Ein astrostarker Liebesbrief an eine glorreiche Videospiel-Ära.
Zu Beginn einer jeden Konsolengeneration sehen sich Gamer mit der komplizierten Frage konfrontiert, mit welchem Videospiel sie den ersten Schritt in die neue Hardware-Reise starten wollen. Nun mag das wie ein vernachlässigbarer Aspekt klingen, trägt im Kern jedoch eine enorme Wichtigkeit: Immerhin hat man für das gute Stück enorm viel Geld ausgegeben, möchte nun die nächsten Jahre hier unvergessliche Erlebnisse genießen und wünscht sich dementsprechend auch einen vollends gelungenen Ersteindruck. Ein Vorhaben, das nicht immer so leicht in die Tat umzusetzen ist, lassen die Launch-Titel oftmals doch stark zu wünschen übrig und kratzen höchstens an der Oberfläche der neuen Konsolenpower.
Im November 2020 sorgte Sony mit der Veröffentlichung der PlayStation 5 jedoch für eine willkommene Überraschung. Auf der Festplatte befand sich bereits das vorinstallierte Astro's Playroom, eine insgesamt doch recht umfangreiche Tech-Demo des Entwicklerstudios Team Asobi, das mit dem Titel nicht nur Optik und Sound, sondern primär die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten des brandneuen DualSense-Controllers ins Rampenlicht stellen wollten. Normalerweise entlockt solch eine Dreingabe Käufern eher ein uninteressiertes Schulterzucken, vielleicht noch ein müdes Lächeln, in diesem Fall entpuppte sich das niedliche Abenteuer für PS5-Besitzer und Journalisten jedoch als gefeierter Geheimtipp und verpflichtende Anlaufstelle nach dem ersten Einschalten.
Vier Jahre später schlägt Team Asobi pünktlich zum 30-jährigen Jubiläum der PlayStation-Brand ein neues Astro-Kapitel auf und verabschiedet sich von kleinen Gameplay-Häppchen, um sich vollends einem Vollpreis-Menü zu widmen und die zuvor präsentieren Interaktionsmöglichkeiten ausgiebig weiterzuentwickeln. Ob daraus ein weiterer Erfolgshit werden kann, der die Gaming-Community abermals begeistert, die vergnüglichen Freuden eines fast schon eingeschlafenen Genres einfangen und die PS5-Gemeinde damit zum Griff ins Portemonnaie bewegen kann? An der Seite des putzigen Roboters habe ich mich durch mehrere Galaxien geschwungen und verrate euch, weshalb Team Asobi mit Astro Bot nicht nur auf ganzer Linie, sondern mit einer beeindruckenden Leidenschaft einen klaren Game of the Year-Anwärter, vielleicht sogar eines der besten Videospiele der aktuellen Generation abgeliefert hat.
Das Licht in einer dunklen Videospielindustrie
Heutzutage müssen wir Gamer der harten Realität schmerzhaft ins Auge blicken: Das wundervolle Hobby, das viele von uns seit der frühsten Kindheit geprägt, uns durch unsere Jugend, unsere Freundschaften begleitet und somit über Jahrzehnte begleitet hat, wird gefühlt immer düsterer. Digitale Veröffentlichungen übernehmen schleichend die Oberhand, wodurch das Auffüllen der heimischen Sammlung mit physischen Produkten nach und nach schwieriger wird, AAAA-Releases fallen eher durch nervtötende Bugs als durch nennenswerte Innovationen auf und die Preise schießen schonungslos in die Höhe, lassen unsere Ersparnisse gefühlt mit einem kurzen Fingerschnippen im Nichts verschwinden.
Doch inmitten solch düsterer Zeiten gibt es dann doch eben diesen einen Hoffnungsschimmer, dieses eine wundervolle Videospiellicht, dass die fast schon vergangene Freude einer der schönsten Nebenbeschäftigungen der Welt wieder erkennbar werden und uns zumindest ein wenig zuversichtlicher in Richtung Zukunft blicken lässt. Und September 2024 hört eben dieser Hoffnungsschimmer auf den Namen Astro Bot, einem vor Kreativität regelrecht explodierendem Plattformer des japanischen Entwicklerstudios Team Asobi, das in puncto Fantasie und Spielfreude an die hauseigenen Super-Abenteuer Astro Bot Rescue Mission und Astro's Playroom anknüpft und der PlayStation 5 damit einen dringend benötigten Exklusivtitel spendiert, der mein temporär verbittertes Gamer-Herz wieder ordentlich zum Pumpen gebracht hat.
Bevor ich mich nun allerdings gedanklich erneut in das Abenteuer stürze und euch mit (dessen bin ich mir bereits jetzt schon sicher) überschwänglichen Lobeshymnen wiederholt deutlich mache, weshalb wirklich jeder PS5-Besitzer an der liebenswerten Astro-Sause kaum vorbeikommt, möchte ich kurz auf die angedachte Form meines Tests eingehen. Prinzipiell wird sich diese natürlich kaum von meinen anderen Besprechungen unterscheiden, wird einen entscheidenden Faktor jedoch besonders stark ausklammern: spielerische Spoiler. Gelten diese für mich bisher nämlich stets als unverzichtbar, um das Gesamtwerk treffend zu beschreiben, fungieren diese bei Astro Bot vielmehr als existenzielles Fundament, auf dem alle weiteren grandiosen Stärken aufgebaut werden. Und diese schriftlich vorwegzunehmen wäre ein Skandal, ein Verbrechen an meinen Gaming-Freunden, das ich kaum ertragen könnte.
Ja, Trailer und Previews mögen bereits einige Dinge präsentiert haben, wodurch einige Überraschungen zumindest einen Teil des angedachten Effekts verloren haben dürften. Allerdings möchte ich mich möchte ich mich bewusst an diesen bekannten Szenen entlanghangeln, um meinen persönlichen Eindruck vorzustellen und dabei die zahlreichen Geheimnisse, die weiterhin vorhanden sind, gänzlich unberührt lassen. Sollten sich meine Aussagen also stellenweise merkwürdig oberflächlich lesen oder eine notwendige Informationstiefe vermissen lassen, bitte ich dieses bewusste Versäumnis zu entschuldigen. Sobald ihr diese unter den Teppich gekehrten Momente dann aber selbst erlebt und freudestrahlend gen Bildschirm und dabei auf eure eigene Videospielvergangenheit blickt, werdet ihr es mir zweifelsfrei danken.
Per DualSense durch die Galaxien
Immerhin darf ich bei der Handlung noch ein wenig Freiheit genießen, orientiert sich Astro Bot doch stark an zahlreichen Genre-Kollegen und spart sich beim übergeordneten Plot jegliche schockierende Überraschungen und Ereignisse, womit dieser gezielt als Mittel zum hilfreichen Zweck genutzt wird. Alles beginnt mit einer gemütlichen Universum-Tour des titelgebenden Roboters Astro und seiner gigantischen Bot-Freundesgruppe im technologisch hochwertigen (PS5-)Raumschiff, die vom fiesen Alien Nebulax jäh unterbrochen wird. Dieser scheint mit Spaß und Freude nämlich nichts anfangen zu können, jagt er dem Flugobjekt doch direkt hinterher, stiehlt ihm die für die Antriebskraft unabdingbare CPU und sorgt somit dafür, dass das Raumfahrzeuge in seine Einzelteile zerbricht und auf einem sandigen Planeten bruchlandet.
Logischerweise möchte sich Astro mit dieser unliebsamen Situation nicht anfreunden und leiht sich die Dienste seines treuen Dual Speeders – einem flinken Flitzer im DualSense-Design –, um verschiedene Galaxien zu besuchen, seine verschollenen Robo-Buddies zu finden und angriffslustige Obermotze zu verkloppen, um die zerstreuten Bauteile seines Raumschiffs einzusammeln, jegliche Gefahren aus der Welt zu schaffen und die vergnügliche Reise schlussendlich wieder fortzusetzen. Eine zuckersüße, kinderfreundliche Geschichte, die mit diesen wenigen Zeilen eigentlich schon fast komplett erzählt ist, auf der Zielgeraden dann aber doch kleinere herzerwärmende Highlights setzen kann, die Groß und Klein gleichermaßen die Tränen in die Augen treiben können.
Im Mittelpunkt steht aber dennoch die eigentliche Mission: Erkunde das Universum und rette deine Bot-Freunde! Dafür steuere ich nacheinander verschiedene Galaxien an, die allesamt mehrere Planeten beherbergen. Habe ich diese ausgiebig auf den Kopf gestellt und meine Reisekumpanen gefunden, muss ich mich noch einem Boss entgegenstellen, bevor die nächste Galaxie freigeschaltet wird und der Loop von vorne beginnt. Strenggenommen also feinste Jump-and-Run-Kost, wie sie Gamern bereits seit Urzeiten serviert wird.
Und mit einem oberflächlichen Blick laufen auch die eigentlichen Planetenspaziergänge durchweg ähnlich ab. Nach einer (manchmal erschreckend brachialen) Landung folge ich einem recht linearen Levelaufbau, entledige mich unliebsamer Feinde mit einer gekonnten Drehung und nutze Astros Sprung- und durch in seinen Füßen eingebaute Laser ermöglichte Schwebefähigkeiten, um klaffende Abgründe zu überqueren. Einen Sprint gen Ziellinie sollte ich dabei jedoch nicht einlegen, verstecken sich hier und da doch immer kleine Alternativrouten, die neben Schätzen auch die begehrten Bots verbergen. Manchmal sind diese kaum zu übersehen, sind gelegentlich aber auch verteufelt gut versteckt, erfordern also stete Konzentration, sofern eine 100%ige Abschlussrate anstrebt wird.
Planetenerkundung mit spielerischem WOW-Feuerwerk
Zu Beginn meines Tests verschrieb ich mich kompletter Oberflächlichkeit, um keinerlei Überraschungen vorwegzunehmen, muss diese strenge Regel nun jedoch selektiv auflockern. Würde ich die grobe Gameplay-Zusammenfassung von Astro Bot nämlich dieser Form stehenlassen, würde ich Team Asobis fantastischer Kreation nicht einmal ansatzweise gerecht werden, einen Großteil der maßgeblichen Faszination und Brillanz unbewusst unter den Teppich kehren und kaum zum Ausdruck bringen, weshalb ich hier über einen klaren GOTY-Anwärter spreche. Während die Grundmanifeste dieses Plattformer-Hauses nämlich recht standardmäßig anmuten, entpuppen sich wirklich alle anderen Bestandteile als spielerisches Feuerwerk, dessen Strahlkraft bis zum Abspann zu keinem Zeitpunkt abflaut.
Zunächst ist die Tatsache entscheidend, dass sich wirklich jeder einzelne Planet wie eine eigene Welt anfühlt und mich mit individuellen Alleinstellungsmerkmalen immer wieder aufs Neue überrascht. Dadurch hüpfe ich zunächst durch herbstliche Waldlandschaft, finde mich anschließend in einer weißen Winterwelt wieder, chille dann aber angenehm am Strand, bevor ich mich durch eine abgedrehte Baustellenwelt kämpfe. Sicherlich mag solch eine Weltenvielfalt in diesem Genre keine Seltenheit sein, Team Asobi drehte bei der Konzeption und finalen Entwicklung jedoch eindeutig etliche kreative Zusatzrunden, um bei Astro Bot wirklich alles rauszuholen und dafür zu sorgen, dass mir wirklich nach jeder Landung frischer Schauplatzwind entgegenweht.
Besonders beeindruckend ist dabei der Verzicht auf lahmes Recycling bereits genutzter Assets. Sicherlich begegne ich beim Durchstreifen der insgesamt 80 Level auch mal bekanntem Terrain, dabei handelt es sich allerdings primär um recht kurze Bonus-Varianten, die dann aber dennoch einen zusätzlichen Neuanstrich verpasst bekommen, um nicht einfach wie eine billige Kopie zu wirken. Es ist enorm schwer, all diese Augenschmäuse näher zu beschreiben, ohne euch einige der herrlichen Besonderheiten zu verraten, weshalb ich lieber zu einem Vergleich greife. Stellt euch einfach vor, ihr besucht eine Gemäldeausstellung und begutachtet eine stattliche Kollektion mit höchst neugierigem Auge. Auf dem Papier handelt es sich bei all den Ausstellungsstücken einfach nur um wild angeordnete Pinselstriche auf einer Leinwand, doch in jedem einzelnen versteckt sich trotz der gleichen Essenz eine durchdachte Einzigartigkeit, die im Detail entdeckt werden will. Und so verhält es sich auch bei den Planeten von Astro Bot.
Jede Welt ist wie ein gradliniger, aber mit allerlei sehenswerten Dingen vollgepackter Spielplatz, die von mir entdeckt, ausprobiert und auf den Kopf gestellt werden wollen. Kann ich diese weit entfernte Insel erreichen? Was passiert, wenn ich mich in diese eigentlich gefährlich wirkende Öffnung stürze? Und stellt mir die aktuelle Örtlichkeit eventuell zusätzliche Hilfsmittel zur Verfügung, mit denen ich verborgene Plattformen sichtbar machen und mir damit bisher unzugängliche Pfade eröffnen kann? Mit all diesen Fragen wurde ich während des Tests konfrontiert und direkt freundlich aufgefordert, der Antwort spielerisch locker selbst auf die Spur zu kommen. Frustrierende Sackgassen, die mich zum jähen Aufgeben zwingen? Die gibt es hier nicht! Stattdessen erwartet mich das wohltuende Gefühl des Erfolgs, das mich fortwährend dazu animiert, auch bei der nächsten verdächtigen Stelle beide Augen weit zu öffnen und in den Experimentiermodus zu wechseln.
Bezaubernde Welten sehen, hören, fühlen und erleben
Inspiriert von dem eigens entwickelten Astro's Playroom, das für viele PS5-Besitzer noch bis heute als ein vorinstalliertes Technik-Highlight zum Launch der herbeigesehnten Konsole gelten dürfte, konzentrierte sich Team Asobi auch bei Astro Bot auf die Stärken der Sony-Hardware und nutzte diese gezielt, um möglichst alle Sinne der Community anzusprechen. Das Endergebnis mag keine weltbewegende Revolution, dafür aber ein vollends begeisterndes, bis in den Kern feingeschliffenes und dadurch nahezu perfektes Gesamtbild sein, das abermals beweist, dass wahre Faszination nicht nur durch fotorealistische Grafikwundern ausgelöst werden kann.
Mit der Grafik möchte ich auch starten, sorgte diese zu Beginn meines Tests doch für die ersten Momente, in denen ich mich vor Begeisterung eines freudigen Lächelns kaum erwehren konnte. Offensichtlich hat Team Asobi der Fantasie hier nämlich freien Lauf gelassen, jegliche ausbremsende Sorgen und Gedanken direkt ausgeklammert, um wirklich aus allen zur Verfügung stehenden Optikkanonen abzufeuern. Hier kommen unglaublich detailreiche Schauplätze, liebenswerte Bot- und Gegnermodelle, farbenfrohe Effekte und viele andere visuelle Spielereien zusammen, kommen sich dabei jedoch nicht in die Quere, sondern greifen vielmehr phänomenal ineinander. Das i-Tüpfelchen: Dieses fulminante Schauspiel findet mit einer dynamischen 4K-Auflösung sowie stabilen 60fps-Framerate frei von nervigen Bugs, Glitches oder andere Problemchen statt – und schafft es dabei sogar noch zuverlässig, meine Augen vor jedweder Langeweile zu verschonen. Da dürfen die anderen Sinne definitiv eifersüchtig werden.
Glücklicherweise werden diese ebenfalls nicht ignoriert, wobei sich das Entwicklerteam erneut am Know-how der Vergangenheit bedient und dabei natürlich nicht die gefeierten Soundtrack von Astro Bot Rescue Mission und Astro's Playroom ignorieren darf. Wenig überraschend wurde der verantwortliche Komponist Kenneth Young also auch für Astros neustes Abenteuer an Bord geholt und schien das Memo bezüglich der vollkommenen Narrenfreiheit ebenfalls gelesen zu haben. Zwar orientiert sich der gebürtige Schotte stark an den Vorgängern, bleibt dessen verspielter Natur dementsprechend treu, erschafft dabei aber eine Reihe neuer Melodien, die allesamt mit einem unfassbaren Ohrwurm-Potenzial behaftet sind und sich mit amüsanten Klängen und Bot-Geräuschen problemlos einen Weg in mein Gamer-Hirn bahnen konnten. Ein Umstand, der sicherlich auch dem Covern bekannter Videospielstücke der Sony-Historie zu verdanken ist.
Natürlich darf ein entscheidendes Kernelement von Astro's Playroom dann auch nicht fehlen: Die gezielte Einbindung aller DualSense-Funktionen. Dementsprechend verleiht mir der Controller in meinen Händen dann auch dieses Mal die angenehme Möglichkeit, all die Dinge zu spüren, die mein mechanischer Held virtuell über sich ergehen lassen muss. Auf diese Weise simulieren die eingebauten Motoren via Vibration herabprasselnden Regen, den Schmerz eines gegnerischen Angriffs oder den Untergrund, auf dem ich mich gerade bewege. Zusätzlich darf ich die Bewegungssteuerung für das Lenken meines Fliegers sowie für eine ganz besondere, in diesem Tests allerdings unter dem Mantel des Schweigens verborgene, Überraschung einsetzen, über die eingebauten Lautsprecher lustigen Geräuschen lauschen und mich vom Licht über einen kleinen Atmosphäre-Boost freuen. Ja, es wird wohl auch heute noch viele Leute geben, die den DualSense-Einsatz eher als unnötige Spielerei abstempeln. Team Asobi unterstreicht aber, wie dieser sinnvoll in das Gesamterlebnis eingeflochten und dadurch regelrecht perfektioniert werden kann.
Schlussendlich kommen all diese hervorragend ausgearbeiteten Aspekte – Grafik, Sound, Haptik und Atmosphäre – zusammen und sorgen dafür, dass sich Astro Bot trotz seiner kindlichen Natur erschreckend lebendig anfühlt, mich förmlich in sich hineinsaugt und somit das optimale Mittendrin-Gefühl erschafft. Die Planeten sind nicht nur Gemälde, die ich stur begutachten soll, sondern laden mich mit allerlei Interaktionsmöglichkeiten ein, mich auszuprobieren, einzutauchen, einfach Spaß zu haben. Blätter, Schnee, Kristalle und andere Gegenstände fliegen physikalisch korrekt durch die Luft, wenn ich herumsprinte, Lebewesen reagieren auf mich, unscheinbar anmutende Dekorationen lassen sich durch mein Handeln verändern. Mit all diesen liebevollen Designentscheidungen weckt Team Asobi nicht nur mein Interesse, sondern belohnt die daraus resultierende Neugier auch stets mit einem unerwarteten Ereignis. Kaum zu glauben, dass diese Entwicklertruppe nur aus 65 Leuten bestehen soll.
Mehr als nur Herumgehüpfe
Es ist ein wahrer Segen, dass Team Asobi all diese Kreativität nicht nur für einen, sondern für wirklich alle Bereiche von Astro Bot genutzt hat und in diesem Genre stets drohender Monotonie und Langeweile dadurch frühzeitig einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Immerhin punkten die vielen Planeten nicht nur mit visuellen, akustischen und atmosphärischen Eigenheiten, sondern steuern dem bereits angesprochenen Jump-and-Run-Konstrukt stets ein neues Element hinzu, wodurch aus der grundsätzlich Standard-Formel „Hüpf herum, besiege Gegner und finde deinen Bot-Freunde“ schnell erweitert und regelrecht in luftige Spielspaßhöhen katapultiert wird.
Auch hier begebe ich mich wieder auf enorm dünnes Eis, möchte ich meine spoilerfreie Schreibweise doch beibehalten und sicherstellen, keinerlei Überraschungen oder pfiffigen Gameplay-Einfälle schriftlich zu verraten. Deshalb spiele ich nun meine kleine Trumpfkarte aus und picke mir ausgewählte Beispiele aus den Trailern heraus, um meiner Begeisterung somit dennoch Ausdruck zu verleihen und mein Stillschweigen zu bewahren. Dadurch darf ich beispielsweise ohne Worte niederschreiben, dass Astro bei seinem Abenteuer auf gigantische Bäume, Roboter und andere Kreaturen trifft, deren Probleme nur durch das spielerisch einfallsreiche Lösen witziger Aufgaben zu bewältigen sind. Also spritze ich mit Farbe oder Wasser herum, mache als gigantischer Schwamm die Gegend unsicher, tauche in malerische Unterwasserwelten hinein, manövriere mich an der heißen Lava eines ausbrechenden Vulkans vorbei oder setze mich den magischen Kräften eines mechanischen Djinnis entgegen. Dadurch habe ich wirklich nach jeder Landung das Gefühl, eine völlig neue Welt zu betreten und durch die abwechslungsreichen Aufgaben einen spürbaren Motivationsboost zu erhalten.
Ermöglicht wird dieses designtechnische Wunder nicht zuletzt durch die abgedrehten Gadgets, die mir in ausgewählten Leveln wieder zur Verfügung stehen. Beispielsweise hilft mir der Kletteraffe beim Erklimmen steiler Berger und Herumwerfen rustikaler Steine, während mich die Bulldogge-Raketenantrieb-Fusion Barkster per Knopfdruck zum Rammbock verwandelt, der durch Scheiben donnern und größere Gegner hinfort katapultieren kann. Nicht verrückt genug? Dann greift doch einfach zu den Doppelfrosch-Handschuhen, um den Feinden einen froschig-starken Haken zu verpassen oder mich mit der elastischen Zunge über Abgründe zu schwingen. Oder einfach mit einem Magneten einen kolossalen Metallball ansammeln und damit die Umgebung und unliebsame Schergen möglichst brachial niederschmettern.
Ihr merkt schon: Bei diesem Gameplay-Element dreht Team Asobi ebenfalls vollkommen frei und sorgt dafür, dass mir regelmäßig neue, schnell enorm benutzerfreundliche Utensilien in die Hand gedrückt werden, die meine eigentlichen Hüpffreuden um eine weitere bisher unbekannte Facette erweitern. Dabei gelingt die Integration in das Gesamterlebnis vortrefflich, läuft so geschmeidig ab, dass der mitreißende Jump-and-Run-Flow überhaupt nicht gestört, ganz im Gegenteil sogar zusätzlich verstärkt wird. Hüpfe ich gerade noch locker-flockig durch die Gegend, muss ich mit Bulldogge oder Frosch-Handschuhen bewaffnet plötzlich umdenken, neue Herausforderungen meistern und meinen Stil umstellen. Dank des gelungenen Einbaus bringt mich das allerdings nicht aus dem Konzept, sondern liefert einfach nur enorm viel Abwechslung.
Und da ich es so gerne erwähne, möchte ich es auch an dieser Stelle wieder feierlich einbringen: All die eben erwähnten (und im späteren Spielverlauf noch hinzukommenden) Hilfsgegenstände werden anschließend nicht einfach inflationär in jedes Level geworfen, sondern gezielt eingesetzt, um den Akzeptanzbogen nicht einmal ansatzweise zu überspannen. Vielmehr macht sich das Gefühl breit, dass ich immer wieder mit neuen Aufgaben konfrontiert werde, dementsprechend also nicht einfach nur ständig den identischen Einsatzablauf durchspielen muss. Ein famoser Einfall, der durch eine astreine Umsetzung dafür sorgt, dass Astro Boy auch von dieser Seite von jeglicher Monotonie verteidigt wird.
Eine tiefe Verneigung vor der Videospielgeschichte
Ja, ich überschlage mich in diesem Test mit Lob und könnte gefühlt einfach einen Strich unter die Besprechungsrechnung machen und Astro Bot einfach direkt die Bestnote verpassen. Damit würde ich jedoch eine weitere Stärke des Abenteuers einfach unter den Teppich kehren, der für viele ältere Gamer als hauptsächlicher Kaufgrund fungieren dürfte. Unter den insgesamt 300 Bot-Freunden, die ich innerhalb der verschiedenen Galaxien ausfindig machen und retten muss, befinden sich nämlich 150 Cameo-Bots, bei denen es sich um teils unglaublich niedliche Robo-Varianten ikonischer PlayStation- und Gaming-Persönlichkeiten handelt. Und während auch hier die Spoiler-Handbremse angezogen bleibt, möchte ich eine Warnung aussprechen: Nostalgie-Fans sollten sich wirklich gut vorbereiten, um vor Freude nicht einfach ohnmächtig umzufallen.
Dadurch trifft man nämlich auf Nathan Drake, PaRappa the Rapper, Ratchet (keine Sorge, alle wurden bereits in Trailern vorgestellt) und viele weitere Helden aus der vergangenen und aktuellen Videospiel- und Sony-Historie, bekommt also die Chance, in Erinnerungen zu schwelgen und ein ebenso unerwartetes wie auch wunderbares Wiedersehen zu feiern. Besonders cool: In den eigentlichen Leveln verfrachten wir die Cameo-Bots nach der Rettung in unseren virtuellen Controller, bekommen eine kurze Charakterinfo präsentiert und dürfen uns ihr oftmals liebevolles Design dann nochmal genauer anschauen.
Damit aber noch nicht genug! Die Bruchlandestelle inmitten des zunächst tristen Wüstenplaneten dient nach der Intro-Sequenz nämlich als euer kleines Hauptquartiert, wo nicht nur das defekte PS5-Mutterschiff nach und nach repartiert wird, sondern auch alle bereits geretteten Bots auf das endgültige Abschließen der übergeordneten Mission warten. Wie sie das machen? Indem sie ihrem Alltag nachgehen und sich mit lustigen Spielereien die Zeit vertreiben. Bei den Cameo-Bots ergibt sich dadurch die perfekte Chance, famose Anspielungen auf deren Gaming-Karriere einzubauen, was Team Asobi natürlich direkt nutzt und ebenfalls vortrefflich in die Tat umsetzt. Wer nach dem Bewältigen einiger Planeten also weiterhin übers gesamte Gesicht strahlen möchte, sollte regelmäßig beim Wüstenplaneten vorbeischauen und all die Interaktionsmöglichkeiten genüsslich auskosten.
Und wenig überraschend schien die vor Kreativität förmlich explodierende Videospielschmiede mit dieser glanzvollen Art der Huldigung weiterhin nicht vollständig zufrieden zu sein und baute kurzerhand Sonder-Planeten ein, in denen legendäre Sony-Titel regelrecht auf ein Podest gestellt und lautstark gefeiert werden. Durch das Besiegen des finalen Oberbosses einer Galaxie retten wir nämlich einen ganz besonderen Cameo-Bot – für mein Beispiel ziehe ich den bereits öffentlich bekannten Kratos aus der God of War-Reihe heran –, der uns anschließend zu seinem eigenen Planeten führt. Dieser ist dann nicht nur an das Setting des ins Rampenlicht gerückten Legendentitels angelehnt (im Falle von Kratos finden wir uns in einer vereisten Ragnarök-Welt wieder), unser Robo-Held Astro verwandelt sich zudem in den aktuellen Cameo-Helden und übernimmt kurzzeitig dessen einzigartige Kräfte.
Sprich: Im Level Bot of War steuere ich den urplötzlich bärtigen und eine Axt herumschwingenden Astro durch die Gefahren des Winter-Wunderlands, begegne verniedlichten Varianten namhafter Kreaturen der nordischen Mythologie und entdecke gefühlt alle par Sekunden kleinere Details, die mich direkt an God of War: Ragnarök erinnern. Eine Verbeugung vor einem berühmten Franchise, die Team Asobi mehrfach wiederholt und sich dabei in puncto Inszenierung, Detailverliebtheit, Respekt und frischen Gameplay-Ideen stets selbst übertrifft und der eh schon ellenlangen Liste an eindrucksvollen Stärken einen weiteren Punkt hinzufügt. Letztlich ergeben sich dadurch nur zwei Negativpunkte: Ich darf im Rahmen dieses Tests nicht offen über all die herrlichen Gastauftritte frohlocken. Und gerne hätte es von eben diesen noch viel, viel mehr geben dürfen. Denn eine besseres Geschenk für das 30-jährige PlayStation-Bestehen hätte sich Sony definitiv nicht wünschen können.
Wenn Entwicklerliebe puren Spielspaß erschafft
Eigentlich sehe ich es als meine Aufgabe, mich jedem Titel vollkommen objektiv zu nähern, unvoreingenommen alle Stärken und Schwächen zu betrachten und daraus an abschließendes Fazit zu ziehen. Astro Bot machte es mir allerdings enorm schwer, die Begeisterungsbrille abzusetzen, das durch und durch sensationelle PS5-Abenteuer kritisch zu betrachten und Schwachstellen auszumachen. Stattdessen wurde ich auf meinem Weg zur 100%-Abschlussrate und einer (zumindest für mich immer auch ansatzweise wichtigen) Platin-Trophäe gut 18-stündigen Reise so gut unterhalten, dass ich das Erlebte im Anschluss erst Revue passieren lassen musste, um für diese Zeilen in den Beanstandungsmodus wechseln zu können.
Zumindest diskutabel ist natürlich die Gesamtspielzeit, vor allem da wir hier nicht über eine vorinstallierte Demo, sondern über einen Vollpreistitel sprechen. Hier fällt es allerdings schwer, das gänzlich als Schwäche anzukreiden, hat sich Team Asobi mit einer Vielzahl an Leveln und versteckten Geheimnissen doch redlich Mühe gegeben, für den aufgerufenen Kaufpreis ausreichend Inhalt zu bieten und all diese Elemente mit ununterbrochenem Spielspaß und ohne künstliche Längen zu verknüpfen. Letztere hätten zwar beim Erreichen der 20- , vielleicht sogar der 25-Stunden-Marke geholfen, allerdings ist mir das Herausschneiden solcher Entwicklertricks dann doch lieber. Und wer von dem eindeutig vorhandenen Wiederspielwert Gebrauch macht, behält den Controller auch nach dem Abspann noch ein wenig länger in den Händen.
Überhaupt lädt euch Astro Bot dazu ein, euch bei der Bot-Suche ausreichend Zeit zu lassen und die Spielwelt in Ruhe auf den Kopf zu stellen. Beispielsweise verstecken sich in den Leveln neben den verschollenen Robotern teils verzwickt verborgene Portale zu weiteren Planeten und Puzzle-Teile, die im Wüsten-Hauptquartier für den Bau neuer Einrichtungen zusammengesetzt werden. Dadurch erschaffe ich neben einer Boutique und einer kleinen Safari-Tour auch die aus dem Vorgänger bereits bekannte Gacha-Maschine. Diese darf ich mit eingesammelten Münzen füllen und erhalte im Austausch schicke Preise, bei denen es sich neben neuen Kostümen oder Farben für meinen DualSense-Flitzer auch um coole Accessoires für meine Cameo-Bots handeln kann. Allein dadurch ergibt sich solch ein unglaubliches Suchtpotenzial, bei dem ich während des Tests unglaublich dankbar war, dass das Abenteuer ohne Mikrotransaktionen auskommt – denn hier wäre ich bei all den verführerischen Preisen definitiv schwach geworden.
Einzig beim Schwierigkeitsgrad dürften sich hartgesottene Jump-and-Run-Fans mit jahrzehntelanger Erfahrung über das Fehlen zusätzlicher Einstellungsmöglichkeiten ärgern. Denn scheinbar wollte Team Asobi das gesamte Familien-Zielgruppennetz auswerfen und hat dementsprechend dafür gesorgt, dass das Hauptabenteuer abseits einiger kniffliger Passagen durchgehend fair und auch für kleine Gamer schaffbar bleibt. In Kombination mit unglaublich nah beieinanderliegenden Checkpoints werden jegliche Frustgefahren direkt pulverisiert, wirklicher Anspruch wird dabei aber ebenfalls schmerzlich vermisst. Immerhin lassen sich dann doch noch einige knackige Hindernisstrecken freischalten, in denen alle zuvor erlernten Sprung- und Ausweichfähigkeiten gehörig auf die Probe gestellt werden, ein einzelner Fehler direkt mit einem Neustart bestraft wird. Dennoch wäre es wünschenswert gewesen, direkt alle Level schwierigkeitstechnisch aufzupeppen.
Deshalb muss sich Astro Bot gar nicht entscheiden, für welche Zielgruppe es gedacht ist, kann sich hier doch eigentlich jeder wohlfühlen. Hier sind langjährige Profis und Gaming-Anfänger willkommen, ältere sowie jüngere Jahrgänge ebenfalls. Während meines Tests gab ich sogar gelegentlich meiner vierjährigen Tochter den Controller in die Hand, was abseits der nur mit ausgeklügelten Strategien in die Knie zu zwingenden Bosse durchaus von Erfolg gekrönt war. Und in diesen Momenten wurde Team Asobis Schöpfung in meinen Augen dann die Krone aufgesetzt. Ein wundervolles Videospielerlebnis, das Generationen durch puren Spielspaß verbindet, mit witzigen Ideen zum Lachen und innovativen Gameplay-Spielereien zum Staunen bringt. Es ist lange her, dass ein Konsolenerlebnis solch ein emotionales Feuerwerk in mir auslöste – und wer hätte ahnen können, dass ein nahezu perfekter Plattformer es nah einer gefühlten Ewigkeit wieder entzünden würde?
Fazit
Mit Astro Bot hat Team Asobi meine durch das phänomenale Astro's Playroom schonungslos in astronomische Höhe katapultierten Erwartungen spielend leicht übertroffen, nahezu pulverisiert und meine leicht angestaubte Gaming-Begeisterung im Alleingang revitalisiert. Selten durfte ich ein solch detailverliebtes, kreatives und herzerwärmendes Abenteuer erleben, mich mit einem simplen Griff zum Controller wieder an meine frühsten Videospielzeiten zurückerinnert und dadurch wirklich ununterbrochen bestens unterhalten fühlen. Dementsprechend ist es auch keine Überraschung, dass ich mich nach zwei Durchläufen und dem Verfassen eines Tests immer noch nicht beruhigen kann und meine Begeisterung lautstark teilen möchte.
Allein spielerisch kann Astro's neuste Rettungsmission mit einem abwechslungsreichen Plattformer-Gameplay, bezaubernden Welten und stets beeindruckenden Einfällen glänzen, kann eben diesen Spielspaß dank einer Vielzahl verborgener Geheimnisse, freischaltbarer Extras und einer fantastischen Technik-Mischung aus kunterbunter Optik, grandiosem Ohrwurm-Soundtrack und gelungener DualSense-Einbindung dann sogar noch verstärken. Hinzu kommt die feierliche Huldigung einer dreijahrzehntealten Videospiel-Ära und ihren zahlreichen Helden, wodurch ich zu einer nostalgischen Reise in die Gaming-Vergangenheit eingeladen werde und mich eines regelmäßigen Lächelns einfach nicht erwehren kann.
Astro Bot ist ein langer Liebesbrief an ein wundervolles Hobby, den Team Asobi keineswegs lieblos hingeklatscht hat, sondern die einzelnen Zeilen hingebungsvoll und leidenschaftlich verfasst und dabei die eigenen unvergesslichen Erinnerungen eingebaut hat. Dass der Schwierigkeitsgrad nur selten ein knackiges Niveau erreicht, fällt dabei kaum ins Gewicht, ein Meckern über eine vergleichsweise überschaubare Spielzeit verkommt direkt zum Meckern auf höchstem Niveau – und ist auch wohl eher dem Wunsch geschuldet, dass dieses Erlebnis am besten niemals hätte enden sollen.
Hier wurde ein wahres Genre-Meisterwerk geschaffen, ein klarer Kandidat für den Game of the Year-Award, ein Pflichttitel für all die Fans, die auch nur ein Fünkchen Videospielliebe empfinden. Und nun bleibt zu hoffen, dass Sony diese Liebe wahrnimmt und sich dessen bewusst wird, dass Zukunft eben nicht nur im GaaS- oder AAA-Segment zu finden ist, sondern manchmal auch ein kleines Jump-and-Run große Erfolge feiern kann.
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