Bayonetta 2

Bayonetta 2


Die lang erwartete Fortsetzung zum Kult-Klassiker Bayonetta als Wii U-exklusiver Titel – Kann das überhaupt funktionieren? Unser Test zeigt: absolut!


Missmut in der Fangemeinde


Als Spieleschmiede Platinum Games den Over-the-Top-Actiontitel Bayonetta angekündigte, waren die ersten Stimmen seitens der Presse sowie der Spieler zunächst recht verhalten. Viele fühlten sich an Devil May Cry aus dem Hause Capcom erinnert und verteufelten das verrückte Abenteuer rund um die kesse Hexe schnell als recht billige Kopie. Ein Vorurteil, das sich spätestens bei der Erstveröffentlichung im Jahre 2009 in Luft auflöste.


Dank einer epischen Inszenierung, einer ikonischen Hauptheldin sowie eines ebenso hektischen wie auch schnell zu erlernenden Kampfsystem konnte sich Bayonetta nämlich schnell als regelrechter Pflichttitel in der Spielergemeinde etablieren. Eine Fortsetzung schien also garantiert, obwohl die lang erwartete Ankündigung bis September 2012 auf sich warten ließ.


Zum Schrecken der Fans erfolgte diese jedoch nur für die Wii U. Und eine spätere Veröffentlichung auf anderen Konsolen wurde zudem kategorisch ausgeschlossen.


Logischerweise folgten direkt etliche Unkenrufe, deren Prämisse sich oftmals ähnelte: Kann die Fortsetzung eines solch abgedrehten Action-Titels mitsamt einer unerhört erotischen Helden mit Schirmherr Nintendo die altbekannten Stärken überhaupt auf die Wii U bringen?


Die Antwort lautet: Ja!



Für die Seele der Partnerin


Bereits die Intro-Sequenz zeigt uns, dass sich Nintendo trotz des familienfreundlichen Images keineswegs von der markanten Heldin aus dem Erstling verabschieden möchte. Bayonetta ist sexy wie eh und je, geizt nicht mit ihren weiblichen Reizen und lutscht weiterhin lasziv (und definitiv doppeldeutig) an ihren schmackhaften Lollis.


Und sie stellt sich mitsamt geladener Absatzknarren und anderen Waffen weiterhin angriffslustigen Engeln tapfer in den Weg!


Ein erneuter Anschlag der höllischen Kreaturen einige Monate nach den Ereignissen des Erstlings nimmt allerdings schnell eine tragische Wendung. Denn als Partnerin Jeanne Bayonetta vor einer gegnerischen Attacke bewahrt, wird ihre Seele gnadenlos in die Tiefen der Hölle gerissen. Zurück bleibt nur eine leblose Hülle.


Tatenlos will die Hexe den Verlust ihrer Freundin jedoch nicht hinnehmen und begibt sich in Richtung des Berges Fimbulvinter, in dem sich die Pforte zur Hölle befinden soll. Allerdings ist der Weg zur gesuchten Seele logischerweise mit allerlei Gefahren gespickt, wobei Bayonetta zugleich in ein gigantischen, jahrhundertelangen Konflikt gerät – und sich mit ihren altbekannten Körper-Waffen-Stäken beweisen muss!


Fans des Erstlings wissen, was sich erwartet: Ein relativ loser, roter Faden, der sich zwar durch die gesamte Handlung zieht und zudem einige Wendungen parat hat, gelegentlich jedoch auch einige strukturelle Ungereimtheiten aufweist und somit den nötigen Feinschliff vermissen lässt. Und obwohl die Haupt- und Nebencharaktere definitiv als interessant bezeichnet werden dürfen und gar eine geringe Entwicklung zu verzeichnen haben, wirkt das Ganze vor allem im Mittelteil wie eine langgezogene Episode eines Animes. Hoffentlich setzt ein eventueller Trilogie-Abschluss auf etwas mehr Wow und noch mehr Spannung.



Buttonsmashing mit System


Zwar mussten wir einige Zeit auf Bayonetta 2 warten, gravierende Veränderungen hat das Gameplay allerdings nicht erfahren – und das ist auch gut so!


Abermals dürfen wir die kesse Hexe aus der Schulterperspektive durch größtenteils gradlinig gestaltete Level steuern, wobei unser Durchmarsch fast im Sekundentakt von angriffslustigen Engeln unterbrochen wird. Zum Glück weiß sich Bayonetta weiterhin selbst zu helfen und präsentiert uns ein beeindruckendes Angriffsrepertoire, bei dem wir uns selbst vor kleineren Armeen nicht zu fürchten brauchen.


Mit unterschiedlichen Tastenkombinationen lässt sich das magische Haar der Hexe nämlich für wuchtige Angriffe missbrauchen, wobei uns nicht nur eine, sonderlich gleich mehrere Kombos zu Verfügung stehen. Zusätzlich stehen uns auch noch verschiedene Waffen und somit mehrere Zusammenstellungsmöglichkeiten zur Verfügung, langweilig werden die kämpferischen Auseinandersetzung also auch dieses Mal nicht.


Ein weiteres, wichtiges Element ist die Witch Time, ein Zeitlupenmodus, der beim zeitlich korrekt getimten Ausführen eines Ausweichmanövers aktiviert wird. Hier werden die Bewegungen eurer Gegners verlangsamt, ihr dürft euch also richtig austoben. Und wer dann auch noch eine gut gefüllte Magieleiste besitzt, der darf mit Folter-Attacken für ordentlich viel Chaos sorgen.


Dennoch lassen sich Bayonettas Fähigkeiten und Waffen im Laufe des Abenteuers weiter pimpen, wofür wir von besiegten Gegnern zurückgelassene Heiligenscheine sammeln und eintauschen. Diese verdient ihr euch ebenfalls durch ein anschauliches Kampfverhalten, das mit einer abschließenden Note belohnt wird. Und wer dann auch noch nach versteckten Sammelobjekten Ausschau hält, der kann Lebens- und Magieleiste deutlich verlängern.


Fans merken spätestens jetzt, dass sich wirklich nicht sehr viel geändert hat. Da sich Platinum Games jedoch spürbar um den notwendigen Feinschliff gekümmert hat, wurden eben diese altbekannten Elemente fast vollständig zur Perfektion gebracht. Die Folge: ein noch zugänglicheres Kampfsystem, das man schnell erlernt, aber erst spät perfektioniert hat. Sich die gesamte Lernphase lang jedoch kaum von der Konsole entfernen kann.



Groß, größer, Obermotz


Fast jeder kennt das kleine Einmaleins der Videospielwelt. Kämpfe gegen kleine Standardgegner machen zwar Spaß, wirklich aufdrehen tun namhafte Actiontitel jedoch fast immer bei Duellen gegen besonders hartnäckige Endgegner, bei denen man etwas mehr als simples Knöpfchendrücken auffahren muss. Bayonetta 2 ist da keine Ausnahme.


Untertreibung oder gar Zurückhaltung sind dabei Worte, die Platinum Games definitiv nicht kennt. Denn fast jeder Boss besitzt beinahe kosmische Ausmaße, ist gespickt mit etlichen Details und erobert mit seinen vernichtenden Angriffen beinahe den gesamten Bildschirm. Und selbst wenn Gegner einmal kaum einen Kopf größer sind, sind hektische Showdowns vorprogrammiert, lahmen oder gar unspektakulären Kämpfen wird man im Laufe der Handlung also nicht begegnen.


Ganz hält sich Bayonetta 2 jedoch nicht an die oben genannte Formel. Neben den Bosskämpfen sind nämlich auch die handelsüblichen Duelle alles andere als normal und besitzen ausreichend Varianz, um reingrätschender Langeweile Einhalt zu gebieten. Mit allerlei abgefahrenen Desings und Einfällen sorgt man hier nämlich für ausreichend Vielfalt und Abwechslung, wodurch sich die einzelnen Kämpfe nur selten gleich anfühlen. Grandios!



Zu zweit gegen die Engelsarmee


Zum Erreichen des Abspanns haben wir knapp acht Stunden benötigt, konnten in dieser Zeit jedoch keinerlei Längen, sondern im Endeffekt nur eine stetige Aneinanderreihung brachialer Höhepunkte ausmachen. Sprich: Hier geht Qualität über Quantität, Fans kommen also ordentlich auf ihre Kosten.


Hoher Wiederspielwert ist ebenfalls garantiert. Eure aufgewerteten Fähigkeiten dürft ihr nämlich in einen neuen Durchgang mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad übernehmen und euch den hartnäckigeren Gegnern somit mit einer bereits aufgemotzten Hexe in die Knie zwingen. Fordernd bleibt das Ganze zwar dennoch, ein kleiner Vorteil ist aber dennoch nicht zu verachten.


Neu ist der Online-Modus, bei dem wir uns mit einem Freund, einem unbekannten Mitspieler oder der Computer-KI zusammenschließen und uns durch etliche Karten mit unterschiedlichen Gegnerzusammenstellungen kämpfen dürfen. Besonders amüsant: Obwohl man hier zusammenarbeiten muss, darf man seine hart erkämpften Heiligenscheine vor Kampfbeginn auf seinen Sieg setzen, um diese anschließend zu maximieren. Oder im schlimmsten Fall eben komplett zu verlieren.


Zwar spielt sich das Ganze recht simpel und lässt nennenswerte Innovationen vermissen, fügt sich jedoch brillant ins Gesamtkonzept ein und funktionierte beim Test hervorragend. Wer sich also kein zweites Mal durch die Handlung prügeln möchte, findet dieses Mal noch eine weitere Nebenbeschäftigung.



Starkes Konzept auf schwacher Konsole


Die Wii U konnte uns grafisch bereits etliche Male beeindrucken. Obwohl uns das Adjektiv weltbewegend nur selten über die Lippen kam und auch aktuelle Next-Gen-Veröffentlichungen zu keinem Zeitpunkt erreicht wurden, besitzt die aktuelle Konsole aus dem Hause Nintendo ihren eigenen Charme und bietet somit immer wieder kleinere Augenschmäuse. So nun auch Bayonetta 2.


Denn fast jeder einzelne Kampf, den ihr im Laufe des Abenteuers bestreiten müsst, beeindruckt mit einer Reihe sehenswerter Effekte sowie abgedrehter Monster-Designs, die beim Aufeinandertreffen mit gigantischen Mega-Bossen ihren markanten Höhepunkt erreichen. Doch auch abseits des Schlachtfelds bietet der einzigartige Action-Titel etliche Stärken und spielt diese beispielsweise bei den flüssigen Animationen sowie den detailreichen Landschaften regelmäßig aus.


Allerdings machen sich auch die naturgegebenen Schwächen der Konsole stellenweise bemerkbar. Einige Texturen könnten matschiger kaum sein, Unschärfe lässt sich nicht selten erkennen und auch eine gewisse Detailarmut kann man hier und da nicht verleugnen. Sicherlich, das Ganze darf man zwar als Meckern auf hohem Niveau verbuchen. Gerade Feinde der Wii U Only-Handhabe seitens Platinum Games wird hier in den kommenden Wochen kleinere Angriffspunkte finden.


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Beim Soundtrack hat man sich direkt am Vorgänger orientiert und setzt auf eine geschickte Mischung aus epischen Orchester-Klängen sowie peppigen J-Pop-Songs. Letztere werden zwar nicht jeden Geschmack treffen und wirken im ersten Moment tatsächlich ein wenig deplatziert, präsentieren sich allerdings vor allem in Anbetracht der teils wahnwitzigen Duelle als fabelhafte Musikuntermalung.


Für die englische Sprachausgabe konnten die Sprecher des Erstlings gewonnen werden, weswegen sich Fans trotz der insgesamt recht überschaubaren Dialogdichte über passende Stimmen freuen dürfen. Zusätzlich wartet eine japanische Fassung auf euch, die ebenfalls überaus gelungen ist und somit ebenbürtig mit der englischen Version ist. Wer sich nun mit der Sprachauswahl schwer tut, dem bleiben zwei Optionen. Werft eine Mütze oder prüft, mit welcher Stimme Bayonetta euch eher anspricht. Das macht immerhin den größten Spaß von Bayonetta 2 aus!


Fazit


Fett, fetter, Bayonetta 2! Die lang erwartete Fortsetzung besitzt alle altbekannten Stärken des Erstlings und kann diesen mit einer zusätzlichen Action-Portion sowie eines noch zugänglicheren Kampfsystems sogar noch übertrumpfen. Leichte Handlungs- und Kameraschwächen mal ausgenommen, ist Bayonetta 2 das perfekte Action-Hightlight des Jahres und gehört in jede Wii U-Sammlung. Unglaublich!

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