Fae Farm

Magische Inselfreuden mit absoluter Entspannungsgarantie.


Manchmal befürchte ich, dass meinen Worten übernatürliche Kräfte innewohnen, die mitunter den Lauf der Videospielindustrie manipulieren können. So befand ich mich Anfang des Jahres in einer kleinen Gaming-Flaute und konnte mich kaum dazu hindurchringen, meinen mittlerweile erschreckend gigantischen AAA-Backlog abzuarbeiten. Einen cineastischen Blockbuster beginnen? Allein beim Gedanken fühlte ich mich schon ausgelaugt, sehnte mich eher nach einem gemütlichen Abenteuer ohne ausschweifende Zwischensequenzen und knalligem Action-Bombast. „Warum gibt es nicht einfach mehr Farmlebenssimulationen?“, seufzte ich vor mich hin und ahnte nicht, dass 2023 in dieser Hinsicht einige Überraschungen für mich bereithalten würde.


Urplötzlich flogen mir etliche Online-Werbungen und Ankündigungen entgegen, die meine Auswahlliste in ungeahnte Länge trieben. Ob nun das im Vorjahr veröffentlichte Harvestella oder die neusten Ableger der Harvest Moon-, Story of Seasons- oder Rune Factory-Reihe, meine kleinlaute Kritik bezüglich einer gefühlten Genre-Leere wurde scheinbar direkt erhört, mein Misstrauen mit einem regelrechten Bombardement an unterhaltsamen Titeln gestraft. Damit noch nicht genug, flatterte mir dann sogar noch eine Alternative in die Redaktion, die ich überhaupt nicht auf dem Radar hatte, meine Neugier jedoch direkt nach Auspacken des kleinen Versandpäckchens weckte: Fae Farm!


Nach einer rasanten Recherche präsentierte sich mir die kunterbunte Inselerkundung nämlich als ambitionierte Mischung aller zuvor genannten und einiger weiterer Releases (darunter Animal Crossing oder auch Stardew Valley), wirkte dadurch also fast schon wie ein ultimativer Spielplatz, auf dem ich meinen digitalen Landwirtschaftstrieben wochenlang blindlings nachgehen und mich in einer niemals enden wollenden Aufgabenflut verlieren könnte. Doch ist Entwicklerstudio Phoenix Labs der Aufbau einer fesselnden Welt tatsächlich gelungen? Oder entpuppt sich das große Potenzial als dreister Abklatsch, der Unterhaltungswert gänzlich auf den Schultern anderer Erfolge kreieren möchte? Nur für euch (und ja, auch ein wenig für mich und meinen leichten Simulationsdrang) habe ich mein magisches Zuhause in Fae Farm bezogen und verrate euch im Test, ob ihr diese Insel besuchen oder doch lieber meiden solltet.


Externer Inhalt youtu.be
Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


Ein Herz für gestrandete Helden


Ich möchte ehrlich mit euch sein: Anfangs erwischte mich Fae Farm auf dem völlig falschen Fuß. Zwar bot mir der unverzichtbare Charaktereditor ausreichend Möglichkeiten, um mein Alter Ego mit visuellen Alleinstellungsmerkmalen auszustatten, schubste mich im Anschluss dann aber doch etwas zu überhetzt in das Abenteuer. So findet mein Held während des kurzen Intros eine geheimnisvolle Flaschenpost, die ihn zur Schiffsreise in Richtung Insel Azoria animiert. Und obwohl sein treues Gefährt die Fahrt nicht übersteht und gen Meeresgrund gesogen wird, kann der gesuchte Hafen dennoch erreicht werden. All das wird binnen weniger Sekunden abgefrühstückt, gab mir also kaum Zeit, mich auf das Geschehen einzulassen und emotional einzutauchen.


Meine ersten Schritte schienen den bereits erwähnten falschen Fuß dann sogar noch zu beschweren. Sicherlich versprühten die hübsch ausgeschmückte Stadt, harmonischen Waldstücke und düsteren Höhlen dank liebevoll eingepflegter Details einen gewissen Charme, das gewöhnungsbedürfte Design der Inselbewohner sorgte dann allerdings dennoch dafür, dass das Gesamtbild zunächst eher wie ein Handyspiel anmutete, das nun endlich den Sprung auf die Konsole wagen und die Community damit erweitern möchte. Als alter Genre-Hase ermahnte ich mich dann aber selbst, immerhin spielten weder die Rahmenhandlung noch die grafische Präsentation bei solchen Titeln die Hauptrolle. Folgerichtig entschied ich mich, jegliche Vorurteile über Bord zu werfen und vom gedanklichen Nullpunkt aus einen Neustart zu wagen. Eine Entscheidung, die ich nicht bereuen sollte.


Mit einigen netten Willkommensworten der Bürgermeisterin beginnt nämlich eine lange Aneinanderreihung verschiedener Quests, die als ausgedehnten Tutorial dient und mich allen relevanten spielerischen Aspekten näherbringt. Ich kriege mein eigenes Häuschen, darf mich auf meinem Feld landwirtschaftlich ordentlich austoben und mir aus gesammelten Materialien allerlei Werkzeuge, Möbel und Co. bauen, um mir mein eigenes kleines Paradies zu erschaffen, das mir schlussendlich auch noch einige Münzen in die Tasche spült. Natürlich handelte es sich während der ersten Minuten dabei noch um ein Traumschloss, galt es doch mit Axt, Hammer und Sichel zunächst mein überwuchertes Grundstück von den Unkraut-Zeichen der Zeit zu säubern.


Und während ich Felsen zerschlug, dicke Baumstämme zerteilte und nerviges Gestrüpp aus dem Boden rupfte, verschwand das Gefühl des falschen Fußes schlagartig. Ganz im Gegenteil, aus dem Nichts hatte ich den Eindruck, dass Fae Farm klangheimlich eine Schlinge um meinen Fuß gelegt hatte und diese langsam, aber sicher zuzog, sollte ich die kommenden Stunden doch an die Switch gefesselt werden und Azoria höchstens für eine kurze Toiletten- oder Essenspause, in besonders schwachen Momenten vielleicht auch mal eine Mütze Schlaf, verlassen. All meine Eingaben wurden zuverlässig erkannt, meine Werkzeuge je nach anvisiertem Hindernis sogar automatisch ausgewählt, um mir ein ermüdendes Hin- und Herspringen durch mein Inventar zu ersparen. Eigentlich eine Kleinigkeit, die aber bereits frühzeitig andeutete, dass es sich bei meiner anfänglichen Skepsis um einen gigantischen Fehler gehandelt hatte und mir nun ein wahrer Test-Marathon bevorstand, der durch ein immens hohes Suchtpotenzial regelmäßig intensiviert und befeuert wurde.




Wenn auch Planlosigkeit zur nächsten Aufgabe führt


Fae Farm präsentiert mir nämlich bereits früh etliche Pfade, die ich nach Belieben beschreiten darf. Nehme ich mich direkt den zahlreichen Haupt- und Nebenquests meiner neuen Nachbarn an? Konzentriere ich mich ausschließlich auf das Aufpeppen meiner Farm, um mit einem wirtschaftlichen Kreislauf allererster Güte ein finanziell erschwingliches Bollwerk zu erschaffen? Vielleicht laufe ich auch einfach blind in der Gegend herum, horte einen gigantischen Materialberg an und halte Ausschau nach neuen Bauplänen. Oder ich wage mich in einen Dungeon und stelle mich fiesen Kreaturen mit dem süßen Namen Tohuwabohus entgegen, um im Gegenzug wertvolle Ressourcen und andere Kostbarkeiten in meinen Besitz zu bekommen.


Festzuhalten, dass ich während der ersten Stunden von der Aufgabenvielfalt regelrecht erschlagen wurde, wäre tatsächlich noch eine Untertreibung. Gefühlt kam im beim Abarbeiten meiner persönlichen To-Do-Liste kaum mehr hinterher, wurde mitunter Opfer des gefürchteten Hydra-Prinzips: Kaum hatte ich eine Mission erledigt, tauchten aus dem Nichts zwei, drei, manchmal sogar fünf weitere Aufträge auf. Oftmals wurde dadurch auch das Erfüllen des aktuell anvisierten Ziels zu einer Unmöglichkeit, stolperte ich beim Beschreiten des Laufwegs doch stets über eine verführerische Ablenkung, die ich im Komplettierungswahn auf gar keinen Fall ignorieren konnte.


Scheinbar war sich Phoenix Labs dessen bewusst, dass diese unfassbare Menge an Content unweigerlich zu drückender Überwältigung führen würde. Ein Gedanke, den ich nach anfänglicher Überforderung und temporärer Orientierungslosigkeit vollkommen teilte. Glücklicherweise bleib es nicht bei der simplen Problemerkennung, auch die -beseitigung wurde bei der Entwicklung in Angriff genommen. Anstatt mir nämlich strikte Deadlines zu setzen und die Stabilität meines Nervenkostüms mit einem tickenden Countdown auf die Probe zu stellen, lässt mir Fae Farm völlige Freiheit, wodurch Druck und Anspannung schlagartig von mir abfielen.


Natürlich gibt es weiterhin die Genre-üblichen Limitationen, die ein gewisses Maß an Konzentration erfordern. Denn auch mein überambitionierter Held hat eine endliche Energieleiste, die mich früher oder später zu einer kleinen Zwangspause verdonnert. Immerhin lässt sich diese Einschränkung mit dem ebenfalls altbekannten Tagesablauf verknüpfen, dessen nächtliche Ruhestunden zum Regenerieren meiner angeknabberten Kräftereserven genutzt werden dürfen. Kombiniert man diese Pflicht mit der befreiten Inselerkundung, entsteht der gewohnt fesselnde Gameplay-Loop, dessen Wirkungskraft auch nach vielen Stunden kaum nachlässt.




Her mit meinem Rollenspiel-Anteil!


Primär ist dieser Umstand der Tatsache zu verdanken, dass es bei Fae Farm gefühlt an jeder Ecke etwas zu erleben gibt. Hier wartet eine neue Quest, dort ein versteckter Schatz, an der Küste ein neuer Dungeon und auf meiner Farm zahlreiche unerforschte Dekorationsmöglichkeiten. Mittlerweile dürfte klar sein, weshalb mich das Zeitmanagement anfangs in die planungstechnische Bredouille brachte.


Dass das Chaos ferngehalten wird und der Überblick zu keinem Zeitpunkt verloren geht, verlangte von mir auch eine gewisse Eigeninitiative. Möchte ich die seichte Handlung vorantreiben? Mich zunächst auf den Aufbau meiner Farm beschränken? Oder mich auf die Suche nach Materialien machen und damit die Upgrade-Jagd starten? Gnadenlos musste das verführerische Glänzen aller am Wegrand großzügig verteilten Ablenkungen ignorieren und einer festen Linie folgen, um mich nicht hilflos zu verzetteln. Lieber wollte ich drei ausgewählte Missionen bewusst angehen, anstatt 20 irgendwie zur Hälfte zu bewältigen und zu hoffen, dass ich irgendwann automatisch über die verschiedenen Ziele stolpern würde. Mein persönlicher Wunsch wurde mir also früh bewusst: Ich wollte meinen Helden für das kommende Abenteuer zunächst ordentlich aufpäppeln!


Kein Problem für Fae Farm, hatte es für mich alten RPGler doch auch hier die passenden Gameplay-Mechaniken parat, wobei diese keine weltbewegende Revolution darstellten. Setze ich eine meiner insgesamt zehn Spezialfähigkeiten – beispielsweise meine starken Angler-Moves, meine kräftigen Axtschwünge oder kulinarischen Kochbegabungen – ausgiebig ein, verdiene ich mir Erfahrungspunkte, die die jeweilige Fertigkeitsstufe irgendwann erhöhen. Dadurch schalte ich hilfreiche Boni frei, die meine Stärke oder auch die Effizienz erhöhen und mir somit beim Bewältigen des Alltags einen nützlichen Anschwung verschaffen.


Allerdings kann ein richtiger Kämpfer... ich meinte Farmer ohne die richtigen Waffen... schon wieder, sorry, natürlich Werkzeuge seines Tagessoll nur schwerlich erfüllen. Demzufolge durfte ich auf meinem gewählten Pfad auch das Sammeln passenden Materials sowie das Aufstocken meines Kontos nicht außer Acht lassen, würde ich doch beides alsbald in das Upgraden all meiner Arbeitshilfen investieren müssen. Während die Ressourcenanschaffung für die ersten Stufen noch relativ rasant zu bewältigen ist, wird jeder neue Verbesserungsschritt mühsamer, muss ich doch noch tiefer in bisher unbekannte Bereiche vordringen, damit ich alle wichtigen Punkte meiner Checkliste abhaken kann.


Hier spielt Phoenix Labs eine weitere Stärke von Fae Farm aus: Obwohl sich die Aufgabenflut in unterschiedliche Bereiche einteilen lässt und ich diese auf eigenen Wunsch angehen darf, greifen alle erstklassig ineinander und geben mir nach einer Eingewöhnungsphase die Chance, meinen liebevoll arrangierten Plan um weitere Facetten zu erweitern und mich aus meiner Komfortzone zu bewegen. Eine intensive Questerkundung wirkt immerhin bedeutend attraktiver, nachdem ich mich mit meinen Fähigkeiten und Werkzeugen angefreundet und diese um einige Stufen aufgemotzt habe. Solche Synergien gezielt zu nutzen, wird irgendwann generell unverzichtbar, musste ich im späteren Verlauf doch nicht nur einen, sondern gleich mehrere Bauernhöfe betreuen, musste also meine Sinne ordentlich schärfen. Aber keine Sorge: Auch hier erwarten euch keinerlei gravierende Konsequenzen, wenn sich dann mal doch ein Ausrutscher einschleichen sollte.




Eindimensionale Kommunikationsschwierigkeiten


Obwohl auf Azoria Friede, Freude, Eierkuchen an oberster Stelle der Haupttagesordnung steht, kommt es aufgrund der bereits erwähnten Tohuwabohus gelegentlich dann doch zu einem kurzen, kämpferischen Stelldichein. Für eben diese Momente stehen mir dann magische Fähigkeiten zur Verfügung, mit denen ich nicht nur Schaden anrichten, sondern im späteren Spielverlauf sogar neue Abschnitte freischalten kann, um unbekannte Gegenden zu erkunden und neuen Geheimnissen nachzujagen.


Spätestens an dieser Stelle zeigte sich dann allerdings auch, dass der gigantische Umfang des Abenteuers nicht vollständig in den Entwicklungszeitplan von Phoenix Labs hineinpasste und ausgewählte Aspekte somit einige Federn lassen mussten. Dadurch darf beispielsweise das Kampfsystem höchstens als zweckmäßig bezeichnet werden und lässt grundlegende Funktionen und damit auch eine zuverlässige Kontrolle und angenehme Abwechslung vermissen. Dank des insgesamt enorm niedrig angesetzten Schwierigkeitsgrads wurde ich zwar zu keinem Zeitpunkt mit störender Unfairness konfrontiert, vermisste zugleich aber auch einen gewissen Anspruch, der mich sicher vom Abgrund der Langeweile fernhielt.


Ließ sich die Oberflächlichkeit hier noch problemlos ignorieren, schmerzte das Defizit beim verbalen Austausch mit den zahlreichen Inselbewohnern dann aber doch merklich. Ja, ich darf nette Gespräche führen, bei Problemchen helfen und sogar mit sechs ausgewählten Persönlichkeiten eine Romanze starten, die besondere Ereignisse freischaltet. Damit noch nicht genug: Bin ich mit meinen Liebesentscheidungen unzufrieden, darf ich meine Zuneigung frei jedweder Konsequenzen in eine neue Richtung lenken. All diese Dinge laufen allerdings erschreckend simpel ab und wirken vor allem im direkten Vergleich mit der Konkurrenz vollkommen eindimensional, erschweren mir dementsprechend den Aufbau einer tiefen emotionalen Bindung mit meinen neuen Freunden – und auch mit meiner großen Liebe!


Oftmals beschränkt sich die Kommunikation auf einzelne Sätze, bei denen es sich zudem um zusammenhangslose Alltagsfloskeln handelt. Spannende Hintergrundgeschichten oder gar Charakterentwicklungen? Leider kaum vorhanden! Dadurch mag die im Zusammenleben mit der freundlichen Gemeinschaft innewohnende Grundfaszination zwar nicht verlorengehen, kann das mögliche Spielspaßpotenzial aber kaum ausschöpfen und verkommt somit eher zum netten Feature, das ich sehr gerne mitnehme, aber in das ich auch nicht zu viel Zeit investieren möchte.


Erfreulicherweise handelt es sich bei den aufgeführten Kritikpunkten nicht etwa um eklatante Schwächen, sondern vielmehr um halbgare Gameplay-Elemente, die mit (hoffentlich kostenfreien) DLCs und Patches über- und ausgearbeitet werden können. Gleichzeitig avanciert der gelegentlich überfordernde Content-Berg dann auch noch zum wichtigen Retter, bietet er mir doch etliche Alternativen, um die Versäumnisse vom Hauptaugenmerk in eine marginale Randnotiz zu verwandeln. Nichtsdestotrotz wäre es wünschenswert, wenn Phoenix Labs diese Baustellen in der Zukunft erneut angeht und auf ein Niveau mit dem restlichen Abenteuer bringt.




Bauernhofunterhaltung ist das beste Technik-Trostpflaster


Auch die visuelle Komponente dürfte sich über den einen oder anderen Patch freuen, punktete beim Test aber immerhin mit einem ansprechenden Grafikgewand, das aufgrund einiger unschöner Löcher dann aber doch strenge Abzüge in der B-Note kassierte. Charmante Schauplätze, reizende Details und eine farbenfrohe Präsentation reichten letztlich eben doch nicht aus, um nervige Ladezeiten, matschige Texturen, kleinere Bugs und teils starke Framerate-Einbrüche aufzufangen. Wenigstens blieben mir durch technische Schnitzer bedingte spielerische Komplikationen gänzlich erspart. Und kaum hatte ich mich im virtuellen Alltag verloren und dank des herrlich unbeschwerten und dadurch ungemein erbaulichen Soundtracks einige superfröhliche Melodien zum Mitpfeifen spendiert bekommen, konnte ich mit solchen Problemchen recht gut leben.


Wer hat auch schon Zeit sich mit einem unsauberen Landstrichen oder mittelschweren Rucklern zu beschäftigen, wenn es doch so viele Aufgaben zu bewältigen gibt? Normalerweise würde ich solch ein Ablenkungsmanöver nicht einfach durchwinken, Fae Farm entpuppt sich dann aber als Ausnahme meiner ansonsten strengen Regel, verlor ich die grafischen Macken nach einiger Zeit doch tatsächlich aus den Augen und wurde nur punktuell an diese erinnert. Als Performance-Perfektionisten darf sich das Team von Phoenix Labs also nicht bezeichnen, liefert aber immerhin an solides Gesamtbild ab, dass hier und dort dann eben doch noch kleine Highlights hervorbringt und in den richtigen Momenten mit ausreichend Stabilität überzeugt.


Der beste Beweis hierfür ist der Mehrspieler-Modus, der es euch ermöglicht, euren Fortschritt mit bis zu drei Freunden oder Familienmitgliedern – die Kids sollen sich ja auch mal austoben dürfen – zu teilen und gemeinsam offene Aufgaben oder die üblichen Bauernhofaufgaben anzugehen. Kurzzeitig verfiel ich in meine anfängliche Skepsis zurück und bezweifelte stark, dass diese Koop-Variante angesichts der Singleplayer-Schwierigkeiten reibungslos laufen würde. Zu meiner Überraschung funktionierte dieser Modus (abseits der bereits niedergeschriebenen Wehwehchen und einer höheren Bugdichte) hervorragend und gab dem bereits zuvor schon astronomisch hohen Unterhaltungsfaktor einen weiteren Boost. Schön, so wird meine überhaupt nicht zugestopfte Aufgabenliste direkt einen weiteren Punkt verlängert.


Ärgern tat ich mich darüber dann aber auch nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Ich freute mich, dass Fae Farm mir einen weiteren Grund gab, noch länger auf der Insel zu verweilen, blindlings durch die Gegend zu laufen und mich einfach nur von meiner Neugier und meinen Fortschrittsgedanken treiben zu lassen. „Wie würde sich wohl ein edler Steinpfad vor meiner Haustür machen? Welche Rohstoffe fehlen mir eigentlich noch zum Aufwerten meiner treuen Axt? Hey, schwimmt in dem Teich nicht der Fisch, den ich einsammeln sollte? Moment, es ist schon drei Uhr morgens? Tja, dann wird das hier wohl eine schlaflose Nacht...“ Und glaubt mir: Es sollte nicht die letzte bleiben.


Externer Inhalt youtu.be
Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


Fazit


Obwohl Fae Farm gefühlt aus dem Nichts kam, eroberte das harmonische Inselabenteuer von Videospielschmiede Phoenix Labs mein Farmsimulationsherz im Sturm. Denn obwohl das Ganze zunächst wie ein aufgebauschtes Mobile-Game und ein Sammelsurium der wichtigsten Gameplay-Aspekte namhafter Genre-Kollegen anmutet, erkannte ich bereits nach wenigen Spielstunden ein kaum in Worte zu fassendes Suchtpotenzial, das mich seither gnadenlos in seinem Bann hält und mich beim Finalisieren des Tests immer wieder in Richtung meiner Nintendo Switch stieren lässt.


Azoria bietet eine Vielzahl an Quests, Freizeitbeschäftigungen und Geheimnissen, lädt mich zum Erkunden, dem kreativen Aufbau meines persönlichen Bauernhofs sowie der konsequenten Verbesserung meiner Fähigkeiten ein und überrollt mich allein dadurch mit einer schier unüberschaubaren Aufgabenfülle, die im ersten Moment tatsächlich überfordernd wirkt – und von Dungeons, Angelteichen, neuen Gebieten, weiteren Farmen und zusätzlichen Upgrades stetig ausgebaut wird. Ein Glück bleibe ich von störenden Zeitlimits verschont, darf folglich also mein eigenes Tempo wählen und tiefenentspannt meinen eigenen Weg wählen. Oder mich dank Mehrspielermodus online oder lokal mit Freunden und Familie zusammentun, um den Ernst des stattlich gefüllten (Gaming-)Lebens gemeinsam anzugehen.


Dass Fae Farm knapp am höchsten Genre-Niveau vorbeischrammt und ausgewählten Top-Konkurrenten leicht hinterherhinkt, liegt primär am Kampfsystem und der sozialen Komponente, die viel zu oberflächlich ausfallen und damit die Tiefe aller anderen Aspekte vermissen lassen. Ähnlich wie die gelegentlich schwächelnde Performance handelt es sich hierbei jedoch um Negativpunkte, die Phoenix Labs via Patch in Zukunft problemlos ausbügeln kann – und damit tatsächlich die Chance hätte, den fabelhaften Startpunkt für ein fesselndes Franchise zu setzen, das Fans für viele Jahre in seinen Bann ziehen wird. Und zweifelsfrei dafür sorgen wird, dass meine Gesamtspielzeit problemlos in den dreistelligen Bereich klettert.

Teilen