The Soultaker

The Soultaker



Yin und Yang im Anime-Format.


Kyosukes Leben wird durch einen Messerstich in sein Herz schlagartig verändert.


Obwohl er diesen überlebt, wird er seitdem von schrecklichen Visionen und grotesken Wesen verfolgt. Außerdem findet Kyosuke heraus, dass sein Körper ein gefährliches Geheimnis verbirgt, denn in ihm erwacht der „Soultaker“, der weitere Opfer fordert...




Wir leben im Zeitalter hochkomplexer Animes, die dem Zuschauer den Einstieg mit verwirrenden Bildern und Ereignissen gerne ungemein erschweren. THE SOULTAKER pfeift drauf und geht in die Gegenrichtung – leider direkt zum anderen Extrem.


Nachdem die grundlegende Rahmenhandlung erörtert wurde und man uns mit allerlei Infos, Fakten und Begriffen beworfen hat, geht das Ganze nämlich in eine simpel gestrickte „Welches-Monster-wird-diese-Folge-verprügelt?“-Formel über, die zwar deutlich den Unterhaltungswert im Auge behält, Anspruch oder wissenswerte Erklärungen dabei aber leider oftmals gnadenlos über Bord wirft.


Hier und da nimmt THE SOULTAKER den roten Faden mal wieder auf und verliert einige relevante Worte, stürzt sich anschließend aber direkt in die kleine Fertigform des Anime-Plots und verbaut sich aufgrund eines episodischen Aufbaus mit wenigen Zusammenhängen das eigene Potenzial.


Bei Pokémon oder Sailor Moon mag so eine Struktur zwar Sinn machen, wirkt bei THE SOULTAKER aber einfach deplatziert. Unliebsamer Nebeneffekt: Hat man den uninspirierten und gefühlt durchweg auf Dauerschleife gestellten Verlauf durchschaut, macht sich spürbar Langeweile breit, was durch die schmerzhafte Eindimensionalität vieler Charaktere zusätzlich verstärkt wird.




Hätte ich mich diesem Test nur halbherzig angenommen, wäre meine Endauswertung erschreckend kritisch ausgefallen und hätte die Rangliste der vernichtendsten Kritiken auf dieser Seite locker angeführt. Wäre da nicht die zweite Hälfte.


Kaum hat man sich nämlich an diese seichte Ausrichtung gewöhnt und auf vollen Durchzug im Unterhaltungszentrum geschaltet, stellt THE SOULTAKER sein narratives Konzept urplötzlich auf den Kopf und beginnt, einen zusammenhängenden Plot mit ausreichend Spannung zu erzählen. Ein Meisterwerk hatte ich zu diesem Zeitpunkt eh nicht mehr erwartet, war aber vor allem beim direkten Vergleich mit der ersten Hälfte äußerst überrascht.


Zuvor blind in den Raum geworfene Elemente werden endlich stärker unter die Lupe genommen und ausgebaut, wodurch die Welt glaubwürdiger, dichter und zunehmend spannender wird. Das viel zu simple Grundprinzip der ersten Hälfte kann dadurch zwar nicht gänzlich in Vergessenheit geraten, bekommt aber zumindest ein ansprechendes Trostpflaster spendiert, das den Schmerz minimal lindert.


Leider beginnt dieser Wechsel bei THE SOULTAKER einfach zu spät, trotz deutlicher Steigerung in puncto erzählerischer Qualität fühlt sich das Gesamtwerk unrund an, verliert gegen Ende dann sogar noch an Luft – ein Problem, das man mit ausreichend Vorbereitung und Aufbau sicherlich unter Kontrolle hätte bringen können.


So bekommt man schlussendlich eine Unterhaltung versprechende, leider dann aber doch enttäuschende Handlung präsentiert, die am viel zu lahmen Startschuss viel zu stark leiden muss. Immerhin konnte man in Richtung Zielgraden noch das Lenkrad umreißen und eine völlige Enttäuschung verhindern.




Bild

Optisch ließ mich THE SOULTAKER zunächst verwirrt zurück. Ähnlich wie mit der Handlung wird man nämlich auch in dieser Rubrik (vor allem anfangs) gnadenlos bombardiert und wird dabei Zeuge knalliger Farbergüsse und kreativer Megalawinen.


Das Ganze wirkt wie ein höllisches Wirrwarr, an dem sich mehrere Köche versucht und dem damit verschiedene Gewürze, Geschmackssorten und Farben verpasst haben. Gepaart mit einer Reihe unterschiedlicher Effekte – am liebsten ein wundervoller Blitzeffekt – ergibt sich ein wahrhaft konfuses Bild, das man nur schwer in Worte fassen kann.


Nun konnte ich THE SOULTAKER aber etwas Revue passieren lassen und muss sagen, dass mich an diesen kreativen Stil als kreatives Element erinnere. Es wirkt sehr chaotisch, innerhalb dieses Chaos aber seltsam geordnet, wodurch man sich regelrecht in diese merkwürdige Welt gezogen und gefangen fühlt. Gelegentliche Kopfschmerzen können dabei zwar auftreten – kein Witz, vor allem bei starkem Rot-Einsatz gepaart mit aufblitzenden Elementen –, bei solch einem einzigartigen Stil könnte das aber tatsächlich gewünscht sein.


Leider liegt uns dieses künstlerische Anime-Machwerk nicht im feinsten HD-Gewand vor: Darüber informiert allerdings bereits der SD on Blu-ray-Vermerk auf dem Cover. So kann man die 13 Episoden direkt von einer Disc genießen, muss sich dafür aber auch mit Unschärfe und teils dürftigem Kontrast zufriedengeben. Meiner Meinung nach ist das ein Deal, der in Ordnung geht.




Sound


Handlung und Optik mögen konfus daherkommen, in puncto Synchronsprecher kann man sich aber immer auf Anime-Produktionen verlassen. Vor allem, wenn diese bereits vor einigen Jahren auf den deutschen Markt kamen.


So darf man sich neben einer starken japanischen auch über eine gelungene deutsche Sprachausgabe freuen, die mit Stefan Günther, Shandra Schadt oder Thomas Rauscher hohe Qualität ausstrahlt und sich dem Original somit auditiv erstklassig anpasst. Mit dem 5.1-Format kommen die Stimmen dann auch gut zur Geltung, selbst bei wuchtigen Momenten, in denen andere Sounds im Vordergrund stehen.


Der Soundtrack von Shadow of the Colossus-Komponist Kow Otani hält sich derweil oftmals stark im Hintergrund, dient beim Einsatz jedoch als perfekte Musikuntermalung – leider kommt diese nicht an seine grandiosen Kompositionen aus dem Playstation-Titel heran, versprüht aber immerhin einen ähnlichen Charme. Und seien wir ehrlich: Bei Otanis Können ist das bereits ein wahrhaftiger Genuss.




Extras / Aufmachung


Sticker
Wendecover


Ich hätte wirklich, wirklich gerne herausgefunden, mit welchem Gedankenprozess die Macher von THE SOULTAKER an das Projekt gegangen sind. Immerhin gibt es mit Blick auf den Handlungsaufbau sowie den Look zahlreiche Fragen, die passendes Behind-the-Scenes-Material hätten beantworten können.


Leider halte ich dieses Mal eine dieser Veröffentlichungen in der Hand, für die Nipponart keinerlei Boni auf die Disc pressen konnte, sondern nur mit den Episoden dienen kann. Zusätzlich gibt es noch einen Sticker sowie das mittlerweile unverzichtbare Wendecover.


Ich bin es ja schon gewohnt, keine Extras auf der Anime-Blu-ray zu finden. Gleichzeitig muss ich zugeben, dass die Enttäuschung bei THE SOULTAKER trotzdem recht hoch war. Aber so bleibt uns zumindest ausreichend Spielraum, uns den kreativen Gedankenprozess bei der Produktion selbst zusammenzureimen.




Fazit


Zwei Seiten einer Anime-Münze: Während THE SOULTAKER zahlreiche nennenswerte Elemente auf dem Tablett trägt, muss dieses mit gebrochenen Beinen in Form etlicher Schwächen zum Zuschauer befördert werden.


So wissen Optik und Sound zwar noch heute zu gefallen, können die in der Hälfte zunächst viel zu konfusen und anschließend schrecklich simplen Handlung allerdings kaum ausbügeln. Zum Glück wird zur Halbzeit ein Gang höhergeschaltet, was in Verbindung mit einem ebenso konfus wie auch faszinierenden Look als Rettung dient, wobei zwar das Unterhaltungswert gerettet werden, zahlreiche schmerzhafte Langeweile-Wunden aber nicht verhindert werden können.


So bleibt THE SOULTAKER am Ende perfekt ausbalanciertes Mittelmaß, das sicherlich keine Top-10-Liste im Sturm erobern wird, als kleiner Anime-Snack zwischendurch allerdings erstklassig unterhält. Sofern es euch also nach leichter Kost dürstet, solltet ihr einen Blick riskieren – alle anderen setzen hier lieber aus.


Name: THE SOULTAKER [SD on Blu-Ray]

Verleih: Nipponart

Bild: 16:9

Ton: Dolby Digital 5.1, DTS (Deutsch), Dolby Digital 2.0 (Japanisch)

Untertitel: Deutsch

Laufzeit: ca. 325 Minuten

Freigegeben ab: 16 Jahren


Mehr Infos findet ihr hier!


Für alle Bilder in unserem Test gilt:
©TATSUNOKO PRO/The SoulTakerProduction Party


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