Happy Birthday, Harvest Moon Story of Seasons!
Seit nunmehr 25 Jahren lädt Bokujô Monogatari, Leuten mit fehlenden Japanisch-Kenntnissen wahrscheinlich eher als Harvest Moon bekannt, Gamer rund um den gesamten Globus ein, ihre landwirtschaftlichen Fähigkeiten auf der virtuellen Farm unter Beweis zu stellen und aus einer baufälligen Ruine einen erfolgreichen Bauernhof zu formen – und nebenbei ein zuverlässiger Teil einer fröhlichen Dorfgemeinde zu werden, den Traumpartner zu finden und eine glückliche Familie zu gründen.
Eine ebenso beeindruckende wie auch turbulente Serienhistorie, immerhin wurden mit einer Vielzahl an Sequels, Remakes und Spin-Offs nicht nur zahlreiche Konsolen und Handhelds abgedeckt und dabei etliche Erfolge sowie positive Kritiken eingefahren, auch ein Namenswechsel für alle zukünftigen Veröffentlichungen auf dem westlichen Markt stand nach internen Streitigkeiten auf der Agenda. Eine komplexe Geschichte, über die ich letztes Jahr vollumfänglich berichten durfte.
Für loyale Fans ergab sich aus der Trennung zwischen prominentem Namen und inhaltlicher Brillanz eine simple Regel: Harvest Moon pfui, Story of Seasons hui! Und somit mag es auch kaum verwunderlich sein, dass vor allem jahrelange Hobbyfarmer zur Feier des 25-jährigen Jubiläums um das brandneue Harvest Moon: Eine Welt aus dem Hause Natsume lieber einen weiten Bogen machen und auf der Suche nach einem vollwertigen und den geliebten Wurzeln der Reihe treu gebliebenen Abenteuer stattdessen zu Story of Seasons: Pioneers of Olive Town von Entwicklerstudio und Publisher Marvelous greifen sollten.
Und mit Hammer, Axt und Gießkanne bewaffnet möchte ich euch im Test verraten, weshalb sich diese Regel trotz eines enttäuschenden Beigeschmacks auch im Jubiläumsjahr zweifelsohne bewahrheitet – und mich vor Verfassen dieser Zeilen knapp 70 Stunden an die Nintendo Switch fesselte.
Verwahrlostes Familienerbe
Es ist ein Déjà-vu, das zahlreiche Story of Seasons-Fans sicherlich mit mir teilen werden: Die alte Farm meines Großvaters muss wieder auf Vordermann gebracht werden? Eine Aufgabe, der ich in der mittlerweile 25-jährigen Seriengeschichte bereits mehrfach begegnen durfte, an dieser Stelle allerdings auch keine weltbewegende Innovation erwarte. Immerhin sind es die zahlreichen Schritte in Richtung Erfüllung dieses glorreichen Ziels, die im Mittelpunkt der abermals bezaubernden Landwirtschaftssimulation stehen.
Hochmotiviert klickte ich mich also durch die zwar überschaubare, in puncto Varianz jedoch insgesamt ausreichende Charaktererstellung, schwang mich auf mein treues Moped und machte mich auf den Weg in Richtung Olivingen, das ich in diesem Test mit Blick auf den Titel einfachheitshalber beim englischen Namen Olive Town nennen werde.
Nach der traditionellen Begrüßung des Bürgermeisters folgten die üblichen Gepflogenheiten einer alltäglichen Konversation. Somit folgten mein Name, Geschlecht und Geburtstag sowie wichtige Hinweise für meine ersten Schritte auf diesem mir noch unbekannten Pfad, an dessen Ende ein optisch aufpolierter und wirtschaftlich herausragend laufender Hof stehen sollte, mit dem ich meine Familie optimal versorgen könnte.
Freudestrahlend startete ich meinen ersten Erkundungszug, freute mich auf ein vielversprechendes Fundament für all meine Zukunftsträume, begegnete aber stattdessen einem arbeitstechnischen Albtraum, der jegliche Planungen gefühlte Monate zurückwarf. Voluminöse Steine, gigantische Bäume, regelrechte Unkrautarmeen und zahlreiche Bauruinen machten einen produktiven Traumstart jäh zunichte – sogar auf ein gemütliches Haus musste ich verzichten und wurde mit einem zweckmäßigen Zelt abgespeist.
Eine erschreckende Bestandsaufnahme, die mir schonungslos deutlich machte, dass ich meine Ärmel mehrfach hochkrempeln musste, um den Hof zu altem Glanz verhelfen und meinen Großvater stolz machen zu können.
Der mühselige Start ins Farmerleben
Zum Glück legt mir Story of Seasons: Pioneers of Olive Town etliche für die Farm-Renaissance existenziellen Utensilien früh in meinen Rucksack. Dementsprechend verarbeite ich störende Bäume zu Kleinholz, verwandle Felsbrocken in handliche Steinchen und schicke Unkraut mit einem engagierten Sichelhieb direkt ins Pflanzen-Nirvana. Und siehe da: Bereits nach einem Arbeitstag konnte sich mein auf den Namen Wow-ville getaufter Hof tatsächlich sehen lassen.
Logischerweise stand die gründliche Reinigung nur am Anfang des Wiederaufbauplans und wurde direkt vom Hausbau begleitet – das Zeltleben liegt mir einfach nicht. Der optimale Zeitpunkt, das direkt an meine Farm angrenzende Hafenstadt Olive Town zu besuchen, alle freundlichen Bewohner kennenzulernen und beim örtlichen Hausbauer herauszufinden, wie viel mich der ganze Spaß kosten würde. Erfreulicherweise hatte ich die wichtigsten Materialien bereits eingesammelt, musste nun nur noch das nötige Kleingeld beschaffen.
Nun wissen selbst Farmer der ersten Stunde, dass man zunächst ein wenig investieren muss, um anschließend mit dem dicken Gewinn prahlen zu können. Dieser goldenen Regel folgend marschierte ich also direkt in den Lebensmittelmarkt, kaufte mir unterschiedliche Samen und pflanzte diese im frisch beackerten Boden ein. Nun folgten Tage des Wartens, in denen ich fleißig nach meinem ersten Anbau schaute, aus dem Boden schießendes Neu-Unkraut direkt vernichtete und mit einem Schuss Wasser aus meiner Gießkanne meine Liebe und Fürsorge zur Schau stellte.
Dann folgte endlich die Ernte, schmackhafte Zwiebeln und Gurken, die schnurstracks in der heimischen Holzkiste landeten, abends abgeholt wurden und mir meinen ersten Verdienst in die virtuelle Geldbörse spülten. Nun stand mir und meinem ersten Haus nichts mehr im Weg: im Austausch mit den eingesammelten Materialien und Münzen erhielt ich mein erstes eigenes Haus, komplett mit einem bequemen Bett und einer schicken Einbauküche.
Ein kleiner Akt lag hinter mir, der jedoch allenfalls einen kleinen Prolog darstellte. Neben meinem Eigenheim warteten nämlich noch weitere baufällige Gebäude und Konstruktionen darauf, mitsamt finanzieller Unterstützung und liebevoller Reparatur zu modernem Hochglanz aufpoliert zu werden. Wollte ich also auf ein Hühnerhaus besitzen oder mit einer wiederhergestellten Brücke neue Bereiche meiner Farm erreichen, musste ich mein Arbeitspensum deutlich erhöhen.
Willkommene Starthilfe für Neueinsteiger
Story of Seasons: Pioneers of Olive Town spart sich ausschweifende Tutorials und lädt euch stattdessen ein, das virtuelle Landleben auf eigene Faust zu meistern und dabei höchstens kurze Texteinblendungen als anfängliche Hilfestellung zu nutzen. Für Serienveteranen kein sonderlich großes Problem, orientieren sich die grundlegenden Mechaniken doch an den zahlreichen Vorgängern, wodurch man sich direkt heimisch fühlt und bereits nach wenigen Arbeitstagen erste Erfolge verzeichnet.
Völlige Neueinsteiger sehen sich zu Beginn ihrer Bauernkarriere derweil mit einer kleinen Herausforderung konfrontiert, werden von der beachtlichen Menge an Aufgaben, Möglichkeiten und Nebenereignissen regelrecht überschlagen, verlieren dementsprechend rasch die Uhr aus dem Blick und sehen mit einer Reihe unerledigter Verpflichtungen urplötzlich der Schlafenszeit entgegen. Immerhin bleibt die Reihe weiterhin fair, bestraft solche Versäumnisse also nicht mit schwerwiegenden Konsequenzen, sondern gibt unerfahrenen Spielern ausreichend Zeit, sich auf der Farm zurechtzufinden und im eigenen Tempo zum ebenso effektiven wie auch effizienten Arbeiter zu avancieren.
Nun mögen diese zunächst unüberwindbar erscheinenden Hürden angehenden Superfarmern definitiv als förderlicher Motivationsdünger dienen, können aber gleichzeitig eine gegenteilige Wirkung entfalten und eher dazu führen, dass die Koffer frühzeitig gepackt werden und der Ausflug auf Großvaters Bauernhof ein frühzeitiges Ende findet. Doch Story of Seasons: Pioneers of Olive Town hat einen hervorragenden Trumpf im Ärmel, der auf den Namen Setzling-Modus hört und die eben erwähnten Gefahren spielend leicht beseitigt.
Dahinter verbirgt sich nämlich eine einsteigerfreundliche Schwierigkeitsstufe, die allerlei Vorteile mit sich bringt und somit logischerweise als unverzichtbare Hilfestellung dient. Hier kassiere ich mehr Erfahrungspunkte, knüpfe schneller tiefgehende Freundschaften, gerate deutlich langsamer an den Rand meiner Kräfte und freue mich dank einer angepassten Wirtschaft über höhere Einnahmen beim Verkaufen meiner Waren sowie deutlich geringere Einkaufspreise beim alltäglichen Ladenbesuch.
Zum Zuckerschlecken wird das Ganze dadurch nicht, eine durchdachte Planung und akkurate Umsetzung stehen weiterhin an oberster Stelle der Prioritätenliste – vor allem, wenn man sich stetig weiterentwickeln, den eigenen Hof auf ein völlig neues Niveau möchte und dem Stillstand den Kampf ansagt. Mit der Einstiegshilfe bietet Story of Seasons: Pioneers of Olive Town Anfänger aber die perfekte Gelegenheit, nach 25 Jahren ebenfalls ins Geschäft einzusteigen und trotz vorprogrammierter Fehler jederzeit den eigenen Fortschritt im Auge zu haben. Klasse!
Exponentielles Leistungswachstum
Es gemütlich angehen zu lassen und einfach in den Arbeitsalltag hineinzuleben ist allerdings weder für Anfänger noch für Profis eine empfehlenswerte Option. Zwar baut Story of Seasons: Pioneers of Olive Town mit einer harmonischen Atmosphäre keinerlei Druck auf, doch auch hier hat das Jahr nur vier Monate (aufgeteilt in die vier Jahreszeiten), der Tag 24 (enorm schnell ablaufende) Stunden und meine durch zahlreiche Herzen dargestellte Ausdaueranzeige ein strenges Limit. Um trotz dieser Restriktionen sichtbare Erfolgsschritte zu verbuchen, ist eine stetige Optimierung meines Arbeitsprogramms also unverzichtbar – zum Glück stehen mir hierfür verschiedene Mittel zur Verfügung.
Übung macht der Meister lautet die altbekannte Formel, die beim einfachsten Verbesserungsweg zum Tragen kommt. Denn der fleißige Einsatz meiner Werkzeuge belohnt mich früher oder später mit einem vorteilhaften Stufenanstieg, der nicht nur meine Kraftreserven schont, sondern gelegentlich auch noch nette Fertigkeiten mit sich bringt. Zusätzlich darf ich natürlich auch hier in die Material- und Geldtasche greifen, um meinem Repertoire förderliche Upgrades zu verpassen und Harke, Gießkanne und Co. anschließend noch wirkungsvoller nutzen zu können.
Mit Standard-Equipment lässt der ganz große Durchbruch allerdings erschreckend lange auf sich warten, weshalb eingesammelten Baukomponenten weitere unverzichtbare Rollen zukommen. Daraus darf ich nämlich nicht nur dekorative Wohnaccessoires, sondern auch neue Geräte zusammenwerkeln, die mir bei der Verarbeitung angehäufter Rohstoffe unter die Arme greifen. Kaum hatte ich das notwendige Budget angespart, schuf ich eine kleine Maschinen-Armee, mit der ich Äste in Bauholz, Erzbrocken in Barren und Eier in Mayonnaise umwandeln und damit nicht nur neue Kreationen ermöglichen, sondern auch meinen Gewinn langfristig maximieren konnte.
Und schon hatte ich mich in einem regelrechten Wirtschaftskreislauf verloren, der mich unerbittlich zu neuen Höchstleistungen antrieb. Entschlossen gierte ich nach einer anschaulichen Ausbeute, um diese mithilfe geschickter Reinvestitionen noch stattlicher ausfallen zu lassen. Ein gefühlt niemals enden wollender Produktionsloop, dessen spielerische Redundanz nach knapp 40 Spielstunden kaum zu ignorieren war, der dieses Manko mit unzähligen Expansionsoptionen sowie einer beflügelnden Jagd nach dem nächsten Stufenanstieg meiner grundlegenden Fähigkeiten aber geschickt aushebeln konnte.
(Zukünftiges) Touristenparadies Olive Town
Bereits an diesem Punkt fühlte ich mich auf meinem Pfad zum ultimativen Bauernhof angenehm gefordert, bekam die wichtigsten To-Dos und gelegentliche Ausflüge optimal unter einen Hut und erkundete dabei fleißig alle mir zur Verfügung stehenden Entwicklungsmöglichkeiten. Tatsächlich hatte ich damit jedoch nur eine von insgesamt zwei Gameplaysäulen erklommen, immerhin warteten auch noch die freundlichen Bewohner Olive Towns darauf, meine Bekanntschaft zu machen.
Nach meinem ersten, zugegeben erschreckend kurzen, Abstecher in die Kleinstadt nahm ich mir nun die Zeit, meine Mitmenschen kennenzulernen, alle Läden abzuklappern und mich von der vorherrschenden Lebensfreude anstecken und entschleunigen zu lassen. Ein Vorhaben, das in Story of Seasons: Pioneers of Olive Town problemlos möglich ist: Im null Komma nichts hatte ich erste Freundschaften geschlossen, verteilte sogar freudestrahlend erste Geschenke, verputzte im Restaurant eine schmackhafte Mahlzeit und nahm mich zuvorkommend einiger Hilfegesuche an.
Hierbei handelt es sich nicht um vernachlässigbares Nebengeplänkel, sondern um den roten Faden des neusten Abenteuers. Denn der Bürgermeister möchte das kleine Örtchen unbedingt auf Vordermann bringen, um Olive Town in den Reisebüros dieser Welt zur klaren Ausflugsempfehlung avancieren zu lassen, dadurch Touristen anzulocken und die Wirtschaftskasse endlich wieder klingeln zu lassen. Und natürlich holte er mich früh ins Boot, um ihm – nein, der ganzen Stadt – dabei zu unterstützen. Schlussendlich tanzte ich also auf zwei Hochzeiten, kümmere mich halbtags um meinen Hof, um anschließend eine Tourismushochburg aufzubauen.
Einen Burnout braucht nun aber niemand zu befürchten. Gefühlt wird die Aufgabenliste mit fortschreitendem Spielverlauf zwar immer länger, durchbricht die üblichen Beschaffe mir X Stück von diesem Material-, Pflücke mir Blume Y- oder Angle mir Fisch Z-Sphären jedoch nie, lässt sich somit mühelos mit den Farmverpflichtungen kombinieren. Über den mangelnden Anspruch der Bevölkerungsbitten mag dieser Umstand sicherlich nur marginal hinweghelfen, nette Dankesgeschenke und ein sichtbares Aufblühen der liebenswerten Hafenstadt sorgen aber dennoch dafür, dass daraus kein nerviger Zwang, sondern ein anspornendes Hauptziel wird, dessen ich mich tagtäglich voller Tatendrang annehme.
Die perfekte Work-Life-Balance
Dass ich regelmäßig mein Werkzeug zur Seite legte und einen vergnüglichen Stadtausflug einschob, war allerdings weniger diesen gesellschaftlichen Verpflichtungen oder gar den (oftmals erschreckend ausschweifend ausfallenden) Shoppingtouren, sondern primär den zwischenmenschlichen Begegnungen zu verdanken. Eine altbekannte Serienstärke also, die auch in Story of Seasons: Pioneers of Olive Town die anschaulichen Muskeln spielen lässt.
Anfangs fielen die Konversationen mit den facettenreichen Bewohnern noch relativ kurz aus, konnten die inhaltliche Small-Talk-Ebene kaum durchbrechen, höchstens leicht ankratzen. Durch eine fleißige Pflege meiner Kontakte lernte ich meine Nachbarn dann allerdings besser kennen, bekam Einblicke in ihre Vergangenheit geboten, erfuhr von ihren Sorgen und durfte ihnen bei der Bewältigung eben dieser gelegentlich sogar unter die Arme greifen. Dabei wuchs mir jeder Olive-Townler (sorry, diese merkwürdige Wortbildung wollte ich zumindest einmal einbauen) dank eines individuellen Charakters schnell ans Herz, wodurch ich selbst zum stolzen Teil dieser Gemeinschaft wurde.
Umso schöner fielen die zahlreichen Feste und Wettbewerbe aus, denen ich während meiner Zeit in der idyllischen Spielwelt bewohnen durfte. Mit all meinen Weggefährten ausgelassen zu feiern, köstliche Gerichte zu kochen, die einzigartige Schönheit der derzeitigen Jahreszeit zu zelebrieren oder die fachmännische Erziehung meiner Farmtiere bei spannenden Rennen unter Beweis zu stellen – allesamt wundervoll in mein persönliches Abenteuer eingeflochtene und Abwechslung garantierende Highlights, die mir zudem ausnahmslos immense Freude bereiteten. Alle 200+ einzigartigen Events, die die Pressemitteilung anpreist, konnte ich während meines Tests zwar nicht erleben, freue mich aber definitiv, in den kommenden Wochen auch Zeuge der noch verbleibenden Happenings werden zu dürfen.
Zukunftsorientierte Bauernfreunde wissen allerdings, dass ich den wohl wichtigsten Aspekt der Lebenssimulation bisher nur angeschnitten habe, immerhin kann bei Story of Seasons aus einem freundlichen Plausch seit jeher rasant ein wundervolles Leben zu zweit werden. Dementsprechend darf ich auch in Pioneers of Olive Town die (in meinem Fall) Partnerin fürs Leben suchen, ihr mit netten Worten und durchdachten Geschenken den Hof machen, mit ihr auf meine Farm ziehen und sogar den gemeinsamen Nachwuchs großziehen.
Das Serienrad wird hierbei zwar nicht neu erfunden, aber durch eine Reihe sympathischer Bachelor und Bachelorettes – kein Witz, die Wahl meiner Favoritin fiel überraschend schwer und wurde obendrein mehrmals hinterfragt – jedoch ausreichend geölt, um mich erneut zuverlässig über diesen Pfad meines Lebenswegs zu transportieren. Und da sich die Inklusion gleichgeschlechtlicher Ehen in Friends of Mineral Town als wichtiger und richtiger Schritt herausstellte, werden mir auch dieses Mal keinerlei Geschlechtergrenzen gesetzt, stattdessen alle Freiheiten bei der Liebessuche eröffnet.
Ausflug in den dichten Aufgabenwald
Langeweile findet also auch beim neusten Ableger der weltweit beliebten Farming-Simulation kaum Platz, werden mir doch ausreichend Optionen eröffnet, meinen Arbeitsplan abwechslungsreich und dank einer Mischung mit allerlei amüsanten Nebenbeschäftigungen durchweg unterhaltsam zu gestalten. Eine Stärke, die bereits die zahlreichen Vorgänger stolz zur Schau stellen konnten und mit der auch Story of Seasons: Pioneers of Olive Town erhobenen Hauptes hausieren geht.
Dabei ist es bereits die gestalterische Freiheit, die mich förmlich erschlägt – denn beim Aufbau meiner eigenen Farm (und auch meinem Wohnhaus) werden mir nur wenige Grenzen gesetzt. Wie ordne ich meine Beete an? Wohin mit all meinen Ställen? Und wie kann ich meiner Inneneinrichtung einen individuellen Pepp verpassen? Oftmals verlor ich meine eigentlichen Aufgaben vollständig aus den Augen, weil ich mich lieber der Neupositionierung meiner Möbel widmete, tappte somit blindlings in die gefürchtete (virtuelle) Bauernfalle.
Setzt dann doch die Dekorationsermüdung ein, erkunde ich einfach die Wildnis und entdecke hier wilde Tiere, die ich entweder mit meiner Kamera fotografiere oder sie direkt zähme und in den nächstgelegenen Stall begleite. Alternativ darf ich mich auch als Höhlenforscher versuchen und mich mit Spitzhacke bewaffnet auf die Jagd nach funkelnden Diamanten und Rubinen machen. Auch die Suche nach antiken Schätzen und seltenen Fischen, die ich dem örtlichen Museum spenden und mich damit über eine stetig umfangreicher werdende Ausstellungsfläche freuen darf, steht wahlweise auf dem Programm. Oder ich schalte direkt in den Faulheits-Modus, lasse daheim die Seele baumeln und raffe mich höchstens für einen kleinen Spaziergang mit meinem Hund oder der Verfeinerung meiner Kochkünste auf.
Jeder noch so kleine Erfolg wird mit einer dezenten Texteinblendung im Stil einer Playstation-Trophäe oder eines Xbox-Achievements zelebriert und im Rathaus zudem mit teils respektablen Belohnungen honoriert. Dadurch schafft es Story of Seasons: Pioneers of Olive Town bravourös, meine persönliche Motivationsspirale kontinuierlich in Gang zu setzen, mir mit jeder noch so bedeutungslos erscheinenden Errungenschaft ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern und meine Antriebskraft dadurch auf einem konstanten Level zu halten. Und animiert mich gleichzeitig zum vorrübergehenden Verlassen meiner Komfortzone, um wirklich alle Aspekte dieser hinreißenden Spielwelt kennenzulernen, sie im vollen Umfang zu erleben und alle damit in Verbindung stehenden Prämien einzuheimsen. Ein Heidenspaß!
Unliebsames Technik-Unkraut
Beim gewählten Grafikstil werden sich derweil die Fan-Geister scheiden. Anstatt sich nämlich am zuckersüßen Chibi-Look von Friends of Mineral Town zu orientieren und diesen höchstens an manchen Stellen gezielt aufzuwerten, präsentiert sich Pioneers of Olive Town im insgesamt erwachseneren Gewand, verzichtet also auf super-niedliche Charaktermodelle und sogar auf die schicken 2D-Standbilder im Anime-Stil, die bei Gesprächen eigentlich unverzichtbar waren. Als Fehlentscheidung möchte ich das Ganze nicht deklarieren, kann sich das virtuelle Farmleben doch auch in dieser Form ohne Frage sehen lassen, dabei mit einem eigenen Charme punkten und somit viele Herzen erobern können. Allein die Farm und Olive Town beeindrucken mit einer wohligen Atmosphäre, die aus respektabler Detailverliebtheit und schönen Farben resultiert. Subjektiv betrachtet erkannte ich aber dennoch einen gewissen Rückschritt, sehnte mich nach dem alten Konstrukt zurück, das meiner Meinung nach in sich geschlossener und dadurch unterm Strich stimmiger wirkte.
Nun konnte ich diese geringfügige Optik-Unstimmigkeit problemlos hinter mich bringen und mich mit dieser (nach einer gewissen Eingewöhnungszeit) anfreunden. Doch jeder Farmer trifft im Laufe seiner Karriere auf ein Hindernis, das mit beruhigender Musik, entspannendem Durchatmen und einer Flexibilität nicht aus der Welt zu schaffen ist. In meinem Fall waren es konstante Framerate-Probleme, ermüdend lange Ladezeiten und sogar vernichtende Abstürze, die unnachgiebig an meinem Nervenkostüm zehrten und Pioneers of Olive Town für mich in einen regelrechten Technik-Albtraum verwandelten, den ich im Test schonungslos abstrafen wollte.
Doch bevor ich meiner Enttäuschung über den technischen Gesamteindruck schriftlich Ausdruck verleihen konnte, brachte der in Japan bereits Ende Februar erfolgte Release unverhoffte Schmerzlinderung. Diesem folgte nämlich eine (für mich wenig überraschende) Welle der Entrüstung, die sich in Form kritischer Tweets und negativer Amazon-Kritiken bemerkbar machte und Marvelous zum Handeln zwang. Nach einer öffentlichen Entschuldigung folgte ein Patch, der die zahlreichen Mängel zwar nicht gänzlich aus der Welt schaffte, sie aber zumindest entschärfte und somit insgesamt erträglicher gestaltete, meine strapazierten Nerven also nachhaltig schonte.
Für deutsche Fans natürlich ein wahrer Segen, bekommen diese das Update doch pünktlich zum heimischen Veröffentlichungstermin serviert und freuen sich somit über ein bedeutend stabileres Erlebnis, das die Entwickler in der Zukunft weiterhin aufpolieren möchten. Bleibt zu hoffen, dass es sich hierbei nicht um ein leeres Versprechen handelt, immerhin wurde das katastrophale Niveau bisher höchstens auf ein akzeptables Level gebracht, bis zur zufriedenstellenden Stufe bleibt also noch ausreichend Luft nach oben.
Wünschenswert wäre es auf jeden Fall, möchte ich bei meinen abendlichen Gaming-Sessions doch auf unliebsame Störfaktoren verzichten und mich stattdessen vollends auf das Perfektionieren meines virtuellen Daseins als aufstrebender Farmer konzentrieren. Denn dank der inhaltlich enorm umfangreichen Spielwelt, einem selbst nach unzähligen Stunden weiterhin packenden Bauernleben sowie bereits angekündigten DLCs bin ich mir sicher, dass mich Story of Seasons: Pioneers of Olive Town auch für die kommenden Wochen an die Switch fesseln wird – und mir somit als weiteres Highlight der hervorragenden Reihe im Gedächtnis bleiben wird.
Fazit
Mit Pioneers of Olive Town festigt die meisterhafte Story of Seasons-Reihe pünktlich zum 25-jährigen Jubiläum ihren Ruf als unanfechtbare Speerspitze des Landwirtschafts- und Lebenssimulationsgenres und entführt mich in eine bezaubernde Spielwelt, die ich dank vielfältiger Aufgaben, liebenswerter Charaktere und einem unvergleichlichen Freiheitsgefühl selbst nach knapp 70 Stunden nicht verlassen möchte.
Den harten Arbeitsalltag mit einem Besuch meines virtuellen Bauernhofs ausklingeln zu lassen, stellt seit Wochen einen festen Bestandteil meiner abendlichen Routine dar, sind die Abstecher in die namensgebende Hafenstadt, Ausflüge in die Natur, der Besuch amüsanter Feste, das Knüpfen inniger Freundschaften oder die Neugestaltung meiner Felder doch allesamt mit einem unvergleichlichen Unterhaltungsfaktor behaftet, der durch regelmäßige Erfolgserlebnisse zuverlässig befeuert wird und das dauerhafte Niederlegen meiner Switch somit logischerweise zu einer nachvollziehbaren Unmöglichkeit macht.
Technische Ungereimtheiten in Form unschöner Framerate-Einbrüche, langer Ladezeiten und seltener Abstürze verpassen der ansonsten köstlichen Jubiläumstorte zwar einen dezent bitteren Nachgeschmack, wurden mit einem ersten Patch aber noch vor deutschem Release entschärft – und sollen in Zukunft gänzlich von der Zutatenliste entfernt werden. Doch bereits in dieser Form hat Marvelous mit Story of Seasons: Pioneers of Olive Town ein wundervolles Serien-Highlight erschaffen, das die altbekannten Stärken der Vorgänger als Fundament für sinnige Weiterentwicklungen nutzt und dadurch weit über zwei Jahrzehnte nach dem gefeierten SNES-Einstand Fans und Neueinsteiger gleichermaßen zu begeistern weiß.
In diesem Sinne hebe ich mein Milchglas und wünsche Story of Seasons alles Gute zum stolzen Jubiläum! Auf weitere 25 Jahre voll phänomenaler Unterhaltung und harter (virtueller) Farmarbeit!
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