Disgaea 7: Vows of the Virtueless

Wiederhergestellte Franchise-Ehre.


Normalerweise lobe ich das japanische Studio Nippon Ichi Software gerne vollkommen euphorisch in den Himmel, gilt die Entwicklerschmiede in meinen Augen doch seit jeher als zuverlässiger Garant für herrlich abgedrehte Videospielunterhaltung, die die Grenzen des Wahnsinns problemlos sprengen kann. 2021 leistete sich das Team dann aber doch einen schwerwiegenden Ausrutscher, der nicht nur meine, sondern auch die lautstarken Jubelrufe der weltweiten Fangemeinde längerfristig zum Schweigen brachte. Der Name dieses Ausrutscher: Disgaea 6: Defiance of Destiny. Vielleicht eine, in meinen Augen sogar DIE größte Enttäuschung des Gaming-Jahres.


Händeringend wurde versucht, ein Mainstream-Publikum für sich zu gewinnen, die Übertreibungen der Vergangenheit mit einem chaotischen Knall zu übertreffen und einen Designwechsel ohne prüfenden Blick auf die Hardware-Limitationen der Nintendo Switch durchzudrücken. Tatsächlich beschlich mich während meiner Spielzeit die Befürchtung, dass es sich hierbei um den ersten und zugleich auch den letzten Sargnagel für die namhafte Reihe handeln würde, da mit einer gravierenden Qualitätsentfernung zu den gefeierten Vorgängern höchstwahrscheinlich kaum neue Fans gewonnen, dafür einige langjährige Anhänger verschreckt wurden.


Von einem Rückschlag scheint sich Nippon Ichi Software jedoch nicht aus dem Konzept bringen zu lassen – beziehungsweise finanziell nicht in eine vollständige Schieflage geraten zu sein – und meldet sich nun mit Disgaea 7: Vows of the Virtueless zurück, eine ambitionierte Fortsetzung, die zu den altbekannten Stärken zurückkehren und begangene Fehler dabei nicht nur ausmerzen, sondern sie direkt in Vergessenheit geraten lassen möchte. Ein löbliches Vorhaben, das in mir logischerweise die gigantische Hoffnung weckte, dass es sich beim desaströsen Vorgänger wirklich nur um ein kleines Malheur handelte, ein unliebsames Missgeschick, dessen Konsequenzen zu einem internen Umdenken geführt hatte und eine Wiederholung folglich unmöglich machte. Doch ob sich diese Hoffnung auch in der Praxis bestätigte oder es sich dabei dann leider doch nur um Wunschdenken handelte, möchte ich euch in meinem Test verraten.


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Visuelle Optimierungen, die für Entspannung sorgen


Anfangs machte sich in mir dann aber doch eine gewisse Unsicherheit breit, ob sich hinter der versprochenen Rückkehr zu den Serienwurzeln vielleicht nur leeres Marketing-Blabla versteckt. Anstatt nämlich zum herzerwärmenden 2D-Look zurückzukehren, beharrt Nippon Ichi Software auch bei Disgaea 7: Vows of the Virtueless auf dem 3D-Stil des Vorgängers, verpasst diesem aber erfreulicherweise endlich den Feinschliff, der bisher schmerzlich gefehlt hatte. Kein Wunder also, dass mein leichter Sorgenanflug rasant im Nichts verschwand und langsam die erhoffte Begeisterung einsetzte.


Im Mittelpunkt dieser optischen Überarbeitung stehen die zahlreichen, teils herrlich skurrilen Charaktermodelle, die nun sichtbar detailreicher ausfallen, mit geschmeidigen Animationen glänzen und vor allem beim Einsatz der atemberaubenden Spezialangriffe eine anschauliche Figur machen. Kombiniert mit der gewohnt ungezügelten Design-Kreativität, atmosphärischen Schauplätzen sowie einer angenehmen Farbpalette entsteht ein wohliger Retro-Charme, der mich trotz des grafischen Wechsels an frühere Ableger erinnerte.


Bedeutend wichtiger ist allerdings die Performance, die beim Vorgänger zweifelsfrei als technische Achillesferse bezeichnet werden durfte. Mittlerweile scheint Nippon Ichi Software solche Probleme in den Griff bekommen zu haben, präsentiert sich die Fortsetzung doch eindeutig stabiler, weshalb die zuvor aufgeführten Stärken besser zur Geltung kommen. Weder im Grafik- noch im Performance-Modus erlebte ich eklatante Framerate-Einbrüche, musste höchstens mit gelegentlichen Rucklern vorliebnehmen, die die grundlegende Spielbarkeit jedoch überhaupt nicht ins Wanken brachten. Einzig die heruntergeschraubte Auflösung in der Grafik-Variante und das damit in Verbindung stehende verwaschene Gesamtbild dürfte einigen Schärfe-Fetischisten sauer aufstoßen. Von einem optischen Albtraum blieb ich aber zum Glück verschont.


Mit Blick in Richtung Soundtrack müssen Disgaea-Veteranen derweil stark sein und Abschied von Tenpei Satô nehmen. Denn beim siebenten Serienteil nimmt der Komponist der allerersten Stunde seinen musikalischen Hut und überlässt seinen Platz Takeshi Matsumoto, der die großen Fußstapfen erstaunlich erfolgreich füllen kann. Gelegentlich fehlt den variantenreichen Melodien zwar ein winziger Hauch Wahnsinn, dennoch erweist sich der potenziell riskante Wechsel definitiv nicht als Fehler. Die Sprecherwahl bei der japanischen sowie der englischen Sprachausgabe eröffnet derweil keinerlei Raum für Kritik: Hier hat Nippon Ichi Software erneut ein starkes Händchen bewiesen und jede Rolle erstklassig besetzt, wodurch beide Fassungen eine valide Option darstellen und mit wundervoll absonderlichen Konversationen glänzen. Weshalb das japanische Original dann aber doch hauchdünn die Nase vorne hat, zeigt ein Blick auf die Rahmenhandlung des Abenteuers.



Otaku-Girl und Dämon-Samurai kämpfen für den Bushido-Kodex


Hauptschauplatz von Disgaea 7: Vows of the Virtueless ist nämlich das dämonische Reich von Hinomoto, dessen Name nicht ungefähr nach einem kleinen Örtchen inmitten des Landes der aufgehenden Sonne klingt. Immerhin erinnert diese Netherworld an das feudale Japan während Edo-Zeit, lässt dessen gesellschaftliche Kultur allerdings gänzlich vermissen. Denn seit der Übernahme eines fiesen Shoguns wird in Hinomoto auf den noblen Bushido-Kodex gepflegt gespuckt, jetzt gehören einzig Chaos und Anarchie zum deprimierenden Alltag. Ein Status Quo, der dem superreichen Otaku-Mädchen Pirilika sauer aufstößt.


Eigentlich wollte das riesige Hinomoto-Fangirl nämlich in die ehrenhafte Welt eintauchen, Zeugin anmutiger Krieger und heroischer Taten werden, bekommt stattdessen aber schonungslos die ernüchternde Realität serviert. Ein unverhofftes (vielleicht ja sogar schicksalhaftes) Treffen mit dem charakterlich eher durchwachsenen, erschreckend faulen Samurai Fuji könnte jedoch einen existenziellen Wendepunkt für das eigentlich verlorene Reich darstellen. Denn gemeinsam mit dem gefallenen Helden möchte Pirilika den alten Bushido-Glanz wiederherstellen und allen tödlichen Bedrohungen, üblen Gefahren und vor allem dem finsteren Regime hierfür den Kampf ansagen. Weshalb Fuji dieses Ziel auch nur ansatzweise kümmern sollte? Na, weil er dafür immerhin eine ordentliche Bezahlung kassiert!


Gemeinsam beginnt das ungleiche Duo also eine abenteuerliche Reise, auf der sie eine Vielzahl angriffslustiger Widersacher und unverzichtbarer Begleiter begegnen und dem schier unmöglichen Ziel Schritt für Schritt näherkommen. Wenig überraschend geriet dieser Handlungspfad jedoch rasant in der Hintergrund, konzentrierte ich mich doch bewusst auf die verschiedenen Haupt- und Nebenakteure, die für mich bereits nach wenigen Stunden das wahre Herzstück von Disgaea 7: Vows of the Virtueless ausmachten. Denn das Aufeinandertreffen mit all den individuellen und stets absonderlichen Persönlichkeiten ist mit einem imposanten Unterhaltungsfaktor behaftet, der etlichen Zwischensequenzen und Dialogen eine gesalzene Lachgarantie verpasst. Natürlich könnte ich euch nun einige Beispiele aufführen, halte mich aus Spoilergründen aber lieber zurück. Dann erhält die erste Begegnung einfach eine besondere Note.


Erfreulicherweise gelingt Nippon Ichi Software erneut das Kunststück, nicht einfach blind der kompletten Lächerlichkeit zu verfallen, sondern neben einer ordentlichen Portion Jux und Tollerei auch für ausreichend Emotion zu sorgen. Hinter fast allen extravaganten Schalen verstecken sich auch herzliche, mitunter gar tragische Kerne, die auch hartgesottenen Dämonen eine nahbare Menschlichkeit verpassen. Netter Nebeneffekt: Die Interaktionen zwischen den einzelnen Mitgliedern der breiten Charakterriege verkommt nicht zu einer hohlen Aneinanderreihung dämlicher Witzchen, lässt sich zwischendurch doch immer wieder eine dringend notwendige Tiefe erkennen, die den Nährboden für erzählerische Weiterentwicklung und damit auch einen durchweg mitreißenden Spannungsbogen darstellt.


Hier und da mögen sich sicherlich mal kleinere Längen einschleichen, das Geschehen mitunter an eine inhaltsarme Filler-Episode eines gefeierten Animes erinnern, in diesen wenigen Momenten greift dann aber die gekonnte Fusion aus liebenswerten Helden und grandiosem Humor. Ja, vielleicht könnte die aktuelle Situation etwas mehr Tempo, etwas mehr Wichtigkeit vertragen. Aber immerhin darf ich mit Fuji, Pirilika und Co. abhängen, beim neusten verbalen Schlagabtausch einige Tränen vergießen und mich darauf freuen, welcher abstruse Scherge als nächstes meinen Weg kreuzen wird.



Mit Taktik-Köpfchen in Richtung Sieg


Selbstverständlich führt solch ein Zusammentreffen auch bei Disgaea 7: Vows of the Virtueless nicht automatisch zu freundlichen Unterhaltungen und dem Knüpfen ewiger Freundschaften, sondern artet gerne auch mal in erbitterte Gefechte aus, bei denen sich die verfeindeten Parteien heftig die dämonischen Fähigkeiten um die Ohren schlagen. In diesen Momenten orientiert sich Nippon Ichi Software am Kampfsystem der zahlreichen Vorgänger, das kurzerhand übernommen und um einige ausgewählte Elemente erweitert wurde. Ob diese auch sinnvoll integriert wurden, darauf möchte ich erst im nächsten Abschnitt eingehen.


Vorher möchte ich mich nämlich zunächst auf die grundlegenden Systeme konzentrieren, um diese interessierten Neueinsteigern näherzubringen. Informationen, die sich Serienkenner getrost sparen können, haben sie sich doch bereits mehrmals durch die herrlich vielschichtigen Strategie-RPGs gekämpft und dabei ihr taktisches Können unter Beweis gestellt. Und auch in dieser Runde gilt es wieder verschiedene Einheiten im Rahmen rundenbasierter Gefechte über in unzählige Quadrate eingeteilte Schlachtfelder zu lotsen und mit durchdachten Plänen und dem nötigen Fingerspitzengefühl einen glorreichen Sieg nach dem anderen einzufahren.


Eigentlich klingt das Ganze im ersten Moment auch ebenso simpel wie zugänglich: Ich wähle meine Truppen aus, führe sie zu meinen Rivalen und lasse anschließend die Waffen sprechen. Konnte ich damit noch keine Entscheidung erzielen, muss ich nur noch den Gegenangriff überstehen, mein letztes Manöver wiederholen und hoffen, dass mir nun endlich der Vernichtungsschlag gelingt. Mit dieser minimalistischen Beschreibung kratze ich allerdings höchstens an der Oberfläche aller mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und gehe früher oder später gnadenlos unter, sofern ich das Eintauchen nicht wage.


Beispielsweise muss ich die Stärken, Schwächen und Statuswerte all meiner Kämpfer genauestens im Blick behalten und treffsicher ausloten, welcher bei einem offensiven Vorstoß die größten Erfolgschancen hat. Auch das Terrain spielt eine wichtige Rolle, sind ausgewählte Flächen doch mit Vor-, manchmal aber auch mit Nachteilen behaftet, können einen eigentlich grandiosen Zug also binnen kürzester Zeit veredeln oder zu einem katastrophalen Fehlschlag degradieren. Disgaea 7: Vows of the Virtueless überschüttet mich mit solchen anfangs unwichtig erscheinenden Kleinigkeiten, die sich mit fortschreitendem Spielverlauf dann aber eben doch als existenzielles Zahnrad herausstellen, die in meinem Baukasten nicht fehlen dürfen.


Vor allem für Taktik-Muffel muss unterstrichen werden, dass es sich hierbei nicht um optionale Komponenten geht, die man nach Belieben an- und abbauen darf. Pfeife ich auf den strategischen Part und möchte das Abenteuer zum temporeichen Action-RPG umformen, kassiere ich direkt erbarmungslos Prügel und werde förmlich verdonnert, mich mit all den komplexen System auseinanderzusetzen. Glücklicherweise fallen diese abermals zugänglich aus, laden mich regelrecht zum Experimentieren ein und führen dann auch tatsächlich zu sicht- und spürbaren Errungenschaften. Man muss halt nur den Willen haben, die nötige Zeit zu investieren.



Schonungslos eingerissene Upgrade-Grenzen


Zweifelsohne sind sich Disgaea-Veteranen dieser Herausforderungen längst bewusst und genießen somit einen vergleichsweise behaglichen Einstieg, dürfen sie doch getrost das bereits erlernte Skill-Set reaktivieren und die ersten Gefahren damit effektiv in Grund und Boden donnern. Auf der faulen Entwicklerhaut wollte Nippon Ichi Software dann aber doch nicht liegen und erweitert das altbekannte Prinzip um einige spannende Facetten, die auch bei den Profis ein gewisses Umdenken anregen dürfte.


Den Anfang macht der sogenannte Höllenmodus, der eine hitzige Neuerung verspricht, dem bereits unglaublich umfangreichen Angriffsköcher aber schlussendlich einfach nur einen weiteren Spezialfähigkeitenpfeil hinzufügt. Ausgewählte Kämpfer dürfen nach dem vollständigen Aufladen der Höllenleiste die dämonischen Mächte ihrer legendären Waffen entfesseln, Feinde mit einem passiven Effekt belegen und dann auch noch vernichtenden Schaden austeilen. Eine imposante Kraft, die eine entscheidende Timing-Frage aufwirft: Wann sollte ich den Höllenmodus aktivieren? Möglichst früh, um meinen Vorsprung in Richtung Sieg zeitnah auszubauen? Oder doch lieber als Notlösung, die mich in allerletzten Sekunde vor einer krachenden Niederlage schützen kann?


Weitaus knackiger wird dieses theoretische Gedankenspiel bei der brandneuen Jumbifizierung, die meine Helden zu überdimensionalen Proportionen anwachsen lässt und die komplette Arena in einen potenziellen Angriffspunkt verwandelt. Und da solche Faktoren wie Entfernung, Terrain oder Statuswerte als kolossaler Riese zu vernachlässigbaren Worten verkommen, prinzipiell alle geltenden Grenzen gesprengt werden, verpasse ich meinen Verbündeten einfach mal einen netten Bonus – darunter Gesundheitsregeneration oder Schadenserhöhung – und nehme mit einer verheerenden Attacke mehrere Widersacher gleichzeitig ins Visier. Bevor ihr euch nun aber wie unantastbare Götter fühlt, die mit der Jumbifizierung locker pfeifend durch das Abenteuer gleiten können, seid gewarnt: Auch eure Feinde können auf den Maxi-Modus zurückgreifen und langwierige Bemühungen brüsk in Schutt und Asche legen.


Disgaea 7: Vows of the Virtueless schafft es eindrucksvoll, auf dem Papier spielentscheidend anmutende Gameplay-Neuerungen so einzubauen, dass die strategische Ebene raffiniert erweitert und zu keinem Zeitpunkt aus dem gewohnten Gleichgewicht gebracht wird. Ja, der Höllenmodus und die Jumbifizierung können das Blatt wenden, mir aber auch urplötzlich um die Ohren fliegen. Planung und Konzentration bleiben also die wichtigsten Schlüssel, um ein stetes Voranschreiten zu sichern und bei einigen der knackigen Duelle nicht den Verstand zu verlieren. Immerhin habe ich jetzt aber zwei Asse im Ärmel, die ich in Notfallsituationen blind zur Brechstange umfunktionieren und mich mit etwas Glück vielleicht auch ohne vorher zusammengestelltes Super-Konzept retten kann.



Willkommen im Grind-Paradies


Als engstirniger Strategie-Muffel erlebte ich meinen unterhaltsamen Marsch durch die Haupthandlung von Disgaea 7: Vows of the Virtueless als Achterbahnfahrt der Motivationsgefühle. Manche Gefechte bestritt ich spielend leicht, zwang also wirklich jeden noch so bedrohlichen Feind problemlos in die Knie und hüpfte überschwänglich in das nächste Duell, das ich dann krachend verlor. Trotz dieser stark schwankenden Schwierigkeitskurve rutschte ich niemals in die Verzweiflung ab, hatte ich doch stets das Gefühl, dass hier keine Unfairness im Spiel ist. Vielmehr wurde mir bewusst, dass meine Taktik eventuell einige klaffende Löcher hatte, die zunächst gestopft werden müssten. Und auch mein Team könnte vielleicht ein kräftiges Upgrade vertragen.


In gewohnter Franchise-Manier kommen wahnsinnige Grind-Monster bei diesem Vorhaben gehörig auf ihre Kosten und dürfen mit ausuferndem Übungseinheiten die lächerlichen zwei- und dreistelligen Levelbereiche hinter sich lassen. Wollt ihr das Maximum aus eurer Truppe herausholen, dürft ihr ordentlich ausrasten und die einzelnen Kämpfer allesamt sogar bis Level 9.999 hochtrainieren, wobei ihre Zeugen astronomischer Statuswerte werdet. Das reicht euch noch nicht? Kein Problem, dann springt ihr mit euren ultimativen Kriegern einfach wieder zur ersten Stufe zurück und wiederholt den Vorgang, um das vorherige Ziel mit bedeutend höheren Attributen zu erreichen. Gefühlt ist allein hier der dämonische Himmel das Limit!


Weiterhin nicht happy? Dann dürft ihr zusätzlich mit den insgesamt 45 Klassen jonglieren, darunter auch vier brandneue Varianten (Maiko, Bandit, Zombie Maiden und Big Eye). Diese müssen nach und nach freigeschaltet und wollen anschließend natürlich direkt ausprobiert werden, eröffnen sie mit ihren individuellen Fähigkeiten doch die mehr als willkommene Möglichkeit, die aktuelle Teamzusammenstellung ordentlich auf den Kopf zu stellen, taktische Zwickmühlen aus verschiedenen Perspektiven zu analysieren und mit einer gekonnt aufgemotzten Truppenstärke zu bewältigen. Der Krieger präsentiert sich als Offensivmonster, der Ninja besticht mit einzigartiger Agilität, der Rüstungsritter darf ohne Übertreibung als Defensivbrocken bezeichnet werden und der Dieb krallt sich nebenbei kostbare Schätze. Es macht einen ungeheuren Spaß, den eigenen Stärkepool immer wieder aufs Neue aufzufrischen und spannende Kombinationen auszuprobieren. Vor allem, da man aufgrund der ebenfalls vorhandenen Schwächen nicht selten unliebsam auf die Schnauze fliegt, mit den Learnings dann aber auch hochmotiviert an den Planungstisch zurückkehrt.


Nein, damit ist Nippon Ichi Software immer noch nicht am Ende des Upgrade-Wahnsinns angekommen, sondern fokussiert sich nun auf die Fragestellung, wie auch das altbekannte Ausrüstungssystem aufgepeppt werden kann. Neue Gegenstände kaufen, ausrüsten und über erhöhte Werte freuen? Klar, kann man machen. Via Item World in die einzelnen Gegenstände eintauchen, sich durch zahlreiche Ebenen eines Dungeons prügeln und damit eine mächtige Leistungssteigerung nach der anderen kassieren? Klingt doch gleich bedeutend cooler – und macht zudem ordentlich Laune!


Nun könnte ich die Grundsatzdebatte eröffnen und die Frage aufwerfen, ob ein Grind-Zwang überhaupt in ein modernes Videospielabenteuer passt. Bremst er nicht eher den Handlungsfluss aus, knabbert dadurch an der Motivation und schraubt einfach nur die Gesamtspieldauer künstlich in die Höhe? All das mag natürlich zustimmen, Disgaea 7: Vows of the Virtueless dient jedoch als Paradebeispiel, dass der korrekte Grind-Einsatz hervorragend funktionieren kann. Immerhin darf ich diese Aufgabe hier vielseitig angehen, mich entweder auf die Charaktere, die Klassen oder die Gegenstände konzentrieren, Langeweile damit ohne Weiteres umtanzen und voller Elan das Nonplusultra ins Visier nehmen. Keine guten Neuigkeiten für mein Zeitkonto, das seit Beginn meines Tests ordentlich bluten musste.



Daueraufenthalt in Hinomoto


Mit solch einer langen Liste an unterschiedlichen Gameplay-Elementen, individuellen Klassen, Verbesserungsmöglichkeiten und kleinsten Taktikkomponenten dürfte es kein Geheimnis sein, dass sich Disgaea 7: Vows of the Virtueless eher an Profis, vielleicht sogar noch geübte Kenner richtet, die für die fortwährende und eindringliche Optimierung ihres Teams bereit sind, eine gewaltige Zeitinvestition zu tätigen. Zwar darf dank ausführlicher Tutorials und eines gnädigen Auftakts schon von einer gewissen Einsteigerfreundlichkeit gesprochen werden, völlige Neulinge im Disgaea- und Taktik-RPG-Game könnten sich von der immensen Fülle wichtiger Teilaspekte dann aber doch regelrecht erschlagen fühlen und das frühzeitig Werfen des Handtuchs bevorzugen.


Sucht ihr allerdings ein ambitioniertes Langzeitprojekt, wollt gerade durch die ständige Anstrengung des eigenen Denkvermögens über euren Horizont hinauswachsen und triumphale Erfolge feiern, wird euch in dieser Netherworld natürlich die optimale Bühne geboten. Überraschenderweise gibt es diese dann nicht nur in der Singleplayer-, sondern nun auch in der Online-Variante, wobei Nippon Ichi Software nicht etwa den offensichtlichen Pfad beschreitet, sondern eine zunächst recht riskante Route wählte. Anstatt nämlich auf kompetitive Gefechte zu setzen, euch also via Lobby einfach mit menschlichen Spieler aus der gesamten Welt zu konfrontieren, feiern die grausigen KI-Kämpfe aus dem Vorgängern nach heftiger Kritik ein fragwürdiges Comeback.


In dieser Konstellation funktioniert das Feature dann allerdings prächtig. Im ersten Schritt stelle ich mein Team zusammen und überlege, welche taktischen Schwerpunkte (Wer soll heilen? Wer soll zaubern? Wer soll vehement angreifen?) ich auf meine einzelnen Kämpfer verteile. Anschließend darf ich diese noch auf dem aktuellen Schlachtfeld verteilen, meine Einstellungen hochladen und schlussendlich gemütlich beobachten, wie meine theoretischen Gedankenspiele in der Praxis ausfallen. Fahre ich Siege ein, steige ich im Rank auf und darf mich mit weiteren gegnerischen Truppen, die mein Niveau erreicht haben, messen. Niederlagen sorgen derweil für einen enttäuschenden Rankrückschlag und erfordern meinerseits ein gepflegtes Update, das etwaige Verteidigungslücken schließt und mich wieder in die Gewinnerspur bringt.


Disgaea 7: Vows of the Virtueless als Umfang-Monster zu bezeichnen wäre zweifelsfrei despektierlich. Möchtet ihr nämlich nicht nur den Abspann, sondern zudem auch das bahnbrechende Status-Maximum erreichen, favorisierte Gegenstände aufleveln, alle Hinomoto-Geheimnisse entdecken und im Online-Bereich um die Spitzenposition (oder zumindest um eine anschauliche Platzierung) kämpfen, solltet ihr euren Videospielkalender definitiv freihalten, stehen euch doch hunderte Spielstunden voller Unterhaltung, Herausforderung und Verbesserungspotenzial bevor. Sicherlich wird die Anzahl an 100%-Taktikern gering ausfallen, allein die beachtliche Größe dieses mit allerlei Möglichkeiten vollgepackten Spielplatzes fällt vollkommen beeindruckend aus.


Nippon Ichi Softwares größte Errungenschaft ist aber die Tatsache, dass mich Handlung, Technik und Gameplay allesamt in ihren Bann ziehen können, abschreckende Schwächen und Performance-Horror also Geschichte sind und ich mich wieder voller Begeisterung auf die Serien-Grundpfeiler stützen darf. Eine beachtliche Rückkehr zu alter Form, die zweifelsfrei einen Applaus verdient. Denn während ich an dieser Stelle nicht einmal ansatzweise verraten möchte, ob Fuji und Pirilika den Bushido-Kodex am Ende ihres turbulenten Abenteuers wiederherstellen können, teile ich eine besonderes erfreuliche Erkenntnis mit euch: Die Instandsetzung des angeschlagenen Disgaea-Kodex ist auf ganzer Linie geglückt!


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Fazit


Mit Disgaea 7: Vows of the Virtueless beweist Videospielschmiede Nippon Ichi Software eindrucksvoll, dass Studios heutzutage eben doch noch auf lautstarke Fankritik hören, bereitwillig aus den eigenen Fehlern lernen und ein aus den umjubelten Bahnen geratenes Franchise wieder auf die Erfolgsschiene zurücksetzen können. Nach dem enttäuschenden Vorgänger startet die Taktik-RPG-Reihe nämlich wieder ordentlich durch und punktet dabei nicht nur bei Serien-, sondern auch bei Genre-Fans auf ganzer Linie.


Dreh- und Angelpunkt sind weiterhin die herrlich vielschichtigen Gefechte, die nur mit ruhigem Köpfchen und taktischem Geschick bewältigt werden können. Zum Glück steht mir ein umfangreiches Upgrade-Repertoire zur Verfügung, das sich vom altbekannten Hochleveln über mehr als 40 verschiedene Klassen bis hin zu aufwertbaren Gegenständen erstreckt. Obendrein gibt es dann noch eine humorvolle, mit sympathischen Charakteren vollgestopfte Haupthandlung, einen wahrlich zufriedenstellenden Technik-Feinschliff, eine lebendige Spielwelt sowie einen vielversprechenden Online-Modus, der eine frühere KI-Sünde in ein spannendes Feature umwandelt. Schwer, hier noch Raum für Kritik auszumachen.


Wer mit der ausgeflippten Strategie-Sause bisher nichts anfangen konnte, den wird auch Disgaea 7: Vows of the Virtueless nicht bekehren. Allerdings war das auch überhaupt nicht das Ziel! Vielmehr wollte Nippon Ichi Software beweisen, dass der sechste Part tatsächlich nur ein bedauerlicher Ausrutscher war, Fans diesen also endgültig aus dem Gedächtnis streichen und sich hoffnungsvoll der Serienzukunft zuwenden dürfen. Ein Vorhaben, das erstklassig aufgegangen ist und die Spuren der weit zurückliegenden Enttäuschung mit einem phänomenalen Highlight gelungen verwischt. Bleibt nur noch zu hoffen, dass eine eventuelle Fortsetzung dem nun (erneut) eingeschlagenen Weg folgt und auf unliebsame Weichenstellungen verzichtet.

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