarmee zu verbessern, im besten Fall sogar zu perfektionieren.


Es bleibt ärgerlich, dass Nintendo Fans mit einer ordentlichen Portion Remaster-Liebe nicht einfach direkt begeistert, stattdessen lieber darauf hofft, dass das anstehende Sequel, der unbestreitbare Nostalgie-Faktor sowie die einfach nur liebenswerten Pflanzen-Aliens über alle deutlichen Verfehlungen hinwegtäuschen werden. Dass sich diese Hoffnung in der Praxis dann auch tatsächlich erfüllt, liegt hauptsächlich daran, dass die Stärken dennoch überwiegen, die Schwächen erfreulicherweise in den „Ärgernis“-Sphären verweilen und kaum zu einem wirklichen Spielspaßzerstörer mutieren. Fans und Interessierte dürfen den doppelten Planeten-Trip also (vielleicht ein wenig zähneknirschend) durchaus beruhigt antreten – sollten aber ausreichend Franchise-Liebe und Fortsetzungsvorfreude im Gepäck haben.


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Fazit


Obwohl Nintendo bei Pikmin 1+2 jegliche Optimierungsbemühungen auf ein Minimum beschränkt, höchstens bei der visuellen Auffrischung und dem Hinzufügen einer optionalen Switch-Bewegungssteuerung ein wenig auf das Leistungspedal gedrückt hat, lässt das Remaster-Duo vor allem das Fan-, aber auch das Neueinsteiger-Herz höherschlagen. Immerhin bekommen Hobbystrategen und Schatzsucher damit nicht nur eine hervorragende Vorbereitung auf Pikmin 4 geboten, sondern dürfen sich gleichzeitig freuen, dass nun die gesamte Hauptreihe den Sprung in die aktuelle Konsolengeneration geschafft hat.


Dabei ist es wahrlich beeindruckend, wie erfolgreich spielerische Altersschwächen – abgesehen von kleineren Ausnahmen – abgewehrt und die Unterhaltungskurve dadurch zuverlässig hochgehalten werden konnten. Mit strategischem Geschick und nervösem Blick auf den Countdown mein Schiff zusammenzubauen oder deutlich gelassener das intergalaktische Konto aufzustocken und dabei meine Truppen möglichst geschickt einzusetzen, macht einfach verboten viel Laune und wird weder während der Hauptkampagne noch während der Herausforderungs- und Multiplayer-Modi langweilig. Dass die Pikmin-KI dabei gelegentlich die nötige Zuverlässigkeit vermissen lässt, die Bildrate trotz eines eindeutigen Hardware-Boost aus unerfindlichen Gründen auf immerhin durchweg stabile 30fps festgelegt wurde und einige matschige Texturen des Gesamtbild marginal trüben, fällt dann auch nicht mehr so schwerwiegend ins Gewicht.


Zugegeben: Um in den vollen Genuss der doppelten Planetenerkundung zu kommen, muss die eigene Erwartungshaltung an eine Neuveröffentlichung dennoch nach unten korrigiert und der Vergleich mit Pikmin 3 Deluxe um jeden Preis vermieden werden. Habt ihr euch aber erst einmal mit den spielerischen Unzulänglichkeiten und kleinere Bugs der Originalfassungen (notgedrungen) angefreundet, entfalten die eben aufgelisteten Stärken ihr volles Potenzial und unterstreichen eindrucksvoll, dass euch die Serie rund um die kunterbunten Mini-Helfer mit ihrem amüsanten Gameplay-Loop in ihren Bann ziehen und auch heute, mehr als 20 Jahre nach der Erstveröffentlichung, weiterhin allerfeinste Videospielunterhaltung garantieren kann. Schlussendlich bekommt ihr mit Pikmin 1+2 also neben dem gelungenen Franchise-Beginn auch eine lohnende Zeitreise geboten – und dürft mit Blick auf die bald folgende Fortsetzung auch direkt freudig in den Vorfreude-Modus schalten.

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