Borderlands 3

Borderlands 3



Eine völlig neue Stufe des Wahnsinns


Obwohl seit dem Release des zweiten Teils bereits sieben Jahre vergangen sind, verschwand das Borderlands-Franchise nicht in der Vergessenheit. Ob nun umfangreiche DLCs, ein Pre-Sequel oder eine Telltale-Variante, Fans durften sich weiterhin das Vault-Hunter-Gewand überwerfen.


Der lautstarke Wunsch nach einer vollwertigen Haupt-Fortsetzung war jedoch vorhanden – und diese Rufe hat Entwickler Gearbox Software nun endlich erhöht. Und verspricht mehr Waffen, mehr Erkundungsmöglichkeiten, mehr Wahnsinn.


Ob Borderlands 3 die Vorgänger tatsächlich hinter sich lassen und elegant ein neues Loot-Shooter-Niveau erreichen kann, das verraten wir euch in unserem Test!


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Neue Helden für neue Schurken


Handsome Jack ist tot, die Galaxie ist wieder sicher. Möchte man meinen. In altbekannter Sequel-Manier wird die Bösewichter-Lücke jedoch direkt wieder von neuen Fieslingen gefüllt, denen es ebenfalls nach Macht und Zerstörung giert.


Auf diabolisches Gelächter und komplexe Pläne pfeifen die Zwillinge Tyreen und Troy Calypso dabei gänzlich. Ihr Vorgehen ist viel simpler: In der gesamten Galaxie unentdeckte Vaults öffnen, die eigenen Kräfte steigern, jegliche Widersacher blutig über den Jordan schicken und das Ganze via Live-Stream an die Welt herausschicken, um neue Follower für den Kinder der Kammer getauften Kult zu gewinnen.


Wo es Böses gibt, muss es allerdings auch Gutes geben: Und so ruft Sirene Lilith gemeinsam mit anderen alten Bekannten aus der Borderlands-Historie (Claptrap darf natürlich nicht fehlen, whoop whoop!) zum Gegenangriff, sieht sich jedoch schnell mit übermächtigen Feinden konfrontiert, deren eigene Kräfte schier unschlagbar erscheinen.


Kein Wunder, dass bei solchen Rivalen Unterstützung gesucht wird. An dieser Stelle kommen wir ins Spiel: Als einer von vier neuen Vault-Huntern schließen wir uns Lilith an und sagen den Calypso-Zwillingen den Kampf an. Mitsamt flotten Sprüchen und jeder Menge verballerter Munition.



Brachialer Humor mit Abzügen in der B-Note


Mit Borderlands 3 machen die Entwickler kein Geheimnis daraus, dass man sich strikt an die narrative Gesamtstruktur der direkten Vorgänger gehalten und maximal auf gezielte Verbesserungen gesetzt hat. Fans wird es freuen.


Immerhin wird man erneut von einer breiten Palette abgedrehter Haupt- und Nebencharaktere begrüßt, die gelegentlich zwar etwas zu oberflächlich bleiben, mit witzigen Sprüchen und skurrilen Stories aber dennoch begeistern und euch nicht selten die Lachtränen in die Augen treiben. Nicht jeder Gag sitzt, gravierende Fehlschüsse gibt es allerdings nur wenige.


Da verzeiht man gerne, dass man letztlich den altbekannten Suche-nach-den-versteckten-Vaults-Plot durchkauen und mit zwei sehr starken, im Vergleich mit Handsome Jack dann aber dennoch klar schwächeren Obermotzen auskommen muss. Vor allem, da man immer wieder merkt, dass sich die Entwickler ausreichend Mühe gegeben haben, die Hauptkampagne durchweg spannend zu gestalten und mit neuen Infos für die Borderlands-Lore zu füllen.


Kombiniert mit einer Reise durch die Galaxie fühlt sich die Story – abseits des altbekannten roten Hauptfadens – dadurch bedeutend gewichtiger, umfangreicher und zuweilen sogar dramatischer an als beispielsweise im zweiten Part der Reihe. Langeweile kommt somit zu keinem Zeitpunkt auf, entweder betritt man einer neuen Welt, trifft auf neue (oder alte) Bekannte oder erlebt ein schockierendes Ereignis, das die Haupthandlung etwas durchrüttelt.


Das Ganze bei einem eventuellen Sequel nochmals zu toppen wird definitiv keine leichte Aufgabe sein. Im Gegenteil zur Inszenierung, die leider auch bei der dritten (Haupt-)Runde gelegentlich etwas zu lasch ausfällt und uns zum Zeugen lahmer Dialoge werden lässt. Wir sind uns sicher: Das kriegt Gearbox doch locker besser hin!



Kaputtes Optik-Knie


Wenigstens wurde eine unserer Hauptkritiken früherer Serienableger erhört: Anstatt den fantastischen Score der Kompositionslegenden Jesper Kyd und Michael McCann im Hintergrund zu verbannen, werden die grandiosen Melodien nun selbst bei ruhiger Planetenerkundung abgespielt und lassen langweilig-ruhigen Momenten kaum mehr wirklich Raum.


In puncto Sprecherqualität brauchte Borderlands 3 derweil keinerlei Verbesserungen anzuvisieren und bleibt abermals auf einem enorm hohen Niveau. Perfekte Sprecherwahl sei Dank: Dadurch können die deutsche und die englische Sprachausgabe nämlich gleichermaßen überzeugen und leisten sich nur selten hörbare Ausrutscher. Wollt ihr jedoch den vollständigen Wortwitz erleben, raten wir euch zum englischen Original.


Probleme machen sich erst mit Blick auf den grafischen Gesamteindruck bemerkbar. Im ersten Moment dürfen sich hier vor allem Fans aber wieder freuen: Der serientypische Cel-Shading-Look wurde auch dieses Mal erstklassig umgesetzt und liefert euch neben detaillierten Waffen- und Charaktermodellen auch wuchtige Effektfeuerwerke und sogar eine Vielzahl optisch varianten- und abwechslungsreicher Areale.


Das Performance-Thema sorgt für ein jähes Ende des positiven Einstiegs. Vor allem während heftiger Schusswechsel, aber auch beim Erkunden weitläufiger Areale gerät Borderlands 3 immer wieder ins Stocken, bleibt gelegentlich auch mal für einige Sekunden einfach hängen und sorgt mit ruckeliger Menüführung regelmäßig für kleinere Wutausbrüche. Da können leider auch die beiden Einstellungen – eine für höhere Auflösung, eine für bessere Performance – keine Linderung verschaffen.


Unspielbar wird die Vault-Hunter-Sause dadurch allerdings nicht, selbst starke Ruckel-Orgien fallen vergleichsweise harmlos aus. Dennoch hoffen wir, dass baldige Patches spür- und sichtbare Ausbesserungen liefern, um etwas mehr Ordnung ins Chaos zu bringen.



Wähle deinen Skill-Pfad


Handlung und Technik haben wir erledigt, nun also ab ins Abenteuer? Falsch gedacht! In altbekannter Borderlands-Manier müssen wir uns vor Reiseantritt nämlich zunächst für einen der vier neuen Vault Hunter entscheiden, der als unser virtuelles Ich dienen wird.


Zur Wahl stehen Sirene Amara, Beastmaster Fl4k, Gunner Moze und Operative Zane. Jeder Held kommt mit einzigartigen Besonderheiten, ob nun mit magischen Fähigkeiten, animalischen Helfern oder schwer bewaffneten Mechs. Vor- und Nachteile gibt es keine, hier seid ihr mitsamt eures individuellen Spielstils gefragt.


Borderlands 3 macht hier jedoch noch lange nicht Halt, sondern eröffnet euch bereits beim Aufbau eures Charakters eine große Spielwiese, mit der man sich längere Zeit auseinandersetzen darf. Jeder Vault Hunter bringt nämlich drei Fähigkeiten mit, die ihr zwar parallel verbessern dürft, allerdings nur eine aktivieren und nur auf Wunsch wechseln dürft. Zane-Spieler aber an dieser Stelle dann doch einen kleinen Vorteil, immerhin darf er sogar zwei Fähigkeiten ausrüsten.


Passive und aktive Kräfte nach Wunsch zu optimieren, gänzlich auszutauschen oder via Geldeinsatz die gesamte Punktevergabe nochmal von vorne zu beginnen hält vor allem experimentierfreudige Spieler lange beschäftigt und bietet gerade im Endgame eine Reihe taktischer Möglichkeiten, die selbst von Anfängern hervorragend erkannt und genutzt werden können.



Mit dem Vault-Hunter durch die Galaxie


Nun sind wir aber endlich bereit, dürfen die weite Welt nach Vaults durchsuchen und auf dem Weg zahlreiche Neben-Quests absolvieren, eine Reihe widerlicher Gegner-Typen über den Jordan schicken und nach und nach zu einem legendären und perfekt ausgerüsteten Vault Hunter avancieren. Borderlands, wie es leibt und lebt.


Franchise-Fans dürfen dementsprechend keine großen Überraschungen erwarten. Erneut erkunden wir weitläufige Gebiete zu Fuß oder via Fahrzeug, stets auf der Suche nach dem nächsten Missionsziel. Okay, oftmals lenken alternative Pfade einen dann doch gerne ab und legen den Weg für ein gänzlich optionales Abenteuer, aber so ist das eben in der Vault-Hunter-Welt.


Besonders cool: Dieses Mal dürfen wir nicht nur einen, sondern gleich mehrere Planeten besuchen. Somit freuen wir uns nicht nur über abwechslungsreiche Schauplätze und jede Menge versteckte Schätze, sondern werden auch mit grundverschiedenen Monstern konfrontiert, derer wir uns unterschiedlichen Strategien entledigen müssen.


Borderlands 3 weicht dabei zwar nur selten vom eigentlichen Spielprinzip ab – komme von Punkt A nach B, erledige eine Aufgabe, besuche vielleicht auch noch C und BUMM, schon ist die Quest beendet –, kann diese Simplizität aber mit atmosphärischen Orten und motivierenden Erkundungstouren erstklassig kaschieren. Wer damit in der Vergangenheit keine Probleme hat, wird auch hier keinerlei Raum für Kritik finden.


Und solltet ihr dann doch mal einen Anflug von Langeweile spüren, holt ihr euch einfach bis zu drei Freunde dazu und erlebt Borderlands 3 zu viert. Funktioniert wie immer erstklassig, bringt den Spielspaß auf ein neues Maximum und füllt die Galaxie-Einöde mit lautstarken Strategie-Anweisungen. Für ausreichend Streitpotenzial kann auch gesorgt werden: Auf Wunsch kann jeder Vault Hunter nämlich sein eigenes Loot einsammeln oder es gibt einmal Beute für die Gruppe. Da kann die Gruppendynamik schnell flöten gehen.



Wenn Knarren aus dem Boden schießen


Erkundung hin oder her, Borderlands 3 ist und bleibt aber ein Loot-Shooter! Keine Überraschung also, dass man gefühlt um jede Ecke eine neue Schatzkiste oder geheime Waffe ausfindig macht, die man ohne große Umschweife direkt in die eigene Tasche verfrachtet.


Serientypisch ist die Auswahl an Ballermännern regelrecht erschreckend. Pistolen, Maschinengewehre, Schrotflinten, Raketenwerfer, Granaten und Co. sind natürlich die altbekannten Standard-Bewaffnungen, für jede Waffe gibt es dann aber gefühlt tausende Variationen, die ihre individuellen Stärken besitzen.


Als wahrer Vault Hunter wird man dadurch zum ständigen Nachrüsten seines eigenen Equipments verdonnert. Oh, diese Schrotflinte lässt sich schneller nachladen. Oh, mit dieser Pistole kann ich zwei Schuss auf einmal abgeben und somit bedeutend mehr Schaden anrichten. Was, mit diesen neuen Waffen kann ich Feuer-, Elektro- und Korrosionsschaden anrichten?! Ab in meine Schnellauswahl damit!


Ohne jede Frage handelt es sich beim Looten (abermals) um die größte Stärke von Borderlands 3. Die gigantische Auswahl gepaart mit der breiten Artenvielfalt animiert zum ständigen Grind, verpflichtet aufgrund eines fairen Schwierigkeitsgrads jedoch zu keinem Zeitpunkt hierzu. Vielmehr will man seine Ausrüstung schnell auf den besten Stand bringen und wird damit durchweg aufs Neue motiviert. Und eine neue Waffe auszuprobieren macht einfach nur verdammt viel Spaß!


Einziger Wermutstropfen: Das insgesamt weiterhin viel zu verschachtelte und von teils heftigen Rucklern geplagte Item-Menü, das schnelle Austauschaktionen schier unmöglich und ein genaues Vergleichen zwischen zwei Waffen unnötig kompliziert ausfallen lässt.



Eine Waffe für jede Lebenssituation


Borderlands 3 konfrontiert uns mit einem knackigen, jedoch keineswegs unfairen Schwierigkeitsgrad, der sich aus unterschiedlichen Faktoren ergibt. Und zwar aus der Qualität sowie der Quantität der Gegner.


Logischerweise werden Schusswechsel bedeutend fordernder, wenn man nicht gegen einen, sondern gegen 20 Fieslinge agieren muss. Neben einer passenden Deckungsmöglichkeit muss man dann natürlich ständig Schild- und Lebensleiste im Auge behalten, in Notsituationen schnell aus der Schusslinie verschwinden und abwarten, um den Gegenangriff zu starten.


Doch auch einzelne Feinde, oftmals die Oberbosse, können bereits lebensbedrohlich sein. Immerhin sind diese nicht selten mit schützender Ausrüstung oder gar Energiefelder umgeben, machen einen direkten Angriff somit zwar möglich, letztlich aber mühselig. Zum Glück haben auch diese Schwergewichte Schwächen, können beispielsweise mit Feuer- oder Korrosions-Munition schnell in die Knie gezwungen werden. Wer den richtigen Ballermann im Gepäck hat, ist klar im Vorteil.


Schnelle Reaktionen sind somit ein Muss, ein rasanter Waffenwechsel der oberste Posten auf dem Tagesprogramm. Das Gunplay unterstützt dabei grandios und erlaubt euch dank eines perfekten Flows, die geforderte Geschwindigkeit durchweg beizubehalten. Ein schneller Sprint, eine akrobatische Grätsche und schon liegt ihr hinter Deckung und dürft gezielt vernichtende Schüsse verteilen.


Übermäßig chaotisch kann das Ganze natürlich gerne mal werden, vor allem bei größerem Gegneraufkommen, schlussendlich werden Borderlands-Fans mittlerweile aber auch nichts anderes gewohnt sein. Wo geschossen wird, da fallen nun auch eben mal einige Patronenhülsen.



Eine lange To-Do-Liste


Ist man in Borderlands 3 richtig angekommen, wird man von einer Vielzahl an Haupt- und Nebenbeschäftigungen regelrecht erschlagen. Zum Glück hatten wir für unseren Test ausreichend Zeit im Gepäck.


Im Laufe der Hauptkampagne füllte sich unser Menü mit immer wieder neuen optionalen Missionen, die Karte eröffnete uns alternative Wege, geheime Superbosse und versteckte Sammelgegenstände, fordernde Arenen öffneten ihre Pforten, um unsere Fähigkeiten auf die Probe zu stellen. Und während das eigentliche Quest-Design nur selten über ein „Finde das“, „Betätige das“ oder „Töte die alle“ hinausgeht, hilft der motivierende Loot-Charme über die Monotonie hinweg.


Die Suche nach dem besten Loot, die Jagd nach den wichtigen Erfahrungspunkten für das nächste Level und somit brandneue Fähigkeiten entzündet ein loderndes Sucht-Feuer, das selbst nach vielen Stunden kaum mehr zu löschen ist. Erneute Durchgänge sind somit regelrecht vorprogrammiert, werden durch New Game+ und nach Beenden der Story zuschaltbare Mega-Schwierigkeitsgrade sogar noch forciert.


Borderlands 3 hat sich letztendlich also einfach den Stärken der Vorgänger bedient, dem Ganzen einige wenige Verbesserungen hinzugefügt und für ein grandioses Umfang-Paket gesorgt. Kein Wunder also, dass man diese packende Welt voller Vaults, Superbossen und Knarren so schnell gar nicht mehr verlassen möchte. Und umso schöner, dass man ausreichend To-Dos spendiert bekommt, dass man sie so schnell auch gar nicht verlassen muss.


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Fazit


Never change a running Vault system! Gearbox Software nimmt sich dieses Motto zu Herzen und präsentiert mit Borderlands 3 einen grandiosen Loot-Shooter, der sich gänzlich auf die Gameplay-Tugenden der Vorgänger besinnt und nur an gezielten Elementen kleinere Verbesserungen erfahren hat.


Verschiedene Planeten zu erkunden, seinen eigenen Loot-Berg anzuhäufen und reihenweise fiese Typen ins Jenseits zu befördern machte nie mehr Laune. Ein Segen also, dass ihr mit etlichen Nebenmissionen, versteckten Geheimnissen und Zusatzherausforderungen problemlos an die 50 Stunden vor die Konsole gefesselt werdet und dank freischaltbarer Schwierigkeitsgrade und dem fantastischen Koop-Modus stets neue Gründe für eine weitere Runde findet.


Borderlands-Hasser werden dadurch zwar nicht bekehrt, jahrelange Anhänger und Loot-Shooter-Fans aber problemlos in Richtung spielerischen Serien-Höhepunkt geführt. Allerhöchste Zeit also, die Vault-Jagd erneut zu eröffnen!

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